Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 3 AS 52/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 AS 4/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 27.01.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg) II nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Der 1962 geborene Kläger, der selbständiger Werbetechniker, Fotograf und Messebauer ist, bezog ab Januar 2005 Alg II. Am 01.07.2005 mietete er eine 58 qm große, mit Erdgasheizung einschließlich Warmwasseraufbereitung ausgestattete Wohnung an, für die eine monatliche Miete von 280,00 Euro zuzüglich 40,00 Euro Nebenkosten zu zahlen war. Nach der Abrechnungsmitteilung der Stadtwerke N vom 07.07.2005 wurde darüber hinaus ein monatlicher Abschlag für Erdgas in Höhe von 46,00 Euro erhoben.
Nachdem die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 22.07.2005 die monatlichen Leistungen für den Zeitraum von August 2005 bis Januar 2006 in Höhe von 685,50 Euro bewilligt hatte, half sie dem Widerspruch des Klägers bezogen auf einen höheren Heizkostenanteil mit Teilabhilfebescheid vom 31.08.2005 ab und setzte die Leistungen des Klägers für den genannten Bewilligungszeitraum mit Bescheid vom selben Tag in Höhe von monatlich 702,72 Euro fest. Neben dem Regelsatz in Höhe von 345,00 Euro berücksichtigte die Beklagte dabei die Miete in Höhe von 280,00 Euro, die Nebenkosten in Höhe von 40,00 Euro und Heizpauschale in Höhe von 46,00 Euro. Den weitergehenden Widerspruch bezogen auf die hiervon in Abzug gebrachte "Bereinigung Heizpauschale" von monatlich 8,28 Euro wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2005 als unbegründet zurück. Dabei bekräftigte sie ihre Auffassung, wonach die monatliche Heizvorauszahlung für Heizkosten um eine Pauschale von 18 % für die Warmwasserbereitung zu bereinigen sei, da diese Kosten bereits durch die Regelleistung abgegolten seien.
Der Kläger hat hiergegen am 20.10.2005 bei dem Sozialgericht (SG) Münster Klage erhoben. Zunächst hat er die Passivlegitimation der Beklagten gerügt und darauf verwiesen, dass die organisatorische Gestaltung einer sich aus einer Bundesbehörde und einer Kommunalbehörde zusammensetzenden dritten Behörde in Art. 83, 87 Grundgesetz (GG) nicht vorgesehen sei und zudem gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Mischverwaltung verstoße. Die Abschlagszahlung für Erdgas sei in voller Höhe zu übernehmen, da die Grundmiete und die Nebenkosten als angemessen anerkannt worden seien. Im Übrigen erscheine es willkürlich, unter Hinweis auf eine "allgemeine Erfahrung" einfach pauschal 18 % in Abzug zu bringen. Hierin sei ein Verstoß gegen Art. 3 GG zu sehen, der zur Nichtigkeit des Bescheides nach § 40 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) - führe.
Die Beklagte hat demgegenüber darauf verwiesen, zu den gemäß § 22 SGB II zu gewährenden angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten zählten nicht der Haushaltsstrom und die Warmwasserzubereitung. Diese seien in der Regelleistung enthalten. Der Abzug von 18 % sei auch nicht so hoch, da bei differenzierenden Abrechnungen Warmwasserkosten von bis zu 50 % der Heizkosten zu beobachten seien. Die beklagte Arbeitsgemeinschaft sei durch Vertrag vom 24.11.2004 gegründet worden. Gemäß § 1 des Vertrages handele es sich um eine Arbeitsgemeinschaft in Form einer Gesellschaft öffentlichen Rechts. Diese sei gemäß § 70 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beteiligtenfähig. Gemäß § 6 werde sie gerichtlich und außergerichtlich durch die Geschäftsführerin vertreten. Sie sei daher gemäß § 71 Abs. 3 SGG prozessfähig.
Durch Gerichtsbescheid vom 27.01.2006 hat das SG die Klage abgewiesen und sich den Gründen der angefochtenen Entscheidung der Beklagten angeschlossen.
Gegen den ihm am 31.01.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23.02.2006 die vom SG zugelassene Berufung eingelegt und seine formellen Bedenken bekräftigt. Soweit die Beklagte auf der Grundlage einer Rundverfügung den pauschalen Abzug für Warmwasserkosten vorgenommen habe, entfalte diese schon nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster keine Außenwirkung. Im Übrigen fehle bei derartigen Regelungen die Ermächtigungsgrundlage, denn diese könne sich nur aus § 27 SGB II ergeben, von der aber der Gesetzgeber bis heute keinen Gebrauch gemacht habe.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 27.01.2006 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22.07.2005 in der Gestalt des Bescheides vom 25.08.2005 und des Widerspruchs- bescheides vom 30.09.2005 zu verurteilen, für die Zeit von August 2005 bis Januar 2006 Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 711,00 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie pflichtet dem angefochtenen Gerichtsbescheid bei und verweist darauf, dass die Verfahrensweise auf einer Rundverfügung vom 22.11.2004 beruhe, die selbstverständlich keine Außenwirkung habe. Die Pauschalierung beruhe allerdings auf Erfahrungswerten, die auch schon der im Gerichtsbescheid erwähnten Verordnung vom 20.01.1989 zugrundegelegen hätten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen und zum Gegenstand der Beratung gemacht.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 2, 124 Abs. 2 SGG).
Gegenstand des Verfahrens ist neben dem Bescheid vom 25.08.2005 auch der durch diesen abgeänderte Ursprungsbescheid vom 22.07.2005, da dieser von der Beklagten nicht aufgehoben worden ist und insbesondere bezogen auf die vom Kläger geltend gemachte Außerachtlassung der Heizkostenpauschale insoweit inhaltsgleich ist. Soweit die Beklagte dem Kläger über den hier streitigen Bewilligungszeitraum hinaus auch für den Monat Februar 2006 Leistungen bewilligt hat, ist dies nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Der Folgebescheid dürfte zum einen mangels Einlegung eines Widerspruchs bindend geworden sein (§ 77 SGG). Im Übrigen hat der Kläger seinen Klage- und Berufungsantrag eindeutig auf die Zeit bis zum 31.01.2006 beschränkt. Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich zwar um einen sog. Höhenstreit, bei dem nach der ständigen Rechtsprechung des 7. und 11. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) zum Arbeitsförderungsrecht - die nach Auffassung des Senates auch auf Verfahren nach dem SGB II zu übertragen ist - grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen sind (BSG, Urteile vom 25.05.2005 - B 11a/11 AL 81/04 R und B 11a/11 AL 47/04 R -; Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 28/05 R -; jeweils sozialgerichtsbarkeit.de). Dieser Überprüfung bedarf es vorliegend aber nicht, denn der Kläger hat seine Klage ausdrücklich auf den Abzug eines Betrages in Höhe von monatlich 8,28 Euro als "Bereinigung Heizpauschale" selbst beschränkt (BSG, Urteil vom 20.10.2005 a.a.O.).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Passivlegitimation der Arbeitsgemeinschaft der Stadt Münster angenommen. Für das sozialgerichtliche Verfahren gilt bei der Frage, gegen welchen Rechtsträger die Klage zu richten ist, ebenso wie nach § 78 VwGO für das verwaltungsgerichtliche Verfahren das Rechtsträgerprinzip, wonach Beteiligter die juristische Person ist, deren Behörde sachlich zuständig ist (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Aufl. § 70 Rdn. 4). Daher ist derjenige Rechtsträger passiv legitimiert, der auch materiell verpflichtet ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer a.a.O. § 69 Rdn. 4). In Fällen der vorliegenden Art ist sachlich zuständig und materiell verpflichtet zur Erbringung der mit dem Antrag begehrten Leistung die Beklagte. Träger der Leistungen nach dem SGB II sind zwar für die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II aufgezählten Leistungen (z.B. für Unterkunft und Heizung, § 22 SGB II) die kreisfreien Städte und Kreise, für alle übrigen Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II die Agentur für Arbeit. Die konkrete Leistungserbringung erfolgt jedoch - mit Ausnahme der Optionskommunen (vgl. Eicher/Spelbrink, SGB II, § 44b Rdn. 5) - in einem Kooperationsmodell unter dem Dach einer nach § 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II durch Vertrag vom 24.11.2004 errichteten ARGE. Diese ist auch nach § 44b Abs. 3 Satz 3 berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Beteiligtenfähigkeit der beklagten Arbeitsgemeinschaft ergibt sich demnach aus § 70 Nr. 1 SGG. Das entspricht im übrigen auch der Intention des Gesetzgebers, die Aufgaben der Leistungsträger zu bündeln und die Arbeitsgemein-schaften dazu mit einer umfassenden Wahrnehmungszuständigkeit/Durchführungs-verantwortung auszustatten (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.05.2006 - L 10 AS 102/06 -; m.w.N.).
Der Senat teilt auch nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers, wonach es sich bei der Arbeitsgemeinschaft um eine unzulässige Mischverwaltung handelt. Da das Grundgesetz keine starre Trennung der Verwaltungsbereiche von Bund und Ländern vorschreibt, ist eine Mischverwaltung nur dann verfassungsrechtlich unzulässig, wenn sie gegen zwingende Kompetenz- oder Organisationsnormen oder sonstige Vorschriften des Verfassungsrechts verstößt (BVerfGE 61, 1, 38 ff.; NVwZ 1983, 537 ff.). Den sich hieraus ergebenden Anforderungen wird das SGB II gerecht, denn im Regelfall des § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB II besteht eine Komplementärzuständigkeit zweier Träger, die im Interesse der Leistungsberechtigten auf Erbringung einer einheitlichen Leistung gerichtet ist, jedoch die Trägerschaft der Leistungsbestandteile unangetastet lässt. Demgegenüber hat die Entscheidungsbefugnis in der Geschäftsführung der ARGE rein koordinativen Charakter (vgl. Breitkreuz, Die Leistungsträger nach dem SGB II im System des Sozialver-waltungsrechts, SGb 2005, 141, 143 m.w.N.).
Wie das SG zutreffend entschieden hat, sind die angefochtenen Bescheide nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Kosten der Heizung unter Außerachtlassung der Bereinigung der Kostenpauschale in Höhe von monatlich 8,28 Euro.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gezahlt, soweit sie angemessen sind. Anhaltspunkte dafür, dass eine Unangemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen besteht, sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten auch nicht vorgebracht. Diese zahlt vielmehr die monatlichen Mietaufwendungen einschließlich der Nebenkosten und Gas, soweit es sich hierbei um Heizkosten handelt.
Entgegen der Auffassung können aber die Abschlagszahlungen für Gas nicht in voller Höhe berücksichtigt werden. Diese dienen - was insoweit unstreitig ist - nicht nur der Beheizung der Wohnung, sondern auch der Warmwasserzubereitung. Dass die Kosten der Warmwasserbereitung in der Regelleistung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 enthalten sind, entspricht der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Bundessozialhilfegesetz (vgl. OVG Münster, Urteil vom 13.09.1988 - 8 A 1239/86 -, FEVS 38, 151 ff.). Danach dient die Versorgung mit Warmwasser der von der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II umfassten Körperpflege und Reinigung (s.a. OVG Münster, a.a.O.; Berlit in: LPK-SGB II § 22 Rdn. 17). Der Auffassung des SG Mannheim (Urteil vom 03.05.2005 - S 9 AS 507/05 -; WoM 2006, 330 ff.), wonach die bestimmungsgemäße Nutzung einer Mietwohnung von der Versorgung mit Warmwasser und Strom abhängt, ist demgegenüber nicht zu folgen. Die tatsächlichen Aufwendungen einer Mietwohnung umfassen neben dem Kaltmietzins alle mietvertraglich geschuldeten Betriebskosten (vgl. Berlit a.a.O.). Hierzu gehören weder der Strom, noch Warmwasser (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.09.2005 - L 19 B 68/05 AS ER -; Hessisches LSG, Beschluss vom 24.04.2006 - L 9 AS 39/06 ER -; jeweils sozialgerichtsbarkeit.de).
Hat die Beklagte danach zutreffend dem Grunde nach einen Abschlag für die Warmwasserversorgung erhoben, ist auch die Höhe des Abschlages mit 18 % auf der Grundlage der Rundverfügung Nr. 14/2004 vom 22.11.2004 nicht zu beanstanden. Zwar hat diese Rundverfügung - wie auch die Beklagte bereits betont hat - keine Außenwirkung. Als Grundlage einheitlicher Verwaltungsentscheidungen ist sie aber vorliegend zu beachten, da sie den Vorgaben der Verordnung über die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (Verordnung über Heizkostenabrechnung - Heizkosten-V - vom 23.02.1981 in der Fassung der Änderung vom 19.01.1989, BGBl. I S. 261 bzw. 109) entspricht. Ist eine - wie im vorliegenden Fall - dem individuellen Warmwasserverbrauch entsprechende Abrechnung im Vertragsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter nicht möglich, ist gemäß § 9 Abs. 2 Satz 5, Abs. 1 Heizkosten-V der Anteil für die Warmwasseraufbereitung mit 18 v.H. der Gesamtkosten zu veranschlagen. Der Senat hat keine Bedenken, den in der Heizkosten-V enthaltenen Ansatz, der nach der zugrundeliegenden Begründung auf Abrechnungsverfahren von Messdienstfirmen beruht, die von Fachleuten aus dem Heizungs- und Installationsbereich bestätigt wurden, auch dem vorliegenden Abrechnungsverfahren zugrundezulegen (vgl. auch OVG Münster a.a.O. m.w.N.). Gegen einen derart pauschalierten Abzug hat der Senat jedenfalls so lange keine Bedenken, wie nicht aufgrund längerfristiger Beobachtungen messtechnisch valide abweichende Feststellungen in Höhe des Warmwasserbedarfs im Einzelfall vorliegen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.09.2005, a.a.O.) oder der Verordnungsgeber im Rahmen seiner Verordnungsermächtigung nach § 27 Nr. 1 SGB II für den Geltungs-bereich dieses Gesetzes die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizungen anderweitig festsetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, die Revision zuzulassen, denn sie misst der für den Kläger streitentscheidenden Frage, ob und in welcher Höhe Kosten der Warmwasseraufbereitung von den Kosten für Unterkunft und Heizung abzugsfähig sind, im Hinblick auf die übertragbare ständige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG bei.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg) II nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Der 1962 geborene Kläger, der selbständiger Werbetechniker, Fotograf und Messebauer ist, bezog ab Januar 2005 Alg II. Am 01.07.2005 mietete er eine 58 qm große, mit Erdgasheizung einschließlich Warmwasseraufbereitung ausgestattete Wohnung an, für die eine monatliche Miete von 280,00 Euro zuzüglich 40,00 Euro Nebenkosten zu zahlen war. Nach der Abrechnungsmitteilung der Stadtwerke N vom 07.07.2005 wurde darüber hinaus ein monatlicher Abschlag für Erdgas in Höhe von 46,00 Euro erhoben.
Nachdem die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 22.07.2005 die monatlichen Leistungen für den Zeitraum von August 2005 bis Januar 2006 in Höhe von 685,50 Euro bewilligt hatte, half sie dem Widerspruch des Klägers bezogen auf einen höheren Heizkostenanteil mit Teilabhilfebescheid vom 31.08.2005 ab und setzte die Leistungen des Klägers für den genannten Bewilligungszeitraum mit Bescheid vom selben Tag in Höhe von monatlich 702,72 Euro fest. Neben dem Regelsatz in Höhe von 345,00 Euro berücksichtigte die Beklagte dabei die Miete in Höhe von 280,00 Euro, die Nebenkosten in Höhe von 40,00 Euro und Heizpauschale in Höhe von 46,00 Euro. Den weitergehenden Widerspruch bezogen auf die hiervon in Abzug gebrachte "Bereinigung Heizpauschale" von monatlich 8,28 Euro wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2005 als unbegründet zurück. Dabei bekräftigte sie ihre Auffassung, wonach die monatliche Heizvorauszahlung für Heizkosten um eine Pauschale von 18 % für die Warmwasserbereitung zu bereinigen sei, da diese Kosten bereits durch die Regelleistung abgegolten seien.
Der Kläger hat hiergegen am 20.10.2005 bei dem Sozialgericht (SG) Münster Klage erhoben. Zunächst hat er die Passivlegitimation der Beklagten gerügt und darauf verwiesen, dass die organisatorische Gestaltung einer sich aus einer Bundesbehörde und einer Kommunalbehörde zusammensetzenden dritten Behörde in Art. 83, 87 Grundgesetz (GG) nicht vorgesehen sei und zudem gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Mischverwaltung verstoße. Die Abschlagszahlung für Erdgas sei in voller Höhe zu übernehmen, da die Grundmiete und die Nebenkosten als angemessen anerkannt worden seien. Im Übrigen erscheine es willkürlich, unter Hinweis auf eine "allgemeine Erfahrung" einfach pauschal 18 % in Abzug zu bringen. Hierin sei ein Verstoß gegen Art. 3 GG zu sehen, der zur Nichtigkeit des Bescheides nach § 40 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) - führe.
Die Beklagte hat demgegenüber darauf verwiesen, zu den gemäß § 22 SGB II zu gewährenden angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten zählten nicht der Haushaltsstrom und die Warmwasserzubereitung. Diese seien in der Regelleistung enthalten. Der Abzug von 18 % sei auch nicht so hoch, da bei differenzierenden Abrechnungen Warmwasserkosten von bis zu 50 % der Heizkosten zu beobachten seien. Die beklagte Arbeitsgemeinschaft sei durch Vertrag vom 24.11.2004 gegründet worden. Gemäß § 1 des Vertrages handele es sich um eine Arbeitsgemeinschaft in Form einer Gesellschaft öffentlichen Rechts. Diese sei gemäß § 70 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beteiligtenfähig. Gemäß § 6 werde sie gerichtlich und außergerichtlich durch die Geschäftsführerin vertreten. Sie sei daher gemäß § 71 Abs. 3 SGG prozessfähig.
Durch Gerichtsbescheid vom 27.01.2006 hat das SG die Klage abgewiesen und sich den Gründen der angefochtenen Entscheidung der Beklagten angeschlossen.
Gegen den ihm am 31.01.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23.02.2006 die vom SG zugelassene Berufung eingelegt und seine formellen Bedenken bekräftigt. Soweit die Beklagte auf der Grundlage einer Rundverfügung den pauschalen Abzug für Warmwasserkosten vorgenommen habe, entfalte diese schon nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster keine Außenwirkung. Im Übrigen fehle bei derartigen Regelungen die Ermächtigungsgrundlage, denn diese könne sich nur aus § 27 SGB II ergeben, von der aber der Gesetzgeber bis heute keinen Gebrauch gemacht habe.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 27.01.2006 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22.07.2005 in der Gestalt des Bescheides vom 25.08.2005 und des Widerspruchs- bescheides vom 30.09.2005 zu verurteilen, für die Zeit von August 2005 bis Januar 2006 Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 711,00 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie pflichtet dem angefochtenen Gerichtsbescheid bei und verweist darauf, dass die Verfahrensweise auf einer Rundverfügung vom 22.11.2004 beruhe, die selbstverständlich keine Außenwirkung habe. Die Pauschalierung beruhe allerdings auf Erfahrungswerten, die auch schon der im Gerichtsbescheid erwähnten Verordnung vom 20.01.1989 zugrundegelegen hätten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen und zum Gegenstand der Beratung gemacht.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 2, 124 Abs. 2 SGG).
Gegenstand des Verfahrens ist neben dem Bescheid vom 25.08.2005 auch der durch diesen abgeänderte Ursprungsbescheid vom 22.07.2005, da dieser von der Beklagten nicht aufgehoben worden ist und insbesondere bezogen auf die vom Kläger geltend gemachte Außerachtlassung der Heizkostenpauschale insoweit inhaltsgleich ist. Soweit die Beklagte dem Kläger über den hier streitigen Bewilligungszeitraum hinaus auch für den Monat Februar 2006 Leistungen bewilligt hat, ist dies nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Der Folgebescheid dürfte zum einen mangels Einlegung eines Widerspruchs bindend geworden sein (§ 77 SGG). Im Übrigen hat der Kläger seinen Klage- und Berufungsantrag eindeutig auf die Zeit bis zum 31.01.2006 beschränkt. Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich zwar um einen sog. Höhenstreit, bei dem nach der ständigen Rechtsprechung des 7. und 11. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) zum Arbeitsförderungsrecht - die nach Auffassung des Senates auch auf Verfahren nach dem SGB II zu übertragen ist - grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen sind (BSG, Urteile vom 25.05.2005 - B 11a/11 AL 81/04 R und B 11a/11 AL 47/04 R -; Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 28/05 R -; jeweils sozialgerichtsbarkeit.de). Dieser Überprüfung bedarf es vorliegend aber nicht, denn der Kläger hat seine Klage ausdrücklich auf den Abzug eines Betrages in Höhe von monatlich 8,28 Euro als "Bereinigung Heizpauschale" selbst beschränkt (BSG, Urteil vom 20.10.2005 a.a.O.).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Passivlegitimation der Arbeitsgemeinschaft der Stadt Münster angenommen. Für das sozialgerichtliche Verfahren gilt bei der Frage, gegen welchen Rechtsträger die Klage zu richten ist, ebenso wie nach § 78 VwGO für das verwaltungsgerichtliche Verfahren das Rechtsträgerprinzip, wonach Beteiligter die juristische Person ist, deren Behörde sachlich zuständig ist (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Aufl. § 70 Rdn. 4). Daher ist derjenige Rechtsträger passiv legitimiert, der auch materiell verpflichtet ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer a.a.O. § 69 Rdn. 4). In Fällen der vorliegenden Art ist sachlich zuständig und materiell verpflichtet zur Erbringung der mit dem Antrag begehrten Leistung die Beklagte. Träger der Leistungen nach dem SGB II sind zwar für die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II aufgezählten Leistungen (z.B. für Unterkunft und Heizung, § 22 SGB II) die kreisfreien Städte und Kreise, für alle übrigen Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II die Agentur für Arbeit. Die konkrete Leistungserbringung erfolgt jedoch - mit Ausnahme der Optionskommunen (vgl. Eicher/Spelbrink, SGB II, § 44b Rdn. 5) - in einem Kooperationsmodell unter dem Dach einer nach § 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II durch Vertrag vom 24.11.2004 errichteten ARGE. Diese ist auch nach § 44b Abs. 3 Satz 3 berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Beteiligtenfähigkeit der beklagten Arbeitsgemeinschaft ergibt sich demnach aus § 70 Nr. 1 SGG. Das entspricht im übrigen auch der Intention des Gesetzgebers, die Aufgaben der Leistungsträger zu bündeln und die Arbeitsgemein-schaften dazu mit einer umfassenden Wahrnehmungszuständigkeit/Durchführungs-verantwortung auszustatten (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.05.2006 - L 10 AS 102/06 -; m.w.N.).
Der Senat teilt auch nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers, wonach es sich bei der Arbeitsgemeinschaft um eine unzulässige Mischverwaltung handelt. Da das Grundgesetz keine starre Trennung der Verwaltungsbereiche von Bund und Ländern vorschreibt, ist eine Mischverwaltung nur dann verfassungsrechtlich unzulässig, wenn sie gegen zwingende Kompetenz- oder Organisationsnormen oder sonstige Vorschriften des Verfassungsrechts verstößt (BVerfGE 61, 1, 38 ff.; NVwZ 1983, 537 ff.). Den sich hieraus ergebenden Anforderungen wird das SGB II gerecht, denn im Regelfall des § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB II besteht eine Komplementärzuständigkeit zweier Träger, die im Interesse der Leistungsberechtigten auf Erbringung einer einheitlichen Leistung gerichtet ist, jedoch die Trägerschaft der Leistungsbestandteile unangetastet lässt. Demgegenüber hat die Entscheidungsbefugnis in der Geschäftsführung der ARGE rein koordinativen Charakter (vgl. Breitkreuz, Die Leistungsträger nach dem SGB II im System des Sozialver-waltungsrechts, SGb 2005, 141, 143 m.w.N.).
Wie das SG zutreffend entschieden hat, sind die angefochtenen Bescheide nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Kosten der Heizung unter Außerachtlassung der Bereinigung der Kostenpauschale in Höhe von monatlich 8,28 Euro.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gezahlt, soweit sie angemessen sind. Anhaltspunkte dafür, dass eine Unangemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen besteht, sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten auch nicht vorgebracht. Diese zahlt vielmehr die monatlichen Mietaufwendungen einschließlich der Nebenkosten und Gas, soweit es sich hierbei um Heizkosten handelt.
