L 8 B 1744/05 R ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 6 R 580/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 B 1744/05 R ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. Oktober 2005 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 26.689,06 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 2005 vorliegen. Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen über das vom Sozialgericht ausgeführte hinaus allerdings teilweise bereits in Bezug auf das Bestehen von Beitragsforderungen dem Grunde nach. Für die Frage, ob der Antragsteller verpflichtet war, Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung abzuführen, ist unerheblich, ob eine Lohnsteuerforderung durch das Finanzamt bestandskräftig festgestellt worden ist. Die Verwaltungsakte der Finanzämter und die Erkenntnisse und rechtlichen Einschätzungen, welche ihnen zugrunde liegen, haben zwar eine Indiz-, aber keine Tatbestandswirkung für die Einzugsstellen oder die Träger der Rentenversicherung in ihrer Eigenschaft als Prüfbehörde nach § 28p Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch. Sozialversicherungsträger und Sozialgerichte haben eine Übernahme von finanzamtlichen Feststellungen deshalb dann zu prüfen, wenn der Versicherte/Steuerpflichtige gegen die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen oder die steuerrechtliche Bewertung des Finanzamtes schlüssige und erhebliche Einwendungen erhebt (BSG SozR 3-2400 § 15 Nr. 4 und SozR 3-2200 § 1248 Nr. 9). Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Antragsteller hat bereits in seinem Widerspruchsschreiben vom 24. Februar 2004 (unter anderem) eine fehlende Sachverhaltsaufklärung gerügt. Dies ist ungeachtet ihrer Kürze und Abstraktheit eine im konkreten Fall sowohl schlüssige als auch erhebliche Einwendung, weil sich jedenfalls aus den Akten, welche dem Gericht vorliegen, nicht ergibt, aus welchem Grund das Finanzamt die Arbeitnehmereigenschaft der für den Antragsteller tätig gewordenen Spieler, Betreuer, Physiotherapeuten und Trainer im streitigen Zeitraum bejaht hat. Angesichts dessen ist nicht nachzuvollziehen, auf welcher tatsächlichen Grundlage die Feststellungen über die Beitragspflicht dieses Personenkreises getroffen worden sind. Soweit es die für den Antragsteller tätig gewordenen Sportler betrifft, ist dabei zu berücksichtigen, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung Sport "in weitaus überwiegendem Maße zum Selbstzweck, also mehr oder weniger zur Freizeitgestaltung und/oder Stärkung der allgemeinen Leistungsfähigkeit, mithin nicht um des Entgelts Willen ausgeübt" wird; die Absicht, Entgelt zu erzielen, wird auch dann verneint, "wenn der Sportler für seine Betätigung lediglich Aufwendungsersatz erhält" (BFH, Urteil vom 23. Oktober 1992 – VI R 59/91 -, BFHE 170, 48 im Anschluss an BAG, Urteil vom 10. Mai 1990 – 2 AZR 607/89 -, AP Nr. 51 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Dies gilt umso mehr, als auch im "Amateur"-Sport materielle Anreize nicht unüblich sind (in diesem Sinne etwa BSG, Urteil vom 18. März 2003 – B 2 U 25/02 R -, zitiert nach Juris). Um die Arbeitnehmereigenschaft von "Amateur"-Sportlern zu bejahen, muss deshalb (vom Versicherungsträger) der Nachweis erbracht werden, dass die Annahme, der Sport werde nicht um des Entgelts Willen ausgeübt, nicht gerechtfertigt ist. Durch die vom Antragsteller eingereichte Vereinbarung mit dem Spieler R G vom 1. April 1998 ist diese Annahme jedenfalls nach summarischer Prüfung nicht in Frage gestellt, da aus ihr nicht unmittelbar hervorgeht, in welchem Umfang der Spieler Weisungsrechten des Antragstellers unterworfen war (siehe als Beispiele aus dem Bereich des Amateursports etwa LAG Nürnberg, Beschluss vom 28. Juli 1998 – 2 Ta 55/98 -, zitiert nach Juris, SG Kassel, Urteil vom 30. April 1996 – S 5 Ar 559/94 -, zitiert nach Juris; in beiden Fällen wurde die Arbeitnehmereigenschaft verneint; bejaht dagegen von SG Kassel, Urteil vom 30. Juli 1997 – S 7 Ar 205/97 -, zitiert nach Juris). Soweit es die für den Antragsteller tätig gewordenen Betreuer, Physiotherapeuten und Trainer angeht, ist zu berücksichtigen, dass die Tätigkeiten auch auf der Grundlage eines "freien" Dienstvertrages (§ 611 Bürgerliches Gesetzbuch) ausgeübt werden können, so dass zu begründen wäre, weshalb es sich um ein die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung begründendes Arbeitsverhältnis handelt. Soweit es sich schließlich um die Erhebung von Beiträgen für die Tätigkeit von Aushilfskräften (Kassierer und Ordner) handelt, spricht zwar vieles dafür, dass diese als Arbeitnehmer anzusehen sind. Insoweit ist es dem Gericht anhand der Akten jedoch nicht möglich gewesen festzustellen, welcher Anteil der erhobenen Beiträge auf sie entfällt, so dass der Beschwerde auch ein Teilerfolg versagt bleiben musste. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung und § 29 Nr. 1 Gerichtskostengesetz (GKG), die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 1 und 63 Abs. 2 GKG. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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