Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 16 RA 3026/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 485/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Mai 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I
Der Kläger beansprucht eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1965 geborene Kläger hat keine Berufsausbildung erhalten und war zuletzt bis zum 31. März 1996 bei der D B GmbH beschäftigt, anfangs als Bauhelfer und zuletzt als Sachbearbeiter mit Kraftfahrertätigkeit. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31. März 1996. Seit dem ist er arbeitslos bzw. arbeitsunfähig erkrankt. Krankengeld bezog er vom 11. März bis 18. Juni 1996 und anschließend ab 3. Juli 1996 Leistungen vom Arbeitsamt.
Einen ersten Rentenantrag stellte der Kläger im Juni 2000, den die Beklagten nach Begutachtung mit Bescheid vom 18. September 2000 ablehnte. In dem Bescheid bot die Beklagte dem Kläger zugleich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (wegen seiner Alkoholkrankheit) an, die dieser jedoch nicht in Anspruch nahm. Im Rahmen der weiteren Leistungsgewährung ließ die Agentur für Arbeit B N den Kläger begutachten: Die Allgemeinmedizinerin Lukas stellte in ihrem Gutachten vom 3. Juli 2002 unter Berücksichtigung eines nervenärztlichen Gutachtens der Neurologin und Psychiaterin Dr. L vom 4. März 2002 bei dem Kläger eine Alkoholabhängigkeit ohne Abstinenz, eine gebesserte Angststörung, Hinweise auf eine beginnende alkoholbedingte Nervenschädigung, einen Leberzellschaden, eine Schwerhörigkeit links und ein Asthma bronchiale fest. Als nicht vordergründig bezeichnete sie ein Taubheitsgefühl der linken Gesichtshälfte nach einem Jochbeinbruch sowie einen Zustand nach mehrfachen Leistenoperationen beidseits. Sie kam abschließend zu der Einschätzung, dass der Kläger noch vollschichtig überwiegend leichte bis mittelschwere Arbeiten in allen Haltungsarten bzw. im Wechsel der Haltungsarten bei qualitativen Einschränkungen verrichten könne und empfahl die Einleitung therapeutischer Maßnahmen.
Am 21. Januar 2003 beantragte der Kläger erneut bei der Beklagten unter Hinweis auf seinen Gesundheitszustand die Gewährung einer Rente; er hielt sich unter Hinweis auf sein Asthma und Bandscheibenleiden sowie die Operationen an der Leiste nicht mehr für leistungsfähig. Auf Veranlassung der Beklagten erstattete der Internist Dr. N ein Gutachten vom 4. Juni 2003, in dem dieser die bei dem Kläger vorliegenden Erkrankungen dahingehend beschrieb, dass eine COPD, Wirbelsäulenbeschwerden und sonstige Krankheiten der Leber vorlägen. Der Gutachter hielt den Kläger aus internistischer Sicht noch für fähig, vollschichtig ohne wesentliche Einschränkungen zu arbeiten. In dem anschließend veranlassten orthopädischen Gutachten von Dr. M aufgrund einer Untersuchung vom 14. Juli 2003 wurde eine Skoliose, ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom mit rezidivierender Wirbelblockierung, ein Asthma bronchiale sowie ein Zustand nach beidseitigen Leistenbrüchen festgestellt. Dr. M hielt den Kläger unter Berücksichtigung dieser Erkrankungen ebenfalls noch für fähig, vollschichtig leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten – allerdings mit qualitativen Einschränkungen – zu verrichten. Auf der Grundlage dieser Gutachten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. August 2003 den Rentenantrag des Klägers ab, weil dieser noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen ohne wesentliche Einschränkungen verfüge.
Im Widerspruchsverfahren verwies der Kläger auf ein nicht berücksichtigtes Lungenleiden und ein inzwischen bei ihm eingetretenes Nierenversagen. In dem daraufhin veranlassten weiteren internistischen Sachverständigengutachten von Dr. K vom 17. Januar 2004 stellte dieser bei dem Kläger ein Asthma bronchiale, eine rezidivierende Gastritis, eine Alkoholkrankheit, einen Leberparenchymschaden sowie ein Nierenversagen im Jahre 2003 fest, wobei er zu der letzten Erkrankung anmerkte, dass sich die Laborparameter inzwischen wieder normalisiert hätten. Dr. K hielt den Kläger aus internistischer Sicht noch für fähig, vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten in allen Haltungsarten bei qualitativen Leistungseinschränkungen zu verrichten. Ergänzend holte die Beklagte ein Gutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie N ein. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 14. Januar 2004 auf nervenfachärztlichem Gebiet eine Störung durch Alkohol und ein Alkoholabhängigkeitssyndrom mit ständigem Substanzgebrauch fest. Auch dieser Gutachter kam abschließend zu der Auffassung, der Kläger könne noch vollschichtig mittelschwere Tätigkeiten in allen Haltungsarten ohne wesentliche Einschränkungen verrichten. Gestützt auf diese Feststellungen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2004 den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus, dass dieser noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verfüge.
