L 1 R 1048/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 15 R 5930/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 1048/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Halbwaisenrente für Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres.

Die im April 1987 geborene Klägerin ist die Tochter der 1950 geborenen und 2003 verstorbenen Versicherten A Sch. Sie hat vor Vollendung des 18. Lebensjahres die allgemeinbildende Schule abgeschlossen und sucht seither eine geeignete Ausbildungsstelle. Auf ihren Antrag hin bezog sie vom 1. Januar 2004 an eine Halbwaisenrente nach der Versicherten befristet bis zum 30. April 2005. Auf die Hinweise der Beklagten über die Weitergewährung der Waisenrente hin beantragte sie am 22. Februar 2005 die Waisenrentenzahlung über den 30. April 2005 hinaus und legte dazu eine Bescheinigung der Bundesagentur für Arbeit vor, wonach sie eine noch nicht vermittelte Bewerberin für eine berufliche Ausbildungsstelle sei. Mit Bescheid vom März 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Voraussetzungen für den weiteren Bezug der Waisenrente lägen vor. Die Waisenrente werde daher weiter gezahlt. Der Anspruch auf die Waisenrente werde nach § 102 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) befristet. Ende der Befristung sei der 31. August 2005, Grund für die Befristung die Ausbildungssuche; diese sei weiterhin nachzuweisen.

Am 27. Juni 2005 übersandte die Klägerin zur Nachprüfung der weiteren Waisenrentenberechtigung erneut eine Bescheinigung der Bundesagentur für Arbeit, wonach sie noch nicht vermittelte Bewerberin für eine berufliche Ausbildungsstelle sei. Auf telefonische Rückfrage, weshalb für September 2005 keine Waisenrente gezahlt worden sei, erteilte die Beklagte einen Bescheid (vom 14. September 2005) über den Wegfall der Waisenrente. Der Bescheid vom 10. Juni 2004 über die Bewilligung der Waisenrente nach § 48 SGB VI werde zum 1. September 2005 aufgehoben. Ein Ausbildungstatbestand liege nicht mehr vor. Sofern die Klägerin eine Ausbildung beginne, könne sie einen Antrag auf Wiedergewährung der Halbwaisenrente stellen. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg. Dem Begehren auf Weitergewährung der Halbwaisenrente könne nicht entsprochen werden, da die Voraussetzungen für einen Anspruch bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres nicht erfüllt seien (Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2005).

Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin erhoben. Sie hat geltend gemacht, da sie aufgrund fehlender eigener Einkünfte einen Anspruch auf elterlichen Unterhalt habe und Sinn und Zweck der Halbwaisenrente sei, diesen Unterhaltsanspruch gegen den verstorbenen Elternteil abzudecken, bestehe weiterhin Anspruch auf die begehrte Rente. Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Situation könne die Beklagte nicht allein darauf abstellen, dass bislang kein Ausbildungsverhältnis vorliege. Maßgeblich sei, dass sie ernsthaft und nachweisbar eine Ausbildung anstrebe und sich in einem entsprechenden Programm der Bundesagentur für Arbeit befinde.

Die Beklagte hat ergänzend vorgetragen, die Klägerin sei mit einem Hinweisblatt zum Bescheid aus März 2005 darauf hingewiesen worden, dass nach § 48 Abs. 4 Nr. 2 b SGB VI für Zeiträume, in denen sich die Waise nicht tatsächlich in Schul- oder Berufsausbildung befinde, grundsätzlich kein Anspruch auf Waisenrente bestehe. Lediglich für Zeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten könne in analoger Anwendung der im Kindergeldrecht geltenden Regelungen des § 2 Abs. 2 Satz 4 Bundeskindergeldgesetz unter bestimmten Voraussetzungen ein Waisenrentenanspruch fortbestehen (Hinweis auf BSG SozR 2200 § 1267 Nr. 31 und BSG SozR 3-2200 § 1267 Nr. 1). Für solche Zwischenzeiten sei Voraussetzung, dass die weitere Schul- oder Berufsausbildung mit Beginn des Fünften auf die Beendigung der vorherigen Ausbildung folgenden Kalendermonats beginne. Stehe bereits von vornherein fest, dass die weitere Ausbildung erst zu einem späteren Zeitpunkt beginnen werde, könne die Waisenrente für die Zeit zwischen den Ausbildungen nicht gezahlt werden.

Das SG Berlin hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 27. Juni 2006 abgewiesen. Die Gewährung der Waisenrente über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus aufgrund einer Ausbildungssuche als so genannte nicht vermeidbare Zwischenzeit sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf 4 Monate zu begrenzen. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Weitergewährung während der Zeit der vergeblichen Ausbildungsplatzsuche ergebe sich insbesondere nicht aus Artikel 3 Grundgesetz (GG). Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mit denjenigen Personen, denen eine Lehrstelle vermittelt werden konnte, liege nicht vor. Dafür fehle es bereits an der Vergleichbarkeit der Personengruppen, denn diejenigen, denen keine Ausbildungsstelle vermittelt werden könne, könnten die Zeit der Vermittlungsversuche durch eine Erwerbstätigkeit überbrücken, was ihnen nach Ablauf der 4 Monate auch zumutbar sei. Dabei falle das Risiko, einen Arbeitsplatz nicht zu finden, in den Bereich der Arbeitslosenversicherung. Der Bescheid der Beklagten vom 14. September 2005 sei auch im Übrigen nicht rechtswidrig. Insbesondere sei eine Rücknahme des vorangegangenen Bewilligungsbescheides nicht erforderlich gewesen, da die Halbwaisenrente von Anfang an zeitlich befristet gewährt worden war, und zwar zunächst durch Bescheid vom 10. Juni 2004 und anschließend durch Bescheid vom 21. Februar 2005 (gemeint ist der Bescheid vom März 2005) bis zum 31. August 2005. Da der Anspruch auf Gewährung der Rente mit Ablauf des 31. August 2005 weggefallen sei, habe es einer Bescheidaufhebung gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch nicht bedurft, sodass auch Vertrauensschutzaspekte für den Monat September 2005 nicht zu berücksichtigen gewesen seien. Der Bescheid vom 14. September 2005 sei dabei zur Überzeugung des Gerichts als Ablehnung des Antrages auf Weitergewährung der Rente über den 31. August 2005 hinaus zu verstehen, wie sich dies auch aus dem Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2005 ergebe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die weiterhin geltend macht, die besonders schlechten Möglichkeiten auf dem Ausbildungsmarkt müssten bei der Entscheidung über die Weitergewährung der Waisenrente mit berücksichtigt werden. Auch der Gesetzgeber, der die zur Anwendung gekommene zeitliche Grenze mit Wirkung vom 1. August 2004 in die geltende Fassung des § 48 Abs. 4 Nr. 2 Buchstabe b SGB VI ausdrücklich übernommen habe, sei bei seiner Entscheidung an den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Artikel 3 GG gebunden. Allein der Umstand, dass sie keine Ausbildung durchlaufe, könne als solcher die Ungleichbehandlung nicht begründen. Sie habe ihren Willen und ihre Bereitschaft zu einer Ausbildung nachweislich durch vielfältige Eigenbewerbungen und stetige Verfügbarkeit bei der Bundesagentur für Arbeit dokumentiert. Eine Erwerbstätigkeit sei ihr angesichts der fehlenden Ausbildung sowie der derzeitigen Arbeitsmarktsituation nicht möglich und nicht zumutbar, denn die Chancen auf eine Vermittlung eines Ausbildungsplatzes würden dadurch noch weiter sinken. Würde die verstorbene Versicherte noch leben, würde die Klägerin durch sie eine finanzielle Unterstützung erhalten. Dies auszugleichen sei Zweck der Halbwaisenrente.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juni 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 14. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über den 31. August 2005 hinaus Halbwaisenrente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend. Dem Senat haben die Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin (S 15 R 5930/05) und die Verwaltungsakten der Beklagten vorgelegen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Bedenken gegen die Zulässigkeit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage bestehen nicht. Vorliegend war die begehrte Leistung von der Beklagten vor Klageerhebung durch Verwaltungsakt abgelehnt worden, so dass auch für die Leistungsklage die Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen. Dem steht nicht entgegen, dass mit Bescheid vom 14. September 2005 über den "Wegfall der Waisenrente" nach Aufhebung eines vorangegangenen Bewilligungsbescheides entschieden worden ist. Einer solchen Entscheidung bedurfte es zwar nicht, denn einerseits besteht das Stammrecht auf Waisenrente bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres fort (dazu im Folgenden), anderseits war der Anspruch auf monatliche Einzel-(Zahlungs)Ansprüche mit bindend gewordenem Bescheid vom März 2005 bis zum Ablauf des 31. August 2005 befristet worden. Schon die Auslegung der Aufhebungsentscheidung ergibt aber, dass nach Auffassung der Verwaltung der geltend gemachte Anspruch auf die Zahlung der begehrten Leistung nicht (mehr) bestehe. Zutreffend ist das SG zudem davon ausgegangen, dass mit dem Nachschieben einer Begründung im Widerspruchsbescheid dafür, dass eine Zahlung von Waisenrente über den 31. August 2005 hinaus nicht zu erfolgen habe, mit ausreichender Deutlichkeit über die Ablehnung der Zahlung von monatlichen Einzelansprüchen für Zeiträume seither entschieden worden ist.

Zu Recht hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Gemäß § 48 Abs. 1 SGB VI haben Kinder nach dem Tode eines Elternteils Anspruch auf Halbwaisenrente, wenn sie noch einen Elternteil haben, der unbeschadet der wirtschaftlichen Verhältnisse unterhaltspflichtig ist (Nr. 1), und wenn der verstorbene Elternteil die allgemeine Wartezeit erfüllt hat (Nr. 2). Trotz Erfüllung dieser Voraussetzungen kann die Klägerin nach Vollendung des 18. Lebensjahres über den 31. August 2005 hinaus keine monatliche Zahlung der Halbwaisenrente beanspruchen, weil sie für den gesamten zur Entscheidung stehenden Zeitraum (September 2005 bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats im September 2006) nicht wegen eines anerkannten Grundes gehindert war, ihren Lebensunterhalt durch eine eigene Erwerbstätigkeit zu finanzieren.

Das Stammrecht auf (Halb-)Waisenrente besteht solange fort, wie aus ihm noch Einzel-(Zahlungs-) Ansprüche entstehen können. Es erlischt erst mit Erreichen der altersmäßigen Höchstbegrenzung, also mit Vollendung des 27. Lebensjahres (§ 48 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI), sofern kein Verlängerungstatbestand iS des § 48 Abs. 5 SGB VI gegeben ist. Ob und wie lange das subjektive Recht auf Halbwaisenrente (Einzel-)Zahlungsansprüche hervorbringt, bestimmt das Gesetz in Abhängigkeit von Altersgrenzen unterschiedlich. Ohne weitere Voraussetzungen entstehen monatliche Zahlungsansprüche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (§ 48 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI), für die Zeit danach nur, wenn die Waise wegen eines anerkannten Grundes gehindert war, ihren Lebensunterhalt durch eine eigene Erwerbstätigkeit zu finanzieren (sog gesetzlicher Erwerbshinderungsgrund iS des § 48 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI). Soweit dies nicht der Fall ist, können monatliche Zahlungsansprüche aus dem Stammrecht nicht entstehen (zum Ganzen BSG SozR 3-2600 § 48 Nr. 4).

Da die Klägerin während des streitigen Zeitraums keine Berufs- oder Schulausbildung erhalten hat (und keinen gleichgestellten Verlängerungstatbestand im Sinne des § 48 Abs. 4 Nr. 2 Buchstabe c SGB VI erfüllt), könnten ihr Einzelzahlungsansprüche nur zustehen, wenn es sich bei der fraglichen Zeit um eine noch der Ausbildung zuzurechnende Zwischenzeit gehandelt hätte. Das ist aber nicht der Fall:

Die Rechtsprechung hat den Tatbestand der Schul- und Berufsausbildung wegen des regelmäßig nicht mehr nahtlosen Übergangs zwischen zwei Ausbildungsabschnitten im Wege der ausdehnenden Auslegung auf organisationsbedingt typische Unterbrechungen der Ausbildung, vor allem auf eine deswegen nicht vermeidbare Zwischenzeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten erstreckt. Dabei hat sie nicht sämtliche "unverschuldeten", sondern nur die so genannten unvermeidbaren Zwangspausen als der Ausbildung zuzurechnende Zeiten berücksichtigt. Soweit die staatliche bzw. gesellschaftliche Organisation der verschiedenen Ausbildungsgänge einen zeitlich "nahtlosen" Übergang von einem Ausbildungsabschnitt zum nächsten nicht von vornherein und für jeden Ausbildungswilligen zulässt, wird diese objektiv für jeden unvermeidbare Zwangspause der Ausbildung zugeordnet und damit den Betroffenen nicht angelastet, dass sie aufgrund von Umständen, für die kein Ausbildungswilliger verantwortlich ist, ihre Ausbildung nicht gleich fortsetzen können (vgl. BSG SozR 2200 § 1262 Nr 26, 36; BSGE 56, 154; BSG SozR 3-2200 § 1267 Nr. 1). Wegen der Dauer des Zeitraumes hat sich die Rechtsprechung an die entsprechende Regelung in § 2 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) - heute § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b BKGG - angelehnt, der den (unschädlichen) üblichen und zeitlich überschaubaren Zeitraum auf vier Monate konkretisiert und vereinheitlicht. Der grundsätzlich unterhaltsberechtigten Waise könne es nicht zugemutet werden, jede innerhalb einer Ausbildungs-Zwangspause erreichbare Beschäftigung aufzunehmen oder sich nach erfolgloser Arbeitssuche für diese Zeitspanne auf Sozialhilfe verweisen zu lassen. Vielmehr erfordere der enge Zusammenhalt der Solidargemeinschaft mit der Waise, dieser eine Frist von vier Monaten zuzubilligen, innerhalb derer sie nicht genötigt ist, eine Erwerbstätigkeit zu suchen und aufzunehmen (dazu BSG SozR 3-2200 § 1267 Nr. 3).

Diese von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze sind mit § 48 Abs. 4 Nr. 2 Buchstabe b SGB VI in der Fassung des Art. 1 Nr. 6 Buchst. a des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenversicherung-Nachhaltigkeitsgesetz) vom 21.7.2004 (BGBl. I 1791) vom Gesetzgeber mit Wirkung vom 1. August 2004 – auch was die zeitliche Begrenzung auf vier Monate betrifft – ausdrücklich übernommen worden (vgl. BT-Drucks 15/2149 Seite 21). Ihre Anwendbarkeit auf den vorliegenden Fall steht damit einfachgesetzlich außer Zweifel.

Aus einer weitergehenden Verzögerung der Berufsausbildung infolge Fehlens von Ausbildungsplätzen ergibt sich kein Anspruch auf Waisenrente über diese gesetzlichen Regelungen hinaus. Bei längeren Zwischenzeiten können und müssen die Ausbildungswilligen sich darauf einstellen, diese mit einer Erwerbstätigkeit zu überbrücken. Ein Verstoß gegen die Verfassungsgrundsätze des Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 1 GG liegt darin nicht, weil der Gesetzgeber im Rahmen der typisierenden Bedarfsdeckung und der notwendig typisierenden Regelungen des Versicherungsrisikos die Gruppe der Waisen, die sich nach Vollendung des 18. Lebensjahres über einen Zeitraum von mehr als vier Monaten erfolglos um einen Ausbildungsplatz bemühen, deshalb außer Acht lassen durfte, weil diese Waisen sich zumutbar selbst unterhalten können oder – im Falle von Arbeitslosigkeit – andere staatliche Leistungen in Anspruch nehmen könnten. Ob dabei im Einzelfall Unterhaltsansprüche gegen den verstorbenen Elternteil bestanden hätten, durfte der Gesetzgeber im Rahmen der zulässigen Typisierung unberücksichtigt lassen, zumal zu lange Verzögerungen auch unterhaltsrechtlich dazu führen können, dass der Unterhaltsanspruch auf eine Vorbildung zum Beruf (§ 1610 Abs. 2 BGB) entfällt und das volljährige Kind sich seinen Lebensunterhalt mit ungelernten Tätigkeiten oder aufgrund sonstiger Begabungen und Fertigkeiten verdienen muss (vgl. nur BGH NJW 1998, 1555 mwN). Bei alledem ist die im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit besonders große Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers zu berücksichtigen (vgl zB BVerfGE 78, 104, 121). Der allgemeine Gleichheitssatz enthält kein verfassungsrechtliches Gebot, im konkreten Fall die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung wählen. Die gesetzgeberische Entscheidung, zu Lasten der Versichertengemeinschaft Waisenrentenansprüche nur dann zur Auszahlung kommen zu lassen, wenn die Waise sich in der Ausbildung befindet und dabei die möglichen Schwierigkeiten einer Ausbildungsplatzsuche im Einzelfall unberücksichtigt zu lassen und also nur kurzzeitige Unterbrechungen der Ausbildung als unschädlich anzusehen, begegnet vor diesem Hintergrund keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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