Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 LW 30/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 21.09.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2004 wird abgewiesen.
II. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren ist.
Der 1949 geborene Kläger war von 1965 bis September 1971 als landwirtschaftlicher Gehilfe im elterlichen Betrieb tätig, anschließend schulte er zum Elektroinstallateur bis 1974 um und übte bis 1984 die Tätigkeit als Elektroinstallateur aus. 1984 übernahm er den elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb und war bis 01.04.2002 als selbstständiger Landwirt tätig. Vom 02.04.2002 bis 30.10.2002 übte er erneut die Tätigkeit eines Elektroinstallateurs aus. Am 30.10.2002 erlitt er bei seiner Tätigkeit als Elektroinstallateur einen Unfall. Dabei fiel ihm das oberste Teil einer dreiteiligen Alu-Leiter auf den Kopf. Im Durchgangsarztbericht des Dr. K. wurde die Diagnose einer Schädelprellung mit Kopfplatzwunde und leichter Comotio, Verdacht auf Impressionsfraktur gestellt und der Kläger in die chirurgische Klinik des L. Krankenhauses S. eingewiesen. Seither ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Am 13.04.2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen der behandelnden Ärzte, der LVA und der Berufsgenossenschaft bei. Anschließend ließ die Beklagte den Kläger am 20.07.2004 durch den Arzt für Chirurgie - Unfallchirurgie, Sozialmedizin Dr. G. und am 12.08.2004 durch die Neurologin - Psychiaterin, Psychotherapie, Sozialmedizin Dr. S. untersuchen und begutachten. Beide gehörten Ärzte gelangten zu dem Schluss, dass der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich zumutbar verrichten könne. Mit Bescheid vom 21.09.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab, weil eine dauernde Erwerbsminderung nicht vorliege. Dem Kläger sei die Verrichtung von leichten körperlichen Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen und Stehen ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten über 20 kg, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne Absturzgefahr, ohne wesentliche Anforderung an die Anpassungsfähigkeit und Konzentration noch zumindest sechs Stunden täglich zumutbar. Mittelschwere Arbeit mit den gleichen Einschränkungen sei noch drei bis unter sechs Stunden täglich möglich. Somit seien die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht gegeben.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2004 zurückgewiesen, weil weiterhin davon auszugehen sei, dass beim Kläger ein Restleistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich bestehe. Der Bescheid vom 21.09.2004 sei deshalb nicht zu beanstanden.
Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, dass es ihm nicht mehr möglich und zumutbar sei, einer wenigstens sechsstündigen Erwerbstätigkeit täglich nachzugehen. Im Vordergrund der Beschwerden stünden ständige Schwindelattacken und erhebliche Kopfschmerzen sowie Konzentrationsstörungen.
Die Kammer hat zum Verfahren beigezogen: Die Akten der Beklagten, Befundberichte und Unterlagen der Allgemeinärztin Frau Dr. F. und der Nervenärztin Dr. M.
Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hat die Kammer von Amts wegen ein Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie Dr. H. vom 30.06.2005 eingeholt. Dr. H. hat ausgeführt, bei dem Kläger bestehe ein chronisches Schmerzsyndrom im Sinne eines Spannungskopfschmerzes, subjektiv werde eine vermehrte psychische Irritabilität mit Konzentrationsstörung angegeben, die als neurasthenisches Syndrom imponierten, aber in der persönlichen Untersuchung keine Auffälligkeiten hervorriefen. Insbesondere ergäben sich keine Anhaltspunkte für ein vorzeitiges Nachlassen der Aufmerksamkeitsspanne, der Konzentrationsstörung oder der psychischen Geschwindigkeit sowie keine Hinweise für neuropsychologische Defizite relevanter Art. Es hätten sich auch keinerlei Hinweise für eine depressive Verstimmung gefunden. Die Schwingungsfähigkeit sei erhalten, die Stimmung ausgeglichen, keine Grübelneigung, kein Antriebsdefizit. Die neurologische Untersuchung habe keine Hinweise für ein neurologisches Defizit bei Durchblutungsstörung in der Aorta vertebralis links gezeigt. Unter Berücksichtigung der festgestellten Gesundheitsstörungen sei zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich zumutbar.
