Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 18 SO 3617/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 B 1092/05 SO PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 31. Oktober 2005 aufgehoben.
Dem Kläger wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T L, Sstraße , B beigeordnet.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.
Gründe:
I. Der 1964 geborene Kläger bezieht vom Beklagten ergänzend zu seiner Rente wegen voller Erwerbsminderung seit Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XII -. Dabei wurde ein Mehrbedarf für Ernährung wegen Diabetes mellitus Typ II a in Höhe von monatlich 52,31 EUR anerkannt. Im April 2005 machte der Kläger unter Vorlage von Behandlungsunterlagen und einer formularmäßigen Befürwortung seiner behandelnden Ärztin weiteren Mehrbedarf geltend, weil er nunmehr auch wegen einer dialysepflichtigen schweren Niereninsuffizienz Diät halten müsse. Daraufhin erkannte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 21. April 2005 einen ernährungsbedingten Mehrbedarf in Höhe von monatlich insgesamt 62,78 EUR an. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers, der wegen seines fortbestehenden Diabetes mellitus die Berücksichtigung zweier Mehrbedarfe begehrte, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2005 zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass er sich bei der Prüfung eines Mehrbedarfes wegen kostenaufwändiger Ernährung nach §§ 42 Satz 1 Nr. 3, 30 Abs. 5 SGB XII nach den Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe des Deutschen Vereins für öffentliche und privater Fürsorge richte. Danach sei bei mehreren diätpflichtigen Erkrankungen eine Addition der Mehraufwendungen unzulässig und stattdessen insgesamt nur eine Krankenkostzulage zu gewähren, und zwar regelmäßig die höchste der in Betracht kommenden. Nach der ergänzend eingeholten amtsärztlichen Stellungnahme vom 18. Mai 2005 lägen im Falle des Klägers keine besonderen Umstände vor, die darüber hinaus gehende monatliche Hilfen erforderten.
Das Sozialgericht hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für seine am 29. Juni 2005 erhobene Klage, mit der er die Berücksichtigung zweier Mehrbedarfe wegen seiner diätpflichtigen Leiden begehrt, mit Beschluss vom 31. Oktober 2005 wegen mangelnder Erfolgsaussichten abgelehnt. Als Anspruchsgrundlage komme allein § 30 BSHG in Betracht, dessen Voraussetzungen indes nicht vorlägen. Insbesondere sei schon nichts für einen tatsächlich höheren Ernährungsbedarf des Klägers ersichtlich, als der Beklagte anerkenne. Auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid werde verwiesen. Davon abgesehen reiche die Bescheinigung seiner behandelnden Ärztin vom 14. April 2005, die nur die Erkrankungen, nicht aber eine bestimmte Kostform benenne, für die Anerkennung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfes nicht aus. Im Übrigen müsse der Kläger, soweit er um höhere Leistungen für die Vergangenheit streite, eingehend darlegen, dass er tatsächlich höhere ernährungsbedingte Aufwendungen gehabt habe, weil Hilfe zum Lebensunterhalt als eine gegenwartsbezogene Notlagenhilfe nach allgemeiner Auffassung nur ausnahmsweise rückwirkend gewährt werden könne.
Gegen den seiner Betreuerin am 7. November 2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 30. November 2005 eingegangene Beschwerde des Klägers, zu deren Begründung er ein weiteres Attest seiner behandelnden Ärztin vom 15. November 2005 überreicht und geltend macht, dass die Berücksichtigung mehrerer Mehrbedarfe nach dem SGB XII keineswegs ausgeschlossen sei und es ihm wegen der notwendigen Beschaffung der Diätkost nicht möglich gewesen sei, die nun gesetzlich vorgesehenen monatlichen Rücklagen aus dem Regelsatz für einmaligen Bedarf zu tätigen.
II. Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts bietet die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg, sodass ihm mit Rücksicht auf seine beim Bezug von ergänzenden Leistungen der Grundsicherung offenkundige Bedürftigkeit Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des von ihm benannten Rechtsanwaltes L zu gewähren war (§ 73 a Sozialgerichtsgesetz – SGG – i. V. m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung – ZPO -).
Nach § 42 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 30 Abs. 5 SGB XII ist unter anderem für Kranke, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anzuerkennen. Dass der Kläger krankheitsbedingt einen Mehrbedarf bei der Ernährung hat, der aus dem Regelsatz nicht bestritten werden kann, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Gestritten wird lediglich über die Höhe des Mehrbedarfes, nachdem der Kläger nicht nur wegen Diabetes mellitus, sondern nun auch wegen einer schweren, dialysepflichtigen Niereninsuffizienz Diät halten muss.
Wie der erkennende Senat bereits in seinem Beschluss vom 7. September 2005 – L 15 B 66/05 SO – ausgeführt hat, ist es sachgerecht, dass der Beklagte bei der Prüfung eines Mehrbedarfes für krankheitsbedingt erhöhten Ernährungsaufwand gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII die oben genannten Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Gewährung von Krankenkostzulagen heranzieht, die eine sachverständige, an typisierten Fallgestaltungen ausgerichtete praktische Entscheidungshilfe bieten. Dies entspricht auch der Auffassung des Gesetzgebers, die in den Materialien zu § 30 Abs. 5 SGB XII zum Ausdruck kommt, sowie der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Gewährung von Krankenkostzulagen nach dem Bundessozialhilfegesetz - BSHG - (vgl. Hofmann in LPK-SGB XII, Rdn. 29 ff. zu § 30 m. w. N.). Die in entsprechende Rundschreiben der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales eingegangenen Empfehlungen zur Verfahrensweise bei der Gewährung von Krankenkostzulagen (vgl. im Einzelnen das fortgeltende Rundschreiben V Nr. 13/1998 vom 10. August 1998) sollen eine gleichmäßige Praxis gewährleisten. Danach wird regelmäßig ein Mehrbedarf bei Diabeteskost von monatlich 52,31 EUR und bei Dialysediät von monatlich 62,78 EUR angenommen. Liegen, wie im Falle des Klägers, gleichzeitig die Voraussetzungen mehrerer Krankenkostzulagen vor, soll nur eine und zwar die höchste, gewährt werden. Zwar erscheint die hier zugrunde liegende Annahme durchaus plausibel, dass es bei der Auswahl der Lebensmittel unter Berücksichtigung aller medizinisch gebotenen Ernährungsanweisungen qualitativ und quantitativ zu Kompensationseffekten kommt, weshalb sich eine Addition der Mehrbedarfe verbietet. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins sind aber ebenso wie die darauf Bezug nehmenden Rundschreiben der Senatsverwaltung nicht bindendes Recht, sondern nur Hilfsmittel bei der Feststellung des in Rede stehenden Mehrbedarfes, auf dessen vollumfängliche Befriedigung der Hilfesuchende einen Rechtsanspruch hat. Ferner wird in den Empfehlungen wie auch im Rundschreiben hervorgehoben, dass Besonderheiten des Einzelfalles eine abweichende Bemessung der Krankenkostzulagen erfordern können. So erscheint es als durchaus möglich, dass im Falle des Klägers angesichts der Diätvorschriften bei zwei schwerwiegenden Leiden ein Abweichen von der Regel und die Berücksichtigung eines zumindest höheren als des jetzt mit monatlich 62,78 EUR anerkannten Mehrbedarfes geboten ist, zumal die Beträge – anders als die Regelsätze – seit Juli 1999 nicht erhöht worden sind. Die von der Beklagten zur Prüfung etwaiger Besonderheiten des Einzelfalles eingeholte – ablehnende – Stellungnahme der Amtsärztin vom 18. Mai 2005 ist insoweit völlig unergiebig, weil sie sich nicht aus medizinischer Sicht, sondern nur zur Anwendbarkeit von Rechts- und Verwaltungsvorschriften geäußert hat.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann die mangelnde Erfolgsaussicht des Klagebegehrens nicht ohne weiteres daraus abgeleitet werden, dass das Attest der behandelnden Ärztin des Klägers vom 14. April 2005 nur Diagnosen, aber keine bestimmte Kostform benennt. Zum einen sind die beim Kläger unstreitig vorliegenden Leiden in der vom Deutschen Verein erarbeiteten Liste von Krankheiten enthalten, die regelmäßig eine bestimmte, kostenaufwändige Diät erfordern, und der Kläger hat mit der Beschwerde auch ein insoweit ergänztes Attest seiner behandelnden Ärztin vorgelegt. Zum anderen wird das Gericht – im Rahmen der ihm gemäß § 106 Abs. 1 SGG obliegenden Amtsermittlungspflicht – unter Heranziehung der Beteiligten zu klären haben, worin die erforderliche Kost mit Blick auf beide Leiden des Klägers konkret besteht, welche besonderen, kostenträchtigen Zubereitungsformen gegebenenfalls zu beachten sind und welchen Mehraufwand diese Diätvorschriften finanziell erfordern. Hierzu sind zunächst, zweckmäßiger Weise auf Grund von konkreten Auflagen des Gerichts, eingehende Darlegungen des Klägers bzw. seiner behandelnden Ärztin erforderlich, die sodann fachkundig zu würdigen sein werden.
Soweit das Sozialgericht im Übrigen die Erfolgsaussicht der Klage in Abrede stellt, als der Kläger um höhere Hilfe zum Lebensunterhalt "für die Vergangenheit" streite, ohne eingehend darzulegen, dass er tatsächlich höhere Aufwendungen gehabt habe, ist zunächst darauf hinzu- weisen, dass der Kläger ersichtlich nur die Berücksichtigung eines höheren Mehrbedarfes durch das Hinzutreten der dialysepflichtigen Nierenerkrankung ab Antragstellung im April 2005 begehrt. Im Übrigen dürfte die aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung abgeleitete Auffassung des Sozialgerichts, dass Hilfe zum Lebensunterhalt grundsätzlich nicht für die Vergangenheit gewährt werden könne – und zwar auch nicht auf Grund eines "erfolgreichen" Klageverfahrens, sofern der Bedarf nicht tatsächlich befriedigt worden ist, dies aber nur aus grundsätzlich nicht anrechenbarem Einkommen oder Vermögen bzw. durch Darlehen eines Nothelfers – im Rahmen der hier in Rede stehenden Leistungen der Grundsicherung auf rechtliche Bedenken stoßen. Denn das für den Grundsatz "keine Hilfe für die Vergangenheit" gemeinhin herangezogene Argument, dass es sich bei der Hilfe zum Lebensunterhalt um eine gegenwartsbezogene Notlagenhilfe jeweils nur für kurze Bewilligungsabschnitte handele, trifft für den Bereich der Grundsicherungsleistungen nicht zu, weil bei dem nach dem Vierten Kapitel des SGB XII leistungsberechtigten Personenkreis, zu dem der Kläger als nach Aktenlage voraussichtlich dauerhaft voll Erwerbsgeminderter mit sehr geringen Renteneinkünften gehört, gewöhnlich keine bedeutsame Änderung der Verhältnisse zu erwarten ist, weshalb die Leistungen der Grundsicherung – anders als üblicherweise die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII – gemäß § 44 Satz 1 SGB XII in der Regel für zwölf Monate zu bewilligen sind (vgl. Brühl/Schoch a. a. O., Rdn. 4 zu § 44 m. w. N. zu den Gesetzesmaterialien).
Die Unanfechtbarkeit dieses Beschlusses folgt aus § 177 SGG.
Dem Kläger wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T L, Sstraße , B beigeordnet.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.
Gründe:
I. Der 1964 geborene Kläger bezieht vom Beklagten ergänzend zu seiner Rente wegen voller Erwerbsminderung seit Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XII -. Dabei wurde ein Mehrbedarf für Ernährung wegen Diabetes mellitus Typ II a in Höhe von monatlich 52,31 EUR anerkannt. Im April 2005 machte der Kläger unter Vorlage von Behandlungsunterlagen und einer formularmäßigen Befürwortung seiner behandelnden Ärztin weiteren Mehrbedarf geltend, weil er nunmehr auch wegen einer dialysepflichtigen schweren Niereninsuffizienz Diät halten müsse. Daraufhin erkannte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 21. April 2005 einen ernährungsbedingten Mehrbedarf in Höhe von monatlich insgesamt 62,78 EUR an. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers, der wegen seines fortbestehenden Diabetes mellitus die Berücksichtigung zweier Mehrbedarfe begehrte, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2005 zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass er sich bei der Prüfung eines Mehrbedarfes wegen kostenaufwändiger Ernährung nach §§ 42 Satz 1 Nr. 3, 30 Abs. 5 SGB XII nach den Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe des Deutschen Vereins für öffentliche und privater Fürsorge richte. Danach sei bei mehreren diätpflichtigen Erkrankungen eine Addition der Mehraufwendungen unzulässig und stattdessen insgesamt nur eine Krankenkostzulage zu gewähren, und zwar regelmäßig die höchste der in Betracht kommenden. Nach der ergänzend eingeholten amtsärztlichen Stellungnahme vom 18. Mai 2005 lägen im Falle des Klägers keine besonderen Umstände vor, die darüber hinaus gehende monatliche Hilfen erforderten.
Das Sozialgericht hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für seine am 29. Juni 2005 erhobene Klage, mit der er die Berücksichtigung zweier Mehrbedarfe wegen seiner diätpflichtigen Leiden begehrt, mit Beschluss vom 31. Oktober 2005 wegen mangelnder Erfolgsaussichten abgelehnt. Als Anspruchsgrundlage komme allein § 30 BSHG in Betracht, dessen Voraussetzungen indes nicht vorlägen. Insbesondere sei schon nichts für einen tatsächlich höheren Ernährungsbedarf des Klägers ersichtlich, als der Beklagte anerkenne. Auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid werde verwiesen. Davon abgesehen reiche die Bescheinigung seiner behandelnden Ärztin vom 14. April 2005, die nur die Erkrankungen, nicht aber eine bestimmte Kostform benenne, für die Anerkennung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfes nicht aus. Im Übrigen müsse der Kläger, soweit er um höhere Leistungen für die Vergangenheit streite, eingehend darlegen, dass er tatsächlich höhere ernährungsbedingte Aufwendungen gehabt habe, weil Hilfe zum Lebensunterhalt als eine gegenwartsbezogene Notlagenhilfe nach allgemeiner Auffassung nur ausnahmsweise rückwirkend gewährt werden könne.
Gegen den seiner Betreuerin am 7. November 2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 30. November 2005 eingegangene Beschwerde des Klägers, zu deren Begründung er ein weiteres Attest seiner behandelnden Ärztin vom 15. November 2005 überreicht und geltend macht, dass die Berücksichtigung mehrerer Mehrbedarfe nach dem SGB XII keineswegs ausgeschlossen sei und es ihm wegen der notwendigen Beschaffung der Diätkost nicht möglich gewesen sei, die nun gesetzlich vorgesehenen monatlichen Rücklagen aus dem Regelsatz für einmaligen Bedarf zu tätigen.
II. Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts bietet die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg, sodass ihm mit Rücksicht auf seine beim Bezug von ergänzenden Leistungen der Grundsicherung offenkundige Bedürftigkeit Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des von ihm benannten Rechtsanwaltes L zu gewähren war (§ 73 a Sozialgerichtsgesetz – SGG – i. V. m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung – ZPO -).
Nach § 42 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 30 Abs. 5 SGB XII ist unter anderem für Kranke, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anzuerkennen. Dass der Kläger krankheitsbedingt einen Mehrbedarf bei der Ernährung hat, der aus dem Regelsatz nicht bestritten werden kann, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Gestritten wird lediglich über die Höhe des Mehrbedarfes, nachdem der Kläger nicht nur wegen Diabetes mellitus, sondern nun auch wegen einer schweren, dialysepflichtigen Niereninsuffizienz Diät halten muss.
Wie der erkennende Senat bereits in seinem Beschluss vom 7. September 2005 – L 15 B 66/05 SO – ausgeführt hat, ist es sachgerecht, dass der Beklagte bei der Prüfung eines Mehrbedarfes für krankheitsbedingt erhöhten Ernährungsaufwand gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII die oben genannten Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Gewährung von Krankenkostzulagen heranzieht, die eine sachverständige, an typisierten Fallgestaltungen ausgerichtete praktische Entscheidungshilfe bieten. Dies entspricht auch der Auffassung des Gesetzgebers, die in den Materialien zu § 30 Abs. 5 SGB XII zum Ausdruck kommt, sowie der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Gewährung von Krankenkostzulagen nach dem Bundessozialhilfegesetz - BSHG - (vgl. Hofmann in LPK-SGB XII, Rdn. 29 ff. zu § 30 m. w. N.). Die in entsprechende Rundschreiben der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales eingegangenen Empfehlungen zur Verfahrensweise bei der Gewährung von Krankenkostzulagen (vgl. im Einzelnen das fortgeltende Rundschreiben V Nr. 13/1998 vom 10. August 1998) sollen eine gleichmäßige Praxis gewährleisten. Danach wird regelmäßig ein Mehrbedarf bei Diabeteskost von monatlich 52,31 EUR und bei Dialysediät von monatlich 62,78 EUR angenommen. Liegen, wie im Falle des Klägers, gleichzeitig die Voraussetzungen mehrerer Krankenkostzulagen vor, soll nur eine und zwar die höchste, gewährt werden. Zwar erscheint die hier zugrunde liegende Annahme durchaus plausibel, dass es bei der Auswahl der Lebensmittel unter Berücksichtigung aller medizinisch gebotenen Ernährungsanweisungen qualitativ und quantitativ zu Kompensationseffekten kommt, weshalb sich eine Addition der Mehrbedarfe verbietet. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins sind aber ebenso wie die darauf Bezug nehmenden Rundschreiben der Senatsverwaltung nicht bindendes Recht, sondern nur Hilfsmittel bei der Feststellung des in Rede stehenden Mehrbedarfes, auf dessen vollumfängliche Befriedigung der Hilfesuchende einen Rechtsanspruch hat. Ferner wird in den Empfehlungen wie auch im Rundschreiben hervorgehoben, dass Besonderheiten des Einzelfalles eine abweichende Bemessung der Krankenkostzulagen erfordern können. So erscheint es als durchaus möglich, dass im Falle des Klägers angesichts der Diätvorschriften bei zwei schwerwiegenden Leiden ein Abweichen von der Regel und die Berücksichtigung eines zumindest höheren als des jetzt mit monatlich 62,78 EUR anerkannten Mehrbedarfes geboten ist, zumal die Beträge – anders als die Regelsätze – seit Juli 1999 nicht erhöht worden sind. Die von der Beklagten zur Prüfung etwaiger Besonderheiten des Einzelfalles eingeholte – ablehnende – Stellungnahme der Amtsärztin vom 18. Mai 2005 ist insoweit völlig unergiebig, weil sie sich nicht aus medizinischer Sicht, sondern nur zur Anwendbarkeit von Rechts- und Verwaltungsvorschriften geäußert hat.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann die mangelnde Erfolgsaussicht des Klagebegehrens nicht ohne weiteres daraus abgeleitet werden, dass das Attest der behandelnden Ärztin des Klägers vom 14. April 2005 nur Diagnosen, aber keine bestimmte Kostform benennt. Zum einen sind die beim Kläger unstreitig vorliegenden Leiden in der vom Deutschen Verein erarbeiteten Liste von Krankheiten enthalten, die regelmäßig eine bestimmte, kostenaufwändige Diät erfordern, und der Kläger hat mit der Beschwerde auch ein insoweit ergänztes Attest seiner behandelnden Ärztin vorgelegt. Zum anderen wird das Gericht – im Rahmen der ihm gemäß § 106 Abs. 1 SGG obliegenden Amtsermittlungspflicht – unter Heranziehung der Beteiligten zu klären haben, worin die erforderliche Kost mit Blick auf beide Leiden des Klägers konkret besteht, welche besonderen, kostenträchtigen Zubereitungsformen gegebenenfalls zu beachten sind und welchen Mehraufwand diese Diätvorschriften finanziell erfordern. Hierzu sind zunächst, zweckmäßiger Weise auf Grund von konkreten Auflagen des Gerichts, eingehende Darlegungen des Klägers bzw. seiner behandelnden Ärztin erforderlich, die sodann fachkundig zu würdigen sein werden.
Soweit das Sozialgericht im Übrigen die Erfolgsaussicht der Klage in Abrede stellt, als der Kläger um höhere Hilfe zum Lebensunterhalt "für die Vergangenheit" streite, ohne eingehend darzulegen, dass er tatsächlich höhere Aufwendungen gehabt habe, ist zunächst darauf hinzu- weisen, dass der Kläger ersichtlich nur die Berücksichtigung eines höheren Mehrbedarfes durch das Hinzutreten der dialysepflichtigen Nierenerkrankung ab Antragstellung im April 2005 begehrt. Im Übrigen dürfte die aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung abgeleitete Auffassung des Sozialgerichts, dass Hilfe zum Lebensunterhalt grundsätzlich nicht für die Vergangenheit gewährt werden könne – und zwar auch nicht auf Grund eines "erfolgreichen" Klageverfahrens, sofern der Bedarf nicht tatsächlich befriedigt worden ist, dies aber nur aus grundsätzlich nicht anrechenbarem Einkommen oder Vermögen bzw. durch Darlehen eines Nothelfers – im Rahmen der hier in Rede stehenden Leistungen der Grundsicherung auf rechtliche Bedenken stoßen. Denn das für den Grundsatz "keine Hilfe für die Vergangenheit" gemeinhin herangezogene Argument, dass es sich bei der Hilfe zum Lebensunterhalt um eine gegenwartsbezogene Notlagenhilfe jeweils nur für kurze Bewilligungsabschnitte handele, trifft für den Bereich der Grundsicherungsleistungen nicht zu, weil bei dem nach dem Vierten Kapitel des SGB XII leistungsberechtigten Personenkreis, zu dem der Kläger als nach Aktenlage voraussichtlich dauerhaft voll Erwerbsgeminderter mit sehr geringen Renteneinkünften gehört, gewöhnlich keine bedeutsame Änderung der Verhältnisse zu erwarten ist, weshalb die Leistungen der Grundsicherung – anders als üblicherweise die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII – gemäß § 44 Satz 1 SGB XII in der Regel für zwölf Monate zu bewilligen sind (vgl. Brühl/Schoch a. a. O., Rdn. 4 zu § 44 m. w. N. zu den Gesetzesmaterialien).
Die Unanfechtbarkeit dieses Beschlusses folgt aus § 177 SGG.
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