Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 43 AS 1945/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 469/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2006 aufgehoben. 1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, für den Zeitraum August bis September 2006 vorläufig an den Antragsteller monatlich 345,00 EUR und für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2006 vorläufig an den Antragsteller monatlich 605,00 EUR zu zahlen. 2. Der Antragsgegner wird weiterhin verpflichtet, die folgenden Energieschulden als Darlehen zu übernehmen: a) Fa. Vattenfall in Höhe von 860,00 EUR, b) GASAG in Höhe von 303,00 EUR (Rückstand) und 46,00 EUR (Abschlag für September 2006). Dem Antragsgegner wird nachgelassen, a) die Zahlungen zu 2., b) die Mieten ab Oktober 2006 in Höhe von monatlich 260,00 EUR durch direkte Zahlung an die jeweiligen Unternehmen und an den Vermieter zu erfüllen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Umstritten ist – im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – ob es der Antragsgegner zu Recht abgelehnt hat, dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren.
Mit Antrag vom 1. Juli 2005 hatte der 1962 geborene Antragsteller deutscher Staatsangehörigkeit bei dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes nach dem SGB II beantragt, die ihm der Antragsgegner mit Bescheid vom 26. August 2005 für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. August 2005 in Höhe von monatlich 540, 98 EUR bewilligte.
Den am 14. September 2005 gestellten Antrag auf Fortzahlung der Leistungen lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 27. Januar 2006 ab, da der Antragsteller nicht die geforderten Nachweise über seine Einnahmen, sondern lediglich unvollständige Kontoauszüge vorgelegt habe und eine Prüfung der Hilfebedürftigkeit so nicht möglich sei.
Mit Bescheid vom 2. Februar 2006 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller vorläufig und als Darlehen Leistungen für Februar 2006 in Höhe von 363, 28 EUR.
Mit Bescheid vom 6. März 2006 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller zur Deckung der Mietkosten für den Monat März 2006 ein Darlehen von 260, 03 EUR; den Betrag überwies er direkt an den Vermieter.
Mit Bescheid vom 22. März 2006 versagte der Antragsgegner die Leistungen nach dem SGB II ab 1. März 2006 ganz, da der Antragsteller zwar eine – nicht näher nachprüfbare - Einnahmen-Überschussrechnung Juli bis Dezember 2005 vorgelegt, die weiteren geforderten Nachweise (Einkommensteuerbescheid für 2005, Nachweise für die Einnahmen-/Ausgabenaufstellung) aber nicht erbracht habe.
Über die gegen sämtliche der aufgeführten Bescheide eingelegten Widersprüche hat der Antragsgegner - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden.
Am 2. März 2006 stellte der Antragsteller bei dem Sozialgericht Berlin einen Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung, mit dem Ziel, den Antragsgegner zu verpflichten, umgehend die vollen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab dem 1. Juli 2005 zu gewähren.
Hinsichtlich der Einzelheiten des umfangreichen Vorbringens des Antragstellers wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten (VA) und der Gerichtsakten (GA) Bezug genommen.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 25. April 2006 den Antrag zurückgewiesen, da Leistungen für die Vergangenheit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht beantragt werden könnten und der Antragsteller für den Zeitraum der Antragsanbringung seine Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen habe. Es stehe "unbestritten" fest, dass der Antragsteller am 1. März 2006 aus seiner gewerblichen Tätigkeit eine Gutschrift bei V von 2268,94 EUR habe, die er sich auf sein nicht gepfändetes Geschäftskonto überweisen lassen und dann darüber verfügen könne.
Gegen den ihm am 2. Mai 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 24. Mai 2006 Beschwerde eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt und zur Begründung vorträgt:
Er finde als seit 1996 niedergelassener Architekt keine Arbeit und habe schon lange keine Einnahmen aus dieser Tätigkeit erzielt, aber Ausgaben gehabt.
Daher habe er im Jahr 1999 eine Firma "D " gegründet, mit der er Einnahmen in geringer Höhe durch Werbung auf einem Internet-Server erziele. Der Gewinn habe sich verringert, weil die Besucher auf den Web-Seiten weniger würden, es keine Dienstleistungen mehr anzubieten gebe und er einige Projekte eingestellt habe. Demgegenüber seien vergleichsweise hohe Betriebsausgaben angefallen (Eintragungsgebühr Europäisches Markenamt, Gebühren für Speicherplatz beim Internet-Provider, Webserver und Domain-Registereintragungsgebühren, Abschreibungen, Konto- und Telefongebühren etc.).
Per 18. Mai 2006 habe er sein unter der Firma "D " betriebenes Gewerbe abgemeldet.
Sein Privat- und das Online-Tagegeldkonto bei der B Sparkasse seien gepfändet, so dass etwaige Eingänge nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stünden. Vermögen auf anderen Konten oder andere Vermögenswerte seien nicht vorhanden. Aufgrund nicht erbrachter Zahlungen habe die T Krankenkasse den Krankenversicherungsvertrag mit dem Antragsteller – und seinem mit versicherten fünfjährigen Sohn – per 1. September 2005 gekündigt. Auch bestünden höhere Rückstände beim Stromversorger V (endgültige Stromsperre angekündigt für den 15. September 2006) und bei der G (Abstellen der Gaszufuhr angekündigt für den 20. September 2006).
Seinen unmittelbaren Lebensbedarf habe er in der Vergangenheit u. a. durch die finanzielle Unterstützung von Freunden decken können.
Der Senat geht von folgendem sachdienlichen Antrag des Antragstellers aus:
unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2006 – S 43 AS 1945/06 ER –
1. den Antragsgegner rückwirkend ab dem 1. Juli 2005 - hilfsweise für einen vom Gericht festgelegten Zeitraum - zu verpflichten, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in "voller Höhe" – hilfsweise als Vorschüsse (letzte Antragsfassung vom 29. Mai 2006) - zu gewähren,
2. den Antragsgegner zu verpflichten, die Stromnach- forderung der Fa. Vattenfall in Höhe von 860,00 EUR und die Gasnachforderung der GASAG von derzeit 303,00 EUR zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen,
und führt ergänzend aus: Mangels Vorlage einer nachvollziehbaren Einnahme-/Verlustrechnung und eindeutiger Antrags begründender Unterlagen und unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Antragsteller neben seinem gesperrten Privatkonto zusätzlich über ein Geschäftskonto verfüge, auf das er sich eine Forderung in Höhe von 2268,94 EUR (Gutschrift bei V ) überweisen lassen könne, lägen keine Anhaltspunkte für eine Mittellosigkeit vor. Auch sei der Antragsteller seiner Mitwirkungspflicht nur unzureichend nachgekommen, dies gelte insbesondere für eine Einnahme-/Verlustrechnung bei Ausübung seiner Gewerbetätigkeit. Er habe weder frühere Betriebergebnisse noch einen Steuerbescheid vorgelegt, auch eine qualifizierte Prognose durch einen Steuerberater habe nicht beigebracht werden können. Die vorgelegte Einnahme/ Verlustrechnung weise Angaben auf, die nur schwer nachvollzogen werden könnten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Aktenunterlagen des Antragsgegners und die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (§ 174 Sozialgerichtsgesetzt [SGG]), ist in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang begründet, im übrigen ist sie unbegründet.
1. Nach § 86 Abs. 2 Nr. 1 SGG kann das Gericht auf Antrag zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint.
In der Sache stellt sich die getroffene Entscheidung unter Berücksichtigung der Unwägbarkeiten in der Sachverhaltsermittlung als eine Abwägung der Folgen von Leistung oder Nichtleistung dar, die an den Maßstäben ausgerichtet ist, die das Bundesverfassungsgericht in einer aktuellen Entscheidung zum SGB II (Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - 3. Kammer des Ersten Senats) entwickelt hat. Eine Entscheidung anhand der Überprüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache – Glaubhaftmachung der Hilfebedürftigkeit mit einer für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ausreichenden Gewissheit (§ 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO] i. V. m. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG) - ist hier nicht möglich, da das erkennende Gericht die Sach- und Rechts¬lage dann nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen hätte. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das einstweilige Verfahren im Streit um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitslose, deren Lebensbedarf für die schwer absehbare Dauer des Hauptsache¬ver¬fahrens bei ablehnender Entscheidung nicht gedeckt wäre, vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Ist eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, ist anhand der Folgenabwägung zu entscheiden, um das Existenzminimum durch Leistungen der Grundsicherung für Arbeitslose zu sichern. Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass zu entscheiden war wie tenoriert. Hierbei begrenzt der Senat den Zeitraum der Leistungszuerkennung wie erkannt.
Auch wenn als frühestmöglicher Zeitpunkt, zu dem Leistungen im Verfahren wegen Einstweiligen Rechtsschutzes zuerkannt werden können, vorliegend der Zeitpunkt der Antragsanbringung erster Instanz, also der 2. März 2006, in Betracht käme - nicht bereits der vom Antragsteller begehrte Zeitraum ab Juli 2005 - begrenzt der Senat den Zeitraum der Zuerkennung von laufenden Regelleistungen hier auf die Zeit ab 1. August 2006. Zwar hat der Antragsteller sein Gewerbe per 18. Mai 2006 abgemeldet (Bl. 121 GA). Auch ergibt sich aus der "Einnahmenaufstellung Januar bis August 2006" über insgesamt 490, 50 EUR, dass die letzte Einnahme bereits im Mai 2006 geflossen ist. Andererseits vermochte das Gericht erst im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, vor allem nach Einreichung des Schriftsatzes vom 24. August 2006 mit den vollständigen Kontoauszügen, sich ein vorläufiges Bild über die aktuelle wirtschaftliche Situation des Antragstellers zu verschaffen. Vor allem aber ergibt die Auswertung der Kontoauszüge (dazu sogleich), dass dem Antragsteller auch nach der Aufgabe des Gewerbes noch Einnahmen zugeflossen sind, die zur Bestreitung des Lebensbedarfes und zur Bezahlung der Miete ausgereicht haben, so dass die Zuerkennung von Leistungen ohnehin erst für einen Zeitraum nach dem 18. Mai 2006 gerechtfertigt ist. Das Ende des Entscheidungszeitraums ist der 31. Dezember 2006. So hat der Antragsteller die Gelegenheit, rechtzeitig einen Fortzahlungsantrag zu stellen und die vom Antragsgegner hierfür für erforderlich gehaltenen weiteren Unterlagen einzureichen.
Der Antragsteller ist in diesem Zeitraum hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller seinen Lebensbedarf aus einer Tätigkeit als Architekt bestreiten könnte, liegen nicht vor. Er trägt unwiderlegbar vor, seit Jahren keine Einnahmen aus der Architektentätigkeit erzielt zu haben.
Auch steht der Annahme der Hilfebedürftigkeit nicht der Umstand entgegen, dass die zuletzt unter der Firma " " ausgeübte – und inzwischen aufgegebene - Tätigkeit des Antragstellers - Werbung auf einem Internet-Server - als gewerblich anzusehen ist. Der Betrieb eines "Gewerbes" schließt Hilfebedürftigkeit nicht grundsätzlich aus, wenn die dadurch erzielten Einnahmen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht ausreichen (§ 9 Abs. 1 SGB II), sondern mindert sie lediglich. Die Annahme der Hilfebedürftigkeit wird dadurch gestützt, dass der Antragsteller laut "Einnahmenaufstellung Januar bis August 2006" Einnahmen durch Werbung auf einem Internet-Server von insgesamt lediglich 490, 50 EUR erzielt hat (Schriftsatz vom 24. August 2006).
Das Gericht hat im Rahmen seiner Überzeugungsbildung allerdings auch die wirtschaftliche Lage im Jahr 2005 betrachtet, um festzustellen, ob dem Antragsteller auch nach Aufgabe des Gewerbes noch Einnahmen zugeflossen sein können bzw. zur Bestreitung des Lebensunterhaltes geeignetes Vermögen erzielt worden sein kann. Derartiges lässt sich allerdings nicht feststellen. So erzielte der Antragsteller im gesamten Wirtschaftsjahr 2005 – unter Berücksichtigung der "korrigierten" Einnahmen-/Überschussrechnung vom 26. April 2006 (Bl. 231 GA) - Einnahmen von brutto 9 399,53 EUR, denen Betriebsausgaben von 8 929,03 EUR (für Speicherplatz Internet-Provider, Webserver und Domain-Registereintragungsgebühren, Abschreibungen, Konto-Gebühren, Software, Rechtsanwaltshonorar für Urheberrechtsprozess etc.) gegenüberstanden. Hieraus errechnet sich ein Jahresüberschuss für 2005 von 470,50 EUR.
Der Vortrag des Antragstellers, dass die Geschäfte – vor allem nach Aufkündigung durch einen wesentlichen Partner – im zweiten Halbjahr 2005 deutlich zurückgegangen seien, lässt sich anhand der Einnahmen-/Überschussrechnung für den Zeitraum Juli bis Dezember 2005 nachvollziehen. So betrugen die Betriebseinnahmen nur noch 1 102,60 EUR, die Betriebsausgaben 655,50 EUR.
Im Jahre 2006 hatte der Antragsteller nach der von ihm vorgelegten Einnahmenaufstellung demgegenüber nur noch Einnahmen von Januar bis Mai 2006 von 490,50 EUR. Diesen standen feststellbare tatsächliche Betriebsausgaben von 318,50 EUR "Kommunikationsausgaben" (laufende monatliche Kosten des DSL-Anschlusses, des Internet-Providers, Telefongebühren für März und April 2006) gegenüber. Ungeachtet weiterer, aber unregelmäßig anfallender Betriebsausgaben hätte der Kläger seinen Lebensunterhalt von eventuell verbleibenden Einnahmen allein aus seinem Gewerbe nicht bestreiten können.
Ein anderes Ergebnis ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller bei seiner Einnahmenaufstellung den "Entstehungszeitpunkt" der einzelnen Einnahme, also die jeweilige Gutschrift, angesetzt hat und nicht den Zuflusszeitpunkt. Eine derartige Verfahrensweise gibt keine Auskunft darüber, welche Einnahmen dem Antragsteller zu welchem Zeitpunkt tatsächlich zugeflossen sind, was der Blick auf die "Payment History" verdeutlicht (Bl. 168 ff. GA). So stimmen z. B. die Gutschriften der Fa. V bis Mai 2006 ("Einnahmen") nicht überein mit den Überweisungen dieser Betriebseinnahmen, wie sie sich aus den Belegen des Geschäftskontos "D " bei der D Bank ergeben (z. B. Gutschriften der Fa. V im Januar 2006: 99,99 EUR, Zufluss per 31. Januar 2006 aber 475 EUR, Gutschriften April 2006: 150,22 EUR, Zufluss per 4. April 2006 aber 326 EUR, "Einnahmen" Mai 2006: 40,86 EUR, Gutschrift per 16. Mai 2006 aber 151 EUR (Bl. 165, 177 ff GA). Hiernach ergeben sich Überweisungen von insgesamt rd. 952,00 EUR bis Mai 2006, denen die oben dargestellten Betriebsausgaben von mindestens 318,50 EUR gegenüberstehen, so dass ein Einnahmenüberschuss von 634,00 EUR verbleiben würde. Unberücksichtigt bleibt hier, dass die "Payment History All Activity" (Bl. 170 GA), zahlreiche weitere Geschäftsvorfälle, allerdings zumeist von unwesentlichem Gewicht, zeigt.
Unter Berücksichtigung dieser Unsicherheiten bei der Einkommensermittlung und weiterer finanzieller Unterstützungen des Antragstellers durch Freunde und Bekannte (Kredit von 500,00 EUR im Mai und von 280,00 EUR im Juli 2006 von Herrn S A, Bl. 142 GA, sowie die Kontoauszüge der D Bank vom 3. Mai und vom 3. Juli 2006, Bl. 180, 182 GA, weitere "Darlehen" in unbekannter Höhe laut der vom Antragsteller eingereichten Erklärungen der Frau S und der Frau G, Bl. 204, 205 GA) sowie Einzahlungen unklarer Herkunft auf dem Konto bei der Berliner Bank z. B. von 225,00 EUR am 7. April 2006 und von 350,00 EUR am 1. Juni 2006 (Bl. 179, 180 GA) hat der Senat Zweifel, dass Hilfebedürftigkeit bei dem Antragsteller bereits im Mai zum Zeitpunkt der Aufgabe des Gewerbebetriebes oder gar davor eingetreten ist.
Hingegen steht für den Senat unter Berücksichtigung des Kontoauszuges bei der D Bank per 3. August 2006, der noch einen Guthabensbetrag von 8,46 EUR ausweist (Bl. 182 GA), fest, dass im Rahmen der Folgenabwägung von einer Hilfebedürftigkeit jedenfalls ab August 2006 auszugehen ist. Dabei berücksichtigt der Senat auch, dass das Privat- und das Online-Tagegeldkonto bei der B Sparkasse gepfändet ist, so dass etwaige Eingänge nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehen. Ebenso wenig besteht ein Anhalt, dass Vermögen auf anderen Konten vorhanden wäre oder gar, dass gezielt Vermögen ins Ausland verschafft worden wäre, um Hilfebedürftigkeit herbeizuführen. Dies bestätigt auch der Datenabgleich nach § 523 SGB II, § 45 d Abs. 1 Einkommensteuergesetz mit dem Bundesamt für Finanzen (Bl. 86 VA).
Nicht nachvollziehbar ist die Behauptung des Antragsgegners, der das Sozialgericht als "unbestritten" gefolgt ist, dass dem Antragsteller eine weitere Gutschrift in Höhe von 2268, 94 EUR von der Firma V zur Verfügung stand, die sich dieser "auf sein Privatkonto hätte überweisen lassen können". Vielmehr handelt es sich insoweit um die oben dargelegten, bis März 2006 aufaddierten Einnahmen aus den Internet-Diensten bei der Fa. V, die der Antragsteller sich zum Teil auf das Geschäftskonto "D " bei der Deutschen Bank hat überweisen lassen (s. die oben dargestellten Einnahmen), zum Teil auch zur Begleichung der Ausgaben verwendet hat, aber nicht um eine weitere Einnahme.
Das Gericht geht im einstweiligen Verfahren nicht der genauen Höhe der vorgetragenen finanziellen Unterstützungen durch Freunde und Bekannte nach und ob der Antragsteller sich diese als Einkommen anrechnen lassen muss. Die eingereichten Erklärungen sind wenig aussagekräftig, weil sie weder die angeblichen Darlehen der Höhe nach noch die Konditionen der Darlehensgewährung benennen. Nachvollziehbar sind allein die Unterstützungsleistungen des Herrn A.
Auch die Frage, ob die gewährten Darlehen ausgereicht haben, um den Lebensbedarf vorübergehend zu sichern, oder ob dem Antragsteller weitere Geldquellen zur Bestreiten des Lebensbedarfs zur Verfügung gestanden haben, lässt sich im einstweiligen Verfahren nicht abschließend klären. Dem Antragsteller ist es auch immerhin gelungen, seine Miete nachweislich bis Juli 2006 zu bezahlen und auch die Abschlagszahlungen für die Energieanbieter V und G, jedenfalls bis zum April 2006, zu erbringen.
Ebenso wenig ergeben sich durchgreifende Zweifel an der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers daraus, dass er in der ersten Hälfte des Jahres 2005 Gegenstände des Anlagevermögens erworben hat und diese – nach Aufgabe des Gewerbes nunmehr nicht mehr benötigten - Wirtschaftsgüter noch nicht veräußert hat. Abgesehen davon, dass nicht festgestellt werden kann, ob und wie lange der Antragsteller aus den durch Veräußerung erzielten Erlösen ggf. leben könnte, ist die Frage, unter welchen Umständen überhaupt die Veräußerung von Vermögen verlangt werden kann, nicht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu klären. Hinzu kommt, dass der Antragsteller vorträgt, einen neuen Versuch in die Selbständigkeit unternehmen zu wollen, was ihm – jedenfalls im Rahmen eines einstweiligen Verfahrens – nicht durch die Forderung des Verkaufs von dazu benötigten Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens erschwert werden sollte.
2. Rechtsgrundlage für die vom Antragsteller begehrte Übernahme der Strom- und Gasschulden auf Darlehensgrundlage ist - wovon auch die Beteiligten ausgehen - § 22 Abs. 5 SGB II in der ab dem 1. April 2006 geltenden Fassung. Hiernach kommt die Übernahme von Schulden in Betracht, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Wenn dies auch dem Wortlaut des § 22 Abs. 5 SGB II nicht direkt zu entnehmen ist, fällt hierunter auch die Übernahme von Schulden für die Inanspruchnahme von Energie, wie sich unter Heranziehung der gesetzgeberischen Grundlagen ergibt (vgl. Bundestags-Drucksache, 16/688 vom 15. 2. 2006, S. 14). Das Gericht geht – zumindest im einstweiligen Rechtsschutzverfahren – auch davon aus, dass unter § 22 Abs. 5 n. F. SGB II auch diejenigen Schulden fallen, die vor Inkrafttreten der geänderten Vorschrift per 1. April 2006 entstanden sind, denn sonst würde sich die Vorschrift erst mit Zeitverzug rechtstatsächlich auswirken können, nämlich dann, wenn nach dem 1. April 2006 Schulden angefallen sind. Auch ergibt sich aus den gesetzgeberischen Motiven das Bestreben, mit der Regelung unmittelbar im SGB II eine Grundlage für die Übernahme von Miet-/Energieschulden zu schaffen und hierfür nicht mehr auf das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu verweisen, um die Leistungen aus einer Hand zu gewähren und Doppelzuständigkeiten zu vermeiden. Auch im Hinblick auf diese Motive erscheint es sachgerecht, unter § 22 Abs. 5 n. F. SGB II auch diejenigen Schulden fallen zu lassen, die bei Inkrafttreten der geänderten Vorschrift per 1. April 2006 bereits entstanden waren. Für die Frage, wann eine mit dem Verlust der Unterkunft vergleichbare Notlage eintritt, kann demgegenüber auf die Rechtsprechung zur Sozialhilfe zurückgegriffen werden (vgl. die wortgleiche Regelung des § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Hiernach gehört die regelmäßige Versorgung eines Haushalts mit Energie nach den Lebensverhältnissen in Deutschland zum sozialhilferechtlich anerkannten Mindeststandard. Die Unterbrechung der Stromversorgung stellt eine dem Verlust der Unterkunft vergleichbare Notlage dar (OVG Münster FEVS 35,24; OVG Niedersachsen FEVS 34, 335; OVG Berlin FEVS 34, 163). Der Antragsteller ist mit Blick auf den auf 345,00 EUR monatlich begrenzten Bezug von Leistungen nach dem SGB II auch nicht in der Lage, den entstandenen, offenen Betrag aus der Regelleistung aufzubringen. Die Schuldenübernahme zur Behebung der Notlage ist daher gerechtfertigt. Sie schafft die Voraussetzung dafür, dass die Wohnung des Antragstellers mit Strom und Gas versorgt und so eine unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebensverhältnisse angemessene Lebensführung gesichert wird. Das Gericht geht – jedenfalls im einstweiligen Verfahren - mangels entgegenstehender tatsächlicher Umstände auch davon aus, dass angesichts der drohenden Stromsperre jede andere Entscheidung als die Bewilligung ermessenfehlerhaft (vgl. die Formulierung in § 22 Abs. 5 S. 1 n. F. SGB II: " können auch Schulden übernommen werden, soweit ") wäre. Bei der Abwägung war auch zu berücksichtigen, dass sich der Antragsteller bemüht hat, in der Vergangenheit die Abschläge zu bezahlen, was ihm anscheinend auch bis April 2006 gelungen ist. Ebenfalls für eine Einengung des Ermessens kann der Umstand berücksichtigt werden, dass das Gericht es dem Antragsgegner nachgelassen hat, die Abschlagszahlungen und auch die fälligen Zahlungen direkt an die Energieversorger zu überweisen, so dass in Zukunft mit einer Wiederholung des Auflaufens von Zahlungsrückständen (Schulden) nicht zu rechnen ist. Eine andere Möglichkeit, die aktuelle Notlage in Form der – nach mehrfacher Verlängerung der Frist auf Intervention des Antragsgegners und des Gerichts - nunmehr endgültig angedrohten Strom- und Gassperren in der erforderlichen Kürze der Zeit zu beheben, ist nicht ersichtlich. Es besteht daher aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null ein im gerichtlichen Eilverfahren durchsetzbarer Anspruch. Die Übernahme der Energieschulden erfolgt jedoch nach § 22 Abs. 5 SGB II als Darlehen, da dies im Gesetz so vorgesehen ist (" soll als Darlehen ") und sich außerdem die Einkommensverhältnisse des Antragstellers zu dessen Gunsten ändern können.
Aus der nach alledem jedenfalls ab August 2006 anzunehmenden Hilfebedürftigkeit ergibt sich zugleich die Notwendigkeit, zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Antragsteller eine vorläufige Regelung zu treffen. Neben der drohenden Sperre von Strom und Gas zu berücksichtigen ist der Umstand, dass der Antragsteller und sein mit versicherter Sohn ohne Krankenversicherungsschutz sind. Der Antragsgegner hat danach dem Antragsteller für die Zeit ab August 2006 vorläufig Leistungen zu erbringen.
Die monatliche Höhe der laufenden Leistungen wird für den Zeitraum August bis September 2006 auf monatlich 345,00 EUR (Regelleistung) und für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2006 auf monatlich 605,00 EUR bestimmt (Regelleistung 345,00 EUR, KdUuH 260,00 EUR).
Da die Leistung als Ergebnis der Folgen¬abwägung zugesprochen wird, also ohne dass beurteilt werden könnte, ob dem Antragsteller die Leistung "wirklich zusteht", ist eine nur beschränkte Gewährung angemessen, die auf das unabdingbar Notwendige beschränkt bleibt. Dies wird hier – auch in Anbetracht des bis Dezember 2006 begrenzten Zeitraumes – jedoch nicht durch eine Minderung der Regelsätze umgesetzt, sondern dadurch, dass die KdUuH erst ab Oktober 2006 übernommen werden, da Mietrückstände nicht vorgetragen sind und für ein besonderes Nachholungsbedürfnis nichts dargetan ist.
Wegen des noch nicht vollständig geklärten und derzeit nicht abschließend zu klärenden Sachverhalts hat das Gericht dem Antragsgegner die Befugnis eingeräumt, die ab Oktober 2006 zu zahlenden Kosten für Unterkunft und Heizung unmittelbar an den Vermieter und die Zahlungen auf Strom- und Gasrückstände unmittelbar an die Energielieferanten zu zahlen (§ 22 Abs. 4 SGB II).
Soweit die Beschwerde mehr als die zugesprochene Leistung zum Gegenstand hatte, war sie zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.
Gegen diesen Beschluss sieht das Gesetz einen ordentlichen Rechtsbehelf nicht vor (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Umstritten ist – im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – ob es der Antragsgegner zu Recht abgelehnt hat, dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren.
Mit Antrag vom 1. Juli 2005 hatte der 1962 geborene Antragsteller deutscher Staatsangehörigkeit bei dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes nach dem SGB II beantragt, die ihm der Antragsgegner mit Bescheid vom 26. August 2005 für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. August 2005 in Höhe von monatlich 540, 98 EUR bewilligte.
Den am 14. September 2005 gestellten Antrag auf Fortzahlung der Leistungen lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 27. Januar 2006 ab, da der Antragsteller nicht die geforderten Nachweise über seine Einnahmen, sondern lediglich unvollständige Kontoauszüge vorgelegt habe und eine Prüfung der Hilfebedürftigkeit so nicht möglich sei.
Mit Bescheid vom 2. Februar 2006 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller vorläufig und als Darlehen Leistungen für Februar 2006 in Höhe von 363, 28 EUR.
Mit Bescheid vom 6. März 2006 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller zur Deckung der Mietkosten für den Monat März 2006 ein Darlehen von 260, 03 EUR; den Betrag überwies er direkt an den Vermieter.
Mit Bescheid vom 22. März 2006 versagte der Antragsgegner die Leistungen nach dem SGB II ab 1. März 2006 ganz, da der Antragsteller zwar eine – nicht näher nachprüfbare - Einnahmen-Überschussrechnung Juli bis Dezember 2005 vorgelegt, die weiteren geforderten Nachweise (Einkommensteuerbescheid für 2005, Nachweise für die Einnahmen-/Ausgabenaufstellung) aber nicht erbracht habe.
Über die gegen sämtliche der aufgeführten Bescheide eingelegten Widersprüche hat der Antragsgegner - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden.
Am 2. März 2006 stellte der Antragsteller bei dem Sozialgericht Berlin einen Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung, mit dem Ziel, den Antragsgegner zu verpflichten, umgehend die vollen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab dem 1. Juli 2005 zu gewähren.
Hinsichtlich der Einzelheiten des umfangreichen Vorbringens des Antragstellers wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten (VA) und der Gerichtsakten (GA) Bezug genommen.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 25. April 2006 den Antrag zurückgewiesen, da Leistungen für die Vergangenheit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht beantragt werden könnten und der Antragsteller für den Zeitraum der Antragsanbringung seine Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen habe. Es stehe "unbestritten" fest, dass der Antragsteller am 1. März 2006 aus seiner gewerblichen Tätigkeit eine Gutschrift bei V von 2268,94 EUR habe, die er sich auf sein nicht gepfändetes Geschäftskonto überweisen lassen und dann darüber verfügen könne.
Gegen den ihm am 2. Mai 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 24. Mai 2006 Beschwerde eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt und zur Begründung vorträgt:
Er finde als seit 1996 niedergelassener Architekt keine Arbeit und habe schon lange keine Einnahmen aus dieser Tätigkeit erzielt, aber Ausgaben gehabt.
Daher habe er im Jahr 1999 eine Firma "D " gegründet, mit der er Einnahmen in geringer Höhe durch Werbung auf einem Internet-Server erziele. Der Gewinn habe sich verringert, weil die Besucher auf den Web-Seiten weniger würden, es keine Dienstleistungen mehr anzubieten gebe und er einige Projekte eingestellt habe. Demgegenüber seien vergleichsweise hohe Betriebsausgaben angefallen (Eintragungsgebühr Europäisches Markenamt, Gebühren für Speicherplatz beim Internet-Provider, Webserver und Domain-Registereintragungsgebühren, Abschreibungen, Konto- und Telefongebühren etc.).
Per 18. Mai 2006 habe er sein unter der Firma "D " betriebenes Gewerbe abgemeldet.
Sein Privat- und das Online-Tagegeldkonto bei der B Sparkasse seien gepfändet, so dass etwaige Eingänge nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stünden. Vermögen auf anderen Konten oder andere Vermögenswerte seien nicht vorhanden. Aufgrund nicht erbrachter Zahlungen habe die T Krankenkasse den Krankenversicherungsvertrag mit dem Antragsteller – und seinem mit versicherten fünfjährigen Sohn – per 1. September 2005 gekündigt. Auch bestünden höhere Rückstände beim Stromversorger V (endgültige Stromsperre angekündigt für den 15. September 2006) und bei der G (Abstellen der Gaszufuhr angekündigt für den 20. September 2006).
Seinen unmittelbaren Lebensbedarf habe er in der Vergangenheit u. a. durch die finanzielle Unterstützung von Freunden decken können.
Der Senat geht von folgendem sachdienlichen Antrag des Antragstellers aus:
unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2006 – S 43 AS 1945/06 ER –
1. den Antragsgegner rückwirkend ab dem 1. Juli 2005 - hilfsweise für einen vom Gericht festgelegten Zeitraum - zu verpflichten, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in "voller Höhe" – hilfsweise als Vorschüsse (letzte Antragsfassung vom 29. Mai 2006) - zu gewähren,
2. den Antragsgegner zu verpflichten, die Stromnach- forderung der Fa. Vattenfall in Höhe von 860,00 EUR und die Gasnachforderung der GASAG von derzeit 303,00 EUR zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen,
und führt ergänzend aus: Mangels Vorlage einer nachvollziehbaren Einnahme-/Verlustrechnung und eindeutiger Antrags begründender Unterlagen und unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Antragsteller neben seinem gesperrten Privatkonto zusätzlich über ein Geschäftskonto verfüge, auf das er sich eine Forderung in Höhe von 2268,94 EUR (Gutschrift bei V ) überweisen lassen könne, lägen keine Anhaltspunkte für eine Mittellosigkeit vor. Auch sei der Antragsteller seiner Mitwirkungspflicht nur unzureichend nachgekommen, dies gelte insbesondere für eine Einnahme-/Verlustrechnung bei Ausübung seiner Gewerbetätigkeit. Er habe weder frühere Betriebergebnisse noch einen Steuerbescheid vorgelegt, auch eine qualifizierte Prognose durch einen Steuerberater habe nicht beigebracht werden können. Die vorgelegte Einnahme/ Verlustrechnung weise Angaben auf, die nur schwer nachvollzogen werden könnten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Aktenunterlagen des Antragsgegners und die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (§ 174 Sozialgerichtsgesetzt [SGG]), ist in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang begründet, im übrigen ist sie unbegründet.
1. Nach § 86 Abs. 2 Nr. 1 SGG kann das Gericht auf Antrag zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint.
In der Sache stellt sich die getroffene Entscheidung unter Berücksichtigung der Unwägbarkeiten in der Sachverhaltsermittlung als eine Abwägung der Folgen von Leistung oder Nichtleistung dar, die an den Maßstäben ausgerichtet ist, die das Bundesverfassungsgericht in einer aktuellen Entscheidung zum SGB II (Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - 3. Kammer des Ersten Senats) entwickelt hat. Eine Entscheidung anhand der Überprüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache – Glaubhaftmachung der Hilfebedürftigkeit mit einer für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ausreichenden Gewissheit (§ 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO] i. V. m. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG) - ist hier nicht möglich, da das erkennende Gericht die Sach- und Rechts¬lage dann nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen hätte. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das einstweilige Verfahren im Streit um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitslose, deren Lebensbedarf für die schwer absehbare Dauer des Hauptsache¬ver¬fahrens bei ablehnender Entscheidung nicht gedeckt wäre, vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Ist eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, ist anhand der Folgenabwägung zu entscheiden, um das Existenzminimum durch Leistungen der Grundsicherung für Arbeitslose zu sichern. Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass zu entscheiden war wie tenoriert. Hierbei begrenzt der Senat den Zeitraum der Leistungszuerkennung wie erkannt.
Auch wenn als frühestmöglicher Zeitpunkt, zu dem Leistungen im Verfahren wegen Einstweiligen Rechtsschutzes zuerkannt werden können, vorliegend der Zeitpunkt der Antragsanbringung erster Instanz, also der 2. März 2006, in Betracht käme - nicht bereits der vom Antragsteller begehrte Zeitraum ab Juli 2005 - begrenzt der Senat den Zeitraum der Zuerkennung von laufenden Regelleistungen hier auf die Zeit ab 1. August 2006. Zwar hat der Antragsteller sein Gewerbe per 18. Mai 2006 abgemeldet (Bl. 121 GA). Auch ergibt sich aus der "Einnahmenaufstellung Januar bis August 2006" über insgesamt 490, 50 EUR, dass die letzte Einnahme bereits im Mai 2006 geflossen ist. Andererseits vermochte das Gericht erst im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, vor allem nach Einreichung des Schriftsatzes vom 24. August 2006 mit den vollständigen Kontoauszügen, sich ein vorläufiges Bild über die aktuelle wirtschaftliche Situation des Antragstellers zu verschaffen. Vor allem aber ergibt die Auswertung der Kontoauszüge (dazu sogleich), dass dem Antragsteller auch nach der Aufgabe des Gewerbes noch Einnahmen zugeflossen sind, die zur Bestreitung des Lebensbedarfes und zur Bezahlung der Miete ausgereicht haben, so dass die Zuerkennung von Leistungen ohnehin erst für einen Zeitraum nach dem 18. Mai 2006 gerechtfertigt ist. Das Ende des Entscheidungszeitraums ist der 31. Dezember 2006. So hat der Antragsteller die Gelegenheit, rechtzeitig einen Fortzahlungsantrag zu stellen und die vom Antragsgegner hierfür für erforderlich gehaltenen weiteren Unterlagen einzureichen.
Der Antragsteller ist in diesem Zeitraum hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller seinen Lebensbedarf aus einer Tätigkeit als Architekt bestreiten könnte, liegen nicht vor. Er trägt unwiderlegbar vor, seit Jahren keine Einnahmen aus der Architektentätigkeit erzielt zu haben.
Auch steht der Annahme der Hilfebedürftigkeit nicht der Umstand entgegen, dass die zuletzt unter der Firma " " ausgeübte – und inzwischen aufgegebene - Tätigkeit des Antragstellers - Werbung auf einem Internet-Server - als gewerblich anzusehen ist. Der Betrieb eines "Gewerbes" schließt Hilfebedürftigkeit nicht grundsätzlich aus, wenn die dadurch erzielten Einnahmen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht ausreichen (§ 9 Abs. 1 SGB II), sondern mindert sie lediglich. Die Annahme der Hilfebedürftigkeit wird dadurch gestützt, dass der Antragsteller laut "Einnahmenaufstellung Januar bis August 2006" Einnahmen durch Werbung auf einem Internet-Server von insgesamt lediglich 490, 50 EUR erzielt hat (Schriftsatz vom 24. August 2006).
Das Gericht hat im Rahmen seiner Überzeugungsbildung allerdings auch die wirtschaftliche Lage im Jahr 2005 betrachtet, um festzustellen, ob dem Antragsteller auch nach Aufgabe des Gewerbes noch Einnahmen zugeflossen sein können bzw. zur Bestreitung des Lebensunterhaltes geeignetes Vermögen erzielt worden sein kann. Derartiges lässt sich allerdings nicht feststellen. So erzielte der Antragsteller im gesamten Wirtschaftsjahr 2005 – unter Berücksichtigung der "korrigierten" Einnahmen-/Überschussrechnung vom 26. April 2006 (Bl. 231 GA) - Einnahmen von brutto 9 399,53 EUR, denen Betriebsausgaben von 8 929,03 EUR (für Speicherplatz Internet-Provider, Webserver und Domain-Registereintragungsgebühren, Abschreibungen, Konto-Gebühren, Software, Rechtsanwaltshonorar für Urheberrechtsprozess etc.) gegenüberstanden. Hieraus errechnet sich ein Jahresüberschuss für 2005 von 470,50 EUR.
Der Vortrag des Antragstellers, dass die Geschäfte – vor allem nach Aufkündigung durch einen wesentlichen Partner – im zweiten Halbjahr 2005 deutlich zurückgegangen seien, lässt sich anhand der Einnahmen-/Überschussrechnung für den Zeitraum Juli bis Dezember 2005 nachvollziehen. So betrugen die Betriebseinnahmen nur noch 1 102,60 EUR, die Betriebsausgaben 655,50 EUR.
Im Jahre 2006 hatte der Antragsteller nach der von ihm vorgelegten Einnahmenaufstellung demgegenüber nur noch Einnahmen von Januar bis Mai 2006 von 490,50 EUR. Diesen standen feststellbare tatsächliche Betriebsausgaben von 318,50 EUR "Kommunikationsausgaben" (laufende monatliche Kosten des DSL-Anschlusses, des Internet-Providers, Telefongebühren für März und April 2006) gegenüber. Ungeachtet weiterer, aber unregelmäßig anfallender Betriebsausgaben hätte der Kläger seinen Lebensunterhalt von eventuell verbleibenden Einnahmen allein aus seinem Gewerbe nicht bestreiten können.
Ein anderes Ergebnis ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller bei seiner Einnahmenaufstellung den "Entstehungszeitpunkt" der einzelnen Einnahme, also die jeweilige Gutschrift, angesetzt hat und nicht den Zuflusszeitpunkt. Eine derartige Verfahrensweise gibt keine Auskunft darüber, welche Einnahmen dem Antragsteller zu welchem Zeitpunkt tatsächlich zugeflossen sind, was der Blick auf die "Payment History" verdeutlicht (Bl. 168 ff. GA). So stimmen z. B. die Gutschriften der Fa. V bis Mai 2006 ("Einnahmen") nicht überein mit den Überweisungen dieser Betriebseinnahmen, wie sie sich aus den Belegen des Geschäftskontos "D " bei der D Bank ergeben (z. B. Gutschriften der Fa. V im Januar 2006: 99,99 EUR, Zufluss per 31. Januar 2006 aber 475 EUR, Gutschriften April 2006: 150,22 EUR, Zufluss per 4. April 2006 aber 326 EUR, "Einnahmen" Mai 2006: 40,86 EUR, Gutschrift per 16. Mai 2006 aber 151 EUR (Bl. 165, 177 ff GA). Hiernach ergeben sich Überweisungen von insgesamt rd. 952,00 EUR bis Mai 2006, denen die oben dargestellten Betriebsausgaben von mindestens 318,50 EUR gegenüberstehen, so dass ein Einnahmenüberschuss von 634,00 EUR verbleiben würde. Unberücksichtigt bleibt hier, dass die "Payment History All Activity" (Bl. 170 GA), zahlreiche weitere Geschäftsvorfälle, allerdings zumeist von unwesentlichem Gewicht, zeigt.
Unter Berücksichtigung dieser Unsicherheiten bei der Einkommensermittlung und weiterer finanzieller Unterstützungen des Antragstellers durch Freunde und Bekannte (Kredit von 500,00 EUR im Mai und von 280,00 EUR im Juli 2006 von Herrn S A, Bl. 142 GA, sowie die Kontoauszüge der D Bank vom 3. Mai und vom 3. Juli 2006, Bl. 180, 182 GA, weitere "Darlehen" in unbekannter Höhe laut der vom Antragsteller eingereichten Erklärungen der Frau S und der Frau G, Bl. 204, 205 GA) sowie Einzahlungen unklarer Herkunft auf dem Konto bei der Berliner Bank z. B. von 225,00 EUR am 7. April 2006 und von 350,00 EUR am 1. Juni 2006 (Bl. 179, 180 GA) hat der Senat Zweifel, dass Hilfebedürftigkeit bei dem Antragsteller bereits im Mai zum Zeitpunkt der Aufgabe des Gewerbebetriebes oder gar davor eingetreten ist.
Hingegen steht für den Senat unter Berücksichtigung des Kontoauszuges bei der D Bank per 3. August 2006, der noch einen Guthabensbetrag von 8,46 EUR ausweist (Bl. 182 GA), fest, dass im Rahmen der Folgenabwägung von einer Hilfebedürftigkeit jedenfalls ab August 2006 auszugehen ist. Dabei berücksichtigt der Senat auch, dass das Privat- und das Online-Tagegeldkonto bei der B Sparkasse gepfändet ist, so dass etwaige Eingänge nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehen. Ebenso wenig besteht ein Anhalt, dass Vermögen auf anderen Konten vorhanden wäre oder gar, dass gezielt Vermögen ins Ausland verschafft worden wäre, um Hilfebedürftigkeit herbeizuführen. Dies bestätigt auch der Datenabgleich nach § 523 SGB II, § 45 d Abs. 1 Einkommensteuergesetz mit dem Bundesamt für Finanzen (Bl. 86 VA).
Nicht nachvollziehbar ist die Behauptung des Antragsgegners, der das Sozialgericht als "unbestritten" gefolgt ist, dass dem Antragsteller eine weitere Gutschrift in Höhe von 2268, 94 EUR von der Firma V zur Verfügung stand, die sich dieser "auf sein Privatkonto hätte überweisen lassen können". Vielmehr handelt es sich insoweit um die oben dargelegten, bis März 2006 aufaddierten Einnahmen aus den Internet-Diensten bei der Fa. V, die der Antragsteller sich zum Teil auf das Geschäftskonto "D " bei der Deutschen Bank hat überweisen lassen (s. die oben dargestellten Einnahmen), zum Teil auch zur Begleichung der Ausgaben verwendet hat, aber nicht um eine weitere Einnahme.
Das Gericht geht im einstweiligen Verfahren nicht der genauen Höhe der vorgetragenen finanziellen Unterstützungen durch Freunde und Bekannte nach und ob der Antragsteller sich diese als Einkommen anrechnen lassen muss. Die eingereichten Erklärungen sind wenig aussagekräftig, weil sie weder die angeblichen Darlehen der Höhe nach noch die Konditionen der Darlehensgewährung benennen. Nachvollziehbar sind allein die Unterstützungsleistungen des Herrn A.
Auch die Frage, ob die gewährten Darlehen ausgereicht haben, um den Lebensbedarf vorübergehend zu sichern, oder ob dem Antragsteller weitere Geldquellen zur Bestreiten des Lebensbedarfs zur Verfügung gestanden haben, lässt sich im einstweiligen Verfahren nicht abschließend klären. Dem Antragsteller ist es auch immerhin gelungen, seine Miete nachweislich bis Juli 2006 zu bezahlen und auch die Abschlagszahlungen für die Energieanbieter V und G, jedenfalls bis zum April 2006, zu erbringen.
Ebenso wenig ergeben sich durchgreifende Zweifel an der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers daraus, dass er in der ersten Hälfte des Jahres 2005 Gegenstände des Anlagevermögens erworben hat und diese – nach Aufgabe des Gewerbes nunmehr nicht mehr benötigten - Wirtschaftsgüter noch nicht veräußert hat. Abgesehen davon, dass nicht festgestellt werden kann, ob und wie lange der Antragsteller aus den durch Veräußerung erzielten Erlösen ggf. leben könnte, ist die Frage, unter welchen Umständen überhaupt die Veräußerung von Vermögen verlangt werden kann, nicht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu klären. Hinzu kommt, dass der Antragsteller vorträgt, einen neuen Versuch in die Selbständigkeit unternehmen zu wollen, was ihm – jedenfalls im Rahmen eines einstweiligen Verfahrens – nicht durch die Forderung des Verkaufs von dazu benötigten Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens erschwert werden sollte.
2. Rechtsgrundlage für die vom Antragsteller begehrte Übernahme der Strom- und Gasschulden auf Darlehensgrundlage ist - wovon auch die Beteiligten ausgehen - § 22 Abs. 5 SGB II in der ab dem 1. April 2006 geltenden Fassung. Hiernach kommt die Übernahme von Schulden in Betracht, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Wenn dies auch dem Wortlaut des § 22 Abs. 5 SGB II nicht direkt zu entnehmen ist, fällt hierunter auch die Übernahme von Schulden für die Inanspruchnahme von Energie, wie sich unter Heranziehung der gesetzgeberischen Grundlagen ergibt (vgl. Bundestags-Drucksache, 16/688 vom 15. 2. 2006, S. 14). Das Gericht geht – zumindest im einstweiligen Rechtsschutzverfahren – auch davon aus, dass unter § 22 Abs. 5 n. F. SGB II auch diejenigen Schulden fallen, die vor Inkrafttreten der geänderten Vorschrift per 1. April 2006 entstanden sind, denn sonst würde sich die Vorschrift erst mit Zeitverzug rechtstatsächlich auswirken können, nämlich dann, wenn nach dem 1. April 2006 Schulden angefallen sind. Auch ergibt sich aus den gesetzgeberischen Motiven das Bestreben, mit der Regelung unmittelbar im SGB II eine Grundlage für die Übernahme von Miet-/Energieschulden zu schaffen und hierfür nicht mehr auf das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu verweisen, um die Leistungen aus einer Hand zu gewähren und Doppelzuständigkeiten zu vermeiden. Auch im Hinblick auf diese Motive erscheint es sachgerecht, unter § 22 Abs. 5 n. F. SGB II auch diejenigen Schulden fallen zu lassen, die bei Inkrafttreten der geänderten Vorschrift per 1. April 2006 bereits entstanden waren. Für die Frage, wann eine mit dem Verlust der Unterkunft vergleichbare Notlage eintritt, kann demgegenüber auf die Rechtsprechung zur Sozialhilfe zurückgegriffen werden (vgl. die wortgleiche Regelung des § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Hiernach gehört die regelmäßige Versorgung eines Haushalts mit Energie nach den Lebensverhältnissen in Deutschland zum sozialhilferechtlich anerkannten Mindeststandard. Die Unterbrechung der Stromversorgung stellt eine dem Verlust der Unterkunft vergleichbare Notlage dar (OVG Münster FEVS 35,24; OVG Niedersachsen FEVS 34, 335; OVG Berlin FEVS 34, 163). Der Antragsteller ist mit Blick auf den auf 345,00 EUR monatlich begrenzten Bezug von Leistungen nach dem SGB II auch nicht in der Lage, den entstandenen, offenen Betrag aus der Regelleistung aufzubringen. Die Schuldenübernahme zur Behebung der Notlage ist daher gerechtfertigt. Sie schafft die Voraussetzung dafür, dass die Wohnung des Antragstellers mit Strom und Gas versorgt und so eine unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebensverhältnisse angemessene Lebensführung gesichert wird. Das Gericht geht – jedenfalls im einstweiligen Verfahren - mangels entgegenstehender tatsächlicher Umstände auch davon aus, dass angesichts der drohenden Stromsperre jede andere Entscheidung als die Bewilligung ermessenfehlerhaft (vgl. die Formulierung in § 22 Abs. 5 S. 1 n. F. SGB II: " können auch Schulden übernommen werden, soweit ") wäre. Bei der Abwägung war auch zu berücksichtigen, dass sich der Antragsteller bemüht hat, in der Vergangenheit die Abschläge zu bezahlen, was ihm anscheinend auch bis April 2006 gelungen ist. Ebenfalls für eine Einengung des Ermessens kann der Umstand berücksichtigt werden, dass das Gericht es dem Antragsgegner nachgelassen hat, die Abschlagszahlungen und auch die fälligen Zahlungen direkt an die Energieversorger zu überweisen, so dass in Zukunft mit einer Wiederholung des Auflaufens von Zahlungsrückständen (Schulden) nicht zu rechnen ist. Eine andere Möglichkeit, die aktuelle Notlage in Form der – nach mehrfacher Verlängerung der Frist auf Intervention des Antragsgegners und des Gerichts - nunmehr endgültig angedrohten Strom- und Gassperren in der erforderlichen Kürze der Zeit zu beheben, ist nicht ersichtlich. Es besteht daher aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null ein im gerichtlichen Eilverfahren durchsetzbarer Anspruch. Die Übernahme der Energieschulden erfolgt jedoch nach § 22 Abs. 5 SGB II als Darlehen, da dies im Gesetz so vorgesehen ist (" soll als Darlehen ") und sich außerdem die Einkommensverhältnisse des Antragstellers zu dessen Gunsten ändern können.
Aus der nach alledem jedenfalls ab August 2006 anzunehmenden Hilfebedürftigkeit ergibt sich zugleich die Notwendigkeit, zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Antragsteller eine vorläufige Regelung zu treffen. Neben der drohenden Sperre von Strom und Gas zu berücksichtigen ist der Umstand, dass der Antragsteller und sein mit versicherter Sohn ohne Krankenversicherungsschutz sind. Der Antragsgegner hat danach dem Antragsteller für die Zeit ab August 2006 vorläufig Leistungen zu erbringen.
Die monatliche Höhe der laufenden Leistungen wird für den Zeitraum August bis September 2006 auf monatlich 345,00 EUR (Regelleistung) und für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2006 auf monatlich 605,00 EUR bestimmt (Regelleistung 345,00 EUR, KdUuH 260,00 EUR).
Da die Leistung als Ergebnis der Folgen¬abwägung zugesprochen wird, also ohne dass beurteilt werden könnte, ob dem Antragsteller die Leistung "wirklich zusteht", ist eine nur beschränkte Gewährung angemessen, die auf das unabdingbar Notwendige beschränkt bleibt. Dies wird hier – auch in Anbetracht des bis Dezember 2006 begrenzten Zeitraumes – jedoch nicht durch eine Minderung der Regelsätze umgesetzt, sondern dadurch, dass die KdUuH erst ab Oktober 2006 übernommen werden, da Mietrückstände nicht vorgetragen sind und für ein besonderes Nachholungsbedürfnis nichts dargetan ist.
Wegen des noch nicht vollständig geklärten und derzeit nicht abschließend zu klärenden Sachverhalts hat das Gericht dem Antragsgegner die Befugnis eingeräumt, die ab Oktober 2006 zu zahlenden Kosten für Unterkunft und Heizung unmittelbar an den Vermieter und die Zahlungen auf Strom- und Gasrückstände unmittelbar an die Energielieferanten zu zahlen (§ 22 Abs. 4 SGB II).
Soweit die Beschwerde mehr als die zugesprochene Leistung zum Gegenstand hatte, war sie zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.
Gegen diesen Beschluss sieht das Gesetz einen ordentlichen Rechtsbehelf nicht vor (§ 177 SGG).
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