Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 KR 1006/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 1130/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene bei der Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat.
Am 14. November 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen. Sie gab an, dass diese als Call-Center-Agentin für sie tätig werde. Gegenstand des Betriebes sei die Versicherungsvermittlung. Die Aufgabe der Beigeladenen liege darin, telefonisch Termine für – freie – Außendienstmitarbeiter zu vereinbaren. Die Beigeladene erhalte 5,00 EUR die Stunde und daneben 7,50 EUR für jeden erfolgreich vermittelten Termin. Das Beschäftigungsverhältnis bestand vom 20. Oktober 2003 bis zum 7. Dezember 2003. Nach Anhörung der Beteiligten entschied die Beklagte durch Bescheid vom 9. Januar 2004, dass die Beigeladene in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin stehe. Sie unterliege nämlich Weisungen hinsichtlich von Zeit, Dauer und Ort ihrer Tätigkeit. Die Klägerin legte Widerspruch ein und machte geltend, dass die Beigeladene zwar Bestandslisten verwende, welche sie ihr zur Verfügung stelle, dass aber weder die Gesprächsführung noch die Arbeitszeit vorgegeben werde. Die Vergütung sei im Wesentlichen erfolgsabhängig ausgestaltet. Ferner gäbe es auch keine arbeitnehmertypischen Regelungen wie Kündigungsfristen, Urlaub oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 14. April 2004 zurück. Die Beigeladene habe kein Unternehmerrisiko getragen und ausschließlich ihre Arbeitskraft eingesetzt. Die Vereinbarung einer leistungsbezogenen Vergütung sei nicht arbeitnehmeruntypisch. Die Beigeladene sei auch nicht als Selbständige anzusehen, weil sie auf typische Arbeitnehmerschutzrechte verzichtet habe.
Die Klägerin hat hiergegen Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, die Beigeladene sei in der Durchführung ihrer Arbeit frei gewesen. Es habe keine Anweisungen gegeben, wie die Telefongespräche mit den Kunden zu führen wären, sondern lediglich unterstützende und erläuternde Hinweise. Dass der Beigeladenen eine Kundenliste zur Verfügung gestellt worden sei, erkläre sich daraus, dass die Klägerin bei ihren Werbungsmaßnahmen auf den Bestand der vorhandenen Kunden zurückgegriffen habe. Soweit eine Stechuhr zum Einsatz gekommen sei, habe diese nur dem Zweck gedient, die Berechnung für die festen Stundensätze vornehmen zu können. Eine Überwachung der Beigeladenen sei nicht beabsichtigt gewesen. Ergänzend hat die Klägerin auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14. November 1974 – 8 RO 266/76 – verwiesen. Die Beigeladene hat darauf hingewiesen, die Tätigkeit in einem Obergeschoss des Gebäudes verrichtet zu haben, in dem die Klägerin ihren Sitz habe. Ihr sei vorgegeben worden, die Bestandskunden mittags und abends anzurufen. Die Anwesenheitszeiten seien mit Hilfe einer Stechuhr kontrolliert worden. Nach Anhörung der Beigeladenen hat das Sozialgericht Berlin die Klage mit Urteil vom 30. Mai 2005 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Beigeladene sei in der fraglichen Zeit bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen. Die Zuständigkeit der Beklagten zu dieser Feststellung ergebe sich aus § 7 a Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Beschäftigung sei nach § 7 SGB IV als nicht-selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, definiert. Sie unterscheide sich von der selbständigen Erwerbstätigkeit insbesondere dadurch, dass der Beschäftigte in einen fremden Betrieb eingegliedert und dabei hinsichtlich der Ausführung der Arbeitsleistung einem Weisungsrecht unterworfen sei, welches Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfasse. Hier spreche für die Eingliederung der Beigeladenen in den Betrieb die räumliche Ausgestaltung des Arbeitsplatzes. Diese habe ausschließlich in den von der Klägerin zur Verfügung gestellten Räumen telefoniert und sich ausschließlich deren Arbeitsmittel bedient. Auch habe es hinsichtlich der Ausführung der Telefongespräche Vorgaben gegeben. Diesbezüglich habe auch die Klägerin nicht in Abrede gestellt, dass Empfehlungen erteilt worden seien, in welcher Art und Weise Telefongespräche möglicherweise Erfolg versprechend zu führen seien. Ob dies Anweisungen oder Ratschläge gewesen seien, sei nicht entscheidungserheblich, weil die Beigeladene mangels Fachwissen ohnehin auf diese angewiesen gewesen sei. Weiter sei die Zeit der Arbeitsleistung auf die Mittagsstunden oder abends begrenzt gewesen. Die Beigeladene habe ferner nicht in einer Art und Weise selbständig über ihre Tätigkeit bestimmen können, wie dies für ein unternehmerisches Handeln typisch gewesen wäre. Ihre individuellen Möglichkeiten beim Telefonieren hätten nur im Rahmen des intendierten Gesprächszieles bestanden, welches der Klägerin vorgegeben worden sei. Im Übrigen beseitige ein Rest von eigener Entscheidungsfreiheit nicht den Tatbestand einer abhängigen Beschäftigung. Die von der Klägerin angeführte Entscheidung des BSG vom 14. November 1974 unterscheide sich wesentlich. Im Gegensatz zum dort entschiedenen Fall habe die Beigeladene nicht ausschließlich eine erfolgsbezogene Entlohnung erhalten und habe nicht erst auf eigene Kosten und Spesen zunächst die zu befragenden Personen aufsuchen müssen, sondern ihr seien sämtliche Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt worden. Erfolgsbezogene Lohnbestandteile an sich seien nicht arbeitnehmeruntypisch. Lohnfortzahlungs- und Urlaubsanspruch seien gesetzlich bestimmte Arbeitnehmerrechte, die an ein bestehendes Arbeitsverhältnis anknüpften.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Die erstinstanzliche Entscheidung sei falsch, weil die gewandelten Arbeitsprozesse von Call-Center-Agenten unberücksichtigt geblieben seien. Es sei seit langem anerkannt, dass Interviewer der Markt- und Werbeforschung mit Einzelverträgen beauftragt würden. Sie erhielten nur für vollständig zustande gekommene Gespräche und Berichte ein Honorar. Solche Interviewer seien nichtversicherte Beschäftigte, obwohl sie die Telefonanlagen und die Räume ihrer Auftraggeber nutzten und die Telefonnummern über deren Computer angezeigt erhielten. Auch dort würden Fragenkataloge vorgegeben. Ferner seien die Telefonanrufe in einem extra eingerichteten Raum im Haus der Klägerin geführt worden. Die Beigeladene sei nicht in die Betriebsorganisation eingegliedert gewesen. Die vereinbarten Termine seien direkt an die (freien) Untervertreter weitergegeben worden. Für die Tätigkeit seien die Ratschläge oder Empfehlungen der Klägerin nicht entscheidend gewesen. Letztlich sei es allein vom Anrufer abhängig, wie er z. B. durch Modulation seiner Stimme das Gespräch führe und deshalb einen Erfolg erzielen könne. Die Arbeitszeit habe sich aus der Natur der Sache ergeben, nämlich der Erreichbarkeit der Angerufenen. Die Beigeladene habe schließlich ausschließlich eine erfolgsbezogene Entlohnung erhalten. Bei den 5,00 EUR pro Stunde habe es sich nur um eine geringe Aufwandsentschädigung gehandelt. Weil sie die potentiellen Kunden nicht aufsuchen musste, seien ihr keine Kosten und Spesen entstanden. Entscheidend sei vielmehr, dass ein Honoraranspruch erst bei ordnungsgemäßer Erledigung entstanden sei, unabhängig davon, wer das Fehlschlagen zu vertreten gehabt hätte.
Die Klägerin verweist im Übrigen ergänzend auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Mai 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene bei ihrer Tätigkeit bei der Klägerin in der Zeit vom 20. Oktober bis 7. Dezember 2003 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und durch den Berichterstatter alleine anstelle des Senats (§ 155 Abs. 3 und 4 SGG) einverstanden erklärt. Dem Gericht hat die Akte der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Erklärungen der Beigeladenen im Erörterungstermin am 30. Juni 2006, wird ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die zunächst verwiesen wird (§ 153 Abs. 2 SGG), als unbegründet zurückzuweisen.
Die zulässige Klage muss in der Sache ohne Erfolg bleiben. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Call-Center-Agentin für die Klägerin eine dem Grunde nach sozialversicherungspflichtige Tätigkeit dargestellt hat. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 22.06.2005 – B 12 KR 28/03 R – SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 5) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale nach dem Gesamtbild überwiegen (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20.05.1996 – 1 BvR 21/96 – SozR 3 – 2400 § 7 Nr. 11). Hier überwiegen, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, die für eine abhängige Beschäftigung bestehenden Merkmale. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist ergänzend nur darauf hinzuweisen, dass zur Überzeugung des erkennenden Richters von einer Verbindlichkeit des Gesprächsleitfadens für die Beigeladene auszugehen ist. Ferner haben Umstände für selbständige Tätigkeit wie Rechnungsstellung und die Möglichkeit zur Delegation nicht bestanden. Es kann weiter nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der erfolgsunabhängigen Vergütung von 5,00 EUR die Stunde nur um eine unmaßgebliche Aufwandsentschädigung gehandelt haben kann, ohne dass es darauf ankäme, wie exakt die Schätzung der Beigeladenen (Gesamtvergütung je zur Hälfte aus Grund- und Erfolgshonorar) ist.
Da es auf die Verhältnisse hier ankommt, ist unmaßgeblich, welche Ausgestaltungen bei Telefoninterviewern für Marktforschungsunternehmen bestehen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen ist allerdings in einem Fall, in welchem die Arbeitsbedingungen denen gleichen, welche die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 6. Dezember 2005 geschildert hat, von einer versicherungspflichtigen Tätigkeit ausgegangen (Urteil vom 02.02.2006 – L 16 KR 253/04 – Juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene bei der Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat.
Am 14. November 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen. Sie gab an, dass diese als Call-Center-Agentin für sie tätig werde. Gegenstand des Betriebes sei die Versicherungsvermittlung. Die Aufgabe der Beigeladenen liege darin, telefonisch Termine für – freie – Außendienstmitarbeiter zu vereinbaren. Die Beigeladene erhalte 5,00 EUR die Stunde und daneben 7,50 EUR für jeden erfolgreich vermittelten Termin. Das Beschäftigungsverhältnis bestand vom 20. Oktober 2003 bis zum 7. Dezember 2003. Nach Anhörung der Beteiligten entschied die Beklagte durch Bescheid vom 9. Januar 2004, dass die Beigeladene in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin stehe. Sie unterliege nämlich Weisungen hinsichtlich von Zeit, Dauer und Ort ihrer Tätigkeit. Die Klägerin legte Widerspruch ein und machte geltend, dass die Beigeladene zwar Bestandslisten verwende, welche sie ihr zur Verfügung stelle, dass aber weder die Gesprächsführung noch die Arbeitszeit vorgegeben werde. Die Vergütung sei im Wesentlichen erfolgsabhängig ausgestaltet. Ferner gäbe es auch keine arbeitnehmertypischen Regelungen wie Kündigungsfristen, Urlaub oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 14. April 2004 zurück. Die Beigeladene habe kein Unternehmerrisiko getragen und ausschließlich ihre Arbeitskraft eingesetzt. Die Vereinbarung einer leistungsbezogenen Vergütung sei nicht arbeitnehmeruntypisch. Die Beigeladene sei auch nicht als Selbständige anzusehen, weil sie auf typische Arbeitnehmerschutzrechte verzichtet habe.
Die Klägerin hat hiergegen Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, die Beigeladene sei in der Durchführung ihrer Arbeit frei gewesen. Es habe keine Anweisungen gegeben, wie die Telefongespräche mit den Kunden zu führen wären, sondern lediglich unterstützende und erläuternde Hinweise. Dass der Beigeladenen eine Kundenliste zur Verfügung gestellt worden sei, erkläre sich daraus, dass die Klägerin bei ihren Werbungsmaßnahmen auf den Bestand der vorhandenen Kunden zurückgegriffen habe. Soweit eine Stechuhr zum Einsatz gekommen sei, habe diese nur dem Zweck gedient, die Berechnung für die festen Stundensätze vornehmen zu können. Eine Überwachung der Beigeladenen sei nicht beabsichtigt gewesen. Ergänzend hat die Klägerin auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14. November 1974 – 8 RO 266/76 – verwiesen. Die Beigeladene hat darauf hingewiesen, die Tätigkeit in einem Obergeschoss des Gebäudes verrichtet zu haben, in dem die Klägerin ihren Sitz habe. Ihr sei vorgegeben worden, die Bestandskunden mittags und abends anzurufen. Die Anwesenheitszeiten seien mit Hilfe einer Stechuhr kontrolliert worden. Nach Anhörung der Beigeladenen hat das Sozialgericht Berlin die Klage mit Urteil vom 30. Mai 2005 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Beigeladene sei in der fraglichen Zeit bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen. Die Zuständigkeit der Beklagten zu dieser Feststellung ergebe sich aus § 7 a Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Beschäftigung sei nach § 7 SGB IV als nicht-selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, definiert. Sie unterscheide sich von der selbständigen Erwerbstätigkeit insbesondere dadurch, dass der Beschäftigte in einen fremden Betrieb eingegliedert und dabei hinsichtlich der Ausführung der Arbeitsleistung einem Weisungsrecht unterworfen sei, welches Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfasse. Hier spreche für die Eingliederung der Beigeladenen in den Betrieb die räumliche Ausgestaltung des Arbeitsplatzes. Diese habe ausschließlich in den von der Klägerin zur Verfügung gestellten Räumen telefoniert und sich ausschließlich deren Arbeitsmittel bedient. Auch habe es hinsichtlich der Ausführung der Telefongespräche Vorgaben gegeben. Diesbezüglich habe auch die Klägerin nicht in Abrede gestellt, dass Empfehlungen erteilt worden seien, in welcher Art und Weise Telefongespräche möglicherweise Erfolg versprechend zu führen seien. Ob dies Anweisungen oder Ratschläge gewesen seien, sei nicht entscheidungserheblich, weil die Beigeladene mangels Fachwissen ohnehin auf diese angewiesen gewesen sei. Weiter sei die Zeit der Arbeitsleistung auf die Mittagsstunden oder abends begrenzt gewesen. Die Beigeladene habe ferner nicht in einer Art und Weise selbständig über ihre Tätigkeit bestimmen können, wie dies für ein unternehmerisches Handeln typisch gewesen wäre. Ihre individuellen Möglichkeiten beim Telefonieren hätten nur im Rahmen des intendierten Gesprächszieles bestanden, welches der Klägerin vorgegeben worden sei. Im Übrigen beseitige ein Rest von eigener Entscheidungsfreiheit nicht den Tatbestand einer abhängigen Beschäftigung. Die von der Klägerin angeführte Entscheidung des BSG vom 14. November 1974 unterscheide sich wesentlich. Im Gegensatz zum dort entschiedenen Fall habe die Beigeladene nicht ausschließlich eine erfolgsbezogene Entlohnung erhalten und habe nicht erst auf eigene Kosten und Spesen zunächst die zu befragenden Personen aufsuchen müssen, sondern ihr seien sämtliche Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt worden. Erfolgsbezogene Lohnbestandteile an sich seien nicht arbeitnehmeruntypisch. Lohnfortzahlungs- und Urlaubsanspruch seien gesetzlich bestimmte Arbeitnehmerrechte, die an ein bestehendes Arbeitsverhältnis anknüpften.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Die erstinstanzliche Entscheidung sei falsch, weil die gewandelten Arbeitsprozesse von Call-Center-Agenten unberücksichtigt geblieben seien. Es sei seit langem anerkannt, dass Interviewer der Markt- und Werbeforschung mit Einzelverträgen beauftragt würden. Sie erhielten nur für vollständig zustande gekommene Gespräche und Berichte ein Honorar. Solche Interviewer seien nichtversicherte Beschäftigte, obwohl sie die Telefonanlagen und die Räume ihrer Auftraggeber nutzten und die Telefonnummern über deren Computer angezeigt erhielten. Auch dort würden Fragenkataloge vorgegeben. Ferner seien die Telefonanrufe in einem extra eingerichteten Raum im Haus der Klägerin geführt worden. Die Beigeladene sei nicht in die Betriebsorganisation eingegliedert gewesen. Die vereinbarten Termine seien direkt an die (freien) Untervertreter weitergegeben worden. Für die Tätigkeit seien die Ratschläge oder Empfehlungen der Klägerin nicht entscheidend gewesen. Letztlich sei es allein vom Anrufer abhängig, wie er z. B. durch Modulation seiner Stimme das Gespräch führe und deshalb einen Erfolg erzielen könne. Die Arbeitszeit habe sich aus der Natur der Sache ergeben, nämlich der Erreichbarkeit der Angerufenen. Die Beigeladene habe schließlich ausschließlich eine erfolgsbezogene Entlohnung erhalten. Bei den 5,00 EUR pro Stunde habe es sich nur um eine geringe Aufwandsentschädigung gehandelt. Weil sie die potentiellen Kunden nicht aufsuchen musste, seien ihr keine Kosten und Spesen entstanden. Entscheidend sei vielmehr, dass ein Honoraranspruch erst bei ordnungsgemäßer Erledigung entstanden sei, unabhängig davon, wer das Fehlschlagen zu vertreten gehabt hätte.
Die Klägerin verweist im Übrigen ergänzend auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Mai 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene bei ihrer Tätigkeit bei der Klägerin in der Zeit vom 20. Oktober bis 7. Dezember 2003 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und durch den Berichterstatter alleine anstelle des Senats (§ 155 Abs. 3 und 4 SGG) einverstanden erklärt. Dem Gericht hat die Akte der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Erklärungen der Beigeladenen im Erörterungstermin am 30. Juni 2006, wird ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die zunächst verwiesen wird (§ 153 Abs. 2 SGG), als unbegründet zurückzuweisen.
Die zulässige Klage muss in der Sache ohne Erfolg bleiben. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Call-Center-Agentin für die Klägerin eine dem Grunde nach sozialversicherungspflichtige Tätigkeit dargestellt hat. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 22.06.2005 – B 12 KR 28/03 R – SozR 4 - 2400 § 7 Nr. 5) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale nach dem Gesamtbild überwiegen (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20.05.1996 – 1 BvR 21/96 – SozR 3 – 2400 § 7 Nr. 11). Hier überwiegen, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, die für eine abhängige Beschäftigung bestehenden Merkmale. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist ergänzend nur darauf hinzuweisen, dass zur Überzeugung des erkennenden Richters von einer Verbindlichkeit des Gesprächsleitfadens für die Beigeladene auszugehen ist. Ferner haben Umstände für selbständige Tätigkeit wie Rechnungsstellung und die Möglichkeit zur Delegation nicht bestanden. Es kann weiter nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der erfolgsunabhängigen Vergütung von 5,00 EUR die Stunde nur um eine unmaßgebliche Aufwandsentschädigung gehandelt haben kann, ohne dass es darauf ankäme, wie exakt die Schätzung der Beigeladenen (Gesamtvergütung je zur Hälfte aus Grund- und Erfolgshonorar) ist.
Da es auf die Verhältnisse hier ankommt, ist unmaßgeblich, welche Ausgestaltungen bei Telefoninterviewern für Marktforschungsunternehmen bestehen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen ist allerdings in einem Fall, in welchem die Arbeitsbedingungen denen gleichen, welche die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 6. Dezember 2005 geschildert hat, von einer versicherungspflichtigen Tätigkeit ausgegangen (Urteil vom 02.02.2006 – L 16 KR 253/04 – Juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
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