Im anschließenden Klageverfahren, in dem der Kläger seinen Rentenantrag weiter verfolgt, eine unzutreffende Würdigung seines Gesundheitszustandes gerügt und ergänzend auf eine am 1. Oktober 2004 erlittene Außenknöchelfraktur im rechten Fuß verwiesen hat, hat das Sozialgericht (SG) Berlin Befundberichte des den Kläger bis September 2000 behandelnden Allgemeinmediziners K und des den Kläger später behandelnden Diplommediziners H eingeholt.
Sodann hat das SG die Klage mit Urteil vom 9. Mai 2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI, denn er verfüge noch über ein vollschichtiges, das heißt mindestens 6-stündiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten bei qualitativen Leistungseinschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dies ergebe sich aus der umfangreichen Begutachtung im Verwaltungsverfahren. In diesen Gutachten sei überzeugend dargelegt worden, dass der Kläger noch regelmäßig körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Gegenständen bis zu 20 kg Gewicht, im Wechsel der Haltungsarten ohne einseitige körperliche Belastungen und Zwangshaltungen, ohne Einfluss von inhalativen Belastungen, von Nässe und Kälte sowie unter Vermeidung von Alkoholexposition vollschichtig verrichten könne. Diese Einschätzung stimme überein mit den Feststellungen der im Gutachten der Allgemeinmedizinerin L vom 3. Juli 2002 getroffenen Feststellungen, die ebenfalls ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen angenommen habe. Weitere medizinische Ermittlungen seien nicht notwendig. Aus dem klägerischen Vorbringen ergäben sich keine weitergehenden, nicht bereits durch die vorhandenen Gutachten gewürdigten Beschwerden oder eine Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes gegenüber dem im Zeitpunkt der Begutachtungen geltend gemachten noch sonstige zusätzliche für die Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit beachtliche Gesundheitsstörungen. Auch die eingeholten Befundberichte ließen die Notwendigkeit weiterer medizinischer Ermittlungen nicht erkennen, da die von dem behandelnden Arzt mitgeteilten Diagnosen ebenfalls bereits eingehend und umfassend gewürdigt worden seien.
Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Berufung gewandt, mit der er weiterhin eine Rente beansprucht und eine Unfähigkeit zur Verrichtung von Erwerbstätigkeiten geltend gemacht hat.
Der Kläger beantragt nach seinem Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Mai 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. August 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil, das dem Ergebnis der Beweiserhebungen entspreche.
Der Senat hat einen Entlassungsbericht des H-Klinikums über einen stationären Aufenthalt vom 30. September bis 4. Oktober 2005 sowie Befundberichte des behandelnden Hausarztes Diplommediziner H (beigefügt verschiedene Unterlagen unter anderem über den stationären Aufenthalt vom 30. September bis 4. Oktober 2005) sowie des Orthopäden Dr. Z, der den Kläger wegen der Fraktur des rechten oberen Sprunggelenks behandelt hat. Außerdem hat der Senat die Akte des Versorgungsamtes B eingesehen, die keine neueren ärztlichen Unterlagen enthalten und aus der sich ergeben hat, dass der Kläger mit Bescheid vom 11. Dezember 2003 als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt worden ist.
Schließlich hat der Senat ein allgemeinmedizinisches Gutachten vom 27. Dezember 2005 von dem Sachverständigen M erstatteten lassen, der folgende Erkrankungen festgestellt hat:
- Seelisches Leiden (Alkoholkrankheit, Angststörung) - Beginnende Polyneuropathie, Koordinationsstörungen - Asthma bronchiale - Leberschaden, chronisches Magenleiden, Gallensteinleiden mit chronischer Entzündung der Gallenblase - Hörminderung links - Wirbelsäulen- und Gelenksbeschwerden, Zustand nach Sprunggelenksfraktur rechts mit geringfügiger Bewegungseinschränkung - Panzytopenie - Labiler Bluthochdruck - Zustand nach akutem Nierenversagen 07/03.
