Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 1761/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 5003/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung der Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers als Berufskrankheit (BK) nach den Nrn. 2108, 2109 und Nr. 2110 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der 1961 geborene Kläger war vom Juni 1978 bis November 1979 bei der Firma M. als Maschinenarbeiter, anschließend bei der Firma K. und S. bis März 1984 als Transportarbeiter in der Gussputzerei, bis Dezember 1985 als Aushauer in der Druckgießerei, bis August 1988 als Abnehmer in der Druckgießerei und ab September 1988 als Schmelzer im Vorschmelzraum und Staplerfahrer in der Druckgießerei beschäftigt. Seit 29. Mai 2001 ist der Kläger arbeitsunfähig.
Der Kläger beantragte am 9. April 2002, seine Rückenbeschwerden als BK anzuerkennen und ihm entsprechende Leistungen zu bezahlen. Er legte den Arztbrief des Arztes für Orthopädie Dr. L. vom 19. Juni 2001 (Diagnose: chronische Lumboischialgien rechts bei breitbasigem NPP L 4/5 rechts und Protrusion L 5 / S 1 beidseits und Beinverkürzung links nach Oberschenkelfraktur) vor. In den Fragebögen zur Krankheits- und Arbeitsanamnese gab der Kläger unter dem 18. April 2002 an, seit ca. 1993 an Wirbelsäulenbeschwerden, welche er auf seine schwere körperliche Arbeit zurückführe, zu leiden. Des Weiteren gab er an, von Juni 1978 bis November 1979 eine leichte Tätigkeit verrichtet zu haben.
Die Beklagte zog u. a. den Bericht des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) wegen des Verdachts einer Lärmschwerhörigkeit als BK vom 6. November 2001 und das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK - Die Gesundheitskasse L.-B. bei und holte die Befundberichte von Dr. L. vom 14. Juni 2002 und von Dr. B.-M. vom 8. Juli 2002 ein. Dr. L. führte aus, er sei vom Kläger erstmals am 7. April 1997 und 31. Mai 1999 wegen Wirbelsäulenbeschwerden in Anspruch genommen worden. Arbeitsunfähig sei der Kläger seit 17. März 2002. Dr. B.-M. führte aus, der Kläger werde seit 1987 wegen Wirbelsäulenbeschwerden behandelt und arbeite seit Ende Februar 2002 nicht mehr.
Die Firma K. und S. gab in dem von ihr ausgefüllten Fragebogen über wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten unter dem 10. September 2002 an, der Kläger habe Barren aus Aluminium in einen Behälter geben müssen. Dies sei überwiegend im Stehen geschehen. Dabei habe der Kläger zwei Barren mit einem Gewicht von jeweils 6-7 kg, also insgesamt mit einem Gewicht von ca. 12-14 kg pro Arbeitsschicht ca. 166 Mal heben müssen. Pro Jahr habe er diese Hebevorgänge an ca. 218 Arbeitsschichten durchzuführen gehabt. Die Barren habe er mit ausgestreckten Armen heben und dann 1-2 m weit tragen müssen. In extremer Rumpfbeugehaltung habe der Kläger je Arbeitsschicht ca. 30 Minuten (6 Zyklen von jeweils 5 Minuten) an ca. 218 Arbeitsschichten pro Jahr arbeiten müssen. Ganzkörper-Schwingungen sei der Kläger nicht ausgesetzt gewesen.
Sodann holte die Beklagte den aufgrund einer am 24. Oktober 2002 erfolgten Untersuchung des Arbeitsplatzes erstellten Untersuchungsbericht ihrer Präventionsabteilung vom 21. November 2002 ein. Dort führte der BK-Ermittler S. aus, im Beschäftigungsabschnitt von November 1979 bis März 1984 habe der Kläger hauptsächlich mit einem elektrisch betriebenen Gehgabelhubwagen, seltener mit Handgabelhubwagen, leere bzw. mit Produktionsteilen befüllte Gitterboxpaletten von der Fertigung in den Versand bzw. zu den Lagerplätzen befördert. Im Beschäftigungsabschnitt von April 1984 bis Dezember 1985 habe der Kläger als Aushauer gearbeitet. Die abgegossenen Rotorenblöcke aus Aluminium seien mit einem Schwenkkran von der Druckgießmaschine in ein Prisma am Aushauplatz abgestellt worden. Ein Rotorblock wiege 10 kg bis ca. 40 kg und sei von den beteiligten Personen mit einem Bruttodurchschnittsgewicht von ca. 28 kg eingeschätzt worden. Der Kläger habe mit einem Arbeitskollegen wechselweise Stahldorne mit einem Durchschnittsgewicht von ca. 12,5 kg der Rotorenblöcke mit einem Vorschlaghammer ausgeklopft. Während der eine Kollege den heißen Gussblock auf der Ablage festgehalten habe, habe der andere Kollege den Dorn mit Hammerschlägen ausgeklopft. Anschließend seien die ca. 15,5 kg schweren Aluminiumgussblöcke auf Paletten bzw. Gitterboxen abgelegt worden. Den heißen Stahldorn habe man vor dem Ablegen in ein Kühlwasserbad getaucht. Einzelne überdurchschnittlich schwere Blöcke mit einem Gewicht von maximal 30 kg ohne Dorn seien von zwei Mitarbeitern mit einem durchgestreckten Haltestab gehandhabt bzw. mit dem Schwenkkran manipuliert worden. Die Schichtleistung habe bei etwa 200 Gussblöcken gelegen. In den Beschäftigungsabschnitten von Januar 1986 bis August 1988, Oktober bis November 2001 und im Februar 2002 habe der Kläger als Abnehmer in der Druckgießerei gearbeitet. Er habe Gießsterne vom Rundförderer der Gießanlage beidhändig mit einer Zange abnehmen und in die Aufnahmevorrichtung einer Entgratpresse umsetzen, den automatischen Pressvorgang durch einen elektrischen Druckknopfschalter auslösen, entgratete Gussteile an einer Pufferstation der Presse abnehmen und in Kunststoffkästen sortieren sowie Materialkästen auf eine Hubwagenpalette in Armhöhe umsetzen müssen. Ein Gießstern mit 12 Gussteilen habe ca. 2,1 kg und ein Kunststoffkasten mit 50 Gussteilen ca. 8 kg gewogen. Im Beschäftigungsabschnitt von September 1988 bis Mai 2001 habe der Kläger als Schmelzer und Staplerfahrer gearbeitet. Zu den Aufgaben als Gabelstaplerfahrer hätten das Beschicken der Öfen mit Aluminiumbarren und Rücklaufmaterial, Transportieren der Schmelztiegel mit Flüssigmetall sowie der Barrentransport und die Krätzeentsorgung gehört. Die Fahrwege seien ab ca. 1996 saniert worden. Vorher hätten zum Teil unebene Fahrwege mit Schlaglöchern vorgelegen. Der Fahranteil beim Rückwärtsfahren sei auf ca. 30 % geschätzt worden. Die Fahrtätigkeiten hätten je Schicht ca. 3 Stunden ausgemacht. Als Schmelzer habe der Kläger drei- bis viermal pro Woche einen Schmelzofen mit ca. 5 kg schwerem Stangenwerkzeug reinigen und Schmelztiegel mit einem Kran auswechseln müssen, arbeitstäglich etwa 23 Tröge mit Gießabfällen, die vor den Gießmaschinen auf dem Boden gelagert hätten, in Containerwagen entsorgen, wobei ein Trog mit Abfallmaterial 10 bis 15 kg gewogen habe, Restschmelze mit einem Gießlöffel vom Ofen in Tiegel umfüllen, wobei der Gießlöffel ca. 4 kg gewogen und maximal 6 kg Schmelzgut gefasst habe und pro Schicht ungefähr 120 Schöpfvorgänge angefallen seien, sowie Aluminiumbarren mit einem Gewicht von 2 bis 2,5 Tonnen pro Schicht von Paletten in einen Beschickungswagen umlagern müssen, wobei eine Aluminiummassel als Vollmassel 6 kg bzw. als profilierte Formmassel 4 kg gewogen habe und der Kläger meist 2 Masseln auf einmal gehandhabt habe. Der BK-Ermittler S. kam zu dem Ergebnis, dass eine für die BK nach der Nr. 2108 relevante Exposition nicht gegeben sei. Der Kläger habe Lastgewichte von lediglich 2 - 15,5 kg heben und tragen müssen. Dabei handle es sich nicht um ein Heben und Tragen schwerer Lasten. Des Weiteren legte die Präventionsabteilung zur Frage der Schwingungsbelastung durch die Tätigkeit als Staplerfahrer die Stellungnahme des Berufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitssicherheit vom 20. November 2002 zur BK nach der Nr. 2110 der Anlage zur BKV vor. Dort wurde ausgeführt, bei alleiniger Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen lasse sich beim Kläger keine Gesamt-Schwingungsbelastungsdosis angeben. Wenn er jedoch zusätzlich schwer gehoben und getragen habe und das Mainz-Dortmunder-Dosis(MDD)-Modell Anwendung finden solle, seien alle Beschäftigungszeiträume des Klägers zu berücksichtigen, weil die jeweiligen bewerteten Schwingstärken 17,3, 14,7 bzw. 13,2 betragen hätten und damit höher seien als der Wert 12,5, der bei stoßhaltigen Schwingungen und/oder verdrehter Körperhaltung anzuwenden sei.
Prof. Dr. T. schlug in seiner gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 3. Januar 2003 eine BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht zur Anerkennung vor, da die haftungsbegründende Kausalität nicht habe wahrscheinlich gemacht werden können.