Entgegen der Auffassung können aber die Abschlagszahlungen für Gas nicht in voller Höhe berücksichtigt werden. Diese dienen - was insoweit unstreitig ist - nicht nur der Beheizung der Wohnung, sondern auch der Warmwasserzubereitung. Dass die Kosten der Warmwasserbereitung in der Regelleistung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 enthalten sind, entspricht der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Bundessozialhilfegesetz (vgl. OVG Münster, Urteil vom 13.09.1988 - 8 A 1239/86 -, FEVS 38, 151 ff.). Danach dient die Versorgung mit Warmwasser der von der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II umfassten Körperpflege und Reinigung (s.a. OVG Münster, a.a.O.; Berlit in: LPK-SGB II § 22 Rdn. 17). Der Auffassung des SG Mannheim (Urteil vom 03.05.2005 - S 9 AS 507/05 -; WoM 2006, 330 ff.), wonach die bestimmungsgemäße Nutzung einer Mietwohnung von der Versorgung mit Warmwasser und Strom abhängt, ist demgegenüber nicht zu folgen. Die tatsächlichen Aufwendungen einer Mietwohnung umfassen neben dem Kaltmietzins alle mietvertraglich geschuldeten Betriebskosten (vgl. Berlit a.a.O.). Hierzu gehören weder der Strom, noch Warmwasser (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.09.2005 - L 19 B 68/05 AS ER -; Hessisches LSG, Beschluss vom 24.04.2006 - L 9 AS 39/06 ER -; jeweils sozialgerichtsbarkeit.de).
Hat die Beklagte danach zutreffend dem Grunde nach einen Abschlag für die Warmwasserversorgung erhoben, ist auch die Höhe des Abschlages mit 18 % auf der Grundlage der Rundverfügung Nr. 14/2004 vom 22.11.2004 nicht zu beanstanden. Zwar hat diese Rundverfügung - wie auch die Beklagte bereits betont hat - keine Außenwirkung. Als Grundlage einheitlicher Verwaltungsentscheidungen ist sie aber vorliegend zu beachten, da sie den Vorgaben der Verordnung über die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (Verordnung über Heizkostenabrechnung - Heizkosten-V - vom 23.02.1981 in der Fassung der Änderung vom 19.01.1989, BGBl. I S. 261 bzw. 109) entspricht. Ist eine - wie im vorliegenden Fall - dem individuellen Warmwasserverbrauch entsprechende Abrechnung im Vertragsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter nicht möglich, ist gemäß § 9 Abs. 2 Satz 5, Abs. 1 Heizkosten-V der Anteil für die Warmwasseraufbereitung mit 18 v.H. der Gesamtkosten zu veranschlagen. Der Senat hat keine Bedenken, den in der Heizkosten-V enthaltenen Ansatz, der nach der zugrundeliegenden Begründung auf Abrechnungsverfahren von Messdienstfirmen beruht, die von Fachleuten aus dem Heizungs- und Installationsbereich bestätigt wurden, auch dem vorliegenden Abrechnungsverfahren zugrundezulegen (vgl. auch OVG Münster a.a.O. m.w.N.). Gegen einen derart pauschalierten Abzug hat der Senat jedenfalls so lange keine Bedenken, wie nicht aufgrund längerfristiger Beobachtungen messtechnisch valide abweichende Feststellungen in Höhe des Warmwasserbedarfs im Einzelfall vorliegen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.09.2005, a.a.O.) oder der Verordnungsgeber im Rahmen seiner Verordnungsermächtigung nach § 27 Nr. 1 SGB II für den Geltungs-bereich dieses Gesetzes die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizungen anderweitig festsetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, die Revision zuzulassen, denn sie misst der für den Kläger streitentscheidenden Frage, ob und in welcher Höhe Kosten der Warmwasseraufbereitung von den Kosten für Unterkunft und Heizung abzugsfähig sind, im Hinblick auf die übertragbare ständige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG bei.
Rechtskraft
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