Unter Berücksichtigung der daraus resultierenden Beschwerden ist er zu der Einschätzung gelangt, der Kläger könne noch regelmäßig leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Freien und/oder geschlossenen Räumen verrichten, sofern er keinen besonderen Umgebungsbelastungen oder inhalativen Reizstoffen ausgesetzt sei. Der Kläger könne im Wechsel der Haltungsarten arbeiten, einzig ständige oder überwiegende Geh- oder Stehtätigkeiten schieden aus. Zu vermeiden seien weiter Zeitdruck, Arbeit an laufenden Maschinen oder in Nachschicht, auf Leitern oder Gerüsten. Es könnten Lasten bis 15 kg gehoben oder getragen werden; ständiges oder häufiges Bücken, Hocken oder Knien sei zu vermeiden. Einfache geistige Arbeiten sowie Arbeiten mit geringen Anforderungen an die Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit sowie Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit und ohne Publikumskontakt seien möglich. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitstelle seien nicht zu berücksichtigen; zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich. Dieses Leistungsvermögen reiche für die volle übliche Arbeitszeit von mindestens 6 Stunden täglich. Im Falle einer - von dem Kläger allerdings abgelehnten - Entwöhnungsbehandlung wäre das Leistungsvermögen im Hinblick auf einige qualitative Leistungseinschränkungen innerhalb eines halben Jahres zu bessern.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhaltes auf die Gerichtsakte, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte (Versicherungs-Nummer: ) sowie die beigezogene Leistungsakte der Arbeitsagentur B N (vormals Arbeitsamt B N – Stammnummer: ), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
II
Der Senat hat nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss entschieden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und angesichts der geklärten Sach- und Rechtslage eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Rechtsgrundlage der Entscheidung sind die §§ 43, 240 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung, da der Kläger seinen Rentenantrag im Januar 2003 gestellt hat (vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI). Der Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGBVI setzt neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3, Abs. 4 bis 6 SGB VI) voraus, dass der Versicherte entweder voll oder teilweise erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande sind, unter den üblichen Bedingung des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Er kann noch mindestens 6 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Dies entnimmt der Senat insbesondere dem im Berufungsverfahren erstatteten Gutachten des medizinischen Sachverständigen M. Danach ist der Kläger noch in der Lage, mindestens 6 Stunden täglich körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen, wie sie zuvor dargestellt worden sind, zu verrichten. Der Senat sieht keinen Anlass, dieser Einschätzung nicht zu folgen. Das Gutachten macht deutlich, dass der Kläger umfassend und gründlich untersucht worden ist und seine vorgebrachten Beschwerden in die gutachterlichen Erwägungen eingeflossen sind. Auch die anschließenden Äußerungen des Klägers lassen Bedenken insoweit nicht aufkommen. Der Senat sieht daher – auch vor dem Hintergrund der bereits im Verwaltungsverfahren und beim Arbeitsamt erfolgten umfassenden Untersuchung und Begutachtung des Klägers – keinen Anlass zu weiteren medizinischen Ermittlungen und folgt der in dem Gutachten getroffenen, überzeugend und nachvollziehbar dargestellten Beurteilung.
Mithin steht fest, dass der Kläger mit dem verbliebenen Leistungsvermögen mindestens 6 Stunden täglich Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten kann. Die festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind auch nicht derart, dass Zweifel aufkommen müssten, ob der Kläger unter den üblichen Bedingungen betrieblich einsetzbar ist. Der Benennung einer konkreten Tätigkeit bedarf es daher nicht, ohne dass es darauf ankommt, ob der Kläger, worauf er in seinen letzten Schriftsätzen hinweist, einen seinem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz erhalten kann, denn das ist ein Risiko, für das nicht die Beklagte, sondern die Arbeitsverwaltung einzustehen hat. Er ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert in Sinne des § 43 SGB VI.
Ob dem Kläger aufgrund seiner letzten von ihm als Sachbearbeiter bezeichneten Tätigkeit Berufsschutz im Sinne des § 240 SGB VI zustehen könnte, kann dahinstehen. Denn diese (Übergangs-)Regelung findet auf den erst am 1965 und damit nicht vor dem 2. Januar 1961 geborenen (vgl. § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) Kläger keine Anwendung. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI steht ihm schon deshalb nicht zu.
