Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 18 SO 6007/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 B 44/06 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 29. Dezember 2005 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller dessen außergerichtliche Kosten des Verfahrens zu einem Viertel zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist unbegründet. Soweit der Antragsteller mit seinem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begehrt hatte, den Antragsgegner zur Übernahme der Mieten für die Monate November und Dezember 2005 sowie in gleicher Höhe für die Monate Januar bis April 2006 zu verpflichten, ist der Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden. Denn der Antragsgegner hat insoweit ein Teilanerkenntnis abgegeben und durch die Bescheide vom 3. und 6. April 2006 auch bereits ausgeführt. Betreffend der Begehren im übrigen sind die besonderen Voraussetzungen für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht erfüllt. Da der Antragsteller die Veränderung eines bisher "leistungslosen" Zustands erstrebt, kommt einstweiliger Rechtsschutz nur unter der Voraussetzung des § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht. Danach sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Begründet ist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach dieser Vorschrift, wenn sich bei summarischer Prüfung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ein Anspruch nach materiellem Recht besteht (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 916 Zivilprozessordnung [ZPO]; Anordnungsanspruch) und eine besondere Eilbedürftigkeit vorliegt (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 917, 918 ZPO; Anordnungsgrund; zusammenfassend zu den Voraussetzungen Binder in Handkommentar SGG, 2. Auflage 2006, § 86 b Randnummer 33 ff.). Soweit der Antragsteller allgemein die Übernahme der Miete in Höhe von 475,20 EUR für Januar 2006 und die Folgemonate durch den Antragsgegner begehrt hat, fehlt es – nachdem der Antragsgegner das Teilanerkenntnis abgegeben hat - für die Zeit nach April 2006 (für die Zeit bis April 2006 siehe oben) an einem Anordnungsgrund. In seinem Schriftsatz vom 30. März 2006 hat sich der Antragsgegner bereit erklärt, "die Miete ab November 2005 bis zu einer abschließenden Entscheidung anzuerkennen", wobei offenkundig die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Grundsicherungsgesetz bzw. ab 1. Januar 2005, dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) gemeint ist. Damit ist die Zahlung der "vollen Miete" derzeit gesichert, es besteht keine besondere Eilbedürftigkeit (mehr) für eine gerichtliche Entscheidung.
Soweit der Antragsteller auch die Zahlung der Differenz zwischen der tatsächlichen Miete und dem vom Antragsgegner übernommenen Betrag von 227,50 EUR in der Zeit ab "April" 2004 begehrt, fehlt ebenfalls die besondere Eilbedürftigkeit. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darf grundsätzlich nicht der Ausgang eines Verfahrens in der Hauptsache vorweggenommen werden. Vielmehr dient der einstweilige Rechtsschutz lediglich dazu, jemanden vor nicht wieder rückgängig zu machenden Nachteilen zu bewahren, welche durch die Dauer eines Verfahrens in der Hauptsache entstehen können. Solche Nachteile sind derzeit nicht ersichtlich. Vor allem droht dem Antragsteller nicht die Gefahr, dass er seine gegenwärtige Wohnung verliert und möglicher Weise obdachlos wird. Denn durch das vom Antragsteller abgegebene Teilanerkenntnis sind sämtliche Mietrückstände gegenüber dem Vermieter ausgeglichen und ist die Zahlung der laufenden Miete gesichert. Für eine darüber hinausgehende Verpflichtung des Antragsgegners besteht angesichts dessen kein Anlass. Soweit der Antragsteller schließlich die Übernahme eines Mehrbedarfs für krankheitsbedingt kostenaufwändige Ernährung auch in der Zeit nach Oktober 2005 begehrt, ist jedenfalls ein Anordnungsanspruch nicht ausreichend wahrscheinlich. Gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII setzt die Anerkennung eines Mehrbedarfs in angemessener Höhe voraus, dass der Anspruchsteller zum Personenkreis der Kranken, Genesenden, behinderten Menschen oder der von einer Krankheit oder einer Behinderung bedrohten Menschen gehört, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen. Dass der Antragsteller einer kostenaufwändigen Ernährung bedarf, ist nicht zu erkennen. Zur sachgerechten Konkretisierung des Merkmals "bedürfen" können die "Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" herangezogen werden. Die Bewilligungen bis Oktober 2005 basierten auf der Angabe der behandelnden Fachärztin für Allgemeinmedizin D, dass der Antragsteller an einer Leberinsuffizienz bei chronischer Hepatitis B leide (was Mehraufwendungen für eine eiweißdefinierte Kost begründet; "Katalogfall" nach den Empfehlungen), die Bewilligung ab 1. Oktober 2005 außerdem darauf, dass diese Ärztin einen Mehrbedarf an Flüssigkeit sah, da der Antragsteller nach einem 2003 erlittenen Kieferbruch nicht kauen könne (was im Einzelfall einen Mehraufwand begründen kann). In ihrem mit Datum des 1. November 2005 auf einem Formblatt des Antragsgegners erstellten ärztlichen Attest gab die Ärztin einen Mehrbedarf an Flüssigkeit bereits nicht mehr an, so dass davon ausgegangen werden kann, dass solch ein Mehrbedarf auch nicht mehr bestand. Was hingegen den Mehrbedarf wegen einer Leberinsuffizienz angeht, so hat sich die Diagnose der behandelnden Ärztin anlässlich der amtsärztlichen Untersuchung des Antragstellers im August 2005 nicht bestätigen lassen. Die vom Amtsärztlichen Dienst des Bezirksamtes Steglitz-Zehlendorf am 11. August 2005 vorgenommene Laborwertkontrolle ergab, dass der Antragsteller zum einen nicht an einer chronischen Hepatitis "B" leidet, sondern an einer Hepatitis "C". Dieses Ergebnis stimmt mit der Nebendiagnose "chronische Virushepatitis C" überein, die bereits der an den Antragsgegner gerichteten Entlassungsanzeige der Charité – C B F – vom 20. November 2003 zu entnehmen war. Zum anderen ergaben sich bei der amtsärztlichen Untersuchung keine Anhaltspunkte für eine Leberinsuffizienz. Wie sich dem Schreiben des Amtsärztlichen Dienstes vom 25. November 2005 an den Antragsgegner entnehmen lässt, ist dieses Ergebnis Gegenstand eines Telefonats mit der behandelnden Ärztin gewesen. Das vom Amtsärztlichen Dienst gefundene Ergebnis war dadurch offensichtlich nicht in Frage gestellt worden. Dem entsprechend bedarf der Antragsteller keiner krankheitsbedingt kostenaufwändigen Ernährung. Wichtig ist vielmehr, dass er Lebergifte wie z.B. Alkohol weglässt. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Antragsteller mit einem Teil seines Begehrens in der Sache erfolgreich gewesen ist.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde ist unbegründet. Soweit der Antragsteller mit seinem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begehrt hatte, den Antragsgegner zur Übernahme der Mieten für die Monate November und Dezember 2005 sowie in gleicher Höhe für die Monate Januar bis April 2006 zu verpflichten, ist der Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden. Denn der Antragsgegner hat insoweit ein Teilanerkenntnis abgegeben und durch die Bescheide vom 3. und 6. April 2006 auch bereits ausgeführt. Betreffend der Begehren im übrigen sind die besonderen Voraussetzungen für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht erfüllt. Da der Antragsteller die Veränderung eines bisher "leistungslosen" Zustands erstrebt, kommt einstweiliger Rechtsschutz nur unter der Voraussetzung des § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht. Danach sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Begründet ist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach dieser Vorschrift, wenn sich bei summarischer Prüfung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ein Anspruch nach materiellem Recht besteht (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 916 Zivilprozessordnung [ZPO]; Anordnungsanspruch) und eine besondere Eilbedürftigkeit vorliegt (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 917, 918 ZPO; Anordnungsgrund; zusammenfassend zu den Voraussetzungen Binder in Handkommentar SGG, 2. Auflage 2006, § 86 b Randnummer 33 ff.). Soweit der Antragsteller allgemein die Übernahme der Miete in Höhe von 475,20 EUR für Januar 2006 und die Folgemonate durch den Antragsgegner begehrt hat, fehlt es – nachdem der Antragsgegner das Teilanerkenntnis abgegeben hat - für die Zeit nach April 2006 (für die Zeit bis April 2006 siehe oben) an einem Anordnungsgrund. In seinem Schriftsatz vom 30. März 2006 hat sich der Antragsgegner bereit erklärt, "die Miete ab November 2005 bis zu einer abschließenden Entscheidung anzuerkennen", wobei offenkundig die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Grundsicherungsgesetz bzw. ab 1. Januar 2005, dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) gemeint ist. Damit ist die Zahlung der "vollen Miete" derzeit gesichert, es besteht keine besondere Eilbedürftigkeit (mehr) für eine gerichtliche Entscheidung.
Soweit der Antragsteller auch die Zahlung der Differenz zwischen der tatsächlichen Miete und dem vom Antragsgegner übernommenen Betrag von 227,50 EUR in der Zeit ab "April" 2004 begehrt, fehlt ebenfalls die besondere Eilbedürftigkeit. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darf grundsätzlich nicht der Ausgang eines Verfahrens in der Hauptsache vorweggenommen werden. Vielmehr dient der einstweilige Rechtsschutz lediglich dazu, jemanden vor nicht wieder rückgängig zu machenden Nachteilen zu bewahren, welche durch die Dauer eines Verfahrens in der Hauptsache entstehen können. Solche Nachteile sind derzeit nicht ersichtlich. Vor allem droht dem Antragsteller nicht die Gefahr, dass er seine gegenwärtige Wohnung verliert und möglicher Weise obdachlos wird. Denn durch das vom Antragsteller abgegebene Teilanerkenntnis sind sämtliche Mietrückstände gegenüber dem Vermieter ausgeglichen und ist die Zahlung der laufenden Miete gesichert. Für eine darüber hinausgehende Verpflichtung des Antragsgegners besteht angesichts dessen kein Anlass. Soweit der Antragsteller schließlich die Übernahme eines Mehrbedarfs für krankheitsbedingt kostenaufwändige Ernährung auch in der Zeit nach Oktober 2005 begehrt, ist jedenfalls ein Anordnungsanspruch nicht ausreichend wahrscheinlich. Gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII setzt die Anerkennung eines Mehrbedarfs in angemessener Höhe voraus, dass der Anspruchsteller zum Personenkreis der Kranken, Genesenden, behinderten Menschen oder der von einer Krankheit oder einer Behinderung bedrohten Menschen gehört, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen. Dass der Antragsteller einer kostenaufwändigen Ernährung bedarf, ist nicht zu erkennen. Zur sachgerechten Konkretisierung des Merkmals "bedürfen" können die "Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" herangezogen werden. Die Bewilligungen bis Oktober 2005 basierten auf der Angabe der behandelnden Fachärztin für Allgemeinmedizin D, dass der Antragsteller an einer Leberinsuffizienz bei chronischer Hepatitis B leide (was Mehraufwendungen für eine eiweißdefinierte Kost begründet; "Katalogfall" nach den Empfehlungen), die Bewilligung ab 1. Oktober 2005 außerdem darauf, dass diese Ärztin einen Mehrbedarf an Flüssigkeit sah, da der Antragsteller nach einem 2003 erlittenen Kieferbruch nicht kauen könne (was im Einzelfall einen Mehraufwand begründen kann). In ihrem mit Datum des 1. November 2005 auf einem Formblatt des Antragsgegners erstellten ärztlichen Attest gab die Ärztin einen Mehrbedarf an Flüssigkeit bereits nicht mehr an, so dass davon ausgegangen werden kann, dass solch ein Mehrbedarf auch nicht mehr bestand. Was hingegen den Mehrbedarf wegen einer Leberinsuffizienz angeht, so hat sich die Diagnose der behandelnden Ärztin anlässlich der amtsärztlichen Untersuchung des Antragstellers im August 2005 nicht bestätigen lassen. Die vom Amtsärztlichen Dienst des Bezirksamtes Steglitz-Zehlendorf am 11. August 2005 vorgenommene Laborwertkontrolle ergab, dass der Antragsteller zum einen nicht an einer chronischen Hepatitis "B" leidet, sondern an einer Hepatitis "C". Dieses Ergebnis stimmt mit der Nebendiagnose "chronische Virushepatitis C" überein, die bereits der an den Antragsgegner gerichteten Entlassungsanzeige der Charité – C B F – vom 20. November 2003 zu entnehmen war. Zum anderen ergaben sich bei der amtsärztlichen Untersuchung keine Anhaltspunkte für eine Leberinsuffizienz. Wie sich dem Schreiben des Amtsärztlichen Dienstes vom 25. November 2005 an den Antragsgegner entnehmen lässt, ist dieses Ergebnis Gegenstand eines Telefonats mit der behandelnden Ärztin gewesen. Das vom Amtsärztlichen Dienst gefundene Ergebnis war dadurch offensichtlich nicht in Frage gestellt worden. Dem entsprechend bedarf der Antragsteller keiner krankheitsbedingt kostenaufwändigen Ernährung. Wichtig ist vielmehr, dass er Lebergifte wie z.B. Alkohol weglässt. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Antragsteller mit einem Teil seines Begehrens in der Sache erfolgreich gewesen ist.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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