Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 40 VH 145/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 VH 7/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Dezember 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf eine höhere Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz(BVG) in Verbindung mit dem Häftlingshilfegesetz (HHG) wegen einer anerkannten posttraumatischen Belastungsstörung hat.
Der 1935 geborene Kläger befand sich vom 25. März 1954 bis zum 31. März 1960 und vom 17. Dezember 1960 bis zum 18. Dezember 1963 in politischem Gewahrsam im Sinne des § 1 Häftlingshilfegesetz (HHG).
Auf seinen Entschädigungsantrag vom 25. Mai 1990, mit dem der Kläger u.a. eine anhaltende Belastungsreaktion geltend machte, erkannte der Beklagte durch Bescheid vom 11. September 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 1992 eine anhaltende Belastungsreaktion als Schädigungsfolge an. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grade von wenigstens 25 v. H. liege nicht vor. Im anschließenden Klageverfahren holte das Sozialgericht Berlin ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. G ein, der den Kläger bereits zuvor im November 1989 in einem Rechtstreit gegen das Landesarbeitsamt Berlin begutachtet hatte. Dr. Ggelangte in seinem Gutachten vom 18. Juni 1993 zu der Einschätzung, dass sich die dysthymen und angst/phobischen Störungen seit der Wende deutlich verstärkt hätten. Die psychiatrisch relevante MdE sei jetzt mit 45 v. H., aufgerundet auf 50 v. H. zu bewerten.
Der Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 10. Juni 1994 eine Rente nach einer MdE von 30 v.H. Er folgte damit der Einschätzung der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie H, die die Auffassung vertrat, dass die Wiedervereinigung ein schädigungsunabhängiges Ereignis sei. Auch wenn es hierdurch zu einer Verstärkung der Symptomatik gekommen
sei, sei wegen der Vielzahl der zusätzlichen Belastungsfaktoren von einer Verschiebung der Wesensgrundlage auszugehen. Durch Urteil vom 11. März 1994 verurteilte das Sozialgericht, dem Gutachten von Dr. G folgend, den Beklagten zur Gewährung einer Rente nach einer MdE von 50 v.H ... Im anschließenden Berufungsverfahren holte der 11. Senat des Landessozialgerichts Berlin eine ergänzende Stellungnahme von Dr. G ein, der darauf verwies, dass die Wende die wesentliche Bedeutung für die Verschlimmerung der posttraumatischen Belastungsstörung darstelle. Durch die Primärpersönlichkeitszüge des Klägers sei zwar die Schwelle für die Manifestation seiner haftbedingten posttraumatischen Belastungsstörung gesenkt worden, für deren Ausbildung und Fortbestehen sei diese Störung aber weder nötig noch ausreichend gewesen. Auch für die inzwischen eingetretene Verschlimmerung spiele die Primärpersönlichkeit keine Rolle. Demgegenüber verwiesen Prof. Dr. G und die mit der Durchführung von Tests beauftragte Diplom-Psychologin S auf Störungen einer gesunden seelischen Entwicklung des Klägers bereits im frühen Kindesalter dadurch, dass seine Mutter ihn mit einem halben Jahr zu Pflegeeltern gegeben habe und er danach häufig in Heimen gewesen sei. Im 14./15. Lebensjahr sei er wieder zur Mutter und zum Stiefvater gekommen, nach einem halben Jahr habe es "geknallt", er sei von zu Hause weggegangen und habe Zimmermann gelernt und sich vom CIA für Spionagetätigkeiten anwerben lassen. Es lägen konversionshysterische, schizoid-paranoide sowie psychopathische Persönlichkeitsanteile vor. Prof. Dr. G hielt eine Einschätzung der MdE für die haftverursachte psychische Labilisierung vor dem Hintergrund einer bereits vorbestehenden besonderen Persönlichkeitsstruktur für schwierig; abzugrenzen sei zudem eine Zuspitzung der gesamthaften psychischen Störung mit zunehmendem Alter. Es bestehe eine haftbedingte mäßige, allenfalls beginnend stärker behindernde Störung, so dass eine MdE von 20 v.H. noch möglich erscheine. Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte der Senat ein psychosomatisch/psychotherapeutisches Gutachten von Prof. Dr. Stein, der hervorhob, dass es kaum möglich sei, die vor Beginn der Haft bestehende Art der Persönlichkeitsstruktur mit den entsprechenden Dispositionen zu bestimmten Symptomen vom jetzigen Befund einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung rückblickend einzuschätzen. Um die angenommenen ursächlichen Zusammenhänge zu verdeutlichen, seien als Zweitdiagnose Angstzustände, phobische Reaktionen und depressiv-dysphorische Verstimmungszustände bei einer neurotischen, vorwiegend depressiven Persönlichkeitsstruktur mit schizoiden und hysterischen Zügen zu nennen, wobei die Art der Persönlichkeitsstruktur bzw. Neurose als Reaktionsbasis für die genannte Symptomatik zu verstehen sei. Die MdE sei mit 30 v. H. zu bewerten. Der Senat hob durch Urteil vom 26. September 1996 das Urteil des Sozialgerichts auf und wies die Klage ab. Das psychische Leiden des Klä
gers sei
nicht in vollem Umfang haftbedingt und könne daher nur zum Teil zur Begründung der haftbedingten MdE herangezogen werden.
Einen am 6. April 1999 beim Beklagten eingegangenen Überprüfungsantrag begründete der Kläger mit neueren Forschungen zur Verschlimmerung posttraumatischer Belastungsstörungen ehemaliger Häftlinge der DDR durch die Wiedervereinigung. Durch Bescheid vom 28. April 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 29. September 1999 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Bereits durch Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 26. September 1996 sei festgestellt worden, dass den Ausführungen von Dr. Gzur Feststellung einer MdE von 50 v.H. nicht gefolgt werden könne, weil das psychische Leiden nicht in vollem Umfang haftbedingt sei.
Auf die dagegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Beklagte eine erneute nervenfachärztliche Stellungnahme von Frau Heingeholt, die darauf verwiesen hat, dass sich nach den Ergebnissen des überregionalen Erfahrungsaustausches posttraumatische Belastungsstörungen durch die Aktualisierung der Themen nach der Wiedervereinigung verstärken könnten. Das seelische Leiden sei ab der Zweitbegutachtung durch Dr. Gim Juni 1993 im oberen Bereich der stärker behindernden seelischen Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit einzustufen und mit einer MdE von 40 v.H. zu bewerten. Eine Einstufung im Bereich der schweren seelischen Störungen entsprechend einer schweren Zwangsneurose sei nicht angemessen. Daraufhin gewährte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 16. Mai 2000 für die Zeit ab 1. Januar 1995 eine Grundrente nach einer MdE von 40 v. H.
Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Heingeholt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 6. Mai 2002 dargelegt, in Übereinstimmung mit den Gutachten von Prof. Dr. G und Prof. Dr. S sei festzustellen, dass es sich bei dem vorliegenden psychischen Störungsbild um eine Kombination aus einer offenbar schon früh in der Kindheit herausgebildeten Persönlichkeitsstörung infolge emotionaler Ablehnung durch die primären Bezugspersonen und aus psychisch-reaktiven Haftfolgen in Form einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung handele. Die Haftbedingungen in Waldheim, Bautzen und Frankfurt/Oder seien damals durchaus geeignet gewesen, in existen
ziell und lebensbedrohlicher Form auf die Häftlinge einzuwirken. Die vom Kläger beklagten Symptome sprächen für das Vorliegen einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung. Diese Beschwerden könnten durch äußere Ereignisse verstärkt werden. Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen posttraumatischen Symptomatik und seiner gegenwärtigen Alltagsgestaltung sei die von Dr. Gvorgeschlagene MdE von 50 v.H. sicherlich etwas zu hoch gegriffen, denn es bestünden bei dem Kläger zwar durchaus schon stärker behindernde psychische Haftfolgestörungen, sie führten aber nicht zu einer einschneidenden Bewegungs- und Gestaltungsfreiheit des gegenwärtigen Lebensalltags. Angesichts des Ausmaßes der Störung sei eine MdE von 40 gerechtfertigt.
Durch Urteil vom 2. Dezember 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eine mit einer MdE von 50 v.H. zu bewertende schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten sei nicht erkennbar. Weder der häufige Arbeitsplatzwechsel noch die soziale Zurückgezogenheit ließen auf das Vorliegen von sozialen Anpassungsschwierigkeiten schließen. Gleiches gelte für die angeblich häufig gescheiterten Partnerbeziehungen, da der Kläger Dr. Hgegenüber angegeben habe, seit nunmehr 25 Jahren mit seiner jetzigen Lebensgefährtin zusammenzuleben. Eine Beziehungsunfähigkeit dürfte daher nicht vorliegen.
Gegen das ihm am 17. Januar 2003 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 12. Februar 2003. Er macht geltend, unter Anpassungsschwierigkeiten in allen sozialen Bereichen zu leiden, die zu einer sozialen Isolation geführt hätten. Seine einzige Stütze sei seine Lebenspartnerin, mit der ihn aber keine erfüllte Lebensgemeinschaft im herkömmlichen Sinn verbinde. Er hat eine eidesstattliche Versicherung der Lebensgefährtin, der Zeugin E, vom 4. Februar 2003 eingereicht.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Dezember 2002 aufzuheben, den Bescheid vom 28. April 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. September 1999 und des Bescheides vom 16. Mai 2000 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm ab 1. Januar 1995 eine Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 70 v.H. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein Gutachten der Diplom-Psychologin D vom 30. Juli 2004 eingeholt. Dieser gegenüber hat der Kläger angegeben (S. 7 des Gutachtens), seit seiner Berentung jeden Tag für etwa 2 Stunden aus dem Haus zu gehen, sich eine Zeitung zu holen, in eine Cafeteria in der Nähe zu gehen, wo er mit anderen Stammgästen "quatsche". Er lebe seit Mitte der 70er Jahre in einer befriedigenden Partnerbeziehung, seine Lebensgefährtin stehe hundertprozentig hinter ihm. Die Gutachterin hat ausgeführt, die im Rahmen der vorliegenden Begutachtung durchgeführte testpsychologische Untersuchung habe keine Auffälligkeiten der Persönlichkeitsstruktur ergeben. Testpsychologische Untersuchungen stellten jedoch immer nur ein zusätzliches unterstützendes Instrument bei der klinischen Untersuchung dar, die vor allem auf der Exploration des Klägers beruhe. Es hätten keine pathologischen Auffälligkeiten objektiviert werden können. Die posttraumatische Belastungsstörung sei mit einer MdE von 40 zu bewerten. Von Dr. Gwerde die MdE um 5 v. H. höher und damit immer noch als stärker behindernde Störung eingeschätzt. Durch das Aufrunden der MdE auf 50 v. H. ergebe sich eine qualitative Veränderung der Einordnung des Leidens, das nunmehr als schwere Störung mit mittelgradigen Anpassungsstörungen gewertet werde. Dieser Schweregrad sei allgemein durch eine sich in den meisten Berufen auswirkende psychische Veränderung gekennzeichnet, die zwar weitere Tätigkeiten noch erlaube, aber eine verminderte Einsatzfähigkeit bedinge. Zudem lägen in der Regel erhebliche familiäre Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung vor. Die sozialen Probleme des Klägers erreichten nicht einen Grad, der diese Einordnung rechtfertigen würde. Es lägen keine Anzeichen für grundsätzliche Kontaktschwierigkeiten des Klägers vor.
Auf Antrag des Klägers ist seine Lebensgefährtin E als Zeugin vernommen worden. Die Zeugin hat angegeben, eine engere Beziehung zu dem Kläger habe nur etwa ein dreiviertel Jahr bestanden, seitdem lebten sie "eigentlich nebeneinander her und (hätten) auch getrennte Kassen". Sie glaube, dass der Kläger keine normale Beziehung eingehen könne. Wenn jemand etwas von ihm wolle, fühle er sich sofort eingeengt und brause auf.
