L 25 B 269/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 37 AS 12007/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 269/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 6. März 2006 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im einstweiligen Rechtschutzverfahren die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Mit Antrag vom 22. Dezember 2005 stellte der Antragsteller bei dem Sozialgericht Berlin (SG) den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes. Er trug vor, dass er bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe gemäß § 428 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bezogen habe und in der Zeit vom 25. Oktober 2004 bis zum 24. Juli 2005 in einem 1,50- Euro-Job bei einer 30-Stunden-Woche beschäftigt gewesen sei (gemäß § 10 SGB III).

Bereits am 21. Oktober 2004 habe er Leistungen nach dem SGB II beantragt und alle erforderlichen Unterlagen, wie eine Ablichtung des Mietvertrages, zusammen mit den Unterlagen betreffend den "Ein-Euro-Job" beim Antragsgegner, damals noch Arbeitsamt, im Erdgeschoss des Gebäudes in der Sonnenallee 282 abgegeben. Da er auch im Januar 2005 keinen Bescheid erhalten habe, sei er bei dem Antragsgegner am 26. Januar 2005 vorstellig geworden, ohne dass er einen entsprechenden Bescheid erhalten hätte; auch weitere Anfragen seien ohne Erfolg geblieben.

Seit Beendigung der Beschäftigungsmaßnahme habe er kein Einkommen mehr und sei auch nicht mehr krankenversichert. Er ernähre sich von dem, was Freunde ihm überließen. Zwischenzeitlich sei sogar die Zwangsvollstreckung gegen ihn eingeleitet worden. Der Antragsteller benötige dringend Medikamente, da ein Herzleiden und eine chronische Darmerkrankung vorlägen.

Der Antragsgegner habe es verabsäumt, den Antragsteller jedenfalls bei seiner Vorsprache am 26. Januar 2005 darauf hinzuweisen, dass ein Antrag nicht vorliege. Der Antragsteller sei jedenfalls im Wege des soziarechtlichen Herstellungsanspruches so zu stellen, als hätte er am 26. Januar 2005 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt.

Der Antragsteller hat beantragt, den Antragsgegner zu verurteilen, über seinen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II vom 24. Oktober 2004 zu entscheiden.

Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen,

da ein Leistungsantrag nicht vorliege. Der Antragsgegner erkläre sich jedoch grundsätzlich bereit, nach persönlicher Vorsprache und Vorlage des entsprechenden Antrags sowie der maßgeblichen Nachweise den Leistungsanspruch zu prüfen und ggf. eine angemessene Abschlagzahlung zu leisten. Der Antragsteller solle an einem der nächsten Sprechstundentage vorsprechen.

Das Sozialgericht (SG) hat am 6. März 2006 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels Vorliegens eines Anordnungsgrundes abgelehnt.

Gegen den ihm am 10. März 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) am 10. April 2006 eingegangene Beschwerde.

Der Antragsteller trägt ergänzend vor, dass er sich nach dem Angebot des Antragsgegners am 19. Januar 2006 an einen Herrn K gewandt habe, der ihn zu seiner Teamleiterin, Frau G, gebracht habe. Dann habe ihn eine Frau F in den allgemeinen Besprechungsraum gebracht, dort seien die "Kabinen" nur zur Seite abgeteilt, die Vorderseite zum Warteraum sei offen, dass heißt, jeder Wartende könne die Gespräche in den Kabinen verfolgen. Der Antragsteller habe in einer Ecke Platz nehmen müssen und sei von Frau F, Frau G und ein Herr T mit Fragen bombardiert, letztlich aber ohne Auszahlung wieder nach Hause geschickt worden. Der Antragsteller sei dringend Hilfe bedürftig; u. a. fordere die AOK ihm zu Unrecht gewährte Arzneimittel in Höhe von 680,14 Euro zurück.

Zum Nachweis seines schlechten Gesundheitszustandes überreiche er zwei Atteste des Dr. B vom 7. März 2006 und vom 11. Mai 2006, aus denen hervor gehe, dass der Antragsteller an einer chronischen Darmerkrankung, einer rezidivierenden Angina pectoris und einem Hypertonus, der eine regelmäßige medizinische Betreuung und eine Verordnung von Medikamenten notwendig mache, leide. Auch bestünden erhebliche kardiale Probleme und es müsse auch ein großer Leistenbruch operativ behandelt werden. Der Antragsteller sei aufgrund seiner Existenz gefährdenden persönlichen Situation erheblich depressiv, teilweise auch mit suizidalen Gedanken. Eine psychiatrisch-neurologische Behandlung müsse durchgeführt werden. Der Antragsteller bekomme im Augenblick nur eine Notfallmedizin durch Verabreichung von Ärztemustern als Medikamenten.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 6. März 2006 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen,

und führt ergänzend aus: Ein Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II liege bis heute nicht vor, obgleich dem Antragsteller am 19. Januar 2006 die dafür erforderlichen Unterlagen ausgehändigt worden seien. Dieser habe aber erst Rücksprache mit seiner Rechtsanwältin nehmen wollen, ob er den Antrag stellen und die benötigten Unterlagen einreichen solle. Dieses Gespräch habe vor Zeugen stattgefunden und es gebe darüber einen diesbezüglichen Aktenvermerk. Im Übrigen habe der Antragsteller seit dem 19. Januar 2006 nicht mehr vorgesprochen, was die Eilbedürftigkeit nicht besonders glaubhaft erscheinen lasse.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2006 hat der Antragsgegner ergänzend mitgeteilt, dass bis heute keine Antragsunterlagen eingegangen seien, obgleich dem Antragsteller die Unterlagen – nochmals – diesmal mit Schreiben vom 10. August 2005 zugegangen seien.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Gerichtsakten.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das SG ist in dem angefochtenen Beschluss zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erhalten kann, weil es jedenfalls an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes mangelt (§ 86 b Abs. 2 Satz 1, 4 Sozialgerichtsgesetz [ SGG] i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]).

Selbst wenn der Antragsteller bereits am 21. Oktober 2004 einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II unter Beifügung der erforderlichen Unterlagen beim Antragsgegner abgegeben haben sollte und der diesbezügliche Vordruck verschwunden sein sollte, so hatte der Antragsteller jedenfalls in der Folgezeit genügend Gelegenheit gehabt, einen derartigen Antrag nochmals zu stellen. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2005 hat sich der Antragsgegner bereit erklärt, bei persönlicher Vorsprache des Antragstellers und summarischer Prüfung der Leistungsberechtigung eine Abschlagszahlung zu gewähren. Anlässlich der persönlichen Vorsprache am 19. Januar 2006 hat er dem Antragsteller die für eine Antragstellung erforderlichen Unterlagen ausgehändigt, wie sich aus einem entsprechenden Vermerk ergibt. Diese Antragsformulare will der Antragsteller nicht bekommen bzw. verloren haben. Der Antragsteller hat aber auch keinen Antrag bei dem Antragsgegner gestellt oder eine Vorschusszahlung beantragt (jedenfalls nicht bis zum 13. Oktober 2006), nachdem ihm der Antragsgegner auf Anregung des Gerichts am 10. August 2006 erneut die Unterlagen zugesandt hat. Ein dringendes Bedürfnis zur Entscheidung über die vorläufige Gewährung von Leistungen nach dem SGB II im einstweiligen Verfahren zur Abwendung wesentlicher Nachteile – und damit ein Anordnungsgrund – ist damit nicht ersichtlich. Es besteht kein Rechtschutzbedürfnis. Dem Antragsteller steht es frei, bei dem Antragsgegner nun endlich einen entsprechenden Antrag einzureichen bzw. die ihm bereits mehrfach angebotene Abschlagzahlung zu beantragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.

Gegen diesen Beschluss sieht das Gesetz einen ordentlichen Rechtsbehelf nicht vor (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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