Mit Bescheid vom 27. Januar 2003 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK nach den Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage zur BKV ab. Der Kläger habe während seiner beruflichen Tätigkeit keine Lastgewichte von 25 kg oder mehr in der überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten heben oder tragen müssen. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Entstehen einer BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV seien daher nicht erfüllt. Die erforderlichen Mindestbelastungen, bei deren Überschreitung mit gesundheitlichen Gefahren für die Lendenwirbelsäule durch vertikale Einwirkungen von Ganzkörperschwingungen in Sitzen zu rechnen sei, erfülle der Kläger nicht. Daher sei auch die BK nach der Nr. 2110 der Anlage zur BKV nicht gegeben. Aus den ärztlichen Befundberichten sei darüber hinaus zu entnehmen, dass neben Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule, wie sie bei einem Grossteil der Bevölkerung unabhängig von einer übermäßigen Belastung vorkomme, auch eine links-konvexe Skoliose (Wirbelsäulenverbiegung) sowie ein Beckenschiefstand bestehe. Diese Befunde sowie die fehlenden neurologischen Ausfälle sprächen gegen eine berufliche Verursachung. Deshalb könnten die beim Kläger bestehenden Veränderungen und Beschwerden der Wirbelsäule nicht mit Wahrscheinlichkeit seiner früheren beruflichen Tätigkeit ursächlich zugerechnet werden.
Hiergegen legte der Kläger am 19. Februar 2003 Widerspruch ein. Die Beklagte habe die Erkrankung der Sehnenscheiden nicht berücksichtigt. Des Weiteren habe er mit einer Fehlhaltung arbeiten müssen. Außerdem habe er Gewichte von bis zu 40 kg heben müssen. Seine frühere Arbeit in dem Zeitraum vom 1979 bis 1984 sei nicht berücksichtigt worden. Damals habe er Kisten mit Gewichten von bis zu 60 kg heben müssen.
Daraufhin wies die Präventionsabteilung in ihrer Stellungnahme vom 15. Mai 2003 darauf hin, dass in ihrem Bericht vom 21. November 2002 die vor Ort sorgfältig ermittelten Ergebnisse sowie die Angaben des Klägers und der beteiligten Personen vollständig enthalten seien. Die Tätigkeiten als Transportarbeiter von 1979 bis 1984 und in der Ofenbeschickung mit Gabelstapler in der Zeit von 1988 bis 2001 seien im Bericht dargestellt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei der Arbeitsplatzüberprüfung seien auch die Tätigkeiten des Klägers als Transportarbeiter in der Gussputzerei in der Zeit von November 1979 bis März 1984 berücksichtigt und im Bericht vom 21. November 2002 aufgeführt worden. Auch wenn gelegentlich höhere Gewichte hätten transportiert werden müssen, sei davon auszugehen, dass bezogen auf eine Arbeitsschicht kein regelmäßiges Heben und Tragen schwerer Lasten erfolgt sei. Die abgegossenen heißen Rotorblöcke aus Aluminium seien mit einem Schwenkkran von der Druckgussmaschine in ein Prisma am Aushauplatz abgestellt worden. Nach den Aushauarbeiten seien die dann ca. 15,5 kg schweren Aluminiumgussblöcke auf Paletten bzw. Gitterboxen abgelegt worden. Auch bei den späteren Tätigkeiten seien keine Lastgewichte mit einem Risiko für die Entwicklung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Wirbelsäule gehoben oder getragen worden. Die durchgeführten Ermittlungen hätten auch keine Hinweise darauf ergeben, dass der Kläger bei seinen früheren beruflichen Tätigkeiten schwere Lasten (Lastgewichte von 50 kg und mehr) in einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten auf der Schulter getragen habe. In den Ermittlungen seien auch die Belastungen als Staplerfahrer im Vorschmelzbereich sowie der Druckgießerei bewertet worden. Dabei sei neben der verdrehten Körperhaltung auch die unebene Fahrbahn bis 1996 in die Bewertung einbezogen worden. Die Schwingungsstärken hätten jedoch unterhalb des Richtwertes gelegen. Der Kläger selbst habe angegeben, dass seiner Ansicht nach die Veränderungen der Wirbelsäule durch die Fehlhaltung bei der Tätigkeit hervorgerufen worden seien und habe somit keinen Zusammenhang zu langjährigem Heben und Tragen schwerer Lasten sowie zu langjährigen, vorwiegend vertikalen Ganzkörperschwingungen hergestellt. Die beschriebene Fehlhaltung entspreche auch nicht der extremen Rumpfbeugehaltung im Sinne der BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV. Unter Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung seien Arbeiten in Räumen zu verstehen, die niedriger als 1 m seien oder Arbeiten, bei denen der Oberkörper um mindestens 90° aus der aufrecht stehenden Körperhaltung über längere Dauer, z. B. mehrere Minuten pro Arbeitsvorgang, nach vorne gebeugt werde. Das heiße, der Oberkörper müsse im Stehen mindestens eine waagerechte Position einnehmen. Eine solche Art der Tätigkeit sei weder vom Kläger angegeben noch bei den Arbeitsplatzüberprüfungen festgestellt worden.
Hiergegen erhob der Kläger am 11. Juli 2003 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Er trug vor, er habe täglich ca. 2 Tonnen Aluminiumbarren in gebückter Haltung auf einen Transportwagen umzuschichten gehabt. Hinzu sei gekommen, dass er ca. 10x wöchentlich beim Leeren der Schmelzöfen und bei Materialwechsel mit einer großen Schöpfkelle ca. 10-12 kg flüssiges Aluminium habe schöpfen sowie das in Masseln aufgefangene ausgehärtete Aluminium mit einem Gewicht von ca. 60 kg habe hochheben und umstülpen müssen. Außerdem sei nicht berücksichtigt worden, dass er von 1979 bis 1984 im Transport tätig gewesen sei. Täglich habe er bei der Bedienung eines Hubbocks ca. 20x eine einen Hebelmechanismus auslösende Klinke treten müssen, wobei kurzfristig ca. 80 kg aufzubringen gewesen seien. Mit dem Hubbock, welcher ca. 500 kg gewogen habe, habe er ca. 200 m zurücklegen müssen, wobei der Hubbock nicht motorbetrieben gewesen sei. Dabei habe er oft körperlich atypische Haltungen einnehmen müssen, da der Untergrund holprig gewesen sei und Steigungen bzw. Gefälle gehabt habe. Auch sei seine ca. 3-4 Monate verrichtete Tätigkeit als Aushauer mit ständigem Bücken verbunden gewesen.
Hierzu legte die Beklagte den Bericht ihres Präventionsdienstes vom 9. Oktober 2003 vor. Dort hieß es, die Schichtarbeiter hätten in 14-tägigem Rhythmus jeweils an einem Wochenendtag Schmelze mit Handschöpfer von Warmhalteöfen in Tiegel umgefüllt. Weil am Wochenende die Tiegel nicht ausgereicht hätten, sei überschüssige Schmelze in Metalltrögen auf etwa 30 cm hohen Ablagen abgefüllt und seien nach dem Erkalten die Aluminiummasseln aus den Trögen in einen ca. 1 m hohen Fahrcontainer geworfen worden. Ein Trog sei 14,5 kg schwer gewesen und habe mit Schmelze maximal 36 kg gewogen. Gehandhabt worden seien die Tröge von ein oder zwei Beschäftigten. Von 1988 bis 1995 seien für den Kläger alle 14 Tage ca. 9 Masseln angefallen. Danach habe sich die Stückzahl ständig reduziert und habe 2001 noch etwa 1/3 hiervon betragen. Während des Produktionsbetriebes hätten die Schmelztiegel ausgereicht, so dass das Abgießen von Masseln in Tröge nicht erforderlich gewesen sei. Die Regelmäßigkeit und Häufigkeit beim Heben und Tragen schwerer Lasten (mindestens 50 Lastenmanipulationen pro Arbeitsschicht in einer überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten) nach dem MDD-Modell bzw. im Sinne des ärztlichen Merkblattes sei nicht gegeben. Ergänzend führte die Beklagte aus, die Tätigkeit mit dem Hubbock stelle kein Heben oder Tragen im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zur BKV dar.
Dagegen führte der Kläger aus, er habe wesentlich mehr Masseln verarbeitet, als es in der Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 9. Oktober 2003 angegeben worden sei. Er habe mehr als 40 Masseln zu bearbeiten gehabt. Erst in jüngster Zeit sei die Situation durch Arbeitsumstellung und durch moderne Maschinen anders geworden.
Im Rahmen des am 27. Januar 2004 stattgefundenen Erörterungstermins befragte das SG mehrere Kollegen des Klägers. Der Kollege G. führte aus, als Masseln bezeichne man ausgehärtete Aluminiumteile. Das Aluminium werde in Form von 6-7 kg schweren Barren angeliefert. Sodann werde es in Elektroöfen eingeschmolzen. Das flüssige Aluminium werde sodann zur Verarbeitung an Warmhalteöfen weiterverteilt. Um über das Wochenende Energie zu sparen, werde das restliche flüssige Aluminium mittels Schöpfkellen in vorbereitete Tröge geschöpft. Diese Tröge hätten ein Eigenwicht von 15-18 kg. Die Schöpflöffel hätten ein Eigengewicht von ca. 2 kg. Mit diesen könne man - je nach Größe - bis zu 8-15 kg flüssiges Aluminium je Schöpfvorgang in die Tröge hineinschöpfen. Dies geschehe so lange, bis der Trog einigermaßen voll sei. Anschließend härte das Material aus. Sodann werde der Trog mit ca. 20-30 kg Aluminium darin (also Gesamtgewicht 40-48 kg) gestürzt und das Verfahren beginne von vorne. Dies werde so häufig gemacht, bis der Ofen leer sei. Am darauf folgenden Montag werde dann dieses Material erst in den Vorschmelzofen gegeben. Dies geschehe dadurch, dass die sich in einer Mulde befindenden Masseln in eine Schmelzbühne gekippt würden. Von der Schmelzbühne werde das Aluminium automatisch in den Schmelzofen geschoben. Dieser gesamte Vorgang werde nicht nur am Wochenende aus Energiespargründen durchgeführt, sondern auch gelegentlich unter der Woche, um einen Materialwechsel zu ermöglichen. So etwas komme 2-5x in der Woche vor. Insgesamt 3 Personen hätten diese Tätigkeiten verrichtet. Der Ofen habe ein Fassungsvermögen von ca. 180 bis 200 kg. Wenn man bedenke, dass eine Massel 20-30 kg Gewicht habe und zudem nicht ein voller Ofen, sondern eher ein halbvoller Ofen geleert werden müsse, sei davon auszugehen, dass in der Regel ca. 4 Masseln hergestellt worden seien. Im ungünstigsten Fall müsse die Mulde samt Massel vom Boden aufgehoben und sodann in einer drehförmigen Sturzbewegung in die Mulde gekippt werden. Im günstigsten Fall stehe die Mulde 80-90 cm über dem Boden. Die Massel werde dann entweder von zwei Mitarbeitern jeweils an einem Henkel oder von einem Mitarbeiter an beiden Henkeln gegriffen und in der gleichen Drehbewegung wie beschrieben in die Mulde gestürzt. In ca. der Hälfte der Fälle sei nicht auf die Arbeiter im Vorschmelzraum zurückgegriffen worden, weil die Mitarbeiter, welche mit den Schmelzvorgängen beschäftigt seien, das Entleeren der Schmelzöfen selbst vorgenommen hätten. In Ausnahmefällen sei die Materialtemperatur der Schmelzöfen zu weit nach oben gestiegen. In derartigen Fällen seien 2-3 Aluminiumbarren zu je 6-7 kg in den Ofen gegeben worden, um die Temperatur zu senken. Dies sei geschehen, indem die Barren von der entsprechenden Lagerfläche abgeholt und zu dem Ofen getragen worden seien. Dies sei aber eher die Ausnahme als die Regel gewesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 4. Oktober 2004 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe bei seiner früheren beruflichen Tätigkeit keine Lastgewichte von 50 kg und mehr mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten auf der Schulter getragen. Die BK nach der Nr. 2109 der Anlage zur BKV sei daher nicht gegeben. Auch gehe die Beklagte zu Recht davon aus, dass der Kläger lediglich Lastgewichte von 2-15,5 kg gehoben und getragen habe. Mithin sei die Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht gegeben. Schließlich würden die Belastungen nicht erreicht, bei deren Überschreitung mit gesundheitlichen Gefahren für die Lendenwirbelsäule durch vertikale Einwirkungen von Ganzkörperschwingungen im Sitzen zu rechnen sei, sodass die Anerkennung einer Berufskrankheit der Nr. 2110 der Anlage zur BKV ausscheide.
Gegen den ihm am 11. Oktober 2004 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 4. November 2004 Berufung eingelegt. Unberücksichtigt geblieben sei, dass er täglich 3-5 Mal von einem Aluminiumstapel aus mit so genannten Aluminiumbarren mit einem Gewicht zwischen 6-7 kg einen Transportbehälter habe beladen, dieser manuell ca. 5 m an die Elektroöfen habe verbracht werden und von dort aus die Elektroöfen mit den Aluminiumbarren hätten gefüllt werden müssen. Auch hätten die Masseln mit einem Eigengewicht von ca. 15-18 kg mit flüssigem Aluminium mit einem ausgehärteten Gewicht von 20-30 kg gefüllt werden müssen, sodass die Masseln ein Gesamtgewicht von 40-48 kg gehabt hätten. Außerdem habe er die Masseln mit einem Gewicht bis zu 60 kg umstülpen und die umgestülpten Aluminiumbrocken mit einem Gewicht zwischen 40-48 kg sodann wieder zum Erhitzen in den Schmelzofen gestürzt werden müssen. Er sei auch damit beschäftigt gewesen, im Schmelzofen flüssiges Aluminium abzuschöpfen und zwar mit einer Schöpfkelle mit einem Gewicht von 2 kg eine Masse von flüssigem Aluminium zwischen 8-10 kg, sodass insgesamt 10-12 kg mit seinem rechten Arm abzuschöpfen gewesen seien. Diese geschilderten Tätigkeiten habe er in den Jahren 1996 bis 2001 durchführen müssen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. Oktober 2004 aufzuheben, den Bescheid vom 27. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine Wirbelsäulenerkrankung als BK nach den Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage zur BKV anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Präventionsdienst habe berücksichtigt, dass Aluminiumbarren von Paletten im Beschickungswagen mit einem Gesamtgewicht von 2-2,5 Tonnen pro Arbeitsschicht umzulagern gewesen seien. Maßgeblich sei aber dabei, dass jeder einzelne Hebevorgang mit einem Gesamtgewicht von meist 8 kg einzeln zu bewerten sei, um die Druckbelastung nach dem MDD-Modell zu berechnen. Nur eine Mindestbelastungsdosis von 3200 N (= 18,6 kg) sei bei der Berechnung der Tagesdosis von 5500 Nh zu berücksichtigen. Dieser Wert werde bei dem Umschichten von Aluminiumbarren jedoch nicht erreicht. Bei der Weiterverarbeitung der ausgehärteten Aluminiummasseln fehle es an der erforderlichen Regelmäßigkeit und Häufigkeit. Diese Tätigkeit sei an jedem Freitag und bei Wechsel der Aluminiumart auch unter der Woche (2-5 Mal) durchzuführen. Diese unregelmäßigen Arbeiten seien von jeweils 3 Mitarbeitern ausgeführt worden. Auch für diese Arbeit werde eine entsprechende Tagesbelastungsdosis nicht erreicht. Das Umstülpen sowie das Bewegen eines Hubbockes stellten kein Heben oder Tragen im Sinne der BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV dar.
In der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2006 hat der Kläger demonstriert, wie er die Aluminiumbarren hochgehoben und umgesetzt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Im vorliegenden Fall sind gemäß § 212 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) die zum 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Vorschriften des SGB VII sowie die aufgrund der Vorschriften des SGB VII erlassene BKV vom 31. Oktober 1997 anzuwenden, da der Versicherungsfall wenn eine BK vorliegt erst mit der Aufgabe der für wirbelsäulenschädlich gehaltenen Tätigkeit am 29. Mai 2001 eingetreten ist.
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung stellen nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und BKen dar. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist die Bundesregierung ermächtigt, solche Krankheiten als BK zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind.
Die Feststellung einer BK setzt grundsätzlich voraus, dass beim Versicherten zum Einen die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben sind. Das heißt, er muss im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BKV ausgesetzt gewesen sein, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden herbeizuführen (haftungsbegründende Kausalität). Zum Anderen muss ein Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung bestehen. Es muss danach ein dieser BK entsprechendes Krankheitsbild vorliegen und dieses muss im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf die belastende berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden können, wobei hinsichtlich des Kausalzusammenhangs eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist (haftungsausfüllende Kausalität). Auch wenn ein Versicherter über lange Jahre hinweg Belastungen ausgesetzt war, die grundsätzlich geeignet sind, eine BK hervorzurufen, führt dies nicht automatisch zur Anerkennung und gegebenenfalls Entschädigung. Vielmehr ist, wenn die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegen, im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen den beruflichen Belastungen und der aufgetretenen Erkrankung besteht. Dabei sind neben den beruflichen Faktoren auch Schadensanlagen und außerberufliche Belastungen zu berücksichtigen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das SG zu Recht die Klage abgewiesen.
Das SG hat in seinem Gerichtsbescheid vom 4. Oktober 2004 zutreffend die vom Kläger im relevanten Zeitraum verrichteten Tätigkeiten dargestellt. Es hat dabei in nicht zu beanstandender Weise die Ausführungen der Präventionsabteilung der Beklagten in ihren Stellungnahmen vom 21. November 2002 sowie 15. Mai und 9. Oktober 2003 berücksichtigt und die in sich widerspruchsfreien Angaben des Zeugen G. im Rahmen des am 27. Januar 2004 stattgefundenen Erörterungstermins ausgewertet. Hierauf nimmt der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug und sieht von weiteren Darlegungen in den Entscheidungsgründen ab.
Ausgehend hiervon liegen beim Kläger die BKen nach den Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage zur BKV nicht vor.
Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV sind nicht gegeben.
Nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV sind bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, als Berufskrankheit anzuerkennen. Mit der hiermit festgelegten beruflichen Belastung wird verbindlich umschrieben, welche beruflichen Einwirkungen generell geeignet sind, bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule zu verursachen bzw. zu verschlimmern.
Zur Ermittlung der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV wendet der Senat das Mainz-Dortmunder-Dosis-Modell (MDD) an.
Bei dem MDD wird zur Beurteilung einer möglichen Gefährdung aus der Belastungshöhe und der Belastungsdauer eine schichtbezogene Beurteilungsdosis (Tagesdosis) errechnet. Als Belastungshöhe wird die Druckkraft auf das Bandscheibensegment L5-S1 und als Belastungsdauer die Dauer für Hebe- oder Tragevorgänge herangezogen. Dabei geht die Druckkraft gegenüber der Belastungsdauer aufgrund des höheren Schädigungspotenzials überproportional in die Berechnung der Tagesdosis ein. Als täglicher Tagesdosis-Richtwert, bei dessen Erreichen oder Überschreiten mit einer Gefährdung für das Entstehen bandscheibenbedingter Erkrankungen der Lendenwirbelsäule zu rechnen ist, wird ein Wert von 5,5 x 103 Newton-Stunden (Nh) für Männer (entsprechend 5.500 Nh) und 3,5 x 103 Nh für Frauen (entsprechend 3.500 Nh) abgeleitet, d. h. Tätigkeiten mit Dosiswerten ab diesen Werten sind als gefährdend im Sinne der BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV anzusehen. Nur wenn die Tagesdosis-Richtwerte erreicht oder überschritten werden, werden die Tagesdosen zu einer Gesamtdosis addiert. Bei der Berechnung dieser schichtbezogenen Beurteilungsdosis wird als Mindestwert für die Bandscheibenkompression ein Wert von 3.200 N (Newton) für Männer und 2.500 N für Frauen angewendet, um zwischen der Exposition zum Heben und Tragen schwerer Lasten und allgemeinen Hebe- und Tragetätigkeiten unterscheiden zu können. Diese Mindestdruckkraft leitet sich unmittelbar aus dem Merkblatt zur BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV ab, in dem ein Lastgewicht von 20 kg für Männer bzw. 10 kg für Frauen als Anhaltspunkt für eine "schwere Last", bezogen auf ein Alter ab 40 Jahren, festgelegt ist. Biomechanische Berechnungen beim langsamen Heben einer 20- bzw. 10-kg-Last vom Boden auf Taillenhöhe führen zu Druckkraftwerten um 3.200 N für Männer und 2.500 N für Frauen. Dieser Mindestwert muss erreicht werden, damit der Hebe- oder Tragevorgang bei der Ermittlung der schichtbezogenen Belastungsdosis berücksichtigt werden kann. Als Richtwert für das gesamte Berufsleben, bei dessen Erreichen die arbeitstechnischen Voraussetzungen zum Entstehen einer BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV als gegeben angesehen werden können, werden 25 x 106 Nh für Männer und 17 x 106 Nh für Frauen vorgeschlagen (vgl. Schäfer et al., SGb 2002, S. 202).
Das MDD stellt eine Zusammenfassung medizinischer Erfahrungstatsachen und damit eine Hilfe bei der Beurteilung des Kausalzusammenhangs dar. Auch nach Auffassung des BSG stellt das MDD - zumindest derzeit - ein geeignetes Modell dar, um die kritische Belastungsdosis eines Versicherten durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten für eine Arbeitsschicht und für das Berufsleben zu ermitteln und in Beziehung zu einem Erkrankungsrisiko zu setzen (Urteile vom 18. März 2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = Breithaupt 2003, 568-575; vom 19. August 2003 - B 2 U 1/02 R). Die Vorgaben, auf denen das MDD beruht, sind nicht frei gegriffen, sondern beruhen ihrerseits auf medizinischen Erfahrungstatsachen, die sich an den in epidemiologischen Studien über besonders belastete Berufe (Pflege, Bau, Transport) gewonnenen Werten orientieren. Zwar wird das MDD aus den verschiedensten Gründen kritisiert (vgl. etwa Becker, SGb 2001, 488, 491; Liebers, Caffier, ASUMed 2001, 447, 450; zusammenfassend Hartmann, ASUMed 2002, 580). Dennoch wird das Modell auch von seinen Kritikern überwiegend als ein grundsätzlich brauchbarer Ansatz gesehen, zu dessen Weiterentwicklung derzeit eine "epidemiologische Fall-Kontroll-Studie zur Untersuchung von Dosis-Wirkung-Beziehungen bei der BK Nr. 2108" im Auftrag des Hauptverbands der gewerblichen Berufsgenossenschaften durchgeführt wird. Mit dem MDD steht im Übrigen eine von der überwiegenden Zahl der Unfallversicherungsträger einheitlich angewandte praktikable Arbeitsgrundlage für die Bemessung der belastungsbedingten Dosis im Bezug auf das Erkrankungsrisiko zur Verfügung. Im Hinblick darauf führt nach Auffassung des Senats derzeit kein Weg an der Anwendung des MDD vorbei, auch wenn man seine oben dargestellten Richtwerte mit dem BSG aaO nicht als Grenz-, sondern nur als Orientierungswerte ansieht, die eine Hilfe bei der Beurteilung des medizinischen Zusammenhangs zwischen versicherter Einwirkung und Erkrankung darstellen.
Vorliegend hat der Kläger den Mindestwert für die Bandscheibenkompression von 3.200 N nicht erreicht. Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass der Kläger zu keiner Zeit regelmäßig Lastgewichte von mindestens 20 kg gehoben oder getragen hat.
Während seiner Tätigkeit als Hubwagenbediener musste der Kläger keine schweren Lasten manipulieren. Sofern der Kläger ausgeführt hat, er habe eine einen Hebelmechanismus auslösende Klinke treten müssen, wobei ca. 80 kg aufzubringen gewesen seien, weist der Senat darauf hin, dass es sich hierbei nicht um einen Trage- oder Hebevorgang im Sinne des Merkblattes handelt.
Während seiner Tätigkeit als Aushauer hatte der Kläger Aluminiumblöcke mit einem Durchschnittsgewicht von 15,5 kg alleine und bei einem Maximalgewicht von 30 kg mit einem Kollegen gehoben und getragen. Bei diesem Hebevorgang handelt es sich auch nicht um ein Umsetzen größerer Lastgewichte in ungünstiger Armhaltung, was zu einer erhöhten Druckkraft führen würde (vgl. BK-Report Wirbelsäulenerkrankungen 2/03, S. 81). Denn der Kläger hat die Aluminiumbarren - wie er im Rahmen der mündlichen Verhandlung demonstriert hat - nicht weit entfernt vom Körper gehoben und umgeschichtet. Insoweit hält der Senat die im Erhebungsbogen vom 10. September 2002 gemachten Ausführungen der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers, es habe sich dabei um ein Heben mit ausgestrecktem Arm gehandelt, für unzutreffend.
Während seiner Tätigkeit als Abnehmer in der Druckgießerei hatte er Gießsterne und Kunststoffkästen manipuliert. Die Gießsterne wogen 2,1 kg und die Kunststoffkästen 8 kg. Während seiner Tätigkeit als Schmelzer hatte er Schöpflöffel und Tröge manipulieren müssen. Die mit 8 bis 15 kg Aluminium beladenen 2 kg schweren Schöpflöffel hatten ein Gesamtgewicht von höchstens 10 bis 17 kg. Die mit 20 bis 30 kg Aluminium gefüllten 15 bis 18 kg schweren Tröge hatten ein Gesamtgewicht von höchstens 35 bis 48 kg. Da mit dem Arbeitsgang 3 Personen betraut waren, ist davon auszugehen, dass der Kläger diese Tröge mit einem weiteren Kollegen in die Mulden gestürzt hat, sodass für diesen Arbeitsvorgang ein Lastgewicht von höchstens 17,5 bis 24 kg anzusetzen ist. Zwar ist somit nicht auszuschließen, dass der Kläger bei diesem Vorgang die 20-kg-Grenze erreicht hat. Die Entleerung des Schmelzofens wurde aber nicht mit der erforderlichen Regelmäßigkeit verrichtet. Denn der Ofen hatte ein Fassungsvermögen von 180 bis 200 kg. Durchschnittlich war nur ein halb gefüllter Ofen zu leeren, sodass ausgehend von einem zu schöpfenden Aluminium mit einem Gewicht von 90 bis 100 kg nur 6 bis 13 Schöpfungen erforderlich waren und nur 3 bis 5 Tröge gefüllt werden mussten. Hinzu kommt, dass das Leeren des Ofens nur an Freitagen sowie nur 2 bis 5 Mal wöchentlich bei Materialwechsel erforderlich war und dies zudem nur in der Hälfte der Fälle vom Kläger durchgeführt wurde.
Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK nach der Nr. 2109 der Anlage zur BKV sind nicht gegeben.
Nach der Nr. 2109 der Anlage zur BKV sind bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, als BK anzuerkennen. Dabei ist ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung bandscheibenbedingter Erkrankungen der Halswirbelsäule anzunehmen, wenn Lastgewichte von 50 kg und mehr regelmäßig auf der Schulter getragen wurden (Merkblatt des Bundesarbeitsministeriums, Bundesarbeitsblatt 3/93, S. 53 = Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2109).
Derartige Tätigkeiten hat der Kläger nicht in relevantem Umfang verrichtet. Obwohl sich die Berufung des Klägers auf die Anerkennung einer BK nach der Nr. 2109 der Anlage zur BKV erstreckt, hat er auch im Berufungsverfahren nichts vorgetragen, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Auch wenn möglicherweise halswirbelsäulenbelastende Tätigkeiten ausgeübt worden wären, wären diese nicht in der Häufigkeit angefallen, wie sie z. B. bei Fleischträgern in Schlachthöfen, bei denen von einer entsprechenden Gefährdung ausgegangen wird, üblich ist.
Auch die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK nach der Nr. 2110 der Anlage zur BKV sind nicht gegeben.
Nach der Nr. 2110 der Anlage zur BKV sind bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, als BK anzuerkennen. Dabei ist ein erhöhtes Risiko für die Entstehung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule durch Ganzkörper-Schwingungen bei einer Beurteilungsbeschleunigung aw(8) von 0,63 ms-2, wenn diese Exposition mit anderen risikoerhöhenden Faktoren einhergeht (Merkblatt des Bundesministeriums für Gesundheit und Sozialordnung, Bundesarbeitsblatt 7/05, Seite 43 = Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung M 2110, Seite 9).
Insoweit hat sich das SG zurecht auf die Berechnungen des Berufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitssicherheit vom 20. November 2002 gestützt. Hieraus hat sich während der Tätigkeit als Staplerfahrer keine Gesamt-Schwingungsbelastungsdosis ergeben, die den Mindestanforderungen des Merkblattes entspricht.
Der Kläger hat mithin keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Wirbelsäulenleiden als BK nach den Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage zur BKV.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung der Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers als Berufskrankheit (BK) nach den Nrn. 2108, 2109 und Nr. 2110 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der 1961 geborene Kläger war vom Juni 1978 bis November 1979 bei der Firma M. als Maschinenarbeiter, anschließend bei der Firma K. und S. bis März 1984 als Transportarbeiter in der Gussputzerei, bis Dezember 1985 als Aushauer in der Druckgießerei, bis August 1988 als Abnehmer in der Druckgießerei und ab September 1988 als Schmelzer im Vorschmelzraum und Staplerfahrer in der Druckgießerei beschäftigt. Seit 29. Mai 2001 ist der Kläger arbeitsunfähig.
Der Kläger beantragte am 9. April 2002, seine Rückenbeschwerden als BK anzuerkennen und ihm entsprechende Leistungen zu bezahlen. Er legte den Arztbrief des Arztes für Orthopädie Dr. L. vom 19. Juni 2001 (Diagnose: chronische Lumboischialgien rechts bei breitbasigem NPP L 4/5 rechts und Protrusion L 5 / S 1 beidseits und Beinverkürzung links nach Oberschenkelfraktur) vor. In den Fragebögen zur Krankheits- und Arbeitsanamnese gab der Kläger unter dem 18. April 2002 an, seit ca. 1993 an Wirbelsäulenbeschwerden, welche er auf seine schwere körperliche Arbeit zurückführe, zu leiden. Des Weiteren gab er an, von Juni 1978 bis November 1979 eine leichte Tätigkeit verrichtet zu haben.
Die Beklagte zog u. a. den Bericht des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) wegen des Verdachts einer Lärmschwerhörigkeit als BK vom 6. November 2001 und das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK - Die Gesundheitskasse L.-B. bei und holte die Befundberichte von Dr. L. vom 14. Juni 2002 und von Dr. B.-M. vom 8. Juli 2002 ein. Dr. L. führte aus, er sei vom Kläger erstmals am 7. April 1997 und 31. Mai 1999 wegen Wirbelsäulenbeschwerden in Anspruch genommen worden. Arbeitsunfähig sei der Kläger seit 17. März 2002. Dr. B.-M. führte aus, der Kläger werde seit 1987 wegen Wirbelsäulenbeschwerden behandelt und arbeite seit Ende Februar 2002 nicht mehr.
Die Firma K. und S. gab in dem von ihr ausgefüllten Fragebogen über wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten unter dem 10. September 2002 an, der Kläger habe Barren aus Aluminium in einen Behälter geben müssen. Dies sei überwiegend im Stehen geschehen. Dabei habe der Kläger zwei Barren mit einem Gewicht von jeweils 6-7 kg, also insgesamt mit einem Gewicht von ca. 12-14 kg pro Arbeitsschicht ca. 166 Mal heben müssen. Pro Jahr habe er diese Hebevorgänge an ca. 218 Arbeitsschichten durchzuführen gehabt. Die Barren habe er mit ausgestreckten Armen heben und dann 1-2 m weit tragen müssen. In extremer Rumpfbeugehaltung habe der Kläger je Arbeitsschicht ca. 30 Minuten (6 Zyklen von jeweils 5 Minuten) an ca. 218 Arbeitsschichten pro Jahr arbeiten müssen. Ganzkörper-Schwingungen sei der Kläger nicht ausgesetzt gewesen.
Sodann holte die Beklagte den aufgrund einer am 24. Oktober 2002 erfolgten Untersuchung des Arbeitsplatzes erstellten Untersuchungsbericht ihrer Präventionsabteilung vom 21. November 2002 ein. Dort führte der BK-Ermittler S. aus, im Beschäftigungsabschnitt von November 1979 bis März 1984 habe der Kläger hauptsächlich mit einem elektrisch betriebenen Gehgabelhubwagen, seltener mit Handgabelhubwagen, leere bzw. mit Produktionsteilen befüllte Gitterboxpaletten von der Fertigung in den Versand bzw. zu den Lagerplätzen befördert. Im Beschäftigungsabschnitt von April 1984 bis Dezember 1985 habe der Kläger als Aushauer gearbeitet. Die abgegossenen Rotorenblöcke aus Aluminium seien mit einem Schwenkkran von der Druckgießmaschine in ein Prisma am Aushauplatz abgestellt worden. Ein Rotorblock wiege 10 kg bis ca. 40 kg und sei von den beteiligten Personen mit einem Bruttodurchschnittsgewicht von ca. 28 kg eingeschätzt worden. Der Kläger habe mit einem Arbeitskollegen wechselweise Stahldorne mit einem Durchschnittsgewicht von ca. 12,5 kg der Rotorenblöcke mit einem Vorschlaghammer ausgeklopft. Während der eine Kollege den heißen Gussblock auf der Ablage festgehalten habe, habe der andere Kollege den Dorn mit Hammerschlägen ausgeklopft. Anschließend seien die ca. 15,5 kg schweren Aluminiumgussblöcke auf Paletten bzw. Gitterboxen abgelegt worden. Den heißen Stahldorn habe man vor dem Ablegen in ein Kühlwasserbad getaucht. Einzelne überdurchschnittlich schwere Blöcke mit einem Gewicht von maximal 30 kg ohne Dorn seien von zwei Mitarbeitern mit einem durchgestreckten Haltestab gehandhabt bzw. mit dem Schwenkkran manipuliert worden. Die Schichtleistung habe bei etwa 200 Gussblöcken gelegen. In den Beschäftigungsabschnitten von Januar 1986 bis August 1988, Oktober bis November 2001 und im Februar 2002 habe der Kläger als Abnehmer in der Druckgießerei gearbeitet. Er habe Gießsterne vom Rundförderer der Gießanlage beidhändig mit einer Zange abnehmen und in die Aufnahmevorrichtung einer Entgratpresse umsetzen, den automatischen Pressvorgang durch einen elektrischen Druckknopfschalter auslösen, entgratete Gussteile an einer Pufferstation der Presse abnehmen und in Kunststoffkästen sortieren sowie Materialkästen auf eine Hubwagenpalette in Armhöhe umsetzen müssen. Ein Gießstern mit 12 Gussteilen habe ca. 2,1 kg und ein Kunststoffkasten mit 50 Gussteilen ca. 8 kg gewogen. Im Beschäftigungsabschnitt von September 1988 bis Mai 2001 habe der Kläger als Schmelzer und Staplerfahrer gearbeitet. Zu den Aufgaben als Gabelstaplerfahrer hätten das Beschicken der Öfen mit Aluminiumbarren und Rücklaufmaterial, Transportieren der Schmelztiegel mit Flüssigmetall sowie der Barrentransport und die Krätzeentsorgung gehört. Die Fahrwege seien ab ca. 1996 saniert worden. Vorher hätten zum Teil unebene Fahrwege mit Schlaglöchern vorgelegen. Der Fahranteil beim Rückwärtsfahren sei auf ca. 30 % geschätzt worden. Die Fahrtätigkeiten hätten je Schicht ca. 3 Stunden ausgemacht. Als Schmelzer habe der Kläger drei- bis viermal pro Woche einen Schmelzofen mit ca. 5 kg schwerem Stangenwerkzeug reinigen und Schmelztiegel mit einem Kran auswechseln müssen, arbeitstäglich etwa 23 Tröge mit Gießabfällen, die vor den Gießmaschinen auf dem Boden gelagert hätten, in Containerwagen entsorgen, wobei ein Trog mit Abfallmaterial 10 bis 15 kg gewogen habe, Restschmelze mit einem Gießlöffel vom Ofen in Tiegel umfüllen, wobei der Gießlöffel ca. 4 kg gewogen und maximal 6 kg Schmelzgut gefasst habe und pro Schicht ungefähr 120 Schöpfvorgänge angefallen seien, sowie Aluminiumbarren mit einem Gewicht von 2 bis 2,5 Tonnen pro Schicht von Paletten in einen Beschickungswagen umlagern müssen, wobei eine Aluminiummassel als Vollmassel 6 kg bzw. als profilierte Formmassel 4 kg gewogen habe und der Kläger meist 2 Masseln auf einmal gehandhabt habe. Der BK-Ermittler S. kam zu dem Ergebnis, dass eine für die BK nach der Nr. 2108 relevante Exposition nicht gegeben sei. Der Kläger habe Lastgewichte von lediglich 2 - 15,5 kg heben und tragen müssen. Dabei handle es sich nicht um ein Heben und Tragen schwerer Lasten. Des Weiteren legte die Präventionsabteilung zur Frage der Schwingungsbelastung durch die Tätigkeit als Staplerfahrer die Stellungnahme des Berufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitssicherheit vom 20. November 2002 zur BK nach der Nr. 2110 der Anlage zur BKV vor. Dort wurde ausgeführt, bei alleiniger Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen lasse sich beim Kläger keine Gesamt-Schwingungsbelastungsdosis angeben. Wenn er jedoch zusätzlich schwer gehoben und getragen habe und das Mainz-Dortmunder-Dosis(MDD)-Modell Anwendung finden solle, seien alle Beschäftigungszeiträume des Klägers zu berücksichtigen, weil die jeweiligen bewerteten Schwingstärken 17,3, 14,7 bzw. 13,2 betragen hätten und damit höher seien als der Wert 12,5, der bei stoßhaltigen Schwingungen und/oder verdrehter Körperhaltung anzuwenden sei.
Prof. Dr. T. schlug in seiner gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 3. Januar 2003 eine BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht zur Anerkennung vor, da die haftungsbegründende Kausalität nicht habe wahrscheinlich gemacht werden können.
Mit Bescheid vom 27. Januar 2003 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK nach den Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage zur BKV ab. Der Kläger habe während seiner beruflichen Tätigkeit keine Lastgewichte von 25 kg oder mehr in der überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten heben oder tragen müssen. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Entstehen einer BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV seien daher nicht erfüllt. Die erforderlichen Mindestbelastungen, bei deren Überschreitung mit gesundheitlichen Gefahren für die Lendenwirbelsäule durch vertikale Einwirkungen von Ganzkörperschwingungen in Sitzen zu rechnen sei, erfülle der Kläger nicht. Daher sei auch die BK nach der Nr. 2110 der Anlage zur BKV nicht gegeben. Aus den ärztlichen Befundberichten sei darüber hinaus zu entnehmen, dass neben Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule, wie sie bei einem Grossteil der Bevölkerung unabhängig von einer übermäßigen Belastung vorkomme, auch eine links-konvexe Skoliose (Wirbelsäulenverbiegung) sowie ein Beckenschiefstand bestehe. Diese Befunde sowie die fehlenden neurologischen Ausfälle sprächen gegen eine berufliche Verursachung. Deshalb könnten die beim Kläger bestehenden Veränderungen und Beschwerden der Wirbelsäule nicht mit Wahrscheinlichkeit seiner früheren beruflichen Tätigkeit ursächlich zugerechnet werden.
Hiergegen legte der Kläger am 19. Februar 2003 Widerspruch ein. Die Beklagte habe die Erkrankung der Sehnenscheiden nicht berücksichtigt. Des Weiteren habe er mit einer Fehlhaltung arbeiten müssen. Außerdem habe er Gewichte von bis zu 40 kg heben müssen. Seine frühere Arbeit in dem Zeitraum vom 1979 bis 1984 sei nicht berücksichtigt worden. Damals habe er Kisten mit Gewichten von bis zu 60 kg heben müssen.
Daraufhin wies die Präventionsabteilung in ihrer Stellungnahme vom 15. Mai 2003 darauf hin, dass in ihrem Bericht vom 21. November 2002 die vor Ort sorgfältig ermittelten Ergebnisse sowie die Angaben des Klägers und der beteiligten Personen vollständig enthalten seien. Die Tätigkeiten als Transportarbeiter von 1979 bis 1984 und in der Ofenbeschickung mit Gabelstapler in der Zeit von 1988 bis 2001 seien im Bericht dargestellt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei der Arbeitsplatzüberprüfung seien auch die Tätigkeiten des Klägers als Transportarbeiter in der Gussputzerei in der Zeit von November 1979 bis März 1984 berücksichtigt und im Bericht vom 21. November 2002 aufgeführt worden. Auch wenn gelegentlich höhere Gewichte hätten transportiert werden müssen, sei davon auszugehen, dass bezogen auf eine Arbeitsschicht kein regelmäßiges Heben und Tragen schwerer Lasten erfolgt sei. Die abgegossenen heißen Rotorblöcke aus Aluminium seien mit einem Schwenkkran von der Druckgussmaschine in ein Prisma am Aushauplatz abgestellt worden. Nach den Aushauarbeiten seien die dann ca. 15,5 kg schweren Aluminiumgussblöcke auf Paletten bzw. Gitterboxen abgelegt worden. Auch bei den späteren Tätigkeiten seien keine Lastgewichte mit einem Risiko für die Entwicklung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Wirbelsäule gehoben oder getragen worden. Die durchgeführten Ermittlungen hätten auch keine Hinweise darauf ergeben, dass der Kläger bei seinen früheren beruflichen Tätigkeiten schwere Lasten (Lastgewichte von 50 kg und mehr) in einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten auf der Schulter getragen habe. In den Ermittlungen seien auch die Belastungen als Staplerfahrer im Vorschmelzbereich sowie der Druckgießerei bewertet worden. Dabei sei neben der verdrehten Körperhaltung auch die unebene Fahrbahn bis 1996 in die Bewertung einbezogen worden. Die Schwingungsstärken hätten jedoch unterhalb des Richtwertes gelegen. Der Kläger selbst habe angegeben, dass seiner Ansicht nach die Veränderungen der Wirbelsäule durch die Fehlhaltung bei der Tätigkeit hervorgerufen worden seien und habe somit keinen Zusammenhang zu langjährigem Heben und Tragen schwerer Lasten sowie zu langjährigen, vorwiegend vertikalen Ganzkörperschwingungen hergestellt. Die beschriebene Fehlhaltung entspreche auch nicht der extremen Rumpfbeugehaltung im Sinne der BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV. Unter Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung seien Arbeiten in Räumen zu verstehen, die niedriger als 1 m seien oder Arbeiten, bei denen der Oberkörper um mindestens 90° aus der aufrecht stehenden Körperhaltung über längere Dauer, z. B. mehrere Minuten pro Arbeitsvorgang, nach vorne gebeugt werde. Das heiße, der Oberkörper müsse im Stehen mindestens eine waagerechte Position einnehmen. Eine solche Art der Tätigkeit sei weder vom Kläger angegeben noch bei den Arbeitsplatzüberprüfungen festgestellt worden.
Hiergegen erhob der Kläger am 11. Juli 2003 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Er trug vor, er habe täglich ca. 2 Tonnen Aluminiumbarren in gebückter Haltung auf einen Transportwagen umzuschichten gehabt. Hinzu sei gekommen, dass er ca. 10x wöchentlich beim Leeren der Schmelzöfen und bei Materialwechsel mit einer großen Schöpfkelle ca. 10-12 kg flüssiges Aluminium habe schöpfen sowie das in Masseln aufgefangene ausgehärtete Aluminium mit einem Gewicht von ca. 60 kg habe hochheben und umstülpen müssen. Außerdem sei nicht berücksichtigt worden, dass er von 1979 bis 1984 im Transport tätig gewesen sei. Täglich habe er bei der Bedienung eines Hubbocks ca. 20x eine einen Hebelmechanismus auslösende Klinke treten müssen, wobei kurzfristig ca. 80 kg aufzubringen gewesen seien. Mit dem Hubbock, welcher ca. 500 kg gewogen habe, habe er ca. 200 m zurücklegen müssen, wobei der Hubbock nicht motorbetrieben gewesen sei. Dabei habe er oft körperlich atypische Haltungen einnehmen müssen, da der Untergrund holprig gewesen sei und Steigungen bzw. Gefälle gehabt habe. Auch sei seine ca. 3-4 Monate verrichtete Tätigkeit als Aushauer mit ständigem Bücken verbunden gewesen.
Hierzu legte die Beklagte den Bericht ihres Präventionsdienstes vom 9. Oktober 2003 vor. Dort hieß es, die Schichtarbeiter hätten in 14-tägigem Rhythmus jeweils an einem Wochenendtag Schmelze mit Handschöpfer von Warmhalteöfen in Tiegel umgefüllt. Weil am Wochenende die Tiegel nicht ausgereicht hätten, sei überschüssige Schmelze in Metalltrögen auf etwa 30 cm hohen Ablagen abgefüllt und seien nach dem Erkalten die Aluminiummasseln aus den Trögen in einen ca. 1 m hohen Fahrcontainer geworfen worden. Ein Trog sei 14,5 kg schwer gewesen und habe mit Schmelze maximal 36 kg gewogen. Gehandhabt worden seien die Tröge von ein oder zwei Beschäftigten. Von 1988 bis 1995 seien für den Kläger alle 14 Tage ca. 9 Masseln angefallen. Danach habe sich die Stückzahl ständig reduziert und habe 2001 noch etwa 1/3 hiervon betragen. Während des Produktionsbetriebes hätten die Schmelztiegel ausgereicht, so dass das Abgießen von Masseln in Tröge nicht erforderlich gewesen sei. Die Regelmäßigkeit und Häufigkeit beim Heben und Tragen schwerer Lasten (mindestens 50 Lastenmanipulationen pro Arbeitsschicht in einer überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten) nach dem MDD-Modell bzw. im Sinne des ärztlichen Merkblattes sei nicht gegeben. Ergänzend führte die Beklagte aus, die Tätigkeit mit dem Hubbock stelle kein Heben oder Tragen im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zur BKV dar.
Dagegen führte der Kläger aus, er habe wesentlich mehr Masseln verarbeitet, als es in der Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 9. Oktober 2003 angegeben worden sei. Er habe mehr als 40 Masseln zu bearbeiten gehabt. Erst in jüngster Zeit sei die Situation durch Arbeitsumstellung und durch moderne Maschinen anders geworden.
Im Rahmen des am 27. Januar 2004 stattgefundenen Erörterungstermins befragte das SG mehrere Kollegen des Klägers. Der Kollege G. führte aus, als Masseln bezeichne man ausgehärtete Aluminiumteile. Das Aluminium werde in Form von 6-7 kg schweren Barren angeliefert. Sodann werde es in Elektroöfen eingeschmolzen. Das flüssige Aluminium werde sodann zur Verarbeitung an Warmhalteöfen weiterverteilt. Um über das Wochenende Energie zu sparen, werde das restliche flüssige Aluminium mittels Schöpfkellen in vorbereitete Tröge geschöpft. Diese Tröge hätten ein Eigenwicht von 15-18 kg. Die Schöpflöffel hätten ein Eigengewicht von ca. 2 kg. Mit diesen könne man - je nach Größe - bis zu 8-15 kg flüssiges Aluminium je Schöpfvorgang in die Tröge hineinschöpfen. Dies geschehe so lange, bis der Trog einigermaßen voll sei. Anschließend härte das Material aus. Sodann werde der Trog mit ca. 20-30 kg Aluminium darin (also Gesamtgewicht 40-48 kg) gestürzt und das Verfahren beginne von vorne. Dies werde so häufig gemacht, bis der Ofen leer sei. Am darauf folgenden Montag werde dann dieses Material erst in den Vorschmelzofen gegeben. Dies geschehe dadurch, dass die sich in einer Mulde befindenden Masseln in eine Schmelzbühne gekippt würden. Von der Schmelzbühne werde das Aluminium automatisch in den Schmelzofen geschoben. Dieser gesamte Vorgang werde nicht nur am Wochenende aus Energiespargründen durchgeführt, sondern auch gelegentlich unter der Woche, um einen Materialwechsel zu ermöglichen. So etwas komme 2-5x in der Woche vor. Insgesamt 3 Personen hätten diese Tätigkeiten verrichtet. Der Ofen habe ein Fassungsvermögen von ca. 180 bis 200 kg. Wenn man bedenke, dass eine Massel 20-30 kg Gewicht habe und zudem nicht ein voller Ofen, sondern eher ein halbvoller Ofen geleert werden müsse, sei davon auszugehen, dass in der Regel ca. 4 Masseln hergestellt worden seien. Im ungünstigsten Fall müsse die Mulde samt Massel vom Boden aufgehoben und sodann in einer drehförmigen Sturzbewegung in die Mulde gekippt werden. Im günstigsten Fall stehe die Mulde 80-90 cm über dem Boden. Die Massel werde dann entweder von zwei Mitarbeitern jeweils an einem Henkel oder von einem Mitarbeiter an beiden Henkeln gegriffen und in der gleichen Drehbewegung wie beschrieben in die Mulde gestürzt. In ca. der Hälfte der Fälle sei nicht auf die Arbeiter im Vorschmelzraum zurückgegriffen worden, weil die Mitarbeiter, welche mit den Schmelzvorgängen beschäftigt seien, das Entleeren der Schmelzöfen selbst vorgenommen hätten. In Ausnahmefällen sei die Materialtemperatur der Schmelzöfen zu weit nach oben gestiegen. In derartigen Fällen seien 2-3 Aluminiumbarren zu je 6-7 kg in den Ofen gegeben worden, um die Temperatur zu senken. Dies sei geschehen, indem die Barren von der entsprechenden Lagerfläche abgeholt und zu dem Ofen getragen worden seien. Dies sei aber eher die Ausnahme als die Regel gewesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 4. Oktober 2004 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe bei seiner früheren beruflichen Tätigkeit keine Lastgewichte von 50 kg und mehr mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten auf der Schulter getragen. Die BK nach der Nr. 2109 der Anlage zur BKV sei daher nicht gegeben. Auch gehe die Beklagte zu Recht davon aus, dass der Kläger lediglich Lastgewichte von 2-15,5 kg gehoben und getragen habe. Mithin sei die Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht gegeben. Schließlich würden die Belastungen nicht erreicht, bei deren Überschreitung mit gesundheitlichen Gefahren für die Lendenwirbelsäule durch vertikale Einwirkungen von Ganzkörperschwingungen im Sitzen zu rechnen sei, sodass die Anerkennung einer Berufskrankheit der Nr. 2110 der Anlage zur BKV ausscheide.
Gegen den ihm am 11. Oktober 2004 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 4. November 2004 Berufung eingelegt. Unberücksichtigt geblieben sei, dass er täglich 3-5 Mal von einem Aluminiumstapel aus mit so genannten Aluminiumbarren mit einem Gewicht zwischen 6-7 kg einen Transportbehälter habe beladen, dieser manuell ca. 5 m an die Elektroöfen habe verbracht werden und von dort aus die Elektroöfen mit den Aluminiumbarren hätten gefüllt werden müssen. Auch hätten die Masseln mit einem Eigengewicht von ca. 15-18 kg mit flüssigem Aluminium mit einem ausgehärteten Gewicht von 20-30 kg gefüllt werden müssen, sodass die Masseln ein Gesamtgewicht von 40-48 kg gehabt hätten. Außerdem habe er die Masseln mit einem Gewicht bis zu 60 kg umstülpen und die umgestülpten Aluminiumbrocken mit einem Gewicht zwischen 40-48 kg sodann wieder zum Erhitzen in den Schmelzofen gestürzt werden müssen. Er sei auch damit beschäftigt gewesen, im Schmelzofen flüssiges Aluminium abzuschöpfen und zwar mit einer Schöpfkelle mit einem Gewicht von 2 kg eine Masse von flüssigem Aluminium zwischen 8-10 kg, sodass insgesamt 10-12 kg mit seinem rechten Arm abzuschöpfen gewesen seien. Diese geschilderten Tätigkeiten habe er in den Jahren 1996 bis 2001 durchführen müssen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. Oktober 2004 aufzuheben, den Bescheid vom 27. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine Wirbelsäulenerkrankung als BK nach den Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage zur BKV anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Präventionsdienst habe berücksichtigt, dass Aluminiumbarren von Paletten im Beschickungswagen mit einem Gesamtgewicht von 2-2,5 Tonnen pro Arbeitsschicht umzulagern gewesen seien. Maßgeblich sei aber dabei, dass jeder einzelne Hebevorgang mit einem Gesamtgewicht von meist 8 kg einzeln zu bewerten sei, um die Druckbelastung nach dem MDD-Modell zu berechnen. Nur eine Mindestbelastungsdosis von 3200 N (= 18,6 kg) sei bei der Berechnung der Tagesdosis von 5500 Nh zu berücksichtigen. Dieser Wert werde bei dem Umschichten von Aluminiumbarren jedoch nicht erreicht. Bei der Weiterverarbeitung der ausgehärteten Aluminiummasseln fehle es an der erforderlichen Regelmäßigkeit und Häufigkeit. Diese Tätigkeit sei an jedem Freitag und bei Wechsel der Aluminiumart auch unter der Woche (2-5 Mal) durchzuführen. Diese unregelmäßigen Arbeiten seien von jeweils 3 Mitarbeitern ausgeführt worden. Auch für diese Arbeit werde eine entsprechende Tagesbelastungsdosis nicht erreicht. Das Umstülpen sowie das Bewegen eines Hubbockes stellten kein Heben oder Tragen im Sinne der BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV dar.
In der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2006 hat der Kläger demonstriert, wie er die Aluminiumbarren hochgehoben und umgesetzt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Im vorliegenden Fall sind gemäß § 212 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) die zum 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Vorschriften des SGB VII sowie die aufgrund der Vorschriften des SGB VII erlassene BKV vom 31. Oktober 1997 anzuwenden, da der Versicherungsfall wenn eine BK vorliegt erst mit der Aufgabe der für wirbelsäulenschädlich gehaltenen Tätigkeit am 29. Mai 2001 eingetreten ist.
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung stellen nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und BKen dar. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist die Bundesregierung ermächtigt, solche Krankheiten als BK zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind.
Die Feststellung einer BK setzt grundsätzlich voraus, dass beim Versicherten zum Einen die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben sind. Das heißt, er muss im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BKV ausgesetzt gewesen sein, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden herbeizuführen (haftungsbegründende Kausalität). Zum Anderen muss ein Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung bestehen. Es muss danach ein dieser BK entsprechendes Krankheitsbild vorliegen und dieses muss im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf die belastende berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden können, wobei hinsichtlich des Kausalzusammenhangs eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist (haftungsausfüllende Kausalität). Auch wenn ein Versicherter über lange Jahre hinweg Belastungen ausgesetzt war, die grundsätzlich geeignet sind, eine BK hervorzurufen, führt dies nicht automatisch zur Anerkennung und gegebenenfalls Entschädigung. Vielmehr ist, wenn die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegen, im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen den beruflichen Belastungen und der aufgetretenen Erkrankung besteht. Dabei sind neben den beruflichen Faktoren auch Schadensanlagen und außerberufliche Belastungen zu berücksichtigen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das SG zu Recht die Klage abgewiesen.
Das SG hat in seinem Gerichtsbescheid vom 4. Oktober 2004 zutreffend die vom Kläger im relevanten Zeitraum verrichteten Tätigkeiten dargestellt. Es hat dabei in nicht zu beanstandender Weise die Ausführungen der Präventionsabteilung der Beklagten in ihren Stellungnahmen vom 21. November 2002 sowie 15. Mai und 9. Oktober 2003 berücksichtigt und die in sich widerspruchsfreien Angaben des Zeugen G. im Rahmen des am 27. Januar 2004 stattgefundenen Erörterungstermins ausgewertet. Hierauf nimmt der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug und sieht von weiteren Darlegungen in den Entscheidungsgründen ab.
Ausgehend hiervon liegen beim Kläger die BKen nach den Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage zur BKV nicht vor.
Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV sind nicht gegeben.
Nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV sind bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, als Berufskrankheit anzuerkennen. Mit der hiermit festgelegten beruflichen Belastung wird verbindlich umschrieben, welche beruflichen Einwirkungen generell geeignet sind, bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule zu verursachen bzw. zu verschlimmern.
Zur Ermittlung der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV wendet der Senat das Mainz-Dortmunder-Dosis-Modell (MDD) an.
Bei dem MDD wird zur Beurteilung einer möglichen Gefährdung aus der Belastungshöhe und der Belastungsdauer eine schichtbezogene Beurteilungsdosis (Tagesdosis) errechnet. Als Belastungshöhe wird die Druckkraft auf das Bandscheibensegment L5-S1 und als Belastungsdauer die Dauer für Hebe- oder Tragevorgänge herangezogen. Dabei geht die Druckkraft gegenüber der Belastungsdauer aufgrund des höheren Schädigungspotenzials überproportional in die Berechnung der Tagesdosis ein. Als täglicher Tagesdosis-Richtwert, bei dessen Erreichen oder Überschreiten mit einer Gefährdung für das Entstehen bandscheibenbedingter Erkrankungen der Lendenwirbelsäule zu rechnen ist, wird ein Wert von 5,5 x 103 Newton-Stunden (Nh) für Männer (entsprechend 5.500 Nh) und 3,5 x 103 Nh für Frauen (entsprechend 3.500 Nh) abgeleitet, d. h. Tätigkeiten mit Dosiswerten ab diesen Werten sind als gefährdend im Sinne der BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV anzusehen. Nur wenn die Tagesdosis-Richtwerte erreicht oder überschritten werden, werden die Tagesdosen zu einer Gesamtdosis addiert. Bei der Berechnung dieser schichtbezogenen Beurteilungsdosis wird als Mindestwert für die Bandscheibenkompression ein Wert von 3.200 N (Newton) für Männer und 2.500 N für Frauen angewendet, um zwischen der Exposition zum Heben und Tragen schwerer Lasten und allgemeinen Hebe- und Tragetätigkeiten unterscheiden zu können. Diese Mindestdruckkraft leitet sich unmittelbar aus dem Merkblatt zur BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV ab, in dem ein Lastgewicht von 20 kg für Männer bzw. 10 kg für Frauen als Anhaltspunkt für eine "schwere Last", bezogen auf ein Alter ab 40 Jahren, festgelegt ist. Biomechanische Berechnungen beim langsamen Heben einer 20- bzw. 10-kg-Last vom Boden auf Taillenhöhe führen zu Druckkraftwerten um 3.200 N für Männer und 2.500 N für Frauen. Dieser Mindestwert muss erreicht werden, damit der Hebe- oder Tragevorgang bei der Ermittlung der schichtbezogenen Belastungsdosis berücksichtigt werden kann. Als Richtwert für das gesamte Berufsleben, bei dessen Erreichen die arbeitstechnischen Voraussetzungen zum Entstehen einer BK nach der Nr. 2108 der Anlage zur BKV als gegeben angesehen werden können, werden 25 x 106 Nh für Männer und 17 x 106 Nh für Frauen vorgeschlagen (vgl. Schäfer et al., SGb 2002, S. 202).
Das MDD stellt eine Zusammenfassung medizinischer Erfahrungstatsachen und damit eine Hilfe bei der Beurteilung des Kausalzusammenhangs dar. Auch nach Auffassung des BSG stellt das MDD - zumindest derzeit - ein geeignetes Modell dar, um die kritische Belastungsdosis eines Versicherten durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten für eine Arbeitsschicht und für das Berufsleben zu ermitteln und in Beziehung zu einem Erkrankungsrisiko zu setzen (Urteile vom 18. März 2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = Breithaupt 2003, 568-575; vom 19. August 2003 - B 2 U 1/02 R). Die Vorgaben, auf denen das MDD beruht, sind nicht frei gegriffen, sondern beruhen ihrerseits auf medizinischen Erfahrungstatsachen, die sich an den in epidemiologischen Studien über besonders belastete Berufe (Pflege, Bau, Transport) gewonnenen Werten orientieren. Zwar wird das MDD aus den verschiedensten Gründen kritisiert (vgl. etwa Becker, SGb 2001, 488, 491; Liebers, Caffier, ASUMed 2001, 447, 450; zusammenfassend Hartmann, ASUMed 2002, 580). Dennoch wird das Modell auch von seinen Kritikern überwiegend als ein grundsätzlich brauchbarer Ansatz gesehen, zu dessen Weiterentwicklung derzeit eine "epidemiologische Fall-Kontroll-Studie zur Untersuchung von Dosis-Wirkung-Beziehungen bei der BK Nr. 2108" im Auftrag des Hauptverbands der gewerblichen Berufsgenossenschaften durchgeführt wird. Mit dem MDD steht im Übrigen eine von der überwiegenden Zahl der Unfallversicherungsträger einheitlich angewandte praktikable Arbeitsgrundlage für die Bemessung der belastungsbedingten Dosis im Bezug auf das Erkrankungsrisiko zur Verfügung. Im Hinblick darauf führt nach Auffassung des Senats derzeit kein Weg an der Anwendung des MDD vorbei, auch wenn man seine oben dargestellten Richtwerte mit dem BSG aaO nicht als Grenz-, sondern nur als Orientierungswerte ansieht, die eine Hilfe bei der Beurteilung des medizinischen Zusammenhangs zwischen versicherter Einwirkung und Erkrankung darstellen.
Vorliegend hat der Kläger den Mindestwert für die Bandscheibenkompression von 3.200 N nicht erreicht. Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass der Kläger zu keiner Zeit regelmäßig Lastgewichte von mindestens 20 kg gehoben oder getragen hat.
Während seiner Tätigkeit als Hubwagenbediener musste der Kläger keine schweren Lasten manipulieren. Sofern der Kläger ausgeführt hat, er habe eine einen Hebelmechanismus auslösende Klinke treten müssen, wobei ca. 80 kg aufzubringen gewesen seien, weist der Senat darauf hin, dass es sich hierbei nicht um einen Trage- oder Hebevorgang im Sinne des Merkblattes handelt.
Während seiner Tätigkeit als Aushauer hatte der Kläger Aluminiumblöcke mit einem Durchschnittsgewicht von 15,5 kg alleine und bei einem Maximalgewicht von 30 kg mit einem Kollegen gehoben und getragen. Bei diesem Hebevorgang handelt es sich auch nicht um ein Umsetzen größerer Lastgewichte in ungünstiger Armhaltung, was zu einer erhöhten Druckkraft führen würde (vgl. BK-Report Wirbelsäulenerkrankungen 2/03, S. 81). Denn der Kläger hat die Aluminiumbarren - wie er im Rahmen der mündlichen Verhandlung demonstriert hat - nicht weit entfernt vom Körper gehoben und umgeschichtet. Insoweit hält der Senat die im Erhebungsbogen vom 10. September 2002 gemachten Ausführungen der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers, es habe sich dabei um ein Heben mit ausgestrecktem Arm gehandelt, für unzutreffend.
Während seiner Tätigkeit als Abnehmer in der Druckgießerei hatte er Gießsterne und Kunststoffkästen manipuliert. Die Gießsterne wogen 2,1 kg und die Kunststoffkästen 8 kg. Während seiner Tätigkeit als Schmelzer hatte er Schöpflöffel und Tröge manipulieren müssen. Die mit 8 bis 15 kg Aluminium beladenen 2 kg schweren Schöpflöffel hatten ein Gesamtgewicht von höchstens 10 bis 17 kg. Die mit 20 bis 30 kg Aluminium gefüllten 15 bis 18 kg schweren Tröge hatten ein Gesamtgewicht von höchstens 35 bis 48 kg. Da mit dem Arbeitsgang 3 Personen betraut waren, ist davon auszugehen, dass der Kläger diese Tröge mit einem weiteren Kollegen in die Mulden gestürzt hat, sodass für diesen Arbeitsvorgang ein Lastgewicht von höchstens 17,5 bis 24 kg anzusetzen ist. Zwar ist somit nicht auszuschließen, dass der Kläger bei diesem Vorgang die 20-kg-Grenze erreicht hat. Die Entleerung des Schmelzofens wurde aber nicht mit der erforderlichen Regelmäßigkeit verrichtet. Denn der Ofen hatte ein Fassungsvermögen von 180 bis 200 kg. Durchschnittlich war nur ein halb gefüllter Ofen zu leeren, sodass ausgehend von einem zu schöpfenden Aluminium mit einem Gewicht von 90 bis 100 kg nur 6 bis 13 Schöpfungen erforderlich waren und nur 3 bis 5 Tröge gefüllt werden mussten. Hinzu kommt, dass das Leeren des Ofens nur an Freitagen sowie nur 2 bis 5 Mal wöchentlich bei Materialwechsel erforderlich war und dies zudem nur in der Hälfte der Fälle vom Kläger durchgeführt wurde.
Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK nach der Nr. 2109 der Anlage zur BKV sind nicht gegeben.
Nach der Nr. 2109 der Anlage zur BKV sind bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, als BK anzuerkennen. Dabei ist ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung bandscheibenbedingter Erkrankungen der Halswirbelsäule anzunehmen, wenn Lastgewichte von 50 kg und mehr regelmäßig auf der Schulter getragen wurden (Merkblatt des Bundesarbeitsministeriums, Bundesarbeitsblatt 3/93, S. 53 = Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2109).
Derartige Tätigkeiten hat der Kläger nicht in relevantem Umfang verrichtet. Obwohl sich die Berufung des Klägers auf die Anerkennung einer BK nach der Nr. 2109 der Anlage zur BKV erstreckt, hat er auch im Berufungsverfahren nichts vorgetragen, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Auch wenn möglicherweise halswirbelsäulenbelastende Tätigkeiten ausgeübt worden wären, wären diese nicht in der Häufigkeit angefallen, wie sie z. B. bei Fleischträgern in Schlachthöfen, bei denen von einer entsprechenden Gefährdung ausgegangen wird, üblich ist.
Auch die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK nach der Nr. 2110 der Anlage zur BKV sind nicht gegeben.
Nach der Nr. 2110 der Anlage zur BKV sind bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, als BK anzuerkennen. Dabei ist ein erhöhtes Risiko für die Entstehung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule durch Ganzkörper-Schwingungen bei einer Beurteilungsbeschleunigung aw(8) von 0,63 ms-2, wenn diese Exposition mit anderen risikoerhöhenden Faktoren einhergeht (Merkblatt des Bundesministeriums für Gesundheit und Sozialordnung, Bundesarbeitsblatt 7/05, Seite 43 = Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung M 2110, Seite 9).
Insoweit hat sich das SG zurecht auf die Berechnungen des Berufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitssicherheit vom 20. November 2002 gestützt. Hieraus hat sich während der Tätigkeit als Staplerfahrer keine Gesamt-Schwingungsbelastungsdosis ergeben, die den Mindestanforderungen des Merkblattes entspricht.
Der Kläger hat mithin keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Wirbelsäulenleiden als BK nach den Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage zur BKV.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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