Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 27 RJ 1917/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 RJ 27/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. Februar 2004 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1955 in der Türkei geborene Klägerin, die seit 1970 in Deutschland lebt, stand in keinem Lehr-/ Ausbildungs- oder Anlernverhältnis. Nach eigenen Angaben war sie als Zimmermädchen, Produktionshelferin und Maschinenarbeiterin sowie zuletzt von 1987 bis 1999 als Kontrolleurin (optische Kontrolle) bei einer Arzneimittelfirma beschäftigt. Zur Begründung ihres im März 2002 gestellten Rentenantrages gab die Klägerin an, sie leide an Atembeschwerden, Schulter- und Kopfschmerzen, massiven Depressionen, Schmerzen im rechten Bein und Fuß sowie an Schlafstörungen und halte sich deshalb seit 2001 für außerstande, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Sie bezog sich auf ein von ihr vorgelegtes Attest der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Büttner vom 20. Dezember 2001, die als Diagnose eine depressive Störung angab und u. a. ausführte, die Beschwerden der Klägerin seien ausgeprägt und einer Therapie nur schwer zugänglich. Sie empfehle die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung der Klägerin durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K, der in seinem Gutachten vom 24. April 2002 Dysthymia, cervicocephales Syndrom und Lumbalgie als Diagnosen angab und in seiner sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung zu dem Ergebnis kam, die Klägerin könne leichte körperliche Arbeiten zeitweise im Stehen und Gehen sowie überwiegend im Sitzen ohne schweres Heben und Tragen sechs Stunden und mehr täglich verrichten und sei auch als Prüferin vollschichtig einsatzfähig.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag durch Bescheid vom 17. Mai 2002 mit der Begründung ab, die Klägerin könne mit dem verbliebenen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben, so dass weder volle noch teilweise Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Den mit der Vorlage eines Attestes der Frau Büttner vom 13. Juni 2002 begründeten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2002 zurück.
Im Klageverfahren hat die Klägerin Atteste des Arztes für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. Wvom 04. Dezember 2002 sowie des Orthopäden Dr. M vom 12. Dezember 2002 vorgelegt.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des die Klägerin behandelnden Praktischen Arztes Dr. M vom 18. Oktober 2002 beigezogen und ein nervenfachärztliches Gutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M vom 07. Mai 2003 eingeholt. Der Sachverständige hat Somatisierungsstörung mit zielgerichteter Aggravation, Angst und Depression gemischt, leichte Agoraphobie, leichtes Schmerzsyndrom der Wirbelsäule, Varikosis (Krampfaderleiden) und Bronchitis als Gesundheitsstörungen der Klägerin festgestellt, Sie sei in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten sowie ihrem Bildungsstand entsprechende einfache bis mittelschwere geistige Arbeiten täglich mindestens acht Stunden zu verrichten.
Die Klägerin hat zu dem Gutachten eine ärztliche Stellungnahme von Dr. M vom 24. September 2003 vorgelegt, der eine Überarbeitung des Gutachtens unter Aufnahme eines Kompressionssyndroms der unteren Halswirbelsäule sowie teilweise lang anhaltender Nervenwurzelreizerscheinungen, die nicht berücksichtigt worden seien, empfohlen und auf eine zunehmende depressive Entwicklung hingewiesen hat.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 10. Februar 2004 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin sei weder berufsunfähig noch teilweise oder voll erwerbsgemindert. Nach dem Gutachten Dr. M, dem gegenüber den Ausführungen des Orthopäden Dr. M der Vorzug zu geben sei, verfüge die Klägerin über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Gegen den am 16. Februar 2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 05. März 2004 Berufung eingelegt. Unter Vorlage eines Attestes von Dr. M vom 23. April 2004 macht sie geltend, in dem Gutachten Dr. M seien die Bandscheibenschäden im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule nicht berücksichtigt worden.
Der Senat hat den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. B zum Sachverständigen ernannt und mit der Untersuchung und Begutachtung der Klägerin beauftragt. In seinem Gutachten vom 07. Juni 2004 hat Dr. BFehlhaltung der Wirbelsäule in sämtlichen Wirbelsäulenabschnitten mit Neigung zu muskulären Reizzuständen, Ausschluss einer Nervenwurzelreizsymptomatik, subjektiv empfundene Arthralgien an der oberen wie unteren Extremität ohne Nachweis funktioneller Behinderungen oder eines vorliegenden Verschleißprozesses, ängstlich und depressiv getönte Somatisierungsstörungen bei gleichzeitig bestehendem Aggravationsverhalten, geringfügige Rezidivvaricosis ohne Neigung zu Komplikationen und Neigung zu spastischer Bronchitis ohne Einschränkung der Atmungsfunktion als Gesundheitsstörungen festgestellt und ausgeführt, die Klägerin könne regelmäßig acht Stunden leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten verrichten.
Diesem Gutachten ist die Klägerin mit einer weiteren ärztlichen Stellungnahme von Dr. M vom 29. Juni 2004 entgegengetreten, der die Vermutung äußert, die Untersuchung durch Dr. B könnte während eines der "beschwerdefreien Intervalle", die mitunter aufträten, erfolgt sein.
