L 24 KR 18/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 KR 113/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 18/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 02. Dezember 2002 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Klageverfahrens für beide Rechtszüge zu tragen. Der Streitwert wird auf 766,38 Euro festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin für eine Krankenhausbehandlung zusätzlich zu einer Fallpauschale auch ein Sonderentgelt zusteht.

Die Klägerin, eine Krankenhausbetreiberin, behandelte die bei der Beklagten versicherte CRvom 06. November 2000 bis zum 18. November 2000 vollstationär. Am 07. November 2000 wurden bei der Versicherten eine Hysterektomie mit Vorder- und Hinterwandplastik, Gebärmutter- und Scheidensenkung und eine Inkontinenzoperation durchgeführt Dabei wurde die Hysterektomie vaginal vorgenommen, die Kolposuspensionsplastik hingegen in einer endoskopischen Modifikation durchgeführt.

Mit ihrer Rechnung vom 22. November 2000 machte die Beklagte die Fallpauschale 1501 in Höhe von 6.352,68 DM zuzüglich des Investitionszuschlages von 132 DM und das Sonderentgelt 13.08 in Höhe von 1.498 DM = 766,38 Euro geltend.

Die Beklagte zahlte die Rechnung gekürzt um das Sonderentgelt und begründete dies mit einer gutachterlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e. V. - MDK - vom 18. Dezember 2000, begründete dies damit, die operative Hauptleistung sei der Fallpauschale 1509 der vaginalen Hysterektomie zuzuordnen, so dass das Sonderentgelt 1308 nicht möglich sei, da dieses einer Inkontinenzoperation ohne Hysterektomie zugeordnet sei.

Die Klägerin hat am 16. Dezember 2002 Klage beim Sozialgericht Neuruppin erhoben und die Leistung weiterer 766,38 Euro an sie begehrt. Neben der Fallpauschale sei auch ein Sonderentgelt abrechenbar. Dies hat sie damit begründet, es habe sich um zwei unterschiedliche Eingriffe gehandelt, da die Inkontinenzoperation nicht vaginal durchgeführt wurde, sondern durch die Endoskopie hierfür ein eigener Körperzugang eröffnet worden wurde.

Die Beklagte ist dem unter Hinweis auf die Darlegungen des MDK entgegengetreten.

Das Sozialgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es liege ein Ausnahmefall der Nr. 3 des Sonderentgeltskatalogs vor, da es sich bei der Harninkontinenzoperation um einen eigenen, mit erheblichem Aufwand verbundenen Eingriff gehandelt habe.

Gegen dieses, der Beklagten am 02. Februar 2005 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 25. Februar 2005, zu deren Begründung sie im Wesentlichen auf ein Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10. Januar 2002 (S 26 (4) KR 387/00) verweist, nach dem die Textdefinition des Sonderentgelts 13.08 gegen ihren Wortlaut nicht ausgelegt werden könne. Es erscheine konstruiert bei einer Unterleibsoperation auf die jeweiligen Zugänge abzustellen (auch dort war eine vaginale und abdominale OP durchgeführt worden).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 02. Dezember 2004 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 04. März 2004 (B 3 KR 3/03 R) für bestätigt.

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters ohne mündliche Verhandlung über die Berufung erklärt.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.

Über sie konnte der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit einem derartigen Verfahren erklärt haben (§§ 124, 125 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ).

Die Berufung ist auch nicht begründet.

Das Sozialgericht hat der Klage der Klägerin zu Unrecht stattgegeben, da diese keinen Anspruch auf die Zahlung des Sonderentgelts SE 13.08 hat.

Grundlage des Vergütungsanspruchs sind die nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes - KHG - und der Bundespflegesatzverordnung - BPflV - getroffenen vertraglichen Vereinbarung. Nach § 16 Satz 1 Nr. 1 KHG in der hier maßgeblichen Fassung des 2. BKV-Neuordnungsgesetzes vom 23. Juni 1997 erlässt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Krankenhaupflegesätze, die grundsätzlich die Vergütung nach der Anzahl der Behandlungstage bemessen und für alle Benutzer einheitlich zu berechnen sind (§ 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 KHG). Nach § 17 Abs. 2 a KHG in der Fassung des GKV-Reformgesetzes 2000 vom 22. September 1999 waren für die Vergütung von allgemeinen Krankenhausleistungen schrittweise Fallpauschalen und Sonderentgelte einzuführen (Satz 1), die bis zum 31. Dezember 1997 in einer Rechtsverordnung nach § 16 Satz 1 Nr. 1 KHG bestimmt wurden. Diese Fallpauschalen und Sonderentgelte gelten seit 01. Januar 1998 als vertraglich vereinbart (Satz 7). Die BPflV vom 26. September 1997 hat diese gesetzlichen Vorgaben präzisiert. Ein Sonderentgelt, um das es hier allein geht, stellt neben den Fallpauschalen, dem Budget und den tagesgleichen Pflegesätzen ein Element der Vergütung allgemeiner Krankenhausleistungen dar. Die Nr. 3 des Sonderentgeltkataloges zu § 15 Abs. 1 Nr. 1 BPflV darf zusätzlich zu einer Fallpauschale als weiteres Sonderentgelt nur berechnet werden, wenn am selben Operationstermin eine Operation in einem anderen Operationsgebiet über einen gesonderten Operationszugang vorgenommen wird. Im vorliegenden Fall ist die Tatbestandsvoraussetzung anderer Operationszugang zweifelsfrei erfüllt, fraglich ist und darauf kommt es an (vgl. BSG a.a.O. Entscheidungsgründe Ziffer 2 a), ob auch ein anderes Operationsgebiet vorliegt.

Dies ist aber zur Überzeugung des Senats nicht der Fall. Dass ein neuer Operationszugang angelegt wurde, ist unstreitig, es handelt sich jedoch nicht um ein "anderes Operationsgebiet". In der Fachliteratur wurde als brauchbares Kriterium für den Begriff des anderen Operationsgebiets die Schaffung eines neuen operativen Zugangs angesehen und darauf hingewiesen, dass ein zusätzlicher "Scherenschlag" in demselben bereits weitgehend freigelegten Operationsgebiet die Abrechnung eines Sonderentgelts nicht rechtfertige. Dafür wird etwa das Beispiel einer Gebärmutterentfernung und einer beim selben Operationstermin durchgeführten Blindarmentfernung angegeben. Dazu wird ausgeführt, es könne nur die Fallpauschale 1502 berechnet werden, da das Sonderentgelt für die Blindarmentfernung deshalb nicht möglich sei, da der Blindarm in unmittelbarer Nähe vom Uterus liege, so dass ein neuer operativer Zugang nicht erforderlich sei. Anders sei es, wenn bei einem Patienten auf der linken und auf der rechten Seite ein Leistenbruch operiert werde. Dann sei für jede Seite die Eröffnung eines eigenständigen operativen Zugangs erforderlich (Tuschen/Quass BPflV 5. Auflage, S. 338). Da jedoch die beiden Operationsgebiete bei der Klägerin (Vaginalsenkung und Harninkontinenz) noch enger zusammen liegen als etwa die Gebärmutter und der Blindarm muss, entsprechend der Anatomie des weiblichen Körpers, von einem einheitlichen Operationsgebiet ausgegangen werden. Dies jedoch weist die Sonderbestimmung der Nr. 3 des Sonderentgeltskatalogs nicht aus, da, wie dargelegt, ein anderes Operationsgebiet und ein anderer Zugang erforderlich sind.

Dementsprechend hat auch das Bundessozialgericht in der vom Bevollmächtigten des Klägers zitierten Entscheidung für den Fall einer Gallenblasenoperation und einer Nabelbruchoperation zu der Auffassung tendiert, dabei liege ein einheitliches Operationsgebiet vor, diese Frage jedoch dann letztlich offen gelassen, da es in dem dort zu entscheidenden Fall keine zusätzliche Körperöffnung, sondern lediglich eine Erweiterung der vorhandenen Körperöffnungen im Sinne eines Scherenschlages gesehen hat.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 197 a SGG, 154 Abs. 1 VwGO.

Für die Revision liegt keiner der im Gesetz (§ 160 Abs. 2 SGG) dargelegten Gründe vor, die Rechtssache hat schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung mehr, da Fallpauschalen und Sonderentgelte abgeschafft wurden, somit ein außer Kraft getretenes Gesetz Grundlage der Entscheidung ist. Außer Kraft getretenes Recht jedoch ist nur in Ausnahmefällen die weder vorgetragen noch erkennbar sind, reversibel.
Rechtskraft
Aus
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