L 15 B 27/05 SO ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 49 SO 424/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 B 27/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. März 2005 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für den Monat Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter in Höhe von 37,20 Euro und für die Monate Februar bis Dezember 2005 in Höhe von 93,- Euro monatlich zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Anträge zu 3) und 4) aus dem Schriftsatz des Antragstellers vom 30. September 2005 werden abgelehnt. Außergerichtliche Kosten für das Verfahren vor dem Landessozialgericht sind nicht zu erstatten.

Gründe:
Der Antragsteller hat mit seinen erstmals im Rahmen des Beschwerdeverfahrens mit Schriftsatz vom 30. September 2005 gestellten Anträgen, ihm Zuschüsse zum Weihnachtsgeld 2002/2003 und 2004 sowie einen Zuschuss zur Winterbekleidungshilfe aus dem Jahr 2002/2003 zu zahlen, bereits deshalb keinen Erfolg, weil sie unzulässig sind. Das Landessozialgericht ist ein Rechtsmittelgericht (§ 29 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) und kann deshalb grundsätzlich nur über Streitgegenstände entscheiden, die bereits vor dem Sozialgericht zulässig anhängig gemacht worden sind (Bundessozialgericht – BSG – in Entscheidungssammlung Sozialrecht – SozR – 1500 § 29 Nr. 1). Mit der Beschwerde hat der Antragsteller insoweit Erfolg, als ihm ab dem Eingang seines Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht (19. Januar 2005) Leistungen zur Grundsicherung im Alter auf der Grundlage des vom Antragsgegner errechneten Bedarfs von 93,- Euro monatlich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zuzusprechen sind, wobei sich für den Monat Januar 2005 – der lediglich anteilig berücksichtigt werden kann - der in der Beschlussformel ausgewiesene anteilige Betrag von 37,20 Euro errechnet. Der Antragsteller erfüllt, da er das 65. Lebensjahr bereits 2003 vollendet hat, die Anspruchsvoraussetzung nach § 41 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Ob der Antragsteller auch bedürftig im Sinne des § 41 Abs. 2 SGB XII ist, muss im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend geklärt werden. Zu den Anforderungen an den einstweiligen Rechtsschutz in Grundsicherungs- und Sozialhilfesachen hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt im Beschluss vom 12.5.2005 - 1 BvR 569/05 – ausgeführt: Für den vorliegenden Fall ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden, da eine weitere Aufklärung der Sachlage im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich ist. Der Antragsteller hält seine Angaben für abschließend. Der Antragsgegner hält dem Antragsteller dagegen bereits seit längerem vor, nicht im erforderlichen Umfang Auskünfte über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse gemacht zu haben, um die für Leistungen der Sozialhilfe erforderliche Bedürftigkeit prüfen zu können. Auch in den mehrfach vom Antragsteller angestrengten verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist stets darauf hingewiesen worden, dass diese Mitwirkung unerlässlich sei, um zu den begehrten Ansprüchen zu gelangen. Wenn gleichwohl die Folgenabwägung zu Gunsten des Antragstellers ausschlägt, so beruht dies darauf, dass bislang keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er tatsächlich über Einkommen oder Vermögen verfügen würde, welches seine Bedürftigkeit ausschlösse. Auch aus den vom Antragsteller erstinstanzlich nachgereichten Unterlagen ergibt sich hierzu nichts. Vor diesem Hintergrund gewinnt besonderes Gewicht, dass die Grundsicherung im Alter ebenso wie die Grundsicherung für Arbeitsuchende eine Leistung darstellt, welche das Existenzminimum und damit ein menschenwürdiges Lebens wenigstens auf minimalem Niveau sichert. Da ein menschenwürdiges Leben nicht "nachholbar" ist, tritt das Risiko, dass der Antragsgegner und damit die Steuerzahler mit unberechtigten Ausgaben belastet werden, gegenüber diesem, durch Art. 1 Grundgesetz besonders hervorgehobenen Verfassungsgut zurück. Dem Charakter des einstweiligen Rechtsschutzes wird durch die zeitliche Begrenzung des Leistungsausspruchs sowie dadurch Rechnung getragen, dass die zugesprochene Leistung lediglich im Sinne eines Abschlags den Regelsatz und die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (§ 42 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB XII) abdeckt. Keinen Erfolg hat die Beschwerde, soweit der Sache nach auch Leistungen der Grundsicherung für die Zeit vor dem Antragseingang beim Sozialgericht geltend gemacht werden. Insoweit folgt der Senat der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, wonach im Wege einstweiligen Rechtsschutzes lediglich die Deckung gegenwärtiger – das heißt im Laufe des Rechtsstreits eingetretener Bedarfe in Betracht kommt. Keinen Erfolg hat die Beschwerde ebenfalls, soweit der Antragsteller der Sache nach die Ausstellung einer Kundenkarte Berlin-Ticket S begehrt. Nachdem das Sozialgericht insoweit bereits die Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichte inzident angenommen hat, ist vom Senat auf Grund von § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz nicht mehr zu überprüfen, ob Entscheidungen über diese "Leistung" (welche eine Bescheinigung darüber darstellt, dass eine Person berechtigt ist, einen vom Antragsgegner mit Verkehrsunternehmen des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg ausgehandelten besonderen Verkehrstarif in Anspruch nehmen zu können) überhaupt in die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit nach § 51 Abs.1 1 Nr. 6a SGG (s. dazu Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage 2005, § 51 Rz 33a) fällt. Jedenfalls besteht insoweit kein eiliges Regelungsbedürfnis. Dem Antragsteller ist insoweit zuzumuten, den Ausgang eines etwaigen Hauptsacheverfahren betreffend die Leistungen der Grundsicherung im Alter abzuwarten. Denn es ist nicht ersichtlich, aus welchem die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Grund er gegenwärtig eine zu unbegrenzten Fahrten im Stadtgebiet von Berlin (Tarifgebiet "AB") berechtigende Zeitkarte benötigen würde. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 193 SGG. Gerichtskosten fallen in sozialgerichtlichen Verfahren für Leistungsempfänger nicht an (§§ 183, 184 SGG), so dass eine Entscheidung über die Befreiung von solchen Kosten nicht getroffen werden musste. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG). Gerichtskosten fallen in sozialgerichtlichen Verfahren für Leistungsempfänger nicht an (§§ 183,184 SGG), so dass eine Entscheidung über die Befreiung von solchen Kosten nicht getroffen werden musste.
Rechtskraft
Aus
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