Auf Antrag der Klägerin ist der Arzt für Orthopädie J gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Sachverständigen ernannt und mit der Untersuchung und Begutachtung der Klägerin beauftragt worden. Der Sachverständige hat in dem Gutachten vom 14. Dezember 2004 Fehlhaltung der Wirbelsäule in sämtlichen Wirbelsäulenabschnitten mit Funktionseinschränkungen und Neigung zu muskulärer Nervenwurzelreizsymptomatik im Bereich der Lendenwirbelsäule, Periarthrosis beider Schultergelenke mit schmerzhaften Funktionseinschränkungen, geringgradige Funktionseinschränkungen beider Hüftgelenke, geringgradige Funktionseinschränkung des rechten Sprunggelenkes bei Osteonekrose und Zustand nach Außenbandruptur des oberen Sprunggelenks, beidseitiger Senk-Spreizfuß mit Hallux valgus, geringfügige Rezidivvaricosis ohne Neigung zu Komplikationen, depressiv überlagerte Somatisierungsstörungen, Neigung zu spastischer Bronchitis ohne wesentliche Einschränkung der Atmungsfunktion als bei der Klägerin vorliegende Gesundheitsstörungen festgestellt.
Nach seiner Einschätzung sollte die tägliche maximale Arbeitszeit auf vier Stunden limitiert werden. Der Sachverständige J hält die Gehfähigkeit der Klägerin für eingeschränkt. Aufgrund der Sprunggelenkssymptomatik rechts und der rezidivierenden lumbalen Wurzelreizsymptomatik könne die Klägerin eine tägliche Wegstrecke von mindestens 500 Metern nur mit Pausen zurücklegen. Die bestehenden Einschränkungen lägen seit Stellung des Rentenantrages vor. Zu diesem Gutachten hat zunächst die Beklagte eine ärztliche Stellungnahme des Chirurgen Dr. H vom 28. Februar 2005 eingereicht, der die bisherige Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin als vollschichtig für leichte Tätigkeiten bei qualitativen Einschränkungen für zutreffend hält. Die Klägerin ihrerseits hat je eine ärztliche Stellungnahme von Dr. M vom 05. April 2005 zu dem Gutachten des Sachverständigen J vom 14. Dezember 2004 und der Äußerung Dr. H vom 28. Februar 2005 vorgelegt.
Der Senat hat mit Schreiben vom 08. April 2005 eine gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen J zur Einschränkung der Wegefähigkeit und des quantitativen Leistungsvermögens der Klägerin eingeholt, die dieser am 20. Juni 2005 abgegeben hat und auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. Februar 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2002 zu verurteilen, ihr ab 01. März 2002 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf eine weitere ärztliche Stellungnahme von Dr. H vom 20. Juli 2005, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Akteninhalt verwiesen. Die die Klägerin betreffende Rentenakte der Beklagte lag dem Senat vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Ihr steht, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu.
Da die Klägerin den Rentenantrag im März 2002 gestellt hat, findet § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung Anwendung.
Nach § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeinen Wartezeit erfüllt haben.
Die Klägerin erfüllt die allgemeine Wartezeit für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung von fünf Jahren und es läge, wie die Beklagte in dem Bescheid vom 17. Mai 2002 festgestellt hat, bei Antragstellung im März 2002 auch die weitere Voraussetzung – drei Jahre Pflichtbeitragszeiten in den letzten fünf Jahren – vor, die Klägerin ist jedoch seit Rentenantragstellung weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.
Nach § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbtätig zu sein.
Nach § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI sind Versicherte teilweise erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin seit Rentenantragstellung bis zum heutigen Tage durchgehend über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für zumindest leichte körperliche Arbeiten ohne erhebliche qualitative Einschränkungen verfügt. Das folgt zunächst aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K vom 24. April 2002, der Dysthymia, cervicocephales Syndrom und Lumbalgie als Diagnosen feststellte und das Leistungsvermögen der Klägerin dahingehend einschätzte, dass sie leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung sowie überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne und auch in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Prüferin vollschichtig einsatzfähig sei. Der gerichtliche Sachverständige Dr. M kam in seinem Gutachten vom 07. Mai 2003 zu dem Ergebnis, die Klägerin sei in der Lage, sogar körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten sowie ihrem Bildungsstand entsprechende einfache bis mittelschwere geistige Arbeiten täglich mindestens acht Stunden zu verrichten. Er wies auf die stärkere Beschwielung und die frischen Arbeitsspuren der Hände hin, die dafür sprächen, dass die Klägerin entgegen ihren Behauptungen seit längerem regelmäßig mit den Händen wenigstens mittelschwere Arbeiten ausführe. Der Sachverständige hat hervorgehoben, dass das Krankheitsbild durch bewusstes und zielgerichtetes Aggravationsverhalten überformt werde, das der Klägerin vielleicht im noch verbliebenen Familienverband eine gewisse soziale Unterstützung sichere, das sie aber auch benutze, um ihre Ansprüche hinsichtlich einer Rente durchzusetzen. Es sei ihr zuzumuten, dieses Verhalten aufzugeben und das noch vorhandene Leistungsvermögen, das deutlich größer sei als von der Klägerin behauptet und dargestellt, in einer Arbeitstätigkeit einzusetzen. Die psychischen Störungen wirkten sich auf das Leistungsvermögen der Klägerin nur insoweit qualitativ aus, als sie keine Arbeiten in Nachtschicht sowie unter Zeitdruck mehr ausüben könne. Das körperliche Leistungsvermögen der Klägerin sei nur geringfügig eingeschränkt. Sie könne in allen Haltungsarten, auch in festgelegtem Arbeitsrhythmus und an laufenden Maschinen arbeiten und Lasten bis zu 15 Kilogramm heben und tragen. Eine Einschränkung des Gehvermögens, die sich auf die Fähigkeit der Klägerin auswirken könnte, Wegstrecken von viermal 500 Metern täglich in weniger als 20 Minuten zurückzulegen, hat der Sachverständige nicht festgestellt.