Auf Antrag des Klägers hat die Kammer zusätzlich ein Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie - Psychotherapie, psychosomatische Medizin und Psychoanalyse Dr. L. vom 23.03.2006 eingeholt. Dr. L. führt in seinem Gutachten aus, dass eine Somatisierungsstörung, dazu eine mittelschwere bis schwere depressive Episode mit Angst- und Panikattacken vorliege. Es bestünden Einschränkungen bei komplexen interpersonalen Interaktionen, d. h. bei stärkeren psychosozialen Konflikten oder Stressoren seien Leistungseinbußen zu erwarten. Die ausgeprägte depressive Störung führe zu Störungen und leichter Störbarkeit der Selbstwahrnehmung sowie Selbsteinschätzung sowie zu kognitiven Einschränkungen. Die Depressivität zeige sich auch in Insuffizienzgefühlen - also zur fehlerhaften Selbstbewertung - die im Gegensatz zum beobachteten Leistungsvermögen stünden. Es fänden sich deutliche Einschränkungen angemessen mit Stress und anderen psychischen Anforderungen wie Verantwortlichkeit, Umgang und Bewältigung von einfacheren und vor allem komplexeren Krisensituationen. Die erhebliche Neigung zur Somatisierung führe vordergründig subjektiv zum Gefühl, unzureichend leistungsfähig zu sein, so dass die objektiv vorhandenen Fähigkeiten nicht in ausreichendem Maße genutzt werden könnten. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörungen sei eine drei- bis sechsstündige Tätigkeit leicht bis mittelschwer, in wechselnder Stellung, im Freien aber auch in geschlossenen Räumen möglich. Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung oder an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen seien nur unter drei Stunden möglich. Eine Tätigkeit mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems sei drei bis sechs Stunden möglich. Inwieweit eine Verschlechterung oder Besserung gegenüber dem Rentengutachten der Dr. Schmittner eingetreten sei, sei schwer zu beurteilen. Zusamenfassend gehe er wie Frau Dr. S. davon aus, dass der Kläger in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt sei. Aufgrund des psychodynamischen Befundes mit sich hieraus kristallisierten Konflikten und Widerständen dürfte der Kläger nur in der Lage sein, drei- bis sechsständig kognitiv nicht allzu anstrengenden, leicht bis mittelschweren Tätigkeiten nachzugehen. Die geminderte Erwerbsfähigkeit bestehe im Erleben des Klägers seit dem Unfallereignis im Oktober 2002, zumindest ab dem Zeitpunkt der Begutachtung der Dr. S. vom August 2004.
Zu dem Gutachten des Dr. L. hat die Beklagte eine Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. S. vom 10.05.2006 vorgelegt. Darin führt dieser aus, dass Dr. L. in unzulässiger Weise milieu- und zeitspezifische Umstände und Konflikte im Leben des Klägers, speziell in der Herkunftsfamilie pathologisiert habe. Die von ihm hypothetisch postulierten Zusammenhänge zwischen lebensgeschichtlichen Einflüssen und Persönlichkeitsentwicklung, speziell die Traumaverarbeitungsmechanismen betreffend, seien keinesfalls überzeugend und allenfalls als hypothetisches Konstrukt diskutabel. Außerdem sei zu monieren, dass naheliegende Aspekte der Gesamtproblematik, wie etwa eine Funktionalität des subjektiven Beschwerdebildes im Hinblick auf den offensichtlich vorhandenen Berentungswunsch im Gutachten des Dr. L. nicht einmal andiskutiert würden. Zumutbar seien leichte körperliche Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen und Stehen über sechsstündig ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, ohne häufige Überkopfarbeiten und ohne Absturzgefahr. Mittelschwere Arbeiten seien dreistündig bis unter sechsstündig zumutbar. Der Kläger stellt den Antrag,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.09.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2004 zu verurteilen, beim Kläger den Leistungsfall der Erwerbsminderung mit Antragstellung festzustellen und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen zu gewähren.
Der Vertreter der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die vom Gericht vorgenommenen Beweisaufnahmen durch die Sachverständigen Dr. H. und Dr. L. haben nach Überzeugung der Kammer bestätigt, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch zumutbar sechs Stunden und mehr täglich tätig sein kann.
Aus § 13 Abs. 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) ergibt sich, dass einem Landwirt Rente wegen Erwerbsminderung nur dann zu gewähren ist, wenn er voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 des 6. Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI liegt volle Erwerbsminderung vor, wenn ein Versicherter infolge einer Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Teilweise Erwerbsminderung liegt vor, wenn ein Versicherter infolge einer Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann (§ 43 Abs. 1 SGB VI). Bei der Beurteilung ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Bei der Beurteilung der Erwerbsminderung ist nicht auf die Tätigkeit in der Landwirtschaft abzustellen. Insbesondere sieht § 13 ALG keine teilweise Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit vor.
Aufgrund der Ausführungen des Dr. H. steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass eine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI nicht vorliegt. Der Kläger leidet nach den Feststellungen des Dr. H. an einem chronischen Kopfschmerzsyndrom im Sinne eines Spannungskopfschmerzes, subjektiv wird eine vermehrte psychische Irritabilität mit Konzentrationsstörung angegeben, die als neurasthenisches Syndrom imponieren, aber in der Untersuchung keine Auffälligkeiten hervorrufen. Insbesondere konnte Dr. H. keine Anhaltspunkte für ein vorzeitiges Nachlassen der Aufmerksamkeitsspanne, der Konzentrationsstörung oder der psychischen Geschwindigkeit sowie Hinweise für neuropsychologische Defizite relevanter Art finden. Er hat keine Hinweise für eine depressive Verstimmung feststellen können. Die Schwingungsfähigkeit war bei der Untersuchung erhalten, die Stimmung ausgeglichen. Es bestand keine Grübelneigung und kein Antriebsdefizit. In der neurologischen Untersuchung ergaben sich keine Hinweise für ein neurologisches Defizit bei Durchblutungsstörung in der Aorta vertebralis links. Es zeigte sich zwar ein beginnender Gefäßprozess mit kleinen Verdichtungen im Carotisbulbus, aber keine Stenosierung. Auch die intracranielle Farbduplexsonographie zeigte, dass die Durchblutung cerebral im vorderen und hinteren Kreislauf völlig kompensiert ist. Es ergaben sich auch keine Anhaltspunkte für neurologische Ausfälle im Bereich der Halswirbelsäule oder der Lendenwirbelsäule und keine Hinweise für eine radikuläre Störung, sowie kein Hinweis für eine Polyneuropathie oder Störung der langen Rückenmarksbahnen. Eine Hirnstammschädigung liegt weder in den akustisch evozierten Potentialen noch klinisch oder elektrophysiologisch vor. Der festgestellte Bluthochdruck ist ausreichend eingestellt. Nach diesen Feststellungen ergeben sich zur Überzeugung des Gerichts keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr sechsstündig und mehr verrichten könnte. Auf die Frage, ob die Tätigkeit als Landwirt oder Elektroinstallateur noch zumutbar ist, kommt es in diesem Verfahren nicht an, weil das ALG keine teilweise Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit vorsieht (§ 13 ALG).
Die von Dr. L. für seine Auffassung angeführten Gesichtspunkte sind nicht geeignet, eine Erwerbsminderung des Klägers anzunehmen. Zum einen hält er den Kläger noch drei bis sechs Stunden einsatzfähig für leichte und mittelschwere Tätigkeiten. Nach § 43 Abs. 1 SGB VI liegt teilweise Erwerbsminderung jedoch nur dann vor, wenn ein Versicherter nicht mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann.
Nach der Fragestellung des Gerichts dürfte jedoch davon auszugehen sein, dass Dr. L. ausführen wollte, dass nur noch eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit drei bis unter sechs Stunden täglich zumutbar sei. Eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten lässt sich aus den von Dr. L. erhobenen Befunden nicht herleiten. So führt er beim psychischen Befund aus, dass die Ausdauer gut sei. Zusammen mit den testpsychologischen Verfahren betrage die Untersuchungsdauer ca. 180 Minuten. Dabei sei der Kläger über die gesamte Zeit konzentriert gewesen. Auffällig sei, dass der Kläger sehr schnell reagiere, sobald die Möglichkeit bestünde, dass der Untersucher die Idee hätte, er könnte etwas besser als gesagt. Auch Dr. L. findet keinen Anhalt für inhaltliche oder formale Denkstörungen. Die Bewegungsabläufe waren bei der Untersuchung zügig, flink, die Auffassung gut, rasch. Es war über die gesamte Untersuchungsdauer keine Störung der Konzentration fassbar. Demgemäß erwartet Dr. L. auch nur Leistungseinbußen bei stärkeren psychosozialen Konflikten oder Stressoren.
Es ist für die Kammer insoweit nicht erkennbar, weshalb der Kläger Tätigkeiten ohne besondere nervliche Belastung, nicht an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen und nicht mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems, nicht unter ungünstigen äußeren Bedingungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten kann. Deshalb ist davon auszugehen, dass der Kläger - wie im Gutachten des Dr. H. festgestellt - in der Lage ist, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vorwiegend in wechselnder Position mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Damit liegt eine Erwerbsminderung im Sinne des § 13 Abs. 1 ALG i. V. mit § 43 SGB VI nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
II. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren ist.
Der 1949 geborene Kläger war von 1965 bis September 1971 als landwirtschaftlicher Gehilfe im elterlichen Betrieb tätig, anschließend schulte er zum Elektroinstallateur bis 1974 um und übte bis 1984 die Tätigkeit als Elektroinstallateur aus. 1984 übernahm er den elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb und war bis 01.04.2002 als selbstständiger Landwirt tätig. Vom 02.04.2002 bis 30.10.2002 übte er erneut die Tätigkeit eines Elektroinstallateurs aus. Am 30.10.2002 erlitt er bei seiner Tätigkeit als Elektroinstallateur einen Unfall. Dabei fiel ihm das oberste Teil einer dreiteiligen Alu-Leiter auf den Kopf. Im Durchgangsarztbericht des Dr. K. wurde die Diagnose einer Schädelprellung mit Kopfplatzwunde und leichter Comotio, Verdacht auf Impressionsfraktur gestellt und der Kläger in die chirurgische Klinik des L. Krankenhauses S. eingewiesen. Seither ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Am 13.04.2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen der behandelnden Ärzte, der LVA und der Berufsgenossenschaft bei. Anschließend ließ die Beklagte den Kläger am 20.07.2004 durch den Arzt für Chirurgie - Unfallchirurgie, Sozialmedizin Dr. G. und am 12.08.2004 durch die Neurologin - Psychiaterin, Psychotherapie, Sozialmedizin Dr. S. untersuchen und begutachten. Beide gehörten Ärzte gelangten zu dem Schluss, dass der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich zumutbar verrichten könne. Mit Bescheid vom 21.09.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab, weil eine dauernde Erwerbsminderung nicht vorliege. Dem Kläger sei die Verrichtung von leichten körperlichen Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen und Stehen ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten über 20 kg, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne Absturzgefahr, ohne wesentliche Anforderung an die Anpassungsfähigkeit und Konzentration noch zumindest sechs Stunden täglich zumutbar. Mittelschwere Arbeit mit den gleichen Einschränkungen sei noch drei bis unter sechs Stunden täglich möglich. Somit seien die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht gegeben.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2004 zurückgewiesen, weil weiterhin davon auszugehen sei, dass beim Kläger ein Restleistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich bestehe. Der Bescheid vom 21.09.2004 sei deshalb nicht zu beanstanden.
Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, dass es ihm nicht mehr möglich und zumutbar sei, einer wenigstens sechsstündigen Erwerbstätigkeit täglich nachzugehen. Im Vordergrund der Beschwerden stünden ständige Schwindelattacken und erhebliche Kopfschmerzen sowie Konzentrationsstörungen.
Die Kammer hat zum Verfahren beigezogen: Die Akten der Beklagten, Befundberichte und Unterlagen der Allgemeinärztin Frau Dr. F. und der Nervenärztin Dr. M.
Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hat die Kammer von Amts wegen ein Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie Dr. H. vom 30.06.2005 eingeholt. Dr. H. hat ausgeführt, bei dem Kläger bestehe ein chronisches Schmerzsyndrom im Sinne eines Spannungskopfschmerzes, subjektiv werde eine vermehrte psychische Irritabilität mit Konzentrationsstörung angegeben, die als neurasthenisches Syndrom imponierten, aber in der persönlichen Untersuchung keine Auffälligkeiten hervorriefen. Insbesondere ergäben sich keine Anhaltspunkte für ein vorzeitiges Nachlassen der Aufmerksamkeitsspanne, der Konzentrationsstörung oder der psychischen Geschwindigkeit sowie keine Hinweise für neuropsychologische Defizite relevanter Art. Es hätten sich auch keinerlei Hinweise für eine depressive Verstimmung gefunden. Die Schwingungsfähigkeit sei erhalten, die Stimmung ausgeglichen, keine Grübelneigung, kein Antriebsdefizit. Die neurologische Untersuchung habe keine Hinweise für ein neurologisches Defizit bei Durchblutungsstörung in der Aorta vertebralis links gezeigt. Unter Berücksichtigung der festgestellten Gesundheitsstörungen sei zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich zumutbar.
Auf Antrag des Klägers hat die Kammer zusätzlich ein Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie - Psychotherapie, psychosomatische Medizin und Psychoanalyse Dr. L. vom 23.03.2006 eingeholt. Dr. L. führt in seinem Gutachten aus, dass eine Somatisierungsstörung, dazu eine mittelschwere bis schwere depressive Episode mit Angst- und Panikattacken vorliege. Es bestünden Einschränkungen bei komplexen interpersonalen Interaktionen, d. h. bei stärkeren psychosozialen Konflikten oder Stressoren seien Leistungseinbußen zu erwarten. Die ausgeprägte depressive Störung führe zu Störungen und leichter Störbarkeit der Selbstwahrnehmung sowie Selbsteinschätzung sowie zu kognitiven Einschränkungen. Die Depressivität zeige sich auch in Insuffizienzgefühlen - also zur fehlerhaften Selbstbewertung - die im Gegensatz zum beobachteten Leistungsvermögen stünden. Es fänden sich deutliche Einschränkungen angemessen mit Stress und anderen psychischen Anforderungen wie Verantwortlichkeit, Umgang und Bewältigung von einfacheren und vor allem komplexeren Krisