L 17 P 13/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 32 P 410/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 P 13/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Februar 2005 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Der am 1988 geborene Kläger begehrt - gesetzlich vertreten durch seine Eltern - die Gewährung von Pflegeleistungen der Pflegestufe I seit Juni 2000. Einen darauf gerichteten Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Februar 2001 und Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2001 ab. Die dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht nach umfangreichen medizinischen Ermittlungen (u. a. Sachverständigengutachten zum Pflegebedarf des Klägers von den Ärztinnen Dr. B und Dr. K) mit Urteil vom 28. Februar 2005 abgewiesen, da der Pflegebedarf des Klägers nicht den für eine Pflegestufe erforderlichen Mindestumfang erreiche.

Das Urteil ist der den Kläger erstinstanzlich vertretenden Rechtsanwältin am 9. Mai 2005 gegen ein Empfangsbekenntnis zugestellt worden.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger - nunmehr ohne anwaltliche Vertretung - mit der am 10. Juni 2005 beim Gericht eingelegten Berufung.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Februar 2005 und den Bescheid der Be- klagten vom 5. Februar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2001 aufzuheben und diese zu verurteilen, ihm seit 1. Juni 2000 Pflegeleistungen der Pflegestufe I zu gewähren.

Die Beklagte hat im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt.

Die Akten des Sozialgerichts Berlin zum Aktenzeichen S 32 P 410/01 haben dem Senat vorgelegen.

Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht fristgemäß eingelegt worden ist.

Nach § 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ist die Berufung u. a. dann als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt worden ist. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen (§ 158 Satz 2 SGG). § 151 Abs. 1 SGG bestimmt, dass die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen ist. Nach § 151 Abs. 2 SGG ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Die Berufung ist nicht innerhalb der Monatsfrist eingelegt worden. Das angefochtene Urteil ist der den Kläger erstinstanzlich vertretenden Rechtsanwältin am 9. Mai 2005 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden. Die Zustellung war ordnungsgemäß. Nach § 63 Abs. 2 SGG in der ab 1. Juli 2002 geltenden Fassung erfolgt die Zustellung von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung - ZPO -. Gemäß § 174 Abs. 1 ZPO kann ein Schriftstück einem Anwalt - wie hier geschehen - gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden.

Mit dem Tag nach der Zustellung (vgl. § 64 Abs. 1 SGG), d. h. am 10. Mai 2005, begann die Monatsfrist zur Einlegung der Berufung. Sie endete am 9. Juni 2005 (vgl. § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG). Dieser Tag war ein Donnerstag, so dass eine Fristverlängerung nach § 64 Abs. 3 SGG nicht in Betracht kommt. Die Berufung ist erst am 10. Juni 2005 und damit nicht innerhalb der genannten Monatsfrist bei Gericht eingegangen.

Die Frist verlängert sich nicht nach § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG auf ein Jahr. Diese Vorschrift sieht eine Verlängerung nur vor, wenn die Rechtsmittelbelehrung in der angefochtenen Entscheidung unterblieben oder unrichtig erteilt worden ist. Das ist hier jedoch nicht der Fall.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist kommt ebenfalls nicht in Betracht. Zwar kann nach § 67 Abs. 1 SGG auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Bei der Frage des Verschuldens an einem Fristversäumnis sind sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Es ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, denn Verfahrensvorschriften sind nicht Selbstzweck, sondern dienen der Wahrung des materiellen Rechts der Prozessbeteiligten. Im Zweifel sind sie so auszulegen, dass eine Entscheidung über die materielle Rechtsfrage ermöglicht wird (vgl. Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 31. März 1993, 13 RJ 9/92 = SozR 3-1500 § 67 Nr. 7; Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 67 Rdnr. 3).

Die Versäumung der Berufungsfrist erfolgte nicht ohne Verschulden des Klägers. Er macht zur Begründung der Verspätung geltend, er habe mindestens zehn Mal versucht, die Rechtsanwältin anzurufen, um zu erfahren, was er in die Berufung reinschreiben solle. Obwohl er jedes Mal um Rückruf gebeten habe, habe sich die Anwältin erst nach zwei Wochen gemeldet.

Diese Begründung rechtfertigt nicht die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, denn sie belegt, dass die Frist schuldhaft versäumt wurde. Der Kläger hätte entweder rechtzeitig den von ihm offenbar gewünschten Rechtsrat einholen müssen, oder aber die Berufung zur Fristwahrung zunächst ohne nähere Begründung einlegen können. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger daran gehindert gewesen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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