Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 10 RA 461/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 R 1520/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 25. Mai 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten, die seit dem 01. Oktober 2005 Deutsche Rentenversicherung Bund Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme heißt, die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) für die Zeit vom 01. März 1963 bis zum 30. Juni 1990 sowie der während dieses Zeitraums tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste.
Ihm, der 1939 geboren wurde, wurde im März 1963 nach erfolgreichem Studium an der Technischen Universität D der akademische Grad eines Diplom-Ingenieurs verliehen. Seit dem 01. März 1963 war er in verschiedenen volkseigenen Betrieben (VEB) sozialversicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt beim VEB I AL, dessen Nachfolgegesellschaft, die I L GmbH, am 30. Juni 1990 ins Register eingetragen wurde. Vom 01. Juli 1987 bis zum 30. Juni 1990 war der Kläger aufgrund eines so genannten Überleitungsvertrages gemäß § 50 des Arbeitsgesetzbuchs der DDR vom 16. Juni 1977 (GBl I 185) im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages in den VEB K U E delegiert gewesen. Seit dem 01. Dezember 1980 gehörte er der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) an und zahlte Beiträge für ein Einkommen bis 1.200,00 Mark monatlich bzw 14.400,00 Mark jährlich. Eine Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem war nicht erfolgt.
Im Dezember 2000 beantragte er beim beklagten Zusatzversorgungsträger, seine Beschäftigungszeiten in der DDR vom 01. März 1963 bis zum 31. Juni 1990 festzustellen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 19. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2003).
Die anschließend vor dem Sozialgericht (SG) Potsdam erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 25. Mai 2005). Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch des Klägers scheitere an der so genannten Stichtagsregelung, da am 30. Juni 1990 der VEB I L nicht mehr existiert habe.
Mit der Berufung, mit der der Kläger seinen Anspruch weiterverfolgt, macht er geltend, die Nichteinbeziehung verstoße gegen den (allgemeinen) Gleichheitsgrundsatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG)), da die Beklagte sich in der Vergangenheit gegenüber ehemaligen Kollegen nicht auf die Stichtagsregelung berufen habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 25. Mai 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 01. März 1963 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig, da sie im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG stehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet und eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich. Das Rechtsmittel kann daher durch Beschluss zurückgewiesen werden, nachdem die Beteiligten dazu gehört worden sind (§ 153 Abs 4 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG))
Zu entscheiden ist über eine vom Kläger sinngemäß erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG), die nicht nur auf die Feststellung von Zugehörigkeitszeiten im streitigen Zeitraum gerichtet ist, sondern auch auf die Feststellung der während dieses Zeitraums tatsächlich erzielten Entgelte. Obwohl das zuletzt genannte Begehren nicht ausdrücklich Gegenstand seines Antrags im Verwaltungsverfahren war und die Beklagte hierüber im angefochtenen Bescheid (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides) ebenso wenig ausdrücklich – negativ – entschieden hat wie das SG, stehen prozessuale Gründe einer Sachentscheidung des Senats auch insoweit nicht entgegen. Denn da die für dieses Begehren entscheidende Vorfrage des Vorliegens von "Zugehörigkeitszeiten" abschlägig beschieden und damit auch die hiervon abhängigen Ansprüche auf kalenderjährliche Feststellungen von Arbeitsverdiensten abgelehnt wurde, ist davon auszugehen, dass dieses Begehren auch bei der materiell-rechtlichen Prüfung im Verwaltungs- und Klageverfahren Berücksichtigung gefunden hat.
Die Klage hat keinen Erfolg, weil der Kläger nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) erfasst wird, denn er hatte bei Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01. August 1991 keinen Versorgungsanspruch gegen einen Versorgungsträger und keine Versorgungsanwartschaft (§ 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG). Er hatte auch nicht früher einmal nach den Regeln der Versorgungssysteme eine Versorgungsanwartschaft erlangt, die er durch Ausscheiden aus dem Versorgungssystem verloren hatte (§ 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG).
Der Kläger hatte insbesondere, was seinem Anspruch allein zum Durchbruch verhelfen könnte, auch am 01. August 1991 aus bundesrechtlicher Sicht zum 30. Juni 1990 keinen "Anspruch auf eine Versorgungszusage" im Wege einer verfassungskonformen Erweiterung des § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG erworben. Danach ist diese Norm auf diejenigen zu erstrecken, die am 30. Juni 1990 (den Tag vor der Schließung der Zusatzversorgungssysteme der DDR) zwar nicht in einem Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, aber aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach der bundesrechtlichen Rechtslage zum 01. August 1991 einen "Anspruch auf Versorgungszusage" im Hinblick auf die bundesrechtlich weiter geltenden leistungsrechtlichen Regeln der Versorgungssysteme gehabt hätten (vgl etwa BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 8 Seite 73). Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Zusage im Bereich der AVItech hängt gemäß § 1 der VO-AVItech vom 17. August 1950 (GBl 844) und § 1 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 der 2. Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech vom 24. Mai 1951 (GBl 487) von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab (vgl BSG aaO). Generell war dieses System eingerichtet für
- Personen, die berechtigt waren eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und - die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar - in einem volkseigenen oder diesen gleichgestellten Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens.
Am 30. Juni 1990 konnte der Kläger jedoch die betrieblichen Voraussetzungen schon deshalb nicht mehr erfüllen, weil sein Arbeitgeber (dazu: BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 2) zu diesem Zeitpunkt nicht mehr der VEB IFA-Automobilwerke Ludwigsfelde war. Denn mit der Eintragung seiner Nachfolgegesellschaft in das Register (beim Staatlichen Vertragsgericht) wurde die Umwandlung des Betriebes in eine Kapitalgesellschaft wirksam (§ 7 Satz 1 der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 01. März 1990 (GBl I 170; im Folgenden: Umwandlungsverordnung)) mit der Folge, dass die Kapitalgesellschaft zu diesem Zeitpunkt Rechtsnachfolger des umgewandelten Betriebes wurde (aaO Satz 2), der gleichzeitig erlosch (aaO Satz 3).
Die Anwendung der Stichtagsregelung auf die Fälle des vom BSG entwickelten fiktiven Anspruchs auf Einbeziehung in ein System der Zusatzversorgung bewirkt keine dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG widersprechende nachteilige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu denjenigen, die von der Regelung der gesetzlich fingierten Anwartschaft in § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG Nutzen gezogen haben. Das BSG war durch den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gehalten, diese Sonderregelung, die wenige betraf, auf alle diejenigen zur Anwendung zu bringen, die zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch im Sinne der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung erfüllten. Der vom § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der DDR rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten. Der hier in Frage stehende Personenkreis hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der DDR zu keinem Zeitpunkt inne. Er hatte, wenn er die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BSG erfüllte, lediglich eine Chance oder Aussicht, die durch die entsprechenden Versorgungsordnungen der DDR eröffnet war und erst durch die gesamtdeutsche Rechtsprechung realisiert wurde. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der DDR der Beitritt zur FZR offen, war dort allerdings mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnelleren Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu versagen. Dies gilt unbeschadet dessen, dass, wie der vorliegende Fall zeigt, die Anwendung des Stichtages 30. Juni 1990 mit erheblichen Härten verbunden ist. Aus diesem Grund besteht auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebot keine Verpflichtung gegenüber dem Kläger, dessen VEB in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wurde, einen fiktiven Anspruch auf Zugehörigkeit zum Versorgungssystem AVItech zuzuerkennen. Diese Entwicklung war nach der Rechtsordnung des Beitrittsgebiets vorgezeichnet. Durch die Umwandlungsverordnung wurde die Umwandlung der volkseigenen Betriebe in Kapitalgesellschaften angeordnet. Das Bestehen eines fiktiven Anspruchs am 30. Juni 1990 hing damit zwar vielfach von Umständen ab, auf die der Betroffene keinen Einfluss hatte. Bei keinem dieser Umstände handelt es sich jedoch um der Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland zurechenbare Rechtsakte oder Vorgänge. Vielmehr beruhte die Entscheidung zur Umwandlung aller volkseigenen Betriebe in eine andere Rechtsform auf einer autonomen Entscheidung der DDR, deren versorgungsrechtliche Nachteile die Bundesrepublik Deutschland nicht auszugleichen hat (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. Oktober 2005, 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05 und 1 BvR 1144/05).
Eine andere Beurteilung des Sachverhaltes wird auch nicht durch den Einwand des Klägers gerechtfertigt, dessen Richtigkeit unterstellt, in der Vergangenheit habe sich die Beklagte gegenüber ehemaligen Kollegen nicht auf die Stichtagsregelung berufen. Denn Art 3 Abs 1 GG vermag eine rechtswidrige Verwaltungspraxis nicht zu rechtfertigen. Es gibt keinen Anspruch auf "Gleichheit im Unrecht" bzw. einen "Anspruch auf Fehlerwiederholung". Andernfalls könnte die Verwaltung – bewusst oder unbewusst – allein durch eine rechtswidrige Praxis geltendes Recht verdrängen oder abändern. Das stünde aber im Widerspruch zu Art 20 Abs 3 GG, wonach die vollziehende Gewalt (und die Rechtsprechung) an Gesetz und Recht gebunden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten, die seit dem 01. Oktober 2005 Deutsche Rentenversicherung Bund Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme heißt, die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) für die Zeit vom 01. März 1963 bis zum 30. Juni 1990 sowie der während dieses Zeitraums tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste.
Ihm, der 1939 geboren wurde, wurde im März 1963 nach erfolgreichem Studium an der Technischen Universität D der akademische Grad eines Diplom-Ingenieurs verliehen. Seit dem 01. März 1963 war er in verschiedenen volkseigenen Betrieben (VEB) sozialversicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt beim VEB I AL, dessen Nachfolgegesellschaft, die I L GmbH, am 30. Juni 1990 ins Register eingetragen wurde. Vom 01. Juli 1987 bis zum 30. Juni 1990 war der Kläger aufgrund eines so genannten Überleitungsvertrages gemäß § 50 des Arbeitsgesetzbuchs der DDR vom 16. Juni 1977 (GBl I 185) im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages in den VEB K U E delegiert gewesen. Seit dem 01. Dezember 1980 gehörte er der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) an und zahlte Beiträge für ein Einkommen bis 1.200,00 Mark monatlich bzw 14.400,00 Mark jährlich. Eine Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem war nicht erfolgt.
Im Dezember 2000 beantragte er beim beklagten Zusatzversorgungsträger, seine Beschäftigungszeiten in der DDR vom 01. März 1963 bis zum 31. Juni 1990 festzustellen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 19. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2003).
Die anschließend vor dem Sozialgericht (SG) Potsdam erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 25. Mai 2005). Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch des Klägers scheitere an der so genannten Stichtagsregelung, da am 30. Juni 1990 der VEB I L nicht mehr existiert habe.
Mit der Berufung, mit der der Kläger seinen Anspruch weiterverfolgt, macht er geltend, die Nichteinbeziehung verstoße gegen den (allgemeinen) Gleichheitsgrundsatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG)), da die Beklagte sich in der Vergangenheit gegenüber ehemaligen Kollegen nicht auf die Stichtagsregelung berufen habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 25. Mai 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 01. März 1963 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig, da sie im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG stehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet und eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich. Das Rechtsmittel kann daher durch Beschluss zurückgewiesen werden, nachdem die Beteiligten dazu gehört worden sind (§ 153 Abs 4 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG))
Zu entscheiden ist über eine vom Kläger sinngemäß erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG), die nicht nur auf die Feststellung von Zugehörigkeitszeiten im streitigen Zeitraum gerichtet ist, sondern auch auf die Feststellung der während dieses Zeitraums tatsächlich erzielten Entgelte. Obwohl das zuletzt genannte Begehren nicht ausdrücklich Gegenstand seines Antrags im Verwaltungsverfahren war und die Beklagte hierüber im angefochtenen Bescheid (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides) ebenso wenig ausdrücklich – negativ – entschieden hat wie das SG, stehen prozessuale Gründe einer Sachentscheidung des Senats auch insoweit nicht entgegen. Denn da die für dieses Begehren entscheidende Vorfrage des Vorliegens von "Zugehörigkeitszeiten" abschlägig beschieden und damit auch die hiervon abhängigen Ansprüche auf kalenderjährliche Feststellungen von Arbeitsverdiensten abgelehnt wurde, ist davon auszugehen, dass dieses Begehren auch bei der materiell-rechtlichen Prüfung im Verwaltungs- und Klageverfahren Berücksichtigung gefunden hat.
Die Klage hat keinen Erfolg, weil der Kläger nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) erfasst wird, denn er hatte bei Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01. August 1991 keinen Versorgungsanspruch gegen einen Versorgungsträger und keine Versorgungsanwartschaft (§ 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG). Er hatte auch nicht früher einmal nach den Regeln der Versorgungssysteme eine Versorgungsanwartschaft erlangt, die er durch Ausscheiden aus dem Versorgungssystem verloren hatte (§ 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG).
Der Kläger hatte insbesondere, was seinem Anspruch allein zum Durchbruch verhelfen könnte, auch am 01. August 1991 aus bundesrechtlicher Sicht zum 30. Juni 1990 keinen "Anspruch auf eine Versorgungszusage" im Wege einer verfassungskonformen Erweiterung des § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG erworben. Danach ist diese Norm auf diejenigen zu erstrecken, die am 30. Juni 1990 (den Tag vor der Schließung der Zusatzversorgungssysteme der DDR) zwar nicht in einem Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, aber aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach der bundesrechtlichen Rechtslage zum 01. August 1991 einen "Anspruch auf Versorgungszusage" im Hinblick auf die bundesrechtlich weiter geltenden leistungsrechtlichen Regeln der Versorgungssysteme gehabt hätten (vgl etwa BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 8 Seite 73). Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Zusage im Bereich der AVItech hängt gemäß § 1 der VO-AVItech vom 17. August 1950 (GBl 844) und § 1 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 der 2. Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech vom 24. Mai 1951 (GBl 487) von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab (vgl BSG aaO). Generell war dieses System eingerichtet für
- Personen, die berechtigt waren eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und - die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar - in einem volkseigenen oder diesen gleichgestellten Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens.
Am 30. Juni 1990 konnte der Kläger jedoch die betrieblichen Voraussetzungen schon deshalb nicht mehr erfüllen, weil sein Arbeitgeber (dazu: BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 2) zu diesem Zeitpunkt nicht mehr der VEB IFA-Automobilwerke Ludwigsfelde war. Denn mit der Eintragung seiner Nachfolgegesellschaft in das Register (beim Staatlichen Vertragsgericht) wurde die Umwandlung des Betriebes in eine Kapitalgesellschaft wirksam (§ 7 Satz 1 der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 01. März 1990 (GBl I 170; im Folgenden: Umwandlungsverordnung)) mit der Folge, dass die Kapitalgesellschaft zu diesem Zeitpunkt Rechtsnachfolger des umgewandelten Betriebes wurde (aaO Satz 2), der gleichzeitig erlosch (aaO Satz 3).
Die Anwendung der Stichtagsregelung auf die Fälle des vom BSG entwickelten fiktiven Anspruchs auf Einbeziehung in ein System der Zusatzversorgung bewirkt keine dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG widersprechende nachteilige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu denjenigen, die von der Regelung der gesetzlich fingierten Anwartschaft in § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG Nutzen gezogen haben. Das BSG war durch den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gehalten, diese Sonderregelung, die wenige betraf, auf alle diejenigen zur Anwendung zu bringen, die zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch im Sinne der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung erfüllten. Der vom § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der DDR rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten. Der hier in Frage stehende Personenkreis hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der DDR zu keinem Zeitpunkt inne. Er hatte, wenn er die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BSG erfüllte, lediglich eine Chance oder Aussicht, die durch die entsprechenden Versorgungsordnungen der DDR eröffnet war und erst durch die gesamtdeutsche Rechtsprechung realisiert wurde. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der DDR der Beitritt zur FZR offen, war dort allerdings mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnelleren Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu versagen. Dies gilt unbeschadet dessen, dass, wie der vorliegende Fall zeigt, die Anwendung des Stichtages 30. Juni 1990 mit erheblichen Härten verbunden ist. Aus diesem Grund besteht auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebot keine Verpflichtung gegenüber dem Kläger, dessen VEB in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wurde, einen fiktiven Anspruch auf Zugehörigkeit zum Versorgungssystem AVItech zuzuerkennen. Diese Entwicklung war nach der Rechtsordnung des Beitrittsgebiets vorgezeichnet. Durch die Umwandlungsverordnung wurde die Umwandlung der volkseigenen Betriebe in Kapitalgesellschaften angeordnet. Das Bestehen eines fiktiven Anspruchs am 30. Juni 1990 hing damit zwar vielfach von Umständen ab, auf die der Betroffene keinen Einfluss hatte. Bei keinem dieser Umstände handelt es sich jedoch um der Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland zurechenbare Rechtsakte oder Vorgänge. Vielmehr beruhte die Entscheidung zur Umwandlung aller volkseigenen Betriebe in eine andere Rechtsform auf einer autonomen Entscheidung der DDR, deren versorgungsrechtliche Nachteile die Bundesrepublik Deutschland nicht auszugleichen hat (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. Oktober 2005, 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05 und 1 BvR 1144/05).
Eine andere Beurteilung des Sachverhaltes wird auch nicht durch den Einwand des Klägers gerechtfertigt, dessen Richtigkeit unterstellt, in der Vergangenheit habe sich die Beklagte gegenüber ehemaligen Kollegen nicht auf die Stichtagsregelung berufen. Denn Art 3 Abs 1 GG vermag eine rechtswidrige Verwaltungspraxis nicht zu rechtfertigen. Es gibt keinen Anspruch auf "Gleichheit im Unrecht" bzw. einen "Anspruch auf Fehlerwiederholung". Andernfalls könnte die Verwaltung – bewusst oder unbewusst – allein durch eine rechtswidrige Praxis geltendes Recht verdrängen oder abändern. Das stünde aber im Widerspruch zu Art 20 Abs 3 GG, wonach die vollziehende Gewalt (und die Rechtsprechung) an Gesetz und Recht gebunden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
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