L 3 U 71/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 67 U 146/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 71/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Oktober 2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls.

Der am 1948 geborene Kläger war als Kraftfahrer bei den B S beschäftigt. Laut Unfallanzeige des Unternehmers vom 07. September 1999 erlitt er am 27. August 1999 einen Arbeitsunfall, als er beim Reinigen des Parkplatzes von der Bordsteinkante abrutschte, auf das linke Knie stürzte und sich dabei die Innenbänder im rechten Knie zerrte.

Laut Durchgangsarztbericht von Dr. T vom 03. September 1999 zog er sich eine Prellung des rechten und linken Knies zu. Als Befund des rechten Knies wurde eine mäßige Weichteilschwellung und deutliche Druckempfindlichkeit im Bereich der Kniescheibe, ein fester Bandapparat und eine schmerzhaft eingeschränkte Beugung beschrieben. Im linken Knie bestand eine Weichteilschwellung und Druckempfindlichkeit im Bereich der Kniescheibe, kein sicheres Ergusszeichen, der Bandapparat war fest und die Beugung schmerzhaft eingeschränkt. Das Röntgenbild des rechten und linken Kniegelenks in zwei Ebenen zeigte keinen Anhalt für eine knöchernde Verletzung. Laut Nachschaubericht vom 12. November 1999 erfolgte eine Behandlung mit Salbenkommpressionsverbänden und zuletzt mit Kurzwellenbestrahlung und Krankengymnastik. Die Arbeit wurde zum 02. Oktober 1999 wieder aufgenommen. Bei der erneuten Untersuchung am 9. Dezember 1999 gab der Kläger Beschwerden in beiden Kniegelenken an. Wegen des Fortbestands der Beschwerden veranlasste Dr. T laut Nachschaubericht des selben Tages eine Kernspintomographie des rechten Kniegelenks vom 14. Dezember 1999 durch die radiologische Praxisgemeinschaft Prof. Dr. med. Th. W/ Dr. med. K, die eine deutliche Ödematisierung mit Überdehnung und multiplen kleinen Teileinrissen bei noch erhaltener Kontinuität im Bereich des rechten inneren Kollateralbandes und eine intakte Darstellung des äußeren Kollateralbandes zeigte. Es lag weiterhin eine deutliche muzinöse Faserknorpeldegeneration des rechten Innenmeniskushinterhorns mit kompletter Rissbildung schräg verlaufend im Bereich des rechten Innenmeniskushinterhorns und eine unauffällige Darstellung der intakten übrigen Menisken vor. Es fand sich eine deutlich posttraumatische bzw. chronisch entzündliche Reizergussvolumina in allen Abschnitten der rechten Kniegelenkskapsel.

Im Fragebogen zu Knieverletzungen gab der Kläger an, bei dem Ereignis Sicherheitsschuhe mit Stahlkappe getragen zu haben. Zu den Vorerkrankungen gab er an, noch nie Beschwerden an den Kniegelenken gehabt zu haben.

Laut Zwischenbericht von Prof. Dr. H, , VKlinikum, vom 03. Februar 2000 erfolgte während des stationären Aufenthaltes vom 25. bis 28. Januar 2000 eine arthroskopische Innenmeniskusteilresektion und partielle Synovektomie wegen eines degenerativen Innenmeniskushinterhorn-Lappenrisses rechts, Chondromalazie IIIº medial, femoral und patellar.

In seinem Nachschaubericht vom 14. Februar 2000 führte Dr. med. T, VKlinikum aus, arthroskopisch klinisch habe ein eindeutiger Hinweis für eine frische traumatische Verletzung vorgelegen. Da das Unfallereignis zum Zeitpunkt der Arthroskopie rund 4 ½ Monate zurückgelegen und der Versicherte angegeben habe, vorher keine Beschwerden gehabt zu haben, könne eine vorübergehende Verschlimmerung einer vorbestehenden Erkrankung (degenerativer Kniegelenksschaden) nicht ausgeschlossen werden. Deshalb erfolge bis zum 28. Februar 2000 eine Behandlung zu Lasten der Beklagten, danach zu Lasten der Krankenversicherung.

Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 10. April 2000 einen Erstattungsanspruch gegenüber der BKK Verkehrsbau Union GmbH geltend gemacht hatte, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 17. Mai 2000 einen rechtmittelfähigen Bescheid. Zur Klärung der Unfallfolgen veranlasste die Beklagte ein chirurgisches Zusammenhangsgutachten von Dr. med. H, Unfallbehandlungsstelle der Berufsgenossenschaften Berlin e.V., vom 14. September 2000, der zu der abschließenden Beurteilung gelangte, durch das Unfallereignis vom 27. August 1999 sei es zu einer Distorsion im rechten Kniegelenk gekommen. Derartige Erkrankungen seien nach einer Behandlung von 4 bis maximal 6 Wochen ausgeheilt. Damit habe nach diesem Zeitraum die bg-liche Behandlungsbedürftigkeit geendet und die degenerativen Gelenkveränderungen hätten einer kassenärztlichen Betreuung bedurft. Eine MdE in rentenberechtigendem Grade ergebe sich nicht. Das Unfallgeschehen sei auch unter Berücksichtigung des abgelaufenen Sturzes nicht geeignet gewesen, eine Rissverletzung des Meniskus hervorzurufen.

Mit Bescheid vom 06. November 2000 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen des Versicherungsfalles vom 27. August 1999 ab. Laut Zusammenhangsgutachten von Dr. med. H sei es bei dem Unfall vom 27. August 1999 lediglich zu einer Distorsion im rechten Kniegelenk gekommen. Die ab 02. Oktober 1999 behandlungsbedürftigen Beschwerden und der später festgestellte Körperschaden im rechten Kniegelenk seien nicht Folge des Arbeitsunfalls, sondern auf unfallfremd bestehende Vorschäden zurückzuführen. Als unfallfremde Vorschäden bestünden die Fehlstellung der rechten Patella mit ausgeprägter Verschmälerung des medialen Gelenkspaltes im rechten Kniegelenk.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, er sei bei Reinigungsarbeiten auf dem Stuttgarter Platz mit dem rechten Schuh in Hundekot oder ähnliches getreten und der rechte Fuß sei mit einer Drehbewegung zur Seite gerissen worden. Er sei vorne auf das linke Kniegelenk gestürzt. Er sei fortlaufend von Dr. T behandelt worden, der ihn jedoch erst am 14. Dezember 1999 zur Kernspinuntersuchung geschickt habe, wobei der Meniskusriss erkannt worden sei. Nach der Operation vom 26. Januar 2000 sei er bis zum 08. November 2000 im VKlinikum zur Nachuntersuchung und zur Rehabilitation betreut worden. Da Dr. T nicht viel unternommen habe, um die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen, habe er am 09. November 2000 den Arzt gewechselt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2001 wies Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach den Arztberichten von Dr. T und Prof. Dr. H hätten begründete Zweifel bestanden, inwieweit die Kniegelenksbeschwerden rechts ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen gewesen seien. Der zur Klärung der Zusammenhangsfrage gehörte Gutachter Dr. H habe am 14. September 2000 unter Hinweis auf die nach körperlicher und röntgenologischer Untersuchung erhobenen Befunde eine entschädigungspflichtige MdE verneint. Linksseitig sei es zu keiner behandlungsbedürftigen Beschwerdesymptomatik gekommen. Die bei dem Unfallereignis erlittene Distorsion des rechten Kniegelenks sei inzwischen folgenlos ausgeheilt. Die während der weiteren Behandlung festgestellten Körperschäden im rechten Kniegelenk seien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen.

Mit der hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Gewährung einer Verletztenrente weiterverfolgt. Er hat vorgetragen, bei der Rekonstruktion des Unfallherganges sei festzustellen, dass er aufgrund seines Arbeitstempos einen erheblichen Vorwärtsdrall entwickelt habe und das spagatähnliche Wegrutschen des rechten Beines zu einer seitlichen Verdrehung des Knies geführt habe, so dass eine erhebliche Krafteinwirkung bei kurzfristiger Verdrehung auf das Kniegelenk erfolgt sei. Insofern sei das Unfallgeschehen "geeignet" gewesen, eine derartige Verletzung selbst dann hervorzurufen, wenn eine Vorschädigung im Sinne einer Degeneration vorgelegen hätte. Außerdem habe sich das chronische Krankheitsbild nur entwickelt, weil ihm ärztlicherseits zu früh erlaubt worden sei, seine Arbeit wieder aufzunehmen. Als Folge habe sich ein dauernder Reizzustand des Knies gebildet, der inzwischen in ein lang andauerndes, wahrscheinlich chronisches Leidensbild übergegangen sei. Vom Versorgungsamt sei ihm für die Knieverletzung ein GdB von 30 zuerkannt worden, in dem möglicherweise ein Vorschaden enthalten sei.

Das Sozialgericht hat Befundberichte von dem behandelnden Internisten Dr. med. R vom 16. Mai 2001, von dem Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. med. S vom 14. Mai 2001 sowie von Dr. med. T vom 03. September 2001 mit einer ergänzenden Stellungnahme vom 13. Dezember 2001 eingeholt, in der er ausführt, der Kläger habe sich wegen der Folgen des Unfalls vom 27. August 1999 bis 28. Februar 2000 in seiner bg-lichen Heilbehandlung befunden. Aufgrund des Zwischenberichtes von Prof. Dr. H sei diese Behandlung am 28. Februar 2000 abgeschlossen und zu Lasten der kassenärztlichen Behandlung weitergeführt worden. Grund der Einleitung der kassenärztlichen Behandlung sei das Ergebnis der arthroskopischen Untersuchung einschließlich der Histologie gewesen. Nach Auffassung von Prof. H habe der Unfall nur zu einer vorübergehenden Verschlimmerung des bereits bestehenden Leidens geführt. Das Gericht hat weiterhin den Entlassungsbericht vom 25. Januar 2001 über das in der Zeit vom 19. Dezember 2000 bis 16. Januar 2001 durchgeführte Heilverfahren wegen eines Zustandes nach Innenmeniskus-Hinterhornresektion am rechten Knie und Lumbalsyndroms beigezogen. Außerdem hat es einen Befundbericht von dem Facharzt für Orthopädie Dr. med. D vom 08. Januar 2002 über die vom 03. August 2001 bis 25. September 2001 durchgeführte Behandlung veranlasst.

Zur weiteren Abklärung hat das Sozialgericht ein fachorthopädisches Gutachten von Dr. med. W vom 17. Juni 2002 mit einer ergänzenden Stellungnahme vom 09. Dezember 2002 eingeholt. Der Sachverständige ist darin zu der abschließenden Beurteilung gelangt, der Unfall habe zu einer Distorsion/ Prellung des rechten Kniegelenks bzw. zu einer partiellen Innenbandverletzung geführt, die einen Behandlungszeitraum von einem halben Jahr erfordert habe. Bandverletzungen in dieser Größenordnung ohne Instabilitäten heilten zwar im Allgemeinen folgenlos aus, besäßen jedoch einen langen Behandlungs- bzw. Schmerzverlauf. Da der Vorgutachter eine Distorsion angenommen habe, sei unter Zugrundelegung dieser Diagnose ein Behandlungszeitraum von 4 bis 6 Wochen gerechtfertigt. Aufgrund der Bandverletzung sei aber eine bg-liche Behandlungsbedürftigkeit bis zur 6 Monaten posttraumatisch anzusetzen. Alle weiteren darüber hinausgehenden Beschwerden und Behandlungsbedürftigkeiten bis zum heutigen Tage seien eindeutig Folgen der bereits zum Unfallzeitpunkt vorliegenden schwersten Degenerationen im femuro-patellaren Begleitlager bzw. des medialen Gelenkkompartiments. Eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit liege nicht vor und sei auch nach dem Wiedereintritt der Arbeitfähigkeit nicht eingetreten. Soweit der Kläger versuche, eine fixierende Rotationskomponente in den Unfallhergang einzubringen, sei ein derartiger Mechanismus nicht nachweisbar. Angesichts des Unfallablaufes sei ein kurzfristiger und plötzlicher Valgusstress auf das rechte Kniegelenk nachvollziehbar, der eine plötzliche und abnorme Krafteinwirkung auf das mediale Kollateralband darstelle. Eine fixierende Rotationskomponente, wie sie der Kläger durch Hinweis auf den starren Arbeitsschuh, der Stress auf den Innenmeniskus hätte ausüben können, zu konstruieren suche, sei nicht nachweisbar und angesichts des von ihm angegebenen rutschigen Bodens nicht wahrscheinlich.

Der Kläger hat zur Stützung seines Begehrens weiterhin einen Operationsbericht von Dr. med. S über die Arthroskopie des rechten Kniegelenkes mit Restresektion des Innenmeniskus-Hinterhorns, Knorpelglättung mediale Tibiakonsole und mediale Femurcondyle vom 12. Juni 2003 vorgelegt.

Durch Urteil vom 17. Oktober 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach dem Ergebnis seiner Ermittlungen, insbesondere auf der Grundlage des orthopädischen Sachverständigengutachtens von Dr. W, seien die Folgen des Unfalls schwerwiegender als von der Beklagten angenommen. Denn der Kläger habe nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen durch den Unfall nicht nur eine Prellung bzw. Distorsion der Kniegelenkes erlitten, sondern durch das abrupte Wegrutschen mit dem linken Bein sei eine Teilruptur des Innenbandes rechtlich wesentlich verursacht worden, die für ca. 6 Monate Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit begründet habe. Die Auffassung der Beklagten, die Unfallfolgen seien bereits ab dem 02. Oktober 1999 folgenlos ausgeheilt gewesen, sei nach Auffassung der Kammer nicht zu halten. Im Klageverfahren sei jedoch nur darüber zu entscheiden gewesen, ob dem Kläger wegen der Folgen des streitgegenständlichen Arbeitsunfalls eine Rente zustehe. Ein solcher Rentenanspruch, der über einen Zeitraum von mehr als 6 Monate eine unfallbedingte MdE von 20 v. H. begründen könnte, liege jedoch aufgrund der umfassenden und differenzierten Diskussion und Würdigung aller für die streitige Kausalitätsbewertung relevanten Gesichtspunkte durch den Sachverständigen Dr. W nicht vor.

Gegen das am 30. Oktober 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. November 2003 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er seinen Anspruch auf Verletztenrente weiterverfolgt. Er macht mit seiner Berufung insbesondere geltend, er habe neben der Distorsion auch Teileinrisse des rechten inneren Kollateralbandes und einen Meniskusriss erlitten und leide an der Instabilität der Seitenbänder und des vorderen Kreuzbandes. Der behandelnde Durchgangsarzt Dr. T habe entgegen den Regeln der ärztlichen Kunst kein MRT veranlasst und ihn vorzeitig schwere Arbeiten verrichten lassen. Als wesentliche Folge dieser der Beklagten zuzurechnenden Behandlung habe sich in Verbindung mit den eigentlichen Unfallfolgen ein ständiger chronischer Reizzustand des Knies mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung gebildet. Außerdem leide er unter einer posttraumatischen reaktiven Depression.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein orthopädisches Fachgutachten von Dr. med. G vom 01. November 2004 eingeholt. Der Sachverständige hat zusammenfassend u.a. wörtlich ausgeführt: "Im Gegensatz zu den Vorgutachten, die hier zahlreich vorliegen, halte ich die Beweisführung des Vorgutachters nicht für schlüssig, denn es besteht weder eine Brückensymptomatik, noch bestand vorher röntgenologisch oder klinische Zeichen einer Arthrose. Es kann nicht sein, dass diese Arthrose mit oder ohne Meniskusschaden entwickelt hat, sondern es ist ausschließlich nach dem Unfall eine Behandlung zu spät erfolgt und anschließend jetzt weitergehende Probleme" Die unfallbedingte MdE sei entsprechend den Unfallkriterien mit 25 % einzuschätzen. Er hat weiter zu den Abweichungsgründen ausgeführt: "Das Gutachten von Dr. W, was mir vorliegt, ist in dieser Form weder schlüssig noch haltbar und medizinisch nicht begründet. Das heißt, hier wird eindeutig ein Gutachten erstellt, dass darin zu beurteilen ist, dass hier das Alter die Problematik und die Erkrankung dahingehend beurteilt wird, dass das Schicksal so leidensbedingt auch ohne Unfall eintreten können. Die Wahrscheinlichkeit, dass ohne den Unfall der Versicherte keinerlei Probleme mit dem Knie gehabt hätte, sind eigentlich höher als die von Dr. W prognostizierten degenerativen Veränderungen".

Der Kläger hat weiter ein Gutachten von Dr. K, Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen, vom 22. November 2004 und die Stellungnahme der Schlichtungsstelle vom 27. Februar 2005 über die Frage vorgelegt, ob die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen von Dr. T am 03. September 1999 und in der Folgezeit wegen des Unfalls vom 27. August 1999 ausreichend und sachgerecht gewesen seien. In dem Gutachten vom 22. November 2004 wird unter anderem ausgeführt, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit sei der Meniskusriss nicht ursächlich auf das Unfallereignis vom 27. August 1999 zurückzuführen, insbesondere weil der Unfallmechanismus nicht geeignet gewesen sei, eine solche Verletzung hervorzurufen. Dies ergebe sich aus dem pathologisch-anatomischen Befund über die anlässlich der Arthroskopie am 26. Januar 2000 entfernten Meniskusanteile. Es würden eine"mäßiggradige degenerative Meniskopathie" beschrieben und keine Hinweise auf unfallbedingte Veränderungen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Oktober 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 06. November 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2001 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27. August 1999 eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu gewähren, hilfsweise weiteren medizinischen Beweis zu erheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt aus, das Gutachten von Dr. G sei nicht geeignet, die umfassende und differenzierte Diskussion und Würdigung aller für die hier streitige Kausalitätsbewertung relevanten Gesichtspunkte zu widerlegen. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Vorgutachten vom 17. Juni 2002 und der Stellungnahme vom 09. Dezember 2002 durch Dr. Günther sei nicht erfolgt, so dass seine Ausführungen nicht geeignet seien, das Ergebnis der Begutachtung durch Dr. W in Frage zu stellen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Akteninhalt verwiesen. Der den Kläger betreffende Verwaltungsvorgang der Beklagten lag dem Senat vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht – wie bereits das Sozialgericht zutreffend entschieden hat – ein Anspruch auf Verletztenrente nicht zu.

Gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch 7. Buch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.

Die unfallbedingte MdE richtet sich nach dem Umfang der körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen des Versicherten durch die Unfallfolgen und dem Umfang der ihm dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 27). Das die gesetzliche Unfallversicherung beherrschende Prinzip der abstrakten Schadensbemessung besagt, dass die Entschädigung nach dem Unterschied der auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens bestehenden Erwerbsmöglichkeiten vor und nach dem Arbeitsunfall zu bemessen ist (vgl. BSGE 31, 158; SozR 2200 § 581 Nr. 6). Es kommt hierbei nicht maßgeblich darauf an, in welchem Umfang der Verletzte in der Ausübung der bisherigen versicherten Tätigkeit beeinträchtigt ist. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten durch die Unfallfolgen eingeschränkt werden, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Dabei sind bei der Beurteilung der MdE auch die von der Rechtsprechung sowie von dem unfallversicherungsrechtlichen und unfallmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht im Einzelfall bindend sind, aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Beurteilung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden (vgl. Urteil des BSG vom 23. April 1987 – 2 RU 42/86 – mit weiteren Nachweisen).

Bei der Bildung der MdE sind alle Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen, die mit Wahrscheinlichkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis stehen. Eine solche Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn nach vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Ursachenzusammenhang sprechenden Faktoren ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass die richterliche Überzeugung hierauf gestützt werden kann (BSGE 45, 285, 286).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und nach Auswertung der im Verwaltungsverfahren und sozialgerichtlichen Verfahren erstellten Gutachten sowie der vorgelegten medizinischen Unterlagen und radiologischen Befunde ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger keine Verletztenrente beanspruchen kann, weil nach Ablauf von 6 Monaten nach dem Ereignis keine unfallbedingten Gesundheitsstörungen mehr vorgelegen haben und auch jetzt nicht vorliegen, die eine MdE von mindestens 20 v. H. bedingen. Nach den übereinstimmenden Feststellungen von Dr. Win seinem Gutachten vom 17. Juni 2002 sowie dem im Schlichtungsverfahren erstatteten Gutachten von Dr. K vom 22. November 2004 ist davon auszugehen, dass sich der Kläger außer einer Distorsion des rechten Kniegelenkes auch eine partielle Innenbandverletzung zugezogen hatte, die zu einer unfallbedingten Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitunfähigkeit für eine Zeit bis zu 6 Monaten führte, jedoch nach Ablauf dieser Zeit keine unfallbedingten Beschwerden hinterließ, die eine den Rentenanspruch bedingende MdE auslösen konnten.

Die bei der MRT-Untersuchung am 14. Dezember 1999 gesicherte Meniskusverletzung in Form eines Innenmeniskus- Hinterhornlappenrisses ist nach übereinstimmender Auffassung der Gutachter Dr. H, Dr. W und auch Dr. K nicht traumatisch bedingt, sondern auf den erheblichen degenerativen Vorschaden im rechten Kniegelenk zurückzuführen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Prof. Dr. H, VKlinikum, in seinem Zwischenbericht vom 03. Februar 2000 unter Berücksichtigung des arthroskopischen Befundes – also aufgrund der Inaugenscheinnahme – den Innenmeniskushinterhorn-Lappenriss als degenerativ gekennzeichnet hat. Der histologische Befund des Innenmeniskusresektates wurde nach Angaben von Dr. K vom Gutachter des pathologischen Instituts der C als eine "mäßiggradige degenerative Meniskopathie" beschrieben. Auch hätten sich keine Hinweise auf unfallbedingte Veränderungen finden lassen.

Auch nach den gutachterlichen Feststellungen von Dr. W zeigen die nach dem Unfall erstellten kernspintomographischen und radiologischen Dokumente bereits schwere Degenerationen im medialen Gelenkabschnitt und im femuro-patellaren Gleitlager des rechten Knies. Er gelangt hiernach zu der nachvollziehbaren Einschätzung, dass den anlagebedingten Veränderungen die überragende Bedeutung an der Entstehung des Meniskusschadens zukommt. Es habe somit nur eines geringen Anlasses bedurft, um durch einen Sturz – egal durch welchen Mechanismus – eine Gewebsveränderung auch am degenerativ veränderten Innenmeniskus auszulösen. Der Kläger hat sich nach Auffassung von Dr. W und Dr. K durch den Unfall vom 27. August 1999 eine Distorsion/ Prellung des rechten Kniegelenkes bzw. eine partielle Innenbandverletzung zugezogen, die zu einer Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit von 6 Monaten geführt hat. Der Senat hat keine Bedenken, sich angesichts der zitierten Untersuchungsergebnisse und der daraus resultierenden Schlussfolgerungen den Feststellungen und Beurteilungsergebnissen der Gutachten von Dr. und Dr. anzuschliessen.

Da die Meniskusverletzung – wie oben dargelegt – nicht unfallbedingt ist, hat auch nicht die Beklagte als Unfallversicherungsträger für die vom Kläger geltend gemachte Fehlbehandlung durch Dr. T einzustehen, falls eine solche von den für diese Frage entscheidungsbefugten Stellen verbindlich festgestellt werden würde. Das durch den Unfall verletzte Innenband ist weitestgehend klinisch stabil verheilt, so dass etwaige Behandlungsfehler nicht in Bezug gesetzt werden können zu den Unfallfolgen. Insoweit entbehrt auch die Auffassung des Klägers, die Beklagte habe für etwaige Behandlungsfehler von Dr. T einzustehen , jeglicher Grundlage.

Soweit der Kläger sich zur Stützung seines Anspruchs auf die Ausführungen des nach § 109 SGG beauftragten Gutachters Dr. G vom 01. November 2004 beruft, kann diesem Gutachten mangels einer wissenschaftlich fundierten und nachvollziehbaren Begründung nicht gefolgt werden. Die zum Teil zusammenhangslosen und in ihrer Aussage nicht nachvollziehbaren Darlegungen von Dr. entsprechen nicht den an ein Zusammenhangsgutachten zu stellenden Anforderungen und entziehen sich damit einer Berücksichtigung und Verwertung zur Klärung der Kausalitätsfrage.

Da nach Auffassung des Senats der entscheidungserhebliche Sachverhalt aufgeklärt worden ist und insbesondere keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es, wie der Kläger unsubstantiiert vorgetragen hat, zu einer posttraumatischen reaktiven Depression gekommen ist, bestand keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen oder Beweiserhebungen.

Die Berufung war demnach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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