Daraufhin hat die Sachverständige D in einer Stellungnahme vom 26. August 2005 die Auffassung vertreten, die Zeugenaussage mache deutlich, dass gravierendere Anpassungsschwierigkeiten gegeben seien als im Gutachten angenommen. Es bestünden schwerwiegende Probleme im zwischenmenschlichen Bereich, die eine dauerhafte Partnerbeziehung erheblich erschwerten. Es lägen mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten vor. Die Art, der Verlauf und die Qualität der Funktionseinschränkungen könnten aber nicht mehr als alleinige Fol
ge der posttraumatischen Belastungsstörung angesehen werden. Sie seien vielmehr als Extremausprägungen von bestimmten Persönlichkeitszügen im Sinne einer Persönlichkeitsstörung zu bewerten. Während in der Beurteilung im Gutachten anhand der Fehleinschätzung der Bindungsfähigkeit des Klägers noch davon ausgegangen worden sei, dass der Kläger den mehrfachen Verlust von engen Bezugspersonen sowie die rigide Erziehung und fehlende Zuwendung im Kinderlager kompensiert habe, sei es wahrscheinlich, dass es sich bei diesen als unproblematisch geschilderten Lebenssituationen ebenfalls um optimistisch verschleiernde Äußerungen des Klägers gehandelt habe. Aus den Entwicklungsbedingungen als Kind und Jugendlicher resultierten die späteren gravierenden Anpassungsschwierigkeiten. Die Verhaltensauffälligkeiten seien als narzisstische Persönlichkeitsstörung zu klassifizieren. Eine wesentliche Mitursache der Störung sei in der Persönlichkeitsstörung des Klägers zu sehen. Die Differenzierung zwischen der posttraumatischen Belastungsstörung und der zusätzlich diagnostizierten schädigungsunabhängigen Persönlichkeitsstörung sei nicht einfach, da es Überschneidungen im Erscheinungsbild der Störungen gebe. Dennoch sei ein Beschwerdebild festzustellen, das nach dem wissenschaftlichen Kenntnisstand zu posttraumatischen Störungen nicht allein durch die posttraumatische Belastungsstörung zu erklären sei. Der Verlauf spreche gegen eine Persönlichkeitsänderung durch die Extrembelastung der Haft und für eine durch schwierige Entwicklungsbedingungen bedingte Persönlichkeitsstörung. Der Kläger leide unter einer schädigungsbedingten posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer schädigungsunabhängigen narzisstischen Persönlichkeitsstörung und einer schädigungsunabhängigen sexuellen Funktionsstörung. Die Gesundheitsstörung werde insgesamt als schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 70 eingeschätzt. Das Ausmaß der schädigungsbedingten Störung werde unverändert als stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit einer MdE von 40 v.H. bewertet.
Dagegen hat der Kläger eingewandt, selbst wenn eine Persönlichkeitsstörung vorliege, was bestritten werde, liege ein Ursachenzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem jetzigen Gesundheitszustand vor, weil die Anpassungsschwierigkeiten gerade aus einer Mischung aus beiden Krankheitsbildern resultierten. Die MdE sei deshalb mit 70 v. H. zu bewerten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des Sozialgerichts), der Akten S 43 V 240/92 - 44 und der Versorgungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Änderung des Bescheides vom 16. Mai 2000, mit dem der Beklagte seinen ursprünglich eine Rücknahme ablehnenden Bescheid vom 28. April 1999 bereits dahingehend geändert hat, dass die durch Bescheid vom 10. Juni 1994 anerkannten Schädigungsfolgen mit einer MdE von 40 v. H. bewertet werden. Ein weitergehender Anspruch auf Rücknahme des Bescheides und Gewährung einer höheren Grundrente besteht unter Berücksichtigung des Beweisergebnisses der im Überprüfungsverfahren eingeholten Gutachten nicht.
Nach § 44 Sozialgesetzbuch (SGB) X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit ganz oder teilweise zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen nicht erbracht worden sind.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Beklagte hat zutreffend als Schädigungsfolge eine posttraumatische Belastungsstörung anerkannt, die eine MdE von 40 v. H. bedingt.
Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 4 Abs. 5 Satz 1 HHG). Dies gilt auch für die Verschlimmerung. Eine Wahrscheinlichkeit ist dann gegeben, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht. Lediglich die Möglichkeit eines Zusammenhangs oder ein zeitlicher Zusammenhang genügen nicht.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist weiterhin nicht feststellbar, dass die Haft wahrscheinlich eine psychische Schädigung bewirkt hätte, die zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mehr als 40 v. H. geführt hätte.
Alle im ursprünglichen Verfahren und im jetzigen Verfahren gehörten Sachverständigen bis auf Dr. G und die Diplom-Psychologin D in ihrem Gutachten, das sie aber später revidiert hat, sind auf der Grundlage von verschiedenen Tests sowie des Verhaltens des Klägers ihnen gegenüber und der persönlichen Exploration zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger neben einer posttraumatischen Belastungsstörung eine Persönlichkeitsstörung vorliege, haben also aufgrund ihres speziellen medizinischen bzw. psychologischen Sachverstandes eine Abgrenzung zwischen der Haftfolge und der haftunabhängigen Persönlichkeitsstörung vorgenommen. Dem folgt der Senat, da das Ergebnis unter Würdigung der zur Akte gelangten biografischen Daten (von der Mutter in eine Pflegefamilie gegeben, spätere Heimaufenthalte, aggressive Auseinandersetzungen nach Rückkehr in die Ursprungsfamilie) nachvollziehbar ist. Dabei hat er insbesondere berücksichtigt, dass nicht nur Prof. Dr. G, sondern auch der auf Antrag des Klägers gehörte Prof. Dr. St anhand der von ihnen ausgewerteten Tests zu dem Ergebnis gelangt sind, dass bei dem Kläger neben der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung eine Persönlichkeitsstruktur mit schizoiden und hysterischen Zügen vorliege. Dem ist Dr. H, ein speziell in der Begutachtung von posttraumatischen Belastungsstörungen erfahrener Gutachter, gefolgt. Er hat dies mit dem von ihm gewonnenen Eindruck, dass der Kläger die meisten Fragen nach seinen persönlichen Beziehungen und Bindungen sehr unscharf und knapp beantworte zugunsten der Verfolgung- und Haftgeschichte, belegt. Dies steht im Übrigen in Übereinstimmung zu den Angaben von Prof. Dr. St, der ausgeführt hat, der Kläger treffe durchgehend sehr allgemeine Angaben und gebe unscharfe Zeitangaben auch für lebensgeschichtlich relevante Ereignisse. Daraus folgert die Diplom-Psychologin Din Kenntnis der Tatsache, dass der Kläger die gegenwärtige Beziehung zu seiner Lebensgefährtin und sonstigen Kontaktpersonen beschönigend beschrieben hatte, der Kläger habe auch die Belastungen in der Jugendzeit nicht so kompensiert, wie es anhand seiner Schilderungen anzunehmen sei. Die Entwicklungsbedingungen hätten die späteren gravierenden sozialen Anpassungsschwierigkeiten verursacht. Dies schlussfolgert die Gutachterin für den Senat nachvollziehbar aus verschiedenen Anknüpfungstatsachen in der Jugendzeit des Klägers. Zum einen hat der Kläger bei seinen ansonsten eher unscharfen Angaben ausgeführt, seinen Bruder verprügelt zu haben, weil er sich nicht habe unterdrücken lassen wollen. Auch hat er seine Lehre als Zimmermann abgebrochen und nach Schwierigkeiten in der Primärfamilie unverbindliche Kontakte in Kneipen gesucht. Des Weiteren legt sie nachvollziehbar dar, dass der optimistisch-verschleiernde Erzählstil als mangelnde Introspektionsfähigkeit und Selbstreflexion zu werten sei. Die Diskrepanz zwischen dem Klägervortrag bei verschiedenen Anlässen hatte schon die Diplom-Psychologin S herausgearbeitet, wenngleich sie hierin den "absichtsvollen" Versuch gesehen hat, den Anteil früherer Lebensumstände an seinen Schwierigkeiten zu leugnen.
Nach alledem konnte der Senat - wie schon der 11. Senat in seinem Urteil vom 26. September 1996 - der Einschätzung von Dr. G, es liege allein eine posttraumatische Belastungs- störung vor, nicht folgen, da Dr. G diese Einschätzung nicht begründet hat. Insoweit war zu berücksichtigen, dass Dr. G sich speziell mit der Frage zu befassen hatte, ob das äußere Ereignis der Wende geeignet sei, eine Verschlimmerung der posttraumatischen Belastungsstörung herbeizuführen. Diese Tatsache steht inzwischen jedoch außer Streit.
Ausgehend vom Vorliegen zweier Erkrankungsbilder, nämlich einer Persönlichkeitsstörung und einer posttraumatischen Belastungsstörung ist die schädigungsbedingte MdE mit 40 v. H. einzuschätzen. Maßstab für die Bewertung der Erkrankung ist nicht das Gesamtbild der psychischen Beeinträchtigung, die die Gutachterin Dnunmehr mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 bewertet, sondern nur die durch die posttraumatische Belastungsstörung verursachte Funktionsstörung.
Entgegen der Auffassung des Klägers stellt die nach alledem als eigenständiges Erkrankungsbild zu bewertende Persönlichkeitsstörung keine wesentliche Mitursache für die nunmehr von der Gutachterin angenommene schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten dar. Zwar spricht die Gutachterin in ihrer Stellungnahme davon, dass "hinsichtlich der Kausalität der aktuellen Gesundheitsstörung eine wesentliche Mitursache der Störung in der diagnostizierten Persönlichkeitsstörung gesehen" werde. Durch diese Formulierung wird jedoch keine Mitursache im Sinne der Versorgungsgesetze festgestellt. Denn Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze ist nach Nr. 36 Abs. 2 S. 148 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (Anhaltspunkte) 2004 die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Haben mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen, sind sie versorgungsrechtlich nur dann nebeneinander stehende Mitursachen (und wie Ursachen zu werten), wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges annähernd gleichwertig sind. Voraussetzung der Bewertung der Persönlichkeitsstörung als Mitursache wäre also, dass ein einheitlicher "Erfolg", d.h. ein Gesundheitsschaden festgestellt werden könnte, der durch mehrere Ursachen veranlasst worden ist. Dies ist jedoch nach Auffassung der Gutachterin gerade nicht der Fall. Denn sie differenziert bei der Bewertung der diagnostizierten schweren Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten hinsichtlich der im einzelnen vorliegenden Beeinträchtigung, die durch die posttraumatische Belastungsstörung verursacht worden ist, und
derjenigen, die auf der Persönlichkeitsstörung beruht. So weist sie darauf hin, dass Konflikte mit den Vorgesetzten eher aus der Persönlichkeitsstörung resultieren. Die Vermeidung stationärer Behandlungen ist hingegen der posttraumatischen Belastungsstörung zuzurechnen. Die
fehlende Fähigkeit, eine Partnerschaft im üblichen Sinn einzugehen, ist Ausdruck der Persönlichkeitsstörung.
Ergänzend war zu berücksichtigen, dass Dr. G, der den Kläger 1989 und 1993 untersucht hat, gerade eine Zunahme der Beschwerden festgestellt hat, die er auf die äußeren politischen Ereignisse zurückgeführt hat. Diese Sicht entspricht nicht nur den Angaben des Klägers, sondern wird auch durch Dr. Hbestätigt. Demgegenüber traten die Schwierigkeiten mit Arbeitgebern schon seit den 60-er Jahren auf. Auch bestand nach den Angaben der Zeugin bereits Ende der 70er Jahre keine enge Beziehung zwischen dem Kläger und ihr.
Ist nach alledem allein die MdE aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörung festzustellen, folgt der Senat der übereinstimmenden Bewertung durch Dr. H und die Diplom-Psychologin D. Allerdings ist die Bewertung des GdB nicht der Beweiserhebung durch Anhörung eines ärztlichen Sachverständigen zugänglich, sondern bildet das Ergebnis der Beweiswürdigung des Gerichts anhand der ärztlicherseits festgestellten Funktionseinschränkungen. Eine schädigungsbedingte schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten allein aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörung konnte der Senat nicht feststellen. Eine höhere MdE als 40 v. H. hat nur Dr. G angenommen und zur Begründung eine Zunahme der Beeinträchtigung nach seiner ersten Einschätzung im Jahr 1989 um die Hälfte angeführt. Er gelangte zu einer MdE von 45 v. H., die er damit begründete, dass die Störung zwischen einer deutlich stärker und einer schwerbehindernden Störung anzusiedeln sei, so dass sich ein aufgerundeter Wert von 50 v. H. ergebe. Dem konnte Dr. H nicht folgen, weil er keine wesentliche Einschränkung der Bewegungs- und Gestaltungsfreiheit im gegenwärtigen Lebensalltag feststellen konnte. Maßgeblich für die Bewertung war für den Senat, dass auch nach der Auffassung von Dr. G eine MdE von 50 v. H. nicht aufgrund der auch von ihm vorgenommenen Einschätzung bestand, sondern sich nur durch eine "Aufrundung" ergab. Diese würde jedoch zu einer Einordnung als schwere Störung führen, die mit mittelgradigen sozialen Anpassungsstörungen verbunden wäre. Mittelgradige Anpassungsstörungen setzen nicht nur berufliche Schwierigkeiten, sondern auch die Feststellung erheblicher familiärer Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung voraus, die –wie bereits dargelegt- jedenfalls nicht schädigungsbedingt gegeben sind.
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf eine höhere Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz(BVG) in Verbindung mit dem Häftlingshilfegesetz (HHG) wegen einer anerkannten posttraumatischen Belastungsstörung hat.
Der 1935 geborene Kläger befand sich vom 25. März 1954 bis zum 31. März 1960 und vom 17. Dezember 1960 bis zum 18. Dezember 1963 in politischem Gewahrsam im Sinne des § 1 Häftlingshilfegesetz (HHG).
Auf seinen Entschädigungsantrag vom 25. Mai 1990, mit dem der Kläger u.a. eine anhaltende Belastungsreaktion geltend machte, erkannte der Beklagte durch Bescheid vom 11. September 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 1992 eine anhaltende Belastungsreaktion als Schädigungsfolge an. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grade von wenigstens 25 v. H. liege nicht vor. Im anschließenden Klageverfahren holte das Sozialgericht Berlin ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. G ein, der den Kläger bereits zuvor im November 1989 in einem Rechtstreit gegen das Landesarbeitsamt Berlin begutachtet hatte. Dr. Ggelangte in seinem Gutachten vom 18. Juni 1993 zu der Einschätzung, dass sich die dysthymen und angst/phobischen Störungen seit der Wende deutlich verstärkt hätten. Die psychiatrisch relevante MdE sei jetzt mit 45 v. H., aufgerundet auf 50 v. H. zu bewerten.
Der Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 10. Juni 1994 eine Rente nach einer MdE von 30 v.H. Er folgte damit der Einschätzung der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie H, die die Auffassung vertrat, dass die Wiedervereinigung ein schädigungsunabhängiges Ereignis sei. Auch wenn es hierdurch zu einer Verstärkung der Symptomatik gekommen
sei, sei wegen der Vielzahl der zusätzlichen Belastungsfaktoren von einer Verschiebung der Wesensgrundlage auszugehen. Durch Urteil vom 11. März 1994 verurteilte das Sozialgericht, dem Gutachten von Dr. G folgend, den Beklagten zur Gewährung einer Rente nach einer MdE von 50 v.H ... Im anschließenden Berufungsverfahren holte der 11. Senat des Landessozialgerichts Berlin eine ergänzende Stellungnahme von Dr. G ein, der darauf verwies, dass die Wende die wesentliche Bedeutung für die Verschlimmerung der posttraumatischen Belastungsstörung darstelle. Durch die Primärpersönlichkeitszüge des Klägers sei zwar die Schwelle für die Manifestation seiner haftbedingten posttraumatischen Belastungsstörung gesenkt worden, für deren Ausbildung und Fortbestehen sei diese Störung aber weder nötig noch ausreichend gewesen. Auch für die inzwischen eingetretene Verschlimmerung spiele die Primärpersönlichkeit keine Rolle. Demgegenüber verwiesen Prof. Dr. G und die mit der Durchführung von Tests beauftragte Diplom-Psychologin S auf Störungen einer gesunden seelischen Entwicklung des Klägers bereits im frühen Kindesalter dadurch, dass seine Mutter ihn mit einem halben Jahr zu Pflegeeltern gegeben habe und er danach häufig in Heimen gewesen sei. Im 14./15. Lebensjahr sei er wieder zur Mutter und zum Stiefvater gekommen, nach einem halben Jahr habe es "geknallt", er sei von zu Hause weggegangen und habe Zimmermann gelernt und sich vom CIA für Spionagetätigkeiten anwerben lassen. Es lägen konversionshysterische, schizoid-paranoide sowie psychopathische Persönlichkeitsanteile vor. Prof. Dr. G hielt eine Einschätzung der MdE für die haftverursachte psychische Labilisierung vor dem Hintergrund einer bereits vorbestehenden besonderen Persönlichkeitsstruktur für schwierig; abzugrenzen sei zudem eine Zuspitzung der gesamthaften psychischen Störung mit zunehmendem Alter. Es bestehe eine haftbedingte mäßige, allenfalls beginnend stärker behindernde Störung, so dass eine MdE von 20 v.H. noch möglich erscheine. Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte der Senat ein psychosomatisch/psychotherapeutisches Gutachten von Prof. Dr. Stein, der hervorhob, dass es kaum möglich sei, die vor Beginn der Haft bestehende Art der Persönlichkeitsstruktur mit den entsprechenden Dispositionen zu bestimmten Symptomen vom jetzigen Befund einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung rückblickend einzuschätzen. Um die angenommenen ursächlichen Zusammenhänge zu verdeutlichen, seien als Zweitdiagnose Angstzustände, phobische Reaktionen und depressiv-dysphorische Verstimmungszustände bei einer neurotischen, vorwiegend depressiven Persönlichkeitsstruktur mit schizoiden und hysterischen Zügen zu nennen, wobei die Art der Persönlichkeitsstruktur bzw. Neurose als Reaktionsbasis für die genannte Symptomatik zu verstehen sei. Die MdE sei mit 30 v. H. zu bewerten. Der Senat hob durch Urteil vom 26. September 1996 das Urteil des Sozialgerichts auf und wies die Klage ab. Das psychische Leiden des Klä
gers sei
nicht in vollem Umfang haftbedingt und könne daher nur zum Teil zur Begründung der haftbedingten MdE herangezogen werden.
Einen am 6. April 1999 beim Beklagten eingegangenen Überprüfungsantrag begründete der Kläger mit neueren Forschungen zur Verschlimmerung posttraumatischer Belastungsstörungen ehemaliger Häftlinge der DDR durch die Wiedervereinigung. Durch Bescheid vom 28. April 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 29. September 1999 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Bereits durch Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 26. September 1996 sei festgestellt worden, dass den Ausführungen von Dr. Gzur Feststellung einer MdE von 50 v.H. nicht gefolgt werden könne, weil das psychische Leiden nicht in vollem Umfang haftbedingt sei.
Auf die dagegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Beklagte eine erneute nervenfachärztliche Stellungnahme von Frau Heingeholt, die darauf verwiesen hat, dass sich nach den Ergebnissen des überregionalen Erfahrungsaustausches posttraumatische Belastungsstörungen durch die Aktualisierung der Themen nach der Wiedervereinigung verstärken könnten. Das seelische Leiden sei ab der Zweitbegutachtung durch Dr. Gim Juni 1993 im oberen Bereich der stärker behindernden seelischen Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit einzustufen und mit einer MdE von 40 v.H. zu bewerten. Eine Einstufung im Bereich der schweren seelischen Störungen entsprechend einer schweren Zwangsneurose sei nicht angemessen. Daraufhin gewährte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 16. Mai 2000 für die Zeit ab 1. Januar 1995 eine Grundrente nach einer MdE von 40 v. H.
Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Heingeholt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 6. Mai 2002 dargelegt, in Übereinstimmung mit den Gutachten von Prof. Dr. G und Prof. Dr. S sei festzustellen, dass es sich bei dem vorliegenden psychischen Störungsbild um eine Kombination aus einer offenbar schon früh in der Kindheit herausgebildeten Persönlichkeitsstörung infolge emotionaler Ablehnung durch die primären Bezugspersonen und aus psychisch-reaktiven Haftfolgen in Form einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung handele. Die Haftbedingungen in Waldheim, Bautzen und Frankfurt/Oder seien damals durchaus geeignet gewesen, in existen
ziell und lebensbedrohlicher Form auf die Häftlinge einzuwirken. Die vom Kläger beklagten Symptome sprächen für das Vorliegen einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung. Diese Beschwerden könnten durch äußere Ereignisse verstärkt werden. Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen posttraumatischen Symptomatik und seiner gegenwärtigen Alltagsgestaltung sei die von Dr. Gvorgeschlagene MdE von 50 v.H. sicherlich etwas zu hoch gegriffen, denn es bestünden bei dem Kläger zwar durchaus schon stärker behindernde psychische Haftfolgestörungen, sie führten aber nicht zu einer einschneidenden Bewegungs- und Gestaltungsfreiheit des gegenwärtigen Lebensalltags. Angesichts des Ausmaßes der Störung sei eine MdE von 40 gerechtfertigt.
Durch Urteil vom 2. Dezember 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eine mit einer MdE von 50 v.H. zu bewertende schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten sei nicht erkennbar. Weder der häufige Arbeitsplatzwechsel noch die soziale Zurückgezogenheit ließen auf das Vorliegen von sozialen Anpassungsschwierigkeiten schließen. Gleiches gelte für die angeblich häufig gescheiterten Partnerbeziehungen, da der Kläger Dr. Hgegenüber angegeben habe, seit nunmehr 25 Jahren mit seiner jetzigen Lebensgefährtin zusammenzuleben. Eine Beziehungsunfähigkeit dürfte daher nicht vorliegen.
Gegen das ihm am 17. Januar 2003 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 12. Februar 2003. Er macht geltend, unter Anpassungsschwierigkeiten in allen sozialen Bereichen zu leiden, die zu einer sozialen Isolation geführt hätten. Seine einzige Stütze sei seine Lebenspartnerin, mit der ihn aber keine erfüllte Lebensgemeinschaft im herkömmlichen Sinn verbinde. Er hat eine eidesstattliche Versicherung der Lebensgefährtin, der Zeugin E, vom 4. Februar 2003 eingereicht.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Dezember 2002 aufzuheben, den Bescheid vom 28. April 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. September 1999 und des Bescheides vom 16. Mai 2000 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm ab 1. Januar 1995 eine Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 70 v.H. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein Gutachten der Diplom-Psychologin D vom 30. Juli 2004 eingeholt. Dieser gegenüber hat der Kläger angegeben (S. 7 des Gutachtens), seit seiner Berentung jeden Tag für etwa 2 Stunden aus dem Haus zu gehen, sich eine Zeitung zu holen, in eine Cafeteria in der Nähe zu gehen, wo er mit anderen Stammgästen "quatsche". Er lebe seit Mitte der 70er Jahre in einer befriedigenden Partnerbeziehung, seine Lebensgefährtin stehe hundertprozentig hinter ihm. Die Gutachterin hat ausgeführt, die im Rahmen der vorliegenden Begutachtung durchgeführte testpsychologische Untersuchung habe keine Auffälligkeiten der Persönlichkeitsstruktur ergeben. Testpsychologische Untersuchungen stellten jedoch immer nur ein zusätzliches unterstützendes Instrument bei der klinischen Untersuchung dar, die vor allem auf der Exploration des Klägers beruhe. Es hätten keine pathologischen Auffälligkeiten objektiviert werden können. Die posttraumatische Belastungsstörung sei mit einer MdE von 40 zu bewerten. Von Dr. Gwerde die MdE um 5 v. H. höher und damit immer noch als stärker behindernde Störung eingeschätzt. Durch das Aufrunden der MdE auf 50 v. H. ergebe sich eine qualitative Veränderung der Einordnung des Leidens, das nunmehr als schwere Störung mit mittelgradigen Anpassungsstörungen gewertet werde. Dieser Schweregrad sei allgemein durch eine sich in den meisten Berufen auswirkende psychische Veränderung gekennzeichnet, die zwar weitere Tätigkeiten noch erlaube, aber eine verminderte Einsatzfähigkeit bedinge. Zudem lägen in der Regel erhebliche familiäre Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung vor. Die sozialen Probleme des Klägers erreichten nicht einen Grad, der diese Einordnung rechtfertigen würde. Es lägen keine Anzeichen für grundsätzliche Kontaktschwierigkeiten des Klägers vor.
Auf Antrag des Klägers ist seine Lebensgefährtin E als Zeugin vernommen worden. Die Zeugin hat angegeben, eine engere Beziehung zu dem Kläger habe nur etwa ein dreiviertel Jahr bestanden, seitdem lebten sie "eigentlich nebeneinander her und (hätten) auch getrennte Kassen". Sie glaube, dass der Kläger keine normale Beziehung eingehen könne. Wenn jemand etwas von ihm wolle, fühle er sich sofort eingeengt und brause auf.
Daraufhin hat die Sachverständige D in einer Stellungnahme vom 26. August 2005 die Auffassung vertreten, die Zeugenaussage mache deutlich, dass gravierendere Anpassungsschwierigkeiten gegeben seien als im Gutachten angenommen. Es bestünden schwerwiegende Probleme im zwischenmenschlichen Bereich, die eine dauerhafte Partnerbeziehung erheblich erschwerten. Es lägen mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten vor. Die Art, der Verlauf und die Qualität der Funktionseinschränkungen könnten aber nicht mehr als alleinige Fol
ge der posttraumatischen Belastungsstörung angesehen werden. Sie seien vielmehr als Extremausprägungen von bestimmten Persönlichkeitszügen im Sinne einer Persönlichkeitsstörung zu bewerten. Während in der Beurteilung im Gutachten anhand der Fehleinschätzung der Bindungsfähigkeit des Klägers noch davon ausgegangen worden sei, dass der Kläger den mehrfachen Verlust von engen Bezugspersonen sowie die rigide Erziehung und fehlende Zuwendung im Kinderlager kompensiert habe, sei es wahrscheinlich, dass es sich bei diesen als unproblematisch geschilderten Lebenssituationen ebenfalls um optimistisch verschleiernde Äußerungen des Klägers gehandelt habe. Aus den Entwicklungsbedingungen als Kind und Jugendlicher resultierten die späteren gravierenden Anpassungsschwierigkeiten. Die Verhaltensauffälligkeiten seien als narzisstische Persönlichkeitsstörung zu klassifizieren. Eine wesentliche Mitursache der Störung sei in der Persönlichkeitsstörung des Klägers zu sehen. Die Differenzierung zwischen der posttraumatischen Belastungsstörung und der zusätzlich diagnostizierten schädigungsunabhängigen Persönlichkeitsstörung sei nicht einfach, da es Überschneidungen im Erscheinungsbild der Störungen gebe. Dennoch sei ein Beschwerdebild festzustellen, das nach dem wissenschaftlichen Kenntnisstand zu posttraumatischen Störungen nicht allein durch die posttraumatische Belastungsstörung zu erklären sei. Der Verlauf spreche gegen eine Persönlichkeitsänderung durch die Extrembelastung der Haft und für eine durch schwierige Entwicklungsbedingungen bedingte Persönlichkeitsstörung. Der Kläger leide unter einer schädigungsbedingten posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer schädigungsunabhängigen narzisstischen Persönlichkeitsstörung und einer schädigungsunabhängigen sexuellen Funktionsstörung. Die Gesundheitsstörung werde insgesamt als schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 70 eingeschätzt. Das Ausmaß der schädigungsbedingten Störung werde unverändert als stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit einer MdE von 40 v.H. bewertet.
Dagegen hat der Kläger eingewandt, selbst wenn eine Persönlichkeitsstörung vorliege, was bestritten werde, liege ein Ursachenzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem jetzigen Gesundheitszustand vor, weil die Anpassungsschwierigkeiten gerade aus einer Mischung aus beiden Krankheitsbildern resultierten. Die MdE sei deshalb mit 70 v. H. zu bewerten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des Sozialgerichts), der Akten S 43 V 240/92 - 44 und der Versorgungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Änderung des Bescheides vom 16. Mai 2000, mit dem der Beklagte seinen ursprünglich eine Rücknahme ablehnenden Bescheid vom 28. April 1999 bereits dahingehend geändert hat, dass die durch Bescheid vom 10. Juni 1994 anerkannten Schädigungsfolgen mit einer MdE von 40 v. H. bewertet werden. Ein weitergehender Anspruch auf Rücknahme des Bescheides und Gewährung einer höheren Grundrente besteht unter Berücksichtigung des Beweisergebnisses der im Überprüfungsverfahren eingeholten Gutachten nicht.
Nach § 44 Sozialgesetzbuch (SGB) X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit ganz oder teilweise zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen nicht erbracht worden sind.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Beklagte hat zutreffend als Schädigungsfolge eine posttraumatische Belastungsstörung anerkannt, die eine MdE von 40 v. H. bedingt.
Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 4 Abs. 5 Satz 1 HHG). Dies gilt auch für die Verschlimmerung. Eine Wahrscheinlichkeit ist dann gegeben, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht. Lediglich die Möglichkeit eines Zusammenhangs oder ein zeitlicher Zusammenhang genügen nicht.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist weiterhin nicht feststellbar, dass die Haft wahrscheinlich eine psychische Schädigung bewirkt hätte, die zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mehr als 40 v. H. geführt hätte.
Alle im ursprünglichen Verfahren und im jetzigen Verfahren gehörten Sachverständigen bis auf Dr. G und die Diplom-Psychologin D in ihrem Gutachten, das sie aber später revidiert hat, sind auf der Grundlage von verschiedenen Tests sowie des Verhaltens des Klägers ihnen gegenüber und der persönlichen Exploration zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger neben einer posttraumatischen Belastungsstörung eine Persönlichkeitsstörung vorliege, haben also aufgrund ihres speziellen medizinischen bzw. psychologischen Sachverstandes eine Abgrenzung zwischen der Haftfolge und der haftunabhängigen Persönlichkeitsstörung vorgenommen. Dem folgt der Senat, da das Ergebnis unter Würdigung der zur Akte gelangten biografischen Daten (von der Mutter in eine Pflegefamilie gegeben, spätere Heimaufenthalte, aggressive Auseinandersetzungen nach Rückkehr in die Ursprungsfamilie) nachvollziehbar ist. Dabei hat er insbesondere berücksichtigt, dass nicht nur Prof. Dr. G, sondern auch der auf Antrag des Klägers gehörte Prof. Dr. St anhand der von ihnen ausgewerteten Tests zu dem Ergebnis gelangt sind, dass bei dem Kläger neben der chronischen posttraumatischen Belastungsstörung eine Persönlichkeitsstruktur mit schizoiden und hysterischen Zügen vorliege. Dem ist Dr. H, ein speziell in der Begutachtung von posttraumatischen Belastungsstörungen erfahrener Gutachter, gefolgt. Er hat dies mit dem von ihm gewonnenen Eindruck, dass der Kläger die meisten Fragen nach seinen persönlichen Beziehungen und Bindungen sehr unscharf und knapp beantworte zugunsten der Verfolgung- und Haftgeschichte, belegt. Dies steht im Übrigen in Übereinstimmung zu den Angaben von Prof. Dr. St, der ausgeführt hat, der Kläger treffe durchgehend sehr allgemeine Angaben und gebe unscharfe Zeitangaben auch für lebensgeschichtlich relevante Ereignisse. Daraus folgert die Diplom-Psychologin Din Kenntnis der Tatsache, dass der Kläger die gegenwärtige Beziehung zu seiner Lebensgefährtin und sonstigen Kontaktpersonen beschönigend beschrieben hatte, der Kläger habe auch die Belastungen in der Jugendzeit nicht so kompensiert, wie es anhand seiner Schilderungen anzunehmen sei. Die Entwicklungsbedingungen hätten die späteren gravierenden sozialen Anpassungsschwierigkeiten verursacht. Dies schlussfolgert die Gutachterin für den Senat nachvollziehbar aus verschiedenen Anknüpfungstatsachen in der Jugendzeit des Klägers. Zum einen hat der Kläger bei seinen ansonsten eher unscharfen Angaben ausgeführt, seinen Bruder verprügelt zu haben, weil er sich nicht habe unterdrücken lassen wollen. Auch hat er seine Lehre als Zimmermann abgebrochen und nach Schwierigkeiten in der Primärfamilie unverbindliche Kontakte in Kneipen gesucht. Des Weiteren legt sie nachvollziehbar dar, dass der optimistisch-verschleiernde Erzählstil als mangelnde Introspektionsfähigkeit und Selbstreflexion zu werten sei. Die Diskrepanz zwischen dem Klägervortrag bei verschiedenen Anlässen hatte schon die Diplom-Psychologin S herausgearbeitet, wenngleich sie hierin den "absichtsvollen" Versuch gesehen hat, den Anteil früherer Lebensumstände an seinen Schwierigkeiten zu leugnen.
Nach alledem konnte der Senat - wie schon der 11. Senat in seinem Urteil vom 26. September 1996 - der Einschätzung von Dr. G, es liege allein eine posttraumatische Belastungs- störung vor, nicht folgen, da Dr. G diese Einschätzung nicht begründet hat. Insoweit war zu berücksichtigen, dass Dr. G sich speziell mit der Frage zu befassen hatte, ob das äußere Ereignis der Wende geeignet sei, eine Verschlimmerung der posttraumatischen Belastungsstörung herbeizuführen. Diese Tatsache steht inzwischen jedoch außer Streit.
Ausgehend vom Vorliegen zweier Erkrankungsbilder, nämlich einer Persönlichkeitsstörung und einer posttraumatischen Belastungsstörung ist die schädigungsbedingte MdE mit 40 v. H. einzuschätzen. Maßstab für die Bewertung der Erkrankung ist nicht das Gesamtbild der psychischen Beeinträchtigung, die die Gutachterin Dnunmehr mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 bewertet, sondern nur die durch die posttraumatische Belastungsstörung verursachte Funktionsstörung.
Entgegen der Auffassung des Klägers stellt die nach alledem als eigenständiges Erkrankungsbild zu bewertende Persönlichkeitsstörung keine wesentliche Mitursache für die nunmehr von der Gutachterin angenommene schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten dar. Zwar spricht die Gutachterin in ihrer Stellungnahme davon, dass "hinsichtlich der Kausalität der aktuellen Gesundheitsstörung eine wesentliche Mitursache der Störung in der diagnostizierten Persönlichkeitsstörung gesehen" werde. Durch diese Formulierung wird jedoch keine Mitursache im Sinne der Versorgungsgesetze festgestellt. Denn Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze ist nach Nr. 36 Abs. 2 S. 148 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (Anhaltspunkte) 2004 die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Haben mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen, sind sie versorgungsrechtlich nur dann nebeneinander stehende Mitursachen (und wie Ursachen zu werten), wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges annähernd gleichwertig sind. Voraussetzung der Bewertung der Persönlichkeitsstörung als Mitursache wäre also, dass ein einheitlicher "Erfolg", d.h. ein Gesundheitsschaden festgestellt werden könnte, der durch mehrere Ursachen veranlasst worden ist. Dies ist jedoch nach Auffassung der Gutachterin gerade nicht der Fall. Denn sie differenziert bei der Bewertung der diagnostizierten schweren Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten hinsichtlich der im einzelnen vorliegenden Beeinträchtigung, die durch die posttraumatische Belastungsstörung verursacht worden ist, und
derjenigen, die auf der Persönlichkeitsstörung beruht. So weist sie darauf hin, dass Konflikte mit den Vorgesetzten eher aus der Persönlichkeitsstörung resultieren. Die Vermeidung stationärer Behandlungen ist hingegen der posttraumatischen Belastungsstörung zuzurechnen. Die
fehlende Fähigkeit, eine Partnerschaft im üblichen Sinn einzugehen, ist Ausdruck der Persönlichkeitsstörung.
Ergänzend war zu berücksichtigen, dass Dr. G, der den Kläger 1989 und 1993 untersucht hat, gerade eine Zunahme der Beschwerden festgestellt hat, die er auf die äußeren politischen Ereignisse zurückgeführt hat. Diese Sicht entspricht nicht nur den Angaben des Klägers, sondern wird auch durch Dr. Hbestätigt. Demgegenüber traten die Schwierigkeiten mit Arbeitgebern schon seit den 60-er Jahren auf. Auch bestand nach den Angaben der Zeugin bereits Ende der 70er Jahre keine enge Beziehung zwischen dem Kläger und ihr.
Ist nach alledem allein die MdE aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörung festzustellen, folgt der Senat der übereinstimmenden Bewertung durch Dr. H und die Diplom-Psychologin D. Allerdings ist die Bewertung des GdB nicht der Beweiserhebung durch Anhörung eines ärztlichen Sachverständigen zugänglich, sondern bildet das Ergebnis der Beweiswürdigung des Gerichts anhand der ärztlicherseits festgestellten Funktionseinschränkungen. Eine schädigungsbedingte schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten allein aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörung konnte der Senat nicht feststellen. Eine höhere MdE als 40 v. H. hat nur Dr. G angenommen und zur Begründung eine Zunahme der Beeinträchtigung nach seiner ersten Einschätzung im Jahr 1989 um die Hälfte angeführt. Er gelangte zu einer MdE von 45 v. H., die er damit begründete, dass die Störung zwischen einer deutlich stärker und einer schwerbehindernden Störung anzusiedeln sei, so dass sich ein aufgerundeter Wert von 50 v. H. ergebe. Dem konnte Dr. H nicht folgen, weil er keine wesentliche Einschränkung der Bewegungs- und Gestaltungsfreiheit im gegenwärtigen Lebensalltag feststellen konnte. Maßgeblich für die Bewertung war für den Senat, dass auch nach der Auffassung von Dr. G eine MdE von 50 v. H. nicht aufgrund der auch von ihm vorgenommenen Einschätzung bestand, sondern sich nur durch eine "Aufrundung" ergab. Diese würde jedoch zu einer Einordnung als schwere Störung führen, die mit mittelgradigen sozialen Anpassungsstörungen verbunden wäre. Mittelgradige Anpassungsstörungen setzen nicht nur berufliche Schwierigkeiten, sondern auch die Feststellung erheblicher familiärer Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung voraus, die –wie bereits dargelegt- jedenfalls nicht schädigungsbedingt gegeben sind.
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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