L 2 U 3471/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 4483/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 3471/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgericht Stuttgart vom 15. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten noch die Übernahme von weiteren Telefonkosten in angemessenem Umfang sowie einen angemessenen Verdienstausfall der Ehefrau im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall.

Der am 1940 geborene Kläger wurde am 30. Juli 1996 niedergeschossen und erlitt hierdurch weitgehende Verletzungen (s. Verlegungsbericht der Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie des Universitätsklinikums D. vom 28. November 1996). Der Kläger wurde vom 30. Juli 1996 bis 28. November 1996 auf der Intensivstation der Universitätsklinik D., anschließend bis 13. März 1997 in der S.-Klinik Bad R. sowie vom 1. April bis 9. Juli und 16. September bis 4. Oktober 1997 im Klinikum K. sowie in der Kurklinik L. vom 28. Juli bis 13. August, 19. August bis 5. September, 20. Oktober bis 6. November 1997 stationär behandelt.

Am 17. Februar 1999 erhielt die Gartenbau-BG erstmals Kenntnis von dem versuchten Mord (s. Urteil des Landgerichts B. vom 25. April 1997, 1 Ks 260 Js 10031/96) und gab die Sache nach Ermittlungen an die Beklagte ab. Mit Bescheiden vom 22. August und 2. November 2000 in der Gestalt des Bescheides vom 15. November 2001 gewährte die Beklagte Verletztengeld vom 30. Juli 1996 bis 26. Januar 1998. Mit Bescheid vom 1. Dezember 2000 in der Gestalt des Bescheides vom 4. Februar 2002 gewährte die Beklagte Pflegegeld ab 14. März 1997 mit Ausnahme der Zeiträume vom 1. April bis 9. Juli 1997 und 28. Juli bis 5. September 1997.

Am 29.11.2000 beantragte der Kläger Übernahme von Reisekosten anlässlich der Krankenhausbesuche der Ehefrau (Heirat 12. Juli 1997) sowie deren Verdienstausfall, die als selbstständige Kauffrau berufstätig gewesen sei. Die Ehefrau des Klägers legte eine Aufstellung vom 28. November 2000 vor, nach der unter anderem während der stationären Aufnahme in D. 50 Übernachtungen zu je 45,- DM sowie Telefonmehrkosten von 2.482,- DM angefallen seien. Mit Schreiben vom 1. Februar 2001 führte die Beklagte aus, dass im Fall einer lebensbedrohlichen Erkrankung 3 Besuchsfahrten im Monat übernommen werden könnten, wobei derzeit 0,27 DM pro Kilometer gezahlt würden. Übernachtungskosten ohne Nachweis würden mit 39 DM erstattet. Eine Übernahme des Verdienstausfalls für den Ehegatten des Verletzten im Rahmen der Besuchsfahrten könne nicht erfolgen. Mit Bescheid vom 3. April 2001 in der Gestalt des Bescheides vom 15. November 2001 und 10. Januar 2002 gewährte die Beklagte eine Verletztenrente ab 27. Januar 1998 in Höhe von 110 v. H. Mit Bescheid vom 11. Mai 2001 übernahm die Beklagte einen Betrag in Höhe von 13.435,39 DM für die beantragten Fahrten, Übernachtungen und Verpflegungsaufwand der Ehefrau. Sofern der Verdienstausfall nachgewiesen werde, erklärte sich die Beklagte bereit, eine Erstattung entsprechend den §§ 39 Abs. 2 und 43 Abs. 4 SGB VII Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - SGB VII - vorzunehmen. Die geltend gemachten Mehrkosten Telefon sollten belegt werden. Am 18. Juni 2001 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2001 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Bezüglich des Verdienstausfalles der Ehefrau sowie der Mehrkosten für Telefon sei in dem angefochtenen Verwaltungsakt noch keine endgültige Entscheidung getroffen, weshalb es an einer Beschwer fehle.

Am 27. August 2001 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und weitere Übernahme der Reisekosten, Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwand begehrt. Mit Schriftsatz vom 2. Juli 2002 hat der Kläger auch Telefonmehrkosten von 1037 DM geltend gemacht. Der Kläger hat eine handschriftliche Aufstellung der Ehefrau vom 6. Dezember 2002 sowie verschiedene Belege über Telefonkosten vorgelegt. Es sei eine Schätzung vorzunehmen, welcher Anteil davon mit dem Unfall im Zusammenhang stehe. Die Beklagte hat u. a. die Kosten für 50 Übernachtungen in der Zeit von August bis November 1996 übernommen (Anerkenntnis vom 4. Oktober 2002). Mit Schriftsatz vom 15. August 2003 hat sich die Beklagte bereit erklärt, einen Betrag von 255,69 DM aufgrund der Mobilfunkrechnung vom 9. Dezember 1996 zu erstatten; wegen der Verlegung bzw. den Flugtransport des Versicherten sei eine Erstattung von Mehrkosten im Monat November 1996 vertretbar. Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2003 hat die Beklagte weitere 1014,95 DM der Klinik-Telefonkosten (50% davon) übernommen. Eine Übernahme eines Verdienstausfalles der Ehefrau lehnte die Beklagte auch nach Vorlage von deren Steuerbescheiden ab, was mit Bescheid vom 13. Mai 2004 bestätigt worden ist, der gem. § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden sei. Der Kläger hat daraufhin Telefonkosten in Höhe von 7650,49 DM geltend gemacht. Zwar sei ein Einzelnachweis nicht möglich. Nach der Gewalttat habe der Kläger aber kein einziges geschäftliches Telefongespräch mehr führen können, weshalb es keine üblichen Telefonkosten mehr gegeben habe. Der Wechsel der Wesensgrundlage sei offensichtlich, weshalb der von der Beklagten angestellte Vergleich der Telefonkosten vor und nach dem Unfall unzulässig sei. Mit Urteil vom 15. Juli 2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich.

Gegen das dem Kläger am 22. Juli 2004 zugestellte Urteil hat er am 16. August 2004 Berufung eingelegt und vorgetragen, der Verdienstausfall müsse pauschal mit einem Tagessatz von 250,- DM berechnet werden. Auch die Erstattung von nur 13 % der Telefonkosten sei Ermessensfehlerhaft.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 11. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2001 in der Gestalt des Bescheides vom 13. Mai 2004 über die Teilanerkenntnisse der Beklagten vom 15. August 2003 und 3. Dezember 2003 hinaus weitere Telefonkosten sowie einen angemessenen Verdienstausfall der Ehefrau für die 50 Tage zu übernehmen, die die Beklagte dem Grunde nach bereits anerkannt hat.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten sind im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 6. Juli 2006 angehört worden. Sie sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erstattung eines Verdienstausfalles der Ehefrau noch auf Übernahme höherer Telefonkosten. Nach § 214 Abs. 1 SGB VII ist das SGB VII anwendbar. Gemäß § 43 Abs. 4 SGB VII in der Fassung ab 1. Januar 1997 wird entgangener Arbeitsverdienst einer Begleitperson ersetzt, wenn der Ersatz in einem angemessenen Verhältnis zu dem sonst für eine Pflegekraft entstehenden Kosten steht. Nach § 43 Abs. 5 SGB VII regeln die Verbände der Unfallversicherungsträger das Nähere durch gemeinsame Richtlinien. Gemäß § 39 Abs. 2 SGB VII in der gleichen Fassung kann den Versicherten oder deren Angehörigen zum Ausgleich besonderer Härten eine besondere Unterstützung gewährt werden.

Einen Anspruch auf Ersetzung eines entgangenen Arbeitsverdienstes gem. § 43 Abs. 4 SGB VII hat der Kläger nicht. Nach Auffassung des Senats ist der Ehefrau des Klägers kein Arbeitsverdienst durch den Arbeitsunfall entgangen, da - wie die Beklagte zurecht vorträgt - aus den vorgelegten Steuerbescheiden der Ehefrau sich ein Verdienstausfall nach Eintritt des Arbeitsunfalls nicht entnehmen lässt. Aus dem Steuerbescheid vom 8. Januar 2003 für das Jahr 1995 lassen sich negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 23.274 DM entnehmen, wohingegen im Steuerbescheid vom 31. Januar 2003 für 1996 positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 23.340 DM ausgewiesen sind. Eine abhängige Beschäftigung, die aufgrund des Arbeitsunfalls zu einem Minderverdienst geführt hat, hat die Ehefrau des Klägers nicht ausgeführt. Der Kläger konnte auch selbst keinen Betrag benennen, der geltend gemacht wird. Aus der Zusage im Bescheid vom 11. Mai 2001 ergibt sich nichts Weiteres, da ein Nachweis des entgangenen Arbeitsverdienstes nicht erbracht und hierzu nichts vorgetragen worden ist. Des weiteren gibt es keine Rechtsgrundlage für eine pauschale Erstattung; auch die ab 1. Oktober 1999 geltenden gemeinsamen Richtlinien der Verbände der Unfallversicherungsträger sowie die vorher geltenden Regelungen im gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Kranken,- Unfall- und Rentenversicherungsträger sowie die BA sehen eine solche Möglichkeit für eine Begleitperson nicht vor. Schließlich ist die Ehefrau bei den Besuchsfahrten keine Begleitperson i.S. des § 43 Abs. 4 SGB VII gewesen, da sie den Kläger nicht begleitet, sondern besucht hat, was nur in Abs. 3 geregelt ist. Eine Erstattung nach der Ermessensvorschrift des § 39 Abs. 2 SGB VII scheitert am fehlenden Nachweis des ausgefallenen Verdienstes (s.o.).

Der Kläger kann auch nicht die Übernahme von weiteren Telefonkosten nach § 39 Abs. 2 SGB VII begehren. Zum einen mangelt es am Nachweis, dass die Telefonkosten im Zusammenhang mit dem Unfall stehen. Die vom Kläger begehrte Schätzung durch das Gericht - was bedeutet, dass auch er eine Abgrenzung nicht vornehmen kann - des unfallbedingten Anteils ist rechtlich nicht möglich. So hat auch der Kläger bzw. dessen Ehefrau die unterschiedlichsten Telefonmehrkosten behauptet (einerseits 2.482,- DM; andererseits 1.037,- DM). Aus dem vom Kläger geltend gemachten Wechsel der Wesensgrundlage ergibt sich nichts anderes, da auch damit der Zweck der einzelnen geführten Telefongespräche nicht nachgewiesen ist. Auch hat die Beklagte nicht ermessensfehlerhaft gehandelt, in dem sie die allgemeinen Telefonkosten in Höhe von 1.270,64 DM übernommen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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