L 8 B 91/04 AL

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 78 AL 1015/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 B 91/04 AL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Streitig ist die Förderung einer beruflichen Weiterbildung.

Der Kläger ist 1952 geboren. Seit 1980 bezog er – mit geringen Unterbrechungen durch den Bezug von Krankengeld und wegen Arbeitsaufnahme (zuletzt ABM-Beschäftigung von 1. Juni 1998 bis 31. Mai 1999) – von der Beklagten Leistungen (Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld). So nahm der Kläger unter anderem an einer von der Beklagten geförderten und vom 3. August 1992 bis 18. Juli 1994 vorgesehenen Maßnahme "Fachgehilfe in steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen" teil und wechselte ab 1. Februar 1993 in die Bildungsmaßnahme "Fachkraft im Rechnungswesen", während deren Teilnahme er bis 3. Juni 1994 Unterhaltsgeld (Uhg) erhielt. Nach dem erneuten Bezug von Uhg (vom 27. Januar 2002 – 26. September 2002) bezog der Kläger seit dem 27. September 2002 Arbeitslosenhilfe.

Im September 2003 beantragte er, ihm für die Teilnahme an einer am 27. Oktober 2003 beginnenden Maßnahme "Fachkraft Rechnungswesen" Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung zu gewähren. Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 18. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2004 ab. Zur Begründung führte sie aus: Die angestrebte Maßnahme sei nicht förderungsfähig, weil die Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 SGB III nicht erfüllt seien. Denn die Teilnahme lasse nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwarten, dass die Arbeitslosigkeit des Klägers beendet werde. Der Kläger habe bereits an mehreren Bildungsmaßnahmen teilgenommen, ohne dass dies zu einer Einmündung in den Arbeitsmarkt geführt habe.

Dagegen hat sich der Kläger mit seiner Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin gewandt und gleichzeitig die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 15. Oktober 2004 die Gewährung von PKH wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Es sei nicht erkennbar, dass der Kläger die Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III erfülle. Die danach erforderliche Notwendigkeit der Maßnahme sei nur bei einer günstigen Beschäftigungsprognose erfüllt. Dies bedeute, dass die Teilnahme an der Maßnahme erwarten lassen müsse, dass die Eingliederungschancen dadurch erheblich verbessert würden und damit die begründete Aussicht auf berufliche Eingliederung entstünde. Eine derart günstige Prognose könne jedoch nach den Darlegungen der Beklagten und Aktenlage nicht gestellt werden. Gegen den ihm am 30. Oktober 2004 zugestellten Beschluss hat sich der Kläger mit seiner am 22. November 2004 eingegangenen Beschwerde gewandt und eine unzutreffende Würdigung der Sach- und Rechtslage gerügt. Er habe, wie sich seinen Auflistungen für August-Oktober 2004 entnehmen lasse, vielfältige Bemühungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes angestellt, die jedoch vergebens geblieben seien.

Die Beklagte hat auf Anforderung des Senats die Vermittlungsunterlagen über den Kläger vorgelegt und ergänzend darauf verwiesen, dass der Kläger seit dem 1. Januar 2005 Arbeitslosengeld II vom JobCenter Mitte bezieht, das für künftige Fortbildungsmaßnahmen nunmehr leistungsrechtlich zuständig sei.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss zutreffend die Bewilligung von PKH abgelehnt, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73 a SGG i. V. m. § 114 ZPO). Die Klage ist zum 1. Januar 2005 unzulässig geworden, da ein Bedürfnis für gerichtlichen Rechtsschutz seither nicht mehr besteht. Durch den Bescheid vom 18.November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2004, der allein Gegenstand des Rechtsstreits ist, ist lediglich eine Entscheidung über den Antrag auf Weiterbildungsförderung nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) getroffen worden. Nach diesem Leistungsgesetz kann der Kläger seit dem 1. Januar 2005 schlechterdings nicht mehr die begehrten Leistungsrechte haben. Denn er gehört seither zum Kreis der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach dem SGB II. Für diesen Personenkreis sind Leistungen der Weiterbildungsförderung nach dem SGB III kraft Gesetzes ausgeschlossen (§ 22 Abs. 4 SGB III in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung). Da der Kläger die von ihm begehrte Ausbildung in der Zeit ab 27.Oktober 2003 nicht aufgenommen hat, kann ihm auch die Übergangsregelung nach § 434j Abs. 10 SGB III nicht mehr zugute kommen. Danach sind die Leistungsvorschriften des Weiterbildungsrechts nach dem SGB III für die Bezieher von Arbeitslosenhilfe weiter anzuwenden, die (am 31. Dezember 2004) an einer Maßnahme bereits teilgenommen haben. Dass die Gewährung von Leistungen zur Weiterbildungsförderung für die ehemaligen Bezieher von Arbeitslosenhilfe nur im Rahmen des § 434 j Abs. 10 SGB III möglich ist, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Denn das SGB II sieht selbst Leistungen der beruflichen

Weiterbildung in ähnlicher Ausgestaltung vor (§ 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit §§ 77 ff SGB III). Dem entsprechend kann die Beklagte unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt mehr zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB III verurteilt werden. Die streitigen Bescheide betreffen ausschließlich Leistungsrechte nach dem SGB III. Das ergibt sich bereits daraus, dass vor dem 1. Januar 2005 lediglich dieses Gesetz die vom Kläger begehrte Leistung vorsah. Nur dieser Streitgegenstand ist somit zulässig vor dem Sozialgericht anhängig gemacht worden. Die Bescheide können auch nicht in Bescheide über die Ablehnung von Leistungen der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB II umgedeutet werden (§ 43 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X), selbst wenn unterstellt würde, dass die Beklagte vorliegend auch Leistungsträger für die Weiterbildungsförderung nach dem SGB II (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II) wäre. Die Leistungsvoraussetzungen für die Weiterbildungsförderung nach dem SGB II sind nicht zwingend mit denen nach dem SGB III identisch (siehe etwa Münder, Lehr- und Praxiskommentar SGB II, § 16 Rz 6). Dem entsprechend kann der Leistungsträger nach dem SGB II gehalten sein, weitere oder andere Ermessenserwägungen anzustellen. In einen anderen Verwaltungsakt mit lediglich "gleicher Zielrichtung" darf ein Verwaltungsakt aber nicht umgedeutet werden. Dies kommt schon im Hinblick auf die erforderliche Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sowie auf die mit einer derartigen Anwendung verbundene Beeinträchtigung der verfahrensrechtlichen Stellung des Betroffenen nicht in Betracht; sie könnte im übrigen auch im Widerspruch zu dem Grundsatz der Gewaltenteilung stehen (zusammenfassend dazu BSG, Urteil vom 19. März 1998 – B 7 AL 86/96 R -. SozR 3-4100 § 112 Nr. 29 mit weiteren Nachweisen). Dies gilt im vorliegenden Fall noch umso mehr, als dem Kläger durch eine Entscheidung über Leistungsrechte nach dem SGB II in einem Verfahren, das ursprünglich um Leistungsrechte nach dem SGB III geführt wurde, der gesetzliche Richter entzogen würde. Denn entsprechend dem in der Sozialgerichtsbarkeit geltenden Fachkammerprinzip (§ 10 Abs. 1 Satz 1 SGG) sind für Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende besondere Spruchkörper neben denen für Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit zu bilden.

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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