L 25 B 298/06 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 15 AS 139/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 298/06 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der die Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnende Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 24. März 2006 aufgehoben. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren gewährt. Frau Rechtsanwältin C LK wird beigeordnet.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin (Aggin.) hatte dem Antragsteller (Ast.) mit Bescheid vom 29. September 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit von Januar bis Juni 2006 von monatlich 611,00 EUR bewilligt. Mit Bescheid vom 4. November 2005 nahm die Aggin. den Bescheid vom 29. September 2005 "ganz" zurück (§ 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]). Dem gingen Feststellungen des Außendienstes voraus, die bei der Aggin. zu der Annahme führten, dass der Ast. – nach wie vor – in einer eheähnlichen Gemeinschaft mit der Zeugin S D lebe und sein Auszug aus der gemeinsamen Wohnung in L in eine der Zeugin gehörende Laube in L im September 2004 nur zum Schein zwecks weiteren Erhaltes der Leistungen nach dem SGB II erfolgt war.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Feststellungen des Zeugen W in seinem Bericht vom 30. März 2005 (Bl. 25 der Verwaltungsakte [VA]) und das Protokoll über die Vernehmung des Zeugen (Bl. 65 ff. Gerichtsakte [GA]) verwiesen.

Das gegen den Aufhebungsbescheid vom 4. November 2005 gerichtete Widerspruchsverfahren blieb erfolglos; über die gegen den Widerspruchsbescheid vom 6. Januar 2006 gerichtete Klage (Az.: 15 AS 141/06) hat das Sozialgericht Potsdam (SG) noch nicht entschieden.

Der Ast. stellte am 2. Februar 2006 bei dem SG den Antrag, die Aggin. im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Ast. für die Zeit ab Januar 2006 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II einschließlich der angemessenen Kosten für die Unterkunft und Heizung (KdUuH) sowie Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung der Rechtsanwältin C LK zu gewähren.

Der Ast. trug unter Einreichung entsprechender eidesstattlicher Erklärungen vor, dass er und die Zeugin D sich im September 2004 getrennt hätten und er seitdem in der Laube der Zeugin D wohne und dort seinen Lebensmittelpunkt habe. Er und Frau D hätten keine gemeinsamen Kinder, keine gemeinsame Haushaltskasse, es bestünden nur noch freundschaftliche Beziehungen.

Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 2. März 2006 unter Hinweis auf die Ausführungen der Aggin. in ihrem Widerspruchsbescheid vom 6. Januar 2006 und die Feststellungen des Außendienstes zurück gewiesen und ergänzend ausgeführt, dass die an den Ast. vermietete Laube auch nicht zum dauernden Wohnen bestimmt sei.

Den PKH-Antrag hat das SG mit Beschluss vom 24. März 2006 unter Hinweis auf die Ausführungen in seinem Beschluss vom 2. März 2006 mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigen Rechtsverfolgung zurück gewiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der Beschlüsse des SG vom 2. und vom 24. März 2006 verwiesen (Bl. 31 ff. GA, Bl. 16 Sonderheft PKH).

Gegen die am 10. und am 30. März 2006 zugestellten Beschlüsse hat der Ast. am 6. April 2006 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) Beschwerde eingelegt, mit der er seinen Vortrag, sich im September 2004 von der Zeugin D getrennt zu haben, wiederholt und ergänzend eine Bestätigung der Stadt L vorlegt, dass sich die von ihm bewohnte Laube nicht in einer Kleingartenanlage befinde.

Der Ast. beantragt,

den die Bewilligung von PKH ablehnenden Beschluss des SG Potsdam vom 24. März 2006 aufzuheben und dem Ast. PKH unter Beiordnung der Rechtsanwältin C L zu gewähren.

Die Aggin. hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten des einstweiligen Verfahrens einschließlich der Verwaltungsunterlagen des Agg. verwiesen, die dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen haben. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde gegen den die Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des SG Berlin vom 24. März 2006 hat – unabhängig von der Frage, ob die Beschwerde gegen den im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss des SG vom 31. Januar 2006 (Az.: L 25 B 297/06 AS ER) Erfolg haben wird – Erfolg. Der Ast. kann für die Durchführung des erstinstanzlichen Beschwerdeverfahrens PKH unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten in Anspruch nehmen.

Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die Prozesskostenhilfe entsprechend. Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Für die Bejahung einer Erfolgsaussicht ist keine Erfolgsgewissheit erforderlich, es genügt eine Erfolgswahrscheinlichkeit, wobei die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden dürfen. Zwar ist grundsätzlich maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht auch in tatsächlicher Hinsicht der Erkenntnisstand des Gerichts, auch des Beschwerdegerichts, im Zeitpunkt der Entscheidung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 73 a Rz. 7 c. m.w.N.).

Anderes gilt jedoch u. a. dann, wenn sich die gerichtliche Entscheidung über den PKH-Antrag verzögert hat oder wenn das Gericht aufgrund der Sachverhaltsschilderung den Rechtsstandpunkt des Ast. zumindest für vertretbar hält und sich gedrängt fühlen muss, den Sachverhalt näher aufzuklären (vgl. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 73 a Rz. 7 a m.w.N.).

Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts bereits in der ersten Instanz erschien hier unter Berücksichtigung der vorliegenden eidesstattlichen Erklärungen des Ast. und der Zeugin D einerseits, die nicht völlig von der Hand zu weisen sind, und unter Berücksichtigung der uneindeutigen Feststellungen des Außenprüfers der Aggin. andererseits geboten, zumindest aber sachdienlich.

Erscheint jedoch eine entsprechende gerichtliche Beweiserhebung sachdienlich, wäre es damit nicht vereinbar, die Erfolgsaussicht des in erster Instanz gestellten PKH-Antrags deshalb zu verneinen, weil das SG – unter Berücksichtigung des dort für erheblich gehaltenen Umstandes, dass die Laube nicht zum ständigen Wohnen bestimmt gewesen sei, - keinen Bedarf gesehen hat, selbst den Sachverhalt näher zu klären. Dies gilt unabhängig davon, wie das Ergebnis der Beweisaufnahme vom Gericht letztendlich gewürdigt wird (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 73 a Rz. 7 a m.w.N.). Die Frage nach einer Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren stellt sich demgegenüber nicht, da die Prozessbevollmächtigte einen derartigen Antrag nicht gestellt hat.

Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung liegen vor.

Gegen diese Entscheidung sieht das Gesetz einen ordentlichen Rechtsbehelf nicht vor (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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