L 4 KR 2082/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 2791/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2082/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme der Kosten einer Brustverkleinerungsoperation (Mammareduktionsplastik (MRP)) streitig.

Die am 1985 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Im Mai 2003 beantragte sie bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine MRP. Sie legte den Arztbrief des Dr. S.-T., Chefarzt der Frauenklinik im Kreiskrankenhaus F., vom 11. April 2003 vor, wonach bei ihr eine ausgeprägte Makromastie beidseits mit Mastoptose II° links und Mastoptose III° rechts sowie einer leichtgradigen Anisomastie (rechts ca. 80g mehr als links) vorliege. Bei einer Körpergröße von 165 cm liege das Körpergewicht bei 78 kg; das Brustgewicht sei rechts mit ca. 1.270 g und links mit ca. 1.110 g anzusetzen. Die Klägerin trage BH-Größe 85 G. Weiter wird ausgeführt, anamnestisch habe sich bei der Klägerin seit dem 12. Lebensjahr bereits nach kurzer Zeit eine Makromastie entwickelt, die häufig Anlass für Hänseleien in der Schule gewesen sei. Die Klägerin klage über Schmerzen im Halswirbelsäulen (HWS)- und Brustwirbelsäulen (BWS)-Bereich, die in letzter Zeit deutlich zugenommen hätten. Trotz mehrfach durchgeführter Krankengymnastik sei es zu keiner dauerhaften Besserung des Beschwerdebildes gekommen. Insbesondere nach längerem Stehen oder Sitzen komme es zu starken Rückenschmerzen. In ihrer Ausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste müsse sie viel Zeit am PC-Arbeitsplatz verbringen, wobei es bereits nach zwei Stunden zu Beschwerden im HWS- und BWS-Bereich komme; im Laufe des Abends komme es häufiger auch zu Migräneattacken. Um die großen Brüste zu verbergen, nehme die Klägerin unwillkürlich die Schultern vor, was wiederum zu einer Verschlimmerung der Symptomatik führe. Aufgrund des beschriebenen Beschwerdebildes mit Makromastie und ausgeprägter Mastoptose mit konsekutivem chronischem HWS- und BWS-Syndrom sei eine Mammareduktion beidseits mit einer Angleichung der Volumina indiziert. Das zu reduzierende Brustvolumen werde rechtsseitig bei etwa 700 g und linksseitig bei etwa 600 g liegen. Die Klägerin legte weiter den Bericht des Arztes für Orthopädie, Sportmedizin-Chirotherapie Dr. St. vom 13. Mai 2003 vor, in dem dargelegt wird, dass anamnestisch seit Jahren rezidivierend Schmerzen in der HWS und der BWS bestünden und keine anhaltende Besserung durch Krankengymnastik oder Massage erreicht worden sei. Als Befund wird eine deutliche Mammahypertrophie beidseits, eine massive Verspannung des Trapezius beidseits, ein Druckschmerz im Bereich von C4 bis C7 beidseits und der mittleren BWS angegeben. Als Diagnosen sind eine Mammahypertrophie beidseits, ein Hohl-Rund-Rücken sowie ein HWS/BWS-Syndrom aufgeführt. An Therapien seien Manualtherapie sowie Krankengymnastik eingeleitet worden. Wegen der erheblichen statischen Fehlbelastungen empfahl Dr. St. dringend eine MRP. Die Beklagte veranlasste das Sozialmedizinische Gutachten der Dr. M. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in S., die nach persönlicher Untersuchung der Klägerin unter dem 16. Juni 2003 zu der Einschätzung gelangte, dass bei der bestehenden Brustgröße noch von einem Befund im Bereich der oberen Norm auszugehen sei. Im Vordergrund stehe eine ausgeprägte Ptosis beidseits, die kosmetisch sicherlich störend, durch das Tragen eines geeigneten BH’s jedoch ausreichend kaschierbar sei. Das Wirbelsäulen(WS)-Syndrom sei leichtgradiger Art im Sinne funktionaler Störungen; durch Rückenschule und weitere physikalische Maßnahmen sei dies therapierbar. Die beantragte MRP werde nicht befürwortet. Mit Bescheid vom 02. Juli 2003 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin im Wesentlichen mit der Begründung ab, eine Erkrankung im Sinne der Sozialversicherung liege nicht vor. Bezüglich des WS-Syndroms werde die Durchführung einer Rückenschule und gegebenenfalls weiterer physikalischer Therapiemaßnahmen empfohlen; weiterhin erscheine eine Gewichtsreduktion medizinisch sinnvoll. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, ihr gehe es nicht um eine reine Schönheitskorrektur, sondern um eine Möglichkeit, den Rücken zu entlasten. Mit ihrem Brustumfang könne sie keinen Sport treiben. Im Übrigen sei sie Asthmatikerin und benötige ständig kortisonhaltige Medikamente, durch die sie unfreiwillig an Körperumfang zunehme. Die Beklagte holte das weitere nach Aktenlage erstattete Sozialmedizinische Gutachten der Dr. Sc. vom 15. August 2003 ein, die die Kostenübernahme gleichfalls nicht befürwortete, nachdem ein regelwidriger Körperzustand im Sinne einer Entstellung nicht vorliege. Im Übrigen lägen Studien, die einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Brustgewicht und schädigendem Eingriff auf den Halte- und Stützapparat wissenschaftlich eindeutig belegten, selbst für Brustlasten über 1.200 g nicht vor. Fehlhaltungen der BWS und HWS mit Verspannungen der Nackenmuskulatur und Cephalgien sei mit konsequenter Wirbelsäulengymnastik und gegebenenfalls mit Mitteln der konventionellen Physiotherapie zu begegnen. Eine entsprechende Ausschöpfung dieser Möglichkeiten lasse sich nach einer nur einmaligen orthopädischen Vorstellung nicht erkennen. Mit Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 10. September 2003 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Dagegen erhob die Klägerin am 23. September 2003 schriftlich beim Sozialgericht (SG) Reutlingen Klage, mit der sie im Wesentlichen den Sachverhalt darlegte und geltend machte, regelmäßig die Krankengymnastik zu besuchen, die jedoch zu keiner Besserung führe. Infolge der Makromastie sei sie auf die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln angewiesen. Psychische Belastungen kämen noch hinzu. Die beantragte Behandlung sei medizinisch indiziert. Sie berief sich auf das vorgelegte Urteil des SG Dortmund vom 16. Juni 2003 (S 16 (13) KR 86/02), dem ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liege. Schließlich hätten auch der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. B. und die als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte bestätigt, dass die beantragte MRP erforderlich sei. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Standpunktes entgegen. Sie legte die weiteren Stellungnahmen der Dr. M. vom 10. Januar und 07. März 2005 vor. Das SG erhob das Gutachten des Prof. Dr. B., Facharzt für Orthopädie, vom 22. Dezember 2004 nebst ergänzender Stellungnahme vom 16. Februar 2005 und hörte Dr. St. unter dem 25. Oktober 2005 sowie Dr. Sch., Arzt für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe, und die praktische Ärztin B.-H. jeweils unter dem 20. November 2005 schriftlich als sachverständige Zeugen. Mit Urteil vom 23. März 2006 wies es die Klage ab. Wegen der Begründung wird auf den Inhalt des den Bevollmächtigten der Klägerin am 07. April 2006 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Urteils verwiesen.

Am 21. April 2006 hat die Klägerin dagegen schriftlich durch Fernkopie beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Sie macht geltend, bei ihr liege ein regelwidriger Körperzustand vor, der auf einer Mammahypertrophie beruhe, die Beschwerden im Bereich der HWS und BWS verursache. Sie leide an einer Fehlhaltung der HWS und der Lendenwirbelsäule (LWS), die aus orthopädischer Sicht zweifellos auf die Überlastung durch die sehr großen Brüste zurückzuführen sei. Entsprechend habe der Sachverständige Prof. Dr. B. den beantragten Eingriff auch dringend befürwortet. Monatelang durchgeführte Krankengymnastik und auch die private Weiterführung der Übungen hätten keine Besserung gebracht, da nicht die Hauptursache der Beschwerden angegangen worden sei. Lediglich die Ärzte des MDK gingen davon aus, dass eine MRP nicht angezeigt sei. Demgegenüber bestätigten sowohl Dr. S.-T., Dr. St. und Dr. Sch. als auch die Ärztin B.-H. die Erforderlichkeit der MRP. Eine dauerhafte Besserung sei lediglich mit der Brustverkleinerung zu erzielen, nicht jedoch mit Krankengymnastik, Massagen, Fango, einem angepassten BH sowie einer Gewichtsreduktion.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. März 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 02. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2003 zu verurteilen, die Kosten einer Mammareduktionsplastik zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 23. Mai 2006 darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge, über die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden. Diese haben sich hierzu nicht geäußert.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden hat, ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 02. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin eine operative Behandlung zur Verkleinerung der Brüste als Sachleistung zur Verfügung zu stellen. Den entsprechenden Antrag der Klägerin hat sie daher zu Recht abgelehnt.

Anspruchsgrundlage für das geltend gemachte Begehren ist § 27 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V). Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dabei umfasst die Krankenbehandlung nach Satz 2 Nr. 5 der Regelung die Krankenhausbehandlung. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Untersuchung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. In Sinne dieser Regelungen ist eine stationäre Behandlung zur Durchführung einer MRP nicht erforderlich.

Bei der Klägerin liegt, was den Zustand der Brust anbelangt, keine Krankheit vor, die der ärztlichen Behandlung bedarf. Als Krankheit ist ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand anzusehen, wobei für die Feststellung der Regelwidrigkeit vom Leitbild des gesunden Menschen auszugehen ist. Dabei ist unter Gesundheit jeder Zustand zu verstehen, der dem Einzelnen die Ausübung seiner körperlichen und geistigen Funktionen ermöglicht (vgl. BSGE 35, 10, 12). Eine Krankheit liegt nur bei einer erheblichen Abweichung von dieser Norm vor, wobei geringfügige Störungen ohne wesentliche funktionelle Beeinträchtigungen nicht ausreichen (vgl. BSGE 36, 240, 243). Die bei der Klägerin zu objektivierende Makromastie stellt in diesem Sinne keine Krankheit dar. Dabei kann dahinstehen, von welchem exakten Brustgewicht bei der Klägerin auszugehen ist. Denn insoweit ist zu beachten, dass sich ein Normgewicht der Brüste nicht bestimmen lässt. Es besteht vielmehr ein großer Schwankungsbereich, der in Bezug auf Brustgröße und -gewicht unabhängig ist von Körperlänge und -gewicht. Daher verbietet es sich, von einer Krankheit dann zu sprechen, wenn die Brust ein gewisses Gewicht aufweist bzw. eine Gewichtsreduktion in einer bestimmten Größenordnung vorgenommen werden kann. Entsprechend lässt sich auch aus dem von Dr. S.-T. in seinem Arztbrief vom 11. April 2003 mitgeteilten Reduktionsgewicht von 700 g rechtsseitig und 600 g linksseitig nicht ableiten, dass bei der Klägerin ein Brustbefund von Krankheitswert vorliegt. In diesem Zusammenhang ist weiter darauf hinzuweisen, dass kosmetische Defizite keine Krankheit darstellen, die Verbesserung des Aussehens mithin grundsätzlich kein Behandlungsziel sein kann. Somit können insbesondere Maßnahmen zur Beseitigung einer Ptose der Mammae keine Operationsindikation im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung begründen, da ein solcher Eingriff allein auf eine Verbesserung des Aussehens gerichtet wäre. Eine Ausnahme gilt bei kosmetischen Defiziten nur dann, wenn dem körperlichen Zustand entstellende Wirkung beizumessen ist. Ein solcher Befund liegt bei der Klägerin jedoch nicht vor, wie der Bilddokumentation des Sachverständigen Prof. Dr. B. in seinem Gutachten vom 22. Dezember 2004 zu entnehmen ist. Das Vorliegen einer derartigen Wirkung hat die Klägerin im Übrigen auch nicht geltend gemacht. Angesichts der mit einem operativen Eingriff immer verbundenen Risiken kommt ein operativer Eingriff im Übrigen regelmäßig auch dann nicht in Betracht, wenn dieser lediglich der Behandlung psychischer Störungen dienen soll (vgl. BSGE 92, 96, 82, 158, 163). Solchen Beeinträchtigungen ist mit den Mitteln der Psychotherapie zu begegnen, nicht aber mit einem operativen Eingriff an einem für sich betrachtet funktionell gesunden und damit nicht behandlungsbedürftigen Körperorgan.

Aber auch die von der Klägerin zur Begründung ihres Begehrens auf eine MRP in erster Linie geltend gemachten orthopädischen Beschwerden begründen nicht die Notwendigkeit eines operativen Eingriffs im Bereich der Brüste. Eine Krankenbehandlung durch ärztliche Behandlung hat grundsätzlich unmittelbar an der Krankheit anzusetzen. Dies bedeutet, dass den Nacken- und Rückenbeschwerden der Klägerin in erster Linie mit den Mitteln der anerkannten orthopädischen und physiotherapeutischen Therapiekonzepte begegnet werden muss. Zwar schließt dies nicht aus, dass auch andere Maßnahmen zur Erreichung des Behandlungsziels erforderlich sein können, doch bedarf die konkrete Art der eingesetzten Maßnahme dann einer speziellen Rechtfertigung, wenn diese sich - wie vorliegend der Fall - nur als mittelbare Behandlung darstellt, weil nämlich beabsichtigt ist, in ein funktionell intaktes Organ einzugreifen, das verändert werden soll. Die therapeutischen Bemühungen setzen dann nämlich dort an, wo für sich genommen eine Behandlung nicht erforderlich ist. Es bedarf daher einer besonders umfassenden Abwägung zwischen voraussichtlichem medizinischem Nutzen und möglichem gesundheitlichem Schaden, in die auch Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung einzubeziehen sind (vgl. BSGE 85, 86).

Auf dieser Grundlage ist der von der Klägerin begehrte operative Eingriff im Bereich der Brüste nicht hinreichend gerechtfertigt. Denn der therapeutische Nutzen dieser Maßnahme ist nicht ausreichend gesichert. Der Versicherte kann, wie sich aus § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V ergibt, nämlich nur Leistungen beanspruchen, die für den angestrebten Behandlungserfolg nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßig sind; dazu ist erforderlich, dass von einer hinreichenden Wirksamkeit der betreffenden Leistungen ausgegangen werden kann. Leitender Maßstab hierfür ist § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen müssen. Dieses Kriterium ist dann erfüllt, wenn ein wissenschaftlich begründeter Nachweis der Wirksamkeit vorliegt, d.h. die Wirksamkeit der Behandlung in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken belegt ist. Wissenschaftliche Studien, die den Zusammenhang zwischen Größe bzw. Schwere der Brüste und dem Auftreten von Hals-, Nacken- und BWS-Beschwerden belegen, liegen aber nicht vor. Dies lässt sich sowohl der Stellungnahme der Dr. M. in ihrer Sozialmedizinischen Beratung vom 10. Januar 2005 entnehmen als auch dem im Klageverfahren erhobenen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B., der die Existenz entsprechender kontrollierter Studien ausdrücklich verneint. Soweit Prof. Dr. B. Fachliteratur herangezogen hat, handelt es sich um gynäkologische Werke, die damit gerade nicht dem hier betroffenen orthopädischen Fachgebiet zuzuordnen sind. Ebenso wie die als sachverständige Zeugen angehörten Ärzte begründet auch Prof. Dr. B. seine Einschätzung, wonach bei der Klägerin mit einer Brustverkleinerung die von ihr geklagten Beschwerden gelindert werden könnten, daher im Wesentlichen mit seinen Alltagserfahrungen. Derartige Erfahrungswerte können einen ursächlichen Zusammenhang zwar als möglich erscheinen lassen, jedoch begründen sie keinen wissenschaftlichen Nachweis für einen therapeutischen Nutzen des streitigen operativen Eingriffs. Die hypothetische Möglichkeit, durch eine MRP positiv auf eine Beschwerdesymptomatik im Bereich der Wirbelsäule einzuwirken, begründet keinen Anspruch auf eine operative Behandlung an einem an sich nicht behandlungsbedürftigen Körperorgan.

Da die Beklagte nach alledem nicht verpflichtet ist, der Klägerin die streitige Behandlung als Sachleistung zur Verfügung zu stellen, das SG die Klage mithin zu Recht abgewiesen hat, konnte auch die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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