Die Berufung kann mithin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I
Der Kläger beansprucht eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 1965 geborene Kläger hat keine Berufsausbildung erhalten und war zuletzt bis zum 31. März 1996 bei der D B GmbH beschäftigt, anfangs als Bauhelfer und zuletzt als Sachbearbeiter mit Kraftfahrertätigkeit. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31. März 1996. Seit dem ist er arbeitslos bzw. arbeitsunfähig erkrankt. Krankengeld bezog er vom 11. März bis 18. Juni 1996 und anschließend ab 3. Juli 1996 Leistungen vom Arbeitsamt.
Einen ersten Rentenantrag stellte der Kläger im Juni 2000, den die Beklagten nach Begutachtung mit Bescheid vom 18. September 2000 ablehnte. In dem Bescheid bot die Beklagte dem Kläger zugleich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (wegen seiner Alkoholkrankheit) an, die dieser jedoch nicht in Anspruch nahm. Im Rahmen der weiteren Leistungsgewährung ließ die Agentur für Arbeit B N den Kläger begutachten: Die Allgemeinmedizinerin Lukas stellte in ihrem Gutachten vom 3. Juli 2002 unter Berücksichtigung eines nervenärztlichen Gutachtens der Neurologin und Psychiaterin Dr. L vom 4. März 2002 bei dem Kläger eine Alkoholabhängigkeit ohne Abstinenz, eine gebesserte Angststörung, Hinweise auf eine beginnende alkoholbedingte Nervenschädigung, einen Leberzellschaden, eine Schwerhörigkeit links und ein Asthma bronchiale fest. Als nicht vordergründig bezeichnete sie ein Taubheitsgefühl der linken Gesichtshälfte nach einem Jochbeinbruch sowie einen Zustand nach mehrfachen Leistenoperationen beidseits. Sie kam abschließend zu der Einschätzung, dass der Kläger noch vollschichtig überwiegend leichte bis mittelschwere Arbeiten in allen Haltungsarten bzw. im Wechsel der Haltungsarten bei qualitativen Einschränkungen verrichten könne und empfahl die Einleitung therapeutischer Maßnahmen.
Am 21. Januar 2003 beantragte der Kläger erneut bei der Beklagten unter Hinweis auf seinen Gesundheitszustand die Gewährung einer Rente; er hielt sich unter Hinweis auf sein Asthma und Bandscheibenleiden sowie die Operationen an der Leiste nicht mehr für leistungsfähig. Auf Veranlassung der Beklagten erstattete der Internist Dr. N ein Gutachten vom 4. Juni 2003, in dem dieser die bei dem Kläger vorliegenden Erkrankungen dahingehend beschrieb, dass eine COPD, Wirbelsäulenbeschwerden und sonstige Krankheiten der Leber vorlägen. Der Gutachter hielt den Kläger aus internistischer Sicht noch für fähig, vollschichtig ohne wesentliche Einschränkungen zu arbeiten. In dem anschließend veranlassten orthopädischen Gutachten von Dr. M aufgrund einer Untersuchung vom 14. Juli 2003 wurde eine Skoliose, ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom mit rezidivierender Wirbelblockierung, ein Asthma bronchiale sowie ein Zustand nach beidseitigen Leistenbrüchen festgestellt. Dr. M hielt den Kläger unter Berücksichtigung dieser Erkrankungen ebenfalls noch für fähig, vollschichtig leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten – allerdings mit qualitativen Einschränkungen – zu verrichten. Auf der Grundlage dieser Gutachten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. August 2003 den Rentenantrag des Klägers ab, weil dieser noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen ohne wesentliche Einschränkungen verfüge.
Im Widerspruchsverfahren verwies der Kläger auf ein nicht berücksichtigtes Lungenleiden und ein inzwischen bei ihm eingetretenes Nierenversagen. In dem daraufhin veranlassten weiteren internistischen Sachverständigengutachten von Dr. K vom 17. Januar 2004 stellte dieser bei dem Kläger ein Asthma bronchiale, eine rezidivierende Gastritis, eine Alkoholkrankheit, einen Leberparenchymschaden sowie ein Nierenversagen im Jahre 2003 fest, wobei er zu der letzten Erkrankung anmerkte, dass sich die Laborparameter inzwischen wieder normalisiert hätten. Dr. K hielt den Kläger aus internistischer Sicht noch für fähig, vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten in allen Haltungsarten bei qualitativen Leistungseinschränkungen zu verrichten. Ergänzend holte die Beklagte ein Gutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie N ein. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 14. Januar 2004 auf nervenfachärztlichem Gebiet eine Störung durch Alkohol und ein Alkoholabhängigkeitssyndrom mit ständigem Substanzgebrauch fest. Auch dieser Gutachter kam abschließend zu der Auffassung, der Kläger könne noch vollschichtig mittelschwere Tätigkeiten in allen Haltungsarten ohne wesentliche Einschränkungen verrichten. Gestützt auf diese Feststellungen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2004 den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus, dass dieser noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verfüge.
Im anschließenden Klageverfahren, in dem der Kläger seinen Rentenantrag weiter verfolgt, eine unzutreffende Würdigung seines Gesundheitszustandes gerügt und ergänzend auf eine am 1. Oktober 2004 erlittene Außenknöchelfraktur im rechten Fuß verwiesen hat, hat das Sozialgericht (SG) Berlin Befundberichte des den Kläger bis September 2000 behandelnden Allgemeinmediziners K und des den Kläger später behandelnden Diplommediziners H eingeholt.
Sodann hat das SG die Klage mit Urteil vom 9. Mai 2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI, denn er verfüge noch über ein vollschichtiges, das heißt mindestens 6-stündiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten bei qualitativen Leistungseinschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dies ergebe sich aus der umfangreichen Begutachtung im Verwaltungsverfahren. In diesen Gutachten sei überzeugend dargelegt worden, dass der Kläger noch regelmäßig körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Gegenständen bis zu 20 kg Gewicht, im Wechsel der Haltungsarten ohne einseitige körperliche Belastungen und Zwangshaltungen, ohne Einfluss von inhalativen Belastungen, von Nässe und Kälte sowie unter Vermeidung von Alkoholexposition vollschichtig verrichten könne. Diese Einschätzung stimme überein mit den Feststellungen der im Gutachten der Allgemeinmedizinerin L vom 3. Juli 2002 getroffenen Feststellungen, die ebenfalls ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen angenommen habe. Weitere medizinische Ermittlungen seien nicht notwendig. Aus dem klägerischen Vorbringen ergäben sich keine weitergehenden, nicht bereits durch die vorhandenen Gutachten gewürdigten Beschwerden oder eine Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes gegenüber dem im Zeitpunkt der Begutachtungen geltend gemachten noch sonstige zusätzliche für die Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit beachtliche Gesundheitsstörungen. Auch die eingeholten Befundberichte ließen die Notwendigkeit weiterer medizinischer Ermittlungen nicht erkennen, da die von dem behandelnden Arzt mitgeteilten Diagnosen ebenfalls bereits eingehend und umfassend gewürdigt worden seien.
Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Berufung gewandt, mit der er weiterhin eine Rente beansprucht und eine Unfähigkeit zur Verrichtung von Erwerbstätigkeiten geltend gemacht hat.
Der Kläger beantragt nach seinem Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Mai 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. August 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil, das dem Ergebnis der Beweiserhebungen entspreche.
Der Senat hat einen Entlassungsbericht des H-Klinikums über einen stationären Aufenthalt vom 30. September bis 4. Oktober 2005 sowie Befundberichte des behandelnden Hausarztes Diplommediziner H (beigefügt verschiedene Unterlagen unter anderem über den stationären Aufenthalt vom 30. September bis 4. Oktober 2005) sowie des Orthopäden Dr. Z, der den Kläger wegen der Fraktur des rechten oberen Sprunggelenks behandelt hat. Außerdem hat der Senat die Akte des Versorgungsamtes B eingesehen, die keine neueren ärztlichen Unterlagen enthalten und aus der sich ergeben hat, dass der Kläger mit Bescheid vom 11. Dezember 2003 als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt worden ist.
Schließlich hat der Senat ein allgemeinmedizinisches Gutachten vom 27. Dezember 2005 von dem Sachverständigen M erstatteten lassen, der folgende Erkrankungen festgestellt hat:
- Seelisches Leiden (Alkoholkrankheit, Angststörung) - Beginnende Polyneuropathie, Koordinationsstörungen - Asthma bronchiale - Leberschaden, chronisches Magenleiden, Gallensteinleiden mit chronischer Entzündung der Gallenblase - Hörminderung links - Wirbelsäulen- und Gelenksbeschwerden, Zustand nach Sprunggelenksfraktur rechts mit geringfügiger Bewegungseinschränkung - Panzytopenie - Labiler Bluthochdruck - Zustand nach akutem Nierenversagen 07/03.
Unter Berücksichtigung der daraus resultierenden Beschwerden ist er zu der Einschätzung gelangt, der Kläger könne noch regelmäßig leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Freien und/oder geschlossenen Räumen verrichten, sofern er keinen besonderen Umgebungsbelastungen oder inhalativen Reizstoffen ausgesetzt sei. Der Kläger könne im Wechsel der Haltungsarten arbeiten, einzig ständige oder überwiegende Geh- oder Stehtätigkeiten schieden aus. Zu vermeiden seien weiter Zeitdruck, Arbeit an laufenden Maschinen oder in Nachschicht, auf Leitern oder Gerüsten. Es könnten Lasten bis 15 kg gehoben oder getragen werden; ständiges oder häufiges Bücken, Hocken oder Knien sei zu vermeiden. Einfache geistige Arbeiten sowie Arbeiten mit geringen Anforderungen an die Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit sowie Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit und ohne Publikumskontakt seien möglich. Besonderheiten für den Weg zur Arbeitstelle seien nicht zu berücksichtigen; zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich. Dieses Leistungsvermögen reiche für die volle übliche Arbeitszeit von mindestens 6 Stunden täglich. Im Falle einer - von dem Kläger allerdings abgelehnten - Entwöhnungsbehandlung wäre das Leistungsvermögen im Hinblick auf einige qualitative Leistungseinschränkungen innerhalb eines halben Jahres zu bessern.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhaltes auf die Gerichtsakte, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte (Versicherungs-Nummer: ) sowie die beigezogene Leistungsakte der Arbeitsagentur B N (vormals Arbeitsamt B N – Stammnummer: ), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
II
Der Senat hat nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss entschieden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und angesichts der geklärten Sach- und Rechtslage eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Rechtsgrundlage der Entscheidung sind die §§ 43, 240 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung, da der Kläger seinen Rentenantrag im Januar 2003 gestellt hat (vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI). Der Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGBVI setzt neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3, Abs. 4 bis 6 SGB VI) voraus, dass der Versicherte entweder voll oder teilweise erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande sind, unter den üblichen Bedingung des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Er kann noch mindestens 6 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Dies entnimmt der Senat insbesondere dem im Berufungsverfahren erstatteten Gutachten des medizinischen Sachverständigen M. Danach ist der Kläger noch in der Lage, mindestens 6 Stunden täglich körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen, wie sie zuvor dargestellt worden sind, zu verrichten. Der Senat sieht keinen Anlass, dieser Einschätzung nicht zu folgen. Das Gutachten macht deutlich, dass der Kläger umfassend und gründlich untersucht worden ist und seine vorgebrachten Beschwerden in die gutachterlichen Erwägungen eingeflossen sind. Auch die anschließenden Äußerungen des Klägers lassen Bedenken insoweit nicht aufkommen. Der Senat sieht daher – auch vor dem Hintergrund der bereits im Verwaltungsverfahren und beim Arbeitsamt erfolgten umfassenden Untersuchung und Begutachtung des Klägers – keinen Anlass zu weiteren medizinischen Ermittlungen und folgt der in dem Gutachten getroffenen, überzeugend und nachvollziehbar dargestellten Beurteilung.
Mithin steht fest, dass der Kläger mit dem verbliebenen Leistungsvermögen mindestens 6 Stunden täglich Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten kann. Die festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind auch nicht derart, dass Zweifel aufkommen müssten, ob der Kläger unter den üblichen Bedingungen betrieblich einsetzbar ist. Der Benennung einer konkreten Tätigkeit bedarf es daher nicht, ohne dass es darauf ankommt, ob der Kläger, worauf er in seinen letzten Schriftsätzen hinweist, einen seinem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz erhalten kann, denn das ist ein Risiko, für das nicht die Beklagte, sondern die Arbeitsverwaltung einzustehen hat. Er ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert in Sinne des § 43 SGB VI.
Ob dem Kläger aufgrund seiner letzten von ihm als Sachbearbeiter bezeichneten Tätigkeit Berufsschutz im Sinne des § 240 SGB VI zustehen könnte, kann dahinstehen. Denn diese (Übergangs-)Regelung findet auf den erst am 1965 und damit nicht vor dem 2. Januar 1961 geborenen (vgl. § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) Kläger keine Anwendung. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI steht ihm schon deshalb nicht zu.
Die Berufung kann mithin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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