Zu einer vergleichbaren Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin ist der vom Senat zum Sachverständigen ernannte Arzt für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. B in seinem Gutachten vom 07. Juni 2004 gelangt. Er hat ausgeführt, er habe bei der Exploration den Eindruck gewonnen, dass die Klägerin zum Teil aggravierend ihre körperlich empfundenen Beschwerden darstelle. Das Aggravationsverhalten lasse sich belegen durch die zielgerichteten Darstellungen von pathologischen Veränderungen, die die Klägerin schildern möchte, die aber nicht dem objektivierbaren Untersuchungsbefund entsprächen. Die angegebenen Beschwerden ließen sich nicht immer auf entsprechende somatische Befunde zurückführen. Depressiv getönte Somatisierungsstörungen seien ohne jeden Zweifel vorhanden, gleichzeitig bestünden aber deutliche Anteile eines Aggravationsverhaltens. Der Sachverständige hat sich ausführlich mit dem ärztlichen Attest des behandelnden Orthopäden Dr. M vom 23. April 2004 auseinandergesetzt und erläutert, dass die dort aufgeführten Diagnosen, bei denen es sich zum Teil um Doppelbezeichnungen handele, das Krankheitsbild einer Fehlhaltung in allen Wirbelsäulenabschnitten bezeichne, das jedoch insgesamt als leicht zu bewerten sei. Nach dem Ergebnis der klinischen und röntgenologischen Untersuchung seien schwere degenerative Veränderungen ebenso wie eine Nervenwurzelreizsymptomatik auszuschließen, zumal das Reflexverhalten, die Kraftentwicklung, die Entwicklung der Muskulatur, die Sensibilität und die Motorik an beiden Armen und Beinen objektiv völlig ungestört gewesen sei. Auch sei das Lasègue´sche Dehnungsphänomen an der unteren Extremität negativ gewesen, so dass ein lumbales Bandscheibenvorfallgeschehen auszuschließen sei. Hinzu komme, dass eine MRT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule, die am 25. März 2004 durchgeführt worden sei, zwar eine Vorwölbung der Bandscheibenfächer L 4/ L 5 sowie L 5/ S 1 erbracht habe, dem Befund jedoch zu entnehmen sei, dass eine Wurzelverlagerung oder Wurzelkompression nicht nachweisbar sei. Dr. B hat zudem darauf hingewiesen, dass die erlittene Ruptur im Bereich der Bandführung des oberen Sprunggelenkes rechts durch konservative Therapiemaßnahmen zur Ausheilung gebracht worden sei. Die körperliche wie auch radiologische Untersuchung am Untersuchungstag habe völlig regelrechte Befunde ergeben, so dass die Klägerin auch in diesem Abschnitt des Stütz- und Haltungsapparates keine Leistungsminderung aufweise.
Aufgrund dieser Feststellungen ist die Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin durch den Sachverständigen Dr. B, dass sie in der Lage sei, einer leichten bis mittelschweren Arbeit ohne erhebliche qualitative Einschränkungen vollschichtig nachzugehen und dass sie Fußwege von 500 Metern viermal täglich in einer zumutbaren Zeit zurücklegen könne, schlüssig und nachvollziehbar.
Der Senat hat keine Bedenken, sich den durch die diagnostischen Feststellungen und bildgebenden Befunde belegten Schlussfolgerungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr. M und Dr. B in vollem Umfang anzuschließen und sie seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen.
Demgegenüber sind die von der Klägerin vorgelegten Atteste ihres behandelnden Arztes Dr. M, insbesondere dessen ärztliche Stellungnahme vom 29. Juni 2004, in der das Gutachten Dr. B als nicht nachvollziehbar bezeichnet wird, für die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit das Leistungsvermögen der Klägerin qualitativ oder sogar quantitativ eingeschränkt ist, nicht aussagekräftig. Dr. M hat seine Behauptungen, es bestünden deutliche Funktionseinschränkungen der Hals- und Lendenwirbelsäule und es komme mitunter zu Nervenwurzelreizerscheinungen, nicht durch Untersuchungsergebnisse und bildgebende Befunde belegt. Demgegenüber haben die gerichtlichen Sachverständigen ihre Feststellungen aufgrund eingehender Untersuchungen unter Heranziehung aktueller Röntgenaufnahmen und früherer bildgebender Befunde getroffen.
Nicht zu folgen vermag der Senat den Ausführungen des auf Antrag der Klägerin zum Sachverständigen ernannten Orthopäden J in dem Gutachten vom 14. Dezember 2004. Es ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass der Sachverständige, dem dieselben (überwiegend auf Veranlassung Dr. B gefertigten) Röntgenaufnahmen zur Verfügung standen, bei der körperlichen Untersuchung ähnliche Feststellungen getroffen und gleichartige Befunde erhoben hat wie Dr. B. Hiernach bestehen im Bereich beider Hüftgelenke geringgradige Funktionseinschränkungen, die Kniegelenke wurden als unauffällig mit normalen Bewegungsausmaßen beschrieben. Zu den Sprung-, Fuß- und Zehengelenken hat der Sachverständige ausgeführt, die Konturen des rechten Sprunggelenkes seien geringgradig verstrichen, links aber unauffällig. Der Bandapparat sei beidseits stabil. Bei der Funktionsprüfung beider Sprunggelenke lägen rechtsseitig geringgradige Bewegungseinschränkungen vor (rechts 0/0/25 - links 5/0/30). Beidseits bestehe ein Senk-Spreizfuß mit Hallux valgus -Bildung, mit abgesenktem Fußgewölbe und durchgetretenen Mittelfußköpfchen. Die Zehengelenke seien rechts und links frei beweglich. Die Abrollfunktion beider Füße sei nicht eingeschränkt. Motorische bzw. sensible Ausfälle hätten bei der Klägerin im Bereich der unteren Extremitäten nicht festgestellt werden können.
Unter Berücksichtigung dieser Feststellungen ist die von Herrn J angenommene Einschränkung der Wegefähigkeit der Klägerin nicht nachvollziehbar. Der Sachverständige hat auch in der auf Veranlassung des Senats abgegebenen gutachterlichen Stellungnahme vom 20. Juni 2005 nicht schlüssig begründen können, warum die Klägerin trotz der nur geringfügigen Funktionsstörungen im Bereich der unteren Extremitäten nicht in der Lage sein soll, Wegstrecken von mindestens 500 Metern viermal täglich zurückzulegen.
Auch die von dem Sachverständigen J für erforderlich gehaltene Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin auf vier Stunden täglich ist weder in dem Gutachten vom 14. Dezember 2004 noch auf gerichtliche Nachfrage in dessen gutachterlicher Stellungnahme vom 20. Juni 2005 nachvollziehbar dargelegt worden. Der Begründung des Sachverständigen, die quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens auf vier Stunden sei erforderlich, um den schmerzhaften Funktionseinschränkungen auf orthopädischem Gebiet gerecht zu werden, ist entgegenzuhalten, dass er – ebenso wie zuvor Dr. B – im Wesentlichen Normalbefunde erhoben hat. Selbst wenn eine schmerzhafte Funktionsminderung im Bereich der gesamten Wirbelsäule mit lumbaler Wurzelreizsymptomatik und besonders schmerzhaften Funktionsstörungen der Schultergelenke vorläge, folgte daraus nicht zwingend die Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens. Die Leistungsfähigkeit wäre dann nur qualitativ eingeschränkt auf leichte körperliche Arbeiten im Sitzen oder im Wechsel der Körperhaltungsarten ohne Heben und Tragen schwerer Lasten.
Nicht nachvollziehbar ist insbesondere die Aussage des Sachverständigen J, die von ihm festgestellten Einschränkungen bestünden bereits seit Rentenantragstellung. Aus seiner hierfür in der gutachterlichen Stellungnahme vom 20. Juni 2005 gegebenen Begründung, den anamnestischen Angaben der Klägerin, den Befundberichten der behandelnden Ärzte sowie den vorliegenden Gutachten lasse sich entnehmen, dass sämtliche Funktionseinschränkungen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates, insbesondere der Halswirbelsäule, der Schultergelenke und der Lendenwirbelsäule, aber auch des rechten Sprunggelenkes, bereits seit dem Jahre 2002 vorlägen, folgt, dass er offensichtlich die Grundsätze und Anforderungen, die in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Beurteilung der Erwerbsminderung von Versicherten gemäß § 43 SGB VI gelten, verkannt hat. Obwohl er im Wesentlichen die gleichen Befunde wie Dr. B erhoben hat, ist er zu einer von dessen Einschätzung abweichenden Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin gelangt. Dieser ist nicht zu folgen, weil die seit Rentenantragstellung am Stütz- und Bewegungsapparat der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen nur geringgradige Funktionseinschränkungen bedingen, die – wie bereits dargelegt – das Leistungsvermögen der Klägerin nicht quantitativ, sondern nur geringfügig qualitativ beeinträchtigen.
Dasselbe gilt für die ärztlichen Stellungnahmen des Dr. M vom 05. April 2005, die ebenso wie dessen vorangegangene Äußerungen für die hier zu entscheidende Frage der Erwerbsminderung der Klägerin keine schlüssigen und verwertbaren Aussagen enthalten und deshalb nicht geeignet sind, die Feststellungen und Schlussfolgerung in den Gutachten der Sachverständigen Dr. M und Dr. B in Zweifel zu ziehen. Hiernach ist das Leistungsvermögen der Klägerin nicht quantitativ, sondern nur geringfügig qualitativ eingeschränkt, so dass sie nicht teilweise oder sogar voll erwerbsgemindert ist.
Der Klägerin steht auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI zu, denn sie genießt, da sie keine Berufsausbildung abgeschlossen und nur ungelernte Tätigkeiten ausgeübt hat, keinen Berufsschutz und kann daher auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1955 in der Türkei geborene Klägerin, die seit 1970 in Deutschland lebt, stand in keinem Lehr-/ Ausbildungs- oder Anlernverhältnis. Nach eigenen Angaben war sie als Zimmermädchen, Produktionshelferin und Maschinenarbeiterin sowie zuletzt von 1987 bis 1999 als Kontrolleurin (optische Kontrolle) bei einer Arzneimittelfirma beschäftigt. Zur Begründung ihres im März 2002 gestellten Rentenantrages gab die Klägerin an, sie leide an Atembeschwerden, Schulter- und Kopfschmerzen, massiven Depressionen, Schmerzen im rechten Bein und Fuß sowie an Schlafstörungen und halte sich deshalb seit 2001 für außerstande, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Sie bezog sich auf ein von ihr vorgelegtes Attest der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Büttner vom 20. Dezember 2001, die als Diagnose eine depressive Störung angab und u. a. ausführte, die Beschwerden der Klägerin seien ausgeprägt und einer Therapie nur schwer zugänglich. Sie empfehle die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung der Klägerin durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K, der in seinem Gutachten vom 24. April 2002 Dysthymia, cervicocephales Syndrom und Lumbalgie als Diagnosen angab und in seiner sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung zu dem Ergebnis kam, die Klägerin könne leichte körperliche Arbeiten zeitweise im Stehen und Gehen sowie überwiegend im Sitzen ohne schweres Heben und Tragen sechs Stunden und mehr täglich verrichten und sei auch als Prüferin vollschichtig einsatzfähig.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag durch Bescheid vom 17. Mai 2002 mit der Begründung ab, die Klägerin könne mit dem verbliebenen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben, so dass weder volle noch teilweise Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Den mit der Vorlage eines Attestes der Frau Büttner vom 13. Juni 2002 begründeten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2002 zurück.
Im Klageverfahren hat die Klägerin Atteste des Arztes für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. Wvom 04. Dezember 2002 sowie des Orthopäden Dr. M vom 12. Dezember 2002 vorgelegt.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des die Klägerin behandelnden Praktischen Arztes Dr. M vom 18. Oktober 2002 beigezogen und ein nervenfachärztliches Gutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M vom 07. Mai 2003 eingeholt. Der Sachverständige hat Somatisierungsstörung mit zielgerichteter Aggravation, Angst und Depression gemischt, leichte Agoraphobie, leichtes Schmerzsyndrom der Wirbelsäule, Varikosis (Krampfaderleiden) und Bronchitis als Gesundheitsstörungen der Klägerin festgestellt, Sie sei in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten sowie ihrem Bildungsstand entsprechende einfache bis mittelschwere geistige Arbeiten täglich mindestens acht Stunden zu verrichten.
Die Klägerin hat zu dem Gutachten eine ärztliche Stellungnahme von Dr. M vom 24. September 2003 vorgelegt, der eine Überarbeitung des Gutachtens unter Aufnahme eines Kompressionssyndroms der unteren Halswirbelsäule sowie teilweise lang anhaltender Nervenwurzelreizerscheinungen, die nicht berücksichtigt worden seien, empfohlen und auf eine zunehmende depressive Entwicklung hingewiesen hat.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 10. Februar 2004 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin sei weder berufsunfähig noch teilweise oder voll erwerbsgemindert. Nach dem Gutachten Dr. M, dem gegenüber den Ausführungen des Orthopäden Dr. M der Vorzug zu geben sei, verfüge die Klägerin über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Gegen den am 16. Februar 2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 05. März 2004 Berufung eingelegt. Unter Vorlage eines Attestes von Dr. M vom 23. April 2004 macht sie geltend, in dem Gutachten Dr. M seien die Bandscheibenschäden im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule nicht berücksichtigt worden.
Der Senat hat den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. B zum Sachverständigen ernannt und mit der Untersuchung und Begutachtung der Klägerin beauftragt. In seinem Gutachten vom 07. Juni 2004 hat Dr. BFehlhaltung der Wirbelsäule in sämtlichen Wirbelsäulenabschnitten mit Neigung zu muskulären Reizzuständen, Ausschluss einer Nervenwurzelreizsymptomatik, subjektiv empfundene Arthralgien an der oberen wie unteren Extremität ohne Nachweis funktioneller Behinderungen oder eines vorliegenden Verschleißprozesses, ängstlich und depressiv getönte Somatisierungsstörungen bei gleichzeitig bestehendem Aggravationsverhalten, geringfügige Rezidivvaricosis ohne Neigung zu Komplikationen und Neigung zu spastischer Bronchitis ohne Einschränkung der Atmungsfunktion als Gesundheitsstörungen festgestellt und ausgeführt, die Klägerin könne regelmäßig acht Stunden leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten verrichten.
Diesem Gutachten ist die Klägerin mit einer weiteren ärztlichen Stellungnahme von Dr. M vom 29. Juni 2004 entgegengetreten, der die Vermutung äußert, die Untersuchung durch Dr. B könnte während eines der "beschwerdefreien Intervalle", die mitunter aufträten, erfolgt sein.
Auf Antrag der Klägerin ist der Arzt für Orthopädie J gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Sachverständigen ernannt und mit der Untersuchung und Begutachtung der Klägerin beauftragt worden. Der Sachverständige hat in dem Gutachten vom 14. Dezember 2004 Fehlhaltung der Wirbelsäule in sämtlichen Wirbelsäulenabschnitten mit Funktionseinschränkungen und Neigung zu muskulärer Nervenwurzelreizsymptomatik im Bereich der Lendenwirbelsäule, Periarthrosis beider Schultergelenke mit schmerzhaften Funktionseinschränkungen, geringgradige Funktionseinschränkungen beider Hüftgelenke, geringgradige Funktionseinschränkung des rechten Sprunggelenkes bei Osteonekrose und Zustand nach Außenbandruptur des oberen Sprunggelenks, beidseitiger Senk-Spreizfuß mit Hallux valgus, geringfügige Rezidivvaricosis ohne Neigung zu Komplikationen, depressiv überlagerte Somatisierungsstörungen, Neigung zu spastischer Bronchitis ohne wesentliche Einschränkung der Atmungsfunktion als bei der Klägerin vorliegende Gesundheitsstörungen festgestellt.
Nach seiner Einschätzung sollte die tägliche maximale Arbeitszeit auf vier Stunden limitiert werden. Der Sachverständige J hält die Gehfähigkeit der Klägerin für eingeschränkt. Aufgrund der Sprunggelenkssymptomatik rechts und der rezidivierenden lumbalen Wurzelreizsymptomatik könne die Klägerin eine tägliche Wegstrecke von mindestens 500 Metern nur mit Pausen zurücklegen. Die bestehenden Einschränkungen lägen seit Stellung des Rentenantrages vor. Zu diesem Gutachten hat zunächst die Beklagte eine ärztliche Stellungnahme des Chirurgen Dr. H vom 28. Februar 2005 eingereicht, der die bisherige Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin als vollschichtig für leichte Tätigkeiten bei qualitativen Einschränkungen für zutreffend hält. Die Klägerin ihrerseits hat je eine ärztliche Stellungnahme von Dr. M vom 05. April 2005 zu dem Gutachten des Sachverständigen J vom 14. Dezember 2004 und der Äußerung Dr. H vom 28. Februar 2005 vorgelegt.
Der Senat hat mit Schreiben vom 08. April 2005 eine gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen J zur Einschränkung der Wegefähigkeit und des quantitativen Leistungsvermögens der Klägerin eingeholt, die dieser am 20. Juni 2005 abgegeben hat und auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. Februar 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2002 zu verurteilen, ihr ab 01. März 2002 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf eine weitere ärztliche Stellungnahme von Dr. H vom 20. Juli 2005, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Akteninhalt verwiesen. Die die Klägerin betreffende Rentenakte der Beklagte lag dem Senat vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Ihr steht, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu.
Da die Klägerin den Rentenantrag im März 2002 gestellt hat, findet § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung Anwendung.
Nach § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeinen Wartezeit erfüllt haben.
Die Klägerin erfüllt die allgemeine Wartezeit für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung von fünf Jahren und es läge, wie die Beklagte in dem Bescheid vom 17. Mai 2002 festgestellt hat, bei Antragstellung im März 2002 auch die weitere Voraussetzung – drei Jahre Pflichtbeitragszeiten in den letzten fünf Jahren – vor, die Klägerin ist jedoch seit Rentenantragstellung weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.
Nach § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbtätig zu sein.
Nach § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI sind Versicherte teilweise erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin seit Rentenantragstellung bis zum heutigen Tage durchgehend über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für zumindest leichte körperliche Arbeiten ohne erhebliche qualitative Einschränkungen verfügt. Das folgt zunächst aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K vom 24. April 2002, der Dysthymia, cervicocephales Syndrom und Lumbalgie als Diagnosen feststellte und das Leistungsvermögen der Klägerin dahingehend einschätzte, dass sie leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung sowie überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne und auch in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Prüferin vollschichtig einsatzfähig sei. Der gerichtliche Sachverständige Dr. M kam in seinem Gutachten vom 07. Mai 2003 zu dem Ergebnis, die Klägerin sei in der Lage, sogar körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten sowie ihrem Bildungsstand entsprechende einfache bis mittelschwere geistige Arbeiten täglich mindestens acht Stunden zu verrichten. Er wies auf die stärkere Beschwielung und die frischen Arbeitsspuren der Hände hin, die dafür sprächen, dass die Klägerin entgegen ihren Behauptungen seit längerem regelmäßig mit den Händen wenigstens mittelschwere Arbeiten ausführe. Der Sachverständige hat hervorgehoben, dass das Krankheitsbild durch bewusstes und zielgerichtetes Aggravationsverhalten überformt werde, das der Klägerin vielleicht im noch verbliebenen Familienverband eine gewisse soziale Unterstützung sichere, das sie aber auch benutze, um ihre Ansprüche hinsichtlich einer Rente durchzusetzen. Es sei ihr zuzumuten, dieses Verhalten aufzugeben und das noch vorhandene Leistungsvermögen, das deutlich größer sei als von der Klägerin behauptet und dargestellt, in einer Arbeitstätigkeit einzusetzen. Die psychischen Störungen wirkten sich auf das Leistungsvermögen der Klägerin nur insoweit qualitativ aus, als sie keine Arbeiten in Nachtschicht sowie unter Zeitdruck mehr ausüben könne. Das körperliche Leistungsvermögen der Klägerin sei nur geringfügig eingeschränkt. Sie könne in allen Haltungsarten, auch in festgelegtem Arbeitsrhythmus und an laufenden Maschinen arbeiten und Lasten bis zu 15 Kilogramm heben und tragen. Eine Einschränkung des Gehvermögens, die sich auf die Fähigkeit der Klägerin auswirken könnte, Wegstrecken von viermal 500 Metern täglich in weniger als 20 Minuten zurückzulegen, hat der Sachverständige nicht festgestellt.
Zu einer vergleichbaren Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin ist der vom Senat zum Sachverständigen ernannte Arzt für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. B in seinem Gutachten vom 07. Juni 2004 gelangt. Er hat ausgeführt, er habe bei der Exploration den Eindruck gewonnen, dass die Klägerin zum Teil aggravierend ihre körperlich empfundenen Beschwerden darstelle. Das Aggravationsverhalten lasse sich belegen durch die zielgerichteten Darstellungen von pathologischen Veränderungen, die die Klägerin schildern möchte, die aber nicht dem objektivierbaren Untersuchungsbefund entsprächen. Die angegebenen Beschwerden ließen sich nicht immer auf entsprechende somatische Befunde zurückführen. Depressiv getönte Somatisierungsstörungen seien ohne jeden Zweifel vorhanden, gleichzeitig bestünden aber deutliche Anteile eines Aggravationsverhaltens. Der Sachverständige hat sich ausführlich mit dem ärztlichen Attest des behandelnden Orthopäden Dr. M vom 23. April 2004 auseinandergesetzt und erläutert, dass die dort aufgeführten Diagnosen, bei denen es sich zum Teil um Doppelbezeichnungen handele, das Krankheitsbild einer Fehlhaltung in allen Wirbelsäulenabschnitten bezeichne, das jedoch insgesamt als leicht zu bewerten sei. Nach dem Ergebnis der klinischen und röntgenologischen Untersuchung seien schwere degenerative Veränderungen ebenso wie eine Nervenwurzelreizsymptomatik auszuschließen, zumal das Reflexverhalten, die Kraftentwicklung, die Entwicklung der Muskulatur, die Sensibilität und die Motorik an beiden Armen und Beinen objektiv völlig ungestört gewesen sei. Auch sei das Lasègue´sche Dehnungsphänomen an der unteren Extremität negativ gewesen, so dass ein lumbales Bandscheibenvorfallgeschehen auszuschließen sei. Hinzu komme, dass eine MRT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule, die am 25. März 2004 durchgeführt worden sei, zwar eine Vorwölbung der Bandscheibenfächer L 4/ L 5 sowie L 5/ S 1 erbracht habe, dem Befund jedoch zu entnehmen sei, dass eine Wurzelverlagerung oder Wurzelkompression nicht nachweisbar sei. Dr. B hat zudem darauf hingewiesen, dass die erlittene Ruptur im Bereich der Bandführung des oberen Sprunggelenkes rechts durch konservative Therapiemaßnahmen zur Ausheilung gebracht worden sei. Die körperliche wie auch radiologische Untersuchung am Untersuchungstag habe völlig regelrechte Befunde ergeben, so dass die Klägerin auch in diesem Abschnitt des Stütz- und Haltungsapparates keine Leistungsminderung aufweise.
Aufgrund dieser Feststellungen ist die Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin durch den Sachverständigen Dr. B, dass sie in der Lage sei, einer leichten bis mittelschweren Arbeit ohne erhebliche qualitative Einschränkungen vollschichtig nachzugehen und dass sie Fußwege von 500 Metern viermal täglich in einer zumutbaren Zeit zurücklegen könne, schlüssig und nachvollziehbar.
Der Senat hat keine Bedenken, sich den durch die diagnostischen Feststellungen und bildgebenden Befunde belegten Schlussfolgerungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr. M und Dr. B in vollem Umfang anzuschließen und sie seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen.
Demgegenüber sind die von der Klägerin vorgelegten Atteste ihres behandelnden Arztes Dr. M, insbesondere dessen ärztliche Stellungnahme vom 29. Juni 2004, in der das Gutachten Dr. B als nicht nachvollziehbar bezeichnet wird, für die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit das Leistungsvermögen der Klägerin qualitativ oder sogar quantitativ eingeschränkt ist, nicht aussagekräftig. Dr. M hat seine Behauptungen, es bestünden deutliche Funktionseinschränkungen der Hals- und Lendenwirbelsäule und es komme mitunter zu Nervenwurzelreizerscheinungen, nicht durch Untersuchungsergebnisse und bildgebende Befunde belegt. Demgegenüber haben die gerichtlichen Sachverständigen ihre Feststellungen aufgrund eingehender Untersuchungen unter Heranziehung aktueller Röntgenaufnahmen und früherer bildgebender Befunde getroffen.
Nicht zu folgen vermag der Senat den Ausführungen des auf Antrag der Klägerin zum Sachverständigen ernannten Orthopäden J in dem Gutachten vom 14. Dezember 2004. Es ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass der Sachverständige, dem dieselben (überwiegend auf Veranlassung Dr. B gefertigten) Röntgenaufnahmen zur Verfügung standen, bei der körperlichen Untersuchung ähnliche Feststellungen getroffen und gleichartige Befunde erhoben hat wie Dr. B. Hiernach bestehen im Bereich beider Hüftgelenke geringgradige Funktionseinschränkungen, die Kniegelenke wurden als unauffällig mit normalen Bewegungsausmaßen beschrieben. Zu den Sprung-, Fuß- und Zehengelenken hat der Sachverständige ausgeführt, die Konturen des rechten Sprunggelenkes seien geringgradig verstrichen, links aber unauffällig. Der Bandapparat sei beidseits stabil. Bei der Funktionsprüfung beider Sprunggelenke lägen rechtsseitig geringgradige Bewegungseinschränkungen vor (rechts 0/0/25 - links 5/0/30). Beidseits bestehe ein Senk-Spreizfuß mit Hallux valgus -Bildung, mit abgesenktem Fußgewölbe und durchgetretenen Mittelfußköpfchen. Die Zehengelenke seien rechts und links frei beweglich. Die Abrollfunktion beider Füße sei nicht eingeschränkt. Motorische bzw. sensible Ausfälle hätten bei der Klägerin im Bereich der unteren Extremitäten nicht festgestellt werden können.
Unter Berücksichtigung dieser Feststellungen ist die von Herrn J angenommene Einschränkung der Wegefähigkeit der Klägerin nicht nachvollziehbar. Der Sachverständige hat auch in der auf Veranlassung des Senats abgegebenen gutachterlichen Stellungnahme vom 20. Juni 2005 nicht schlüssig begründen können, warum die Klägerin trotz der nur geringfügigen Funktionsstörungen im Bereich der unteren Extremitäten nicht in der Lage sein soll, Wegstrecken von mindestens 500 Metern viermal täglich zurückzulegen.
Auch die von dem Sachverständigen J für erforderlich gehaltene Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin auf vier Stunden täglich ist weder in dem Gutachten vom 14. Dezember 2004 noch auf gerichtliche Nachfrage in dessen gutachterlicher Stellungnahme vom 20. Juni 2005 nachvollziehbar dargelegt worden. Der Begründung des Sachverständigen, die quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens auf vier Stunden sei erforderlich, um den schmerzhaften Funktionseinschränkungen auf orthopädischem Gebiet gerecht zu werden, ist entgegenzuhalten, dass er – ebenso wie zuvor Dr. B – im Wesentlichen Normalbefunde erhoben hat. Selbst wenn eine schmerzhafte Funktionsminderung im Bereich der gesamten Wirbelsäule mit lumbaler Wurzelreizsymptomatik und besonders schmerzhaften Funktionsstörungen der Schultergelenke vorläge, folgte daraus nicht zwingend die Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens. Die Leistungsfähigkeit wäre dann nur qualitativ eingeschränkt auf leichte körperliche Arbeiten im Sitzen oder im Wechsel der Körperhaltungsarten ohne Heben und Tragen schwerer Lasten.
Nicht nachvollziehbar ist insbesondere die Aussage des Sachverständigen J, die von ihm festgestellten Einschränkungen bestünden bereits seit Rentenantragstellung. Aus seiner hierfür in der gutachterlichen Stellungnahme vom 20. Juni 2005 gegebenen Begründung, den anamnestischen Angaben der Klägerin, den Befundberichten der behandelnden Ärzte sowie den vorliegenden Gutachten lasse sich entnehmen, dass sämtliche Funktionseinschränkungen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates, insbesondere der Halswirbelsäule, der Schultergelenke und der Lendenwirbelsäule, aber auch des rechten Sprunggelenkes, bereits seit dem Jahre 2002 vorlägen, folgt, dass er offensichtlich die Grundsätze und Anforderungen, die in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Beurteilung der Erwerbsminderung von Versicherten gemäß § 43 SGB VI gelten, verkannt hat. Obwohl er im Wesentlichen die gleichen Befunde wie Dr. B erhoben hat, ist er zu einer von dessen Einschätzung abweichenden Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin gelangt. Dieser ist nicht zu folgen, weil die seit Rentenantragstellung am Stütz- und Bewegungsapparat der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen nur geringgradige Funktionseinschränkungen bedingen, die – wie bereits dargelegt – das Leistungsvermögen der Klägerin nicht quantitativ, sondern nur geringfügig qualitativ beeinträchtigen.
Dasselbe gilt für die ärztlichen Stellungnahmen des Dr. M vom 05. April 2005, die ebenso wie dessen vorangegangene Äußerungen für die hier zu entscheidende Frage der Erwerbsminderung der Klägerin keine schlüssigen und verwertbaren Aussagen enthalten und deshalb nicht geeignet sind, die Feststellungen und Schlussfolgerung in den Gutachten der Sachverständigen Dr. M und Dr. B in Zweifel zu ziehen. Hiernach ist das Leistungsvermögen der Klägerin nicht quantitativ, sondern nur geringfügig qualitativ eingeschränkt, so dass sie nicht teilweise oder sogar voll erwerbsgemindert ist.
Der Klägerin steht auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI zu, denn sie genießt, da sie keine Berufsausbildung abgeschlossen und nur ungelernte Tätigkeiten ausgeübt hat, keinen Berufsschutz und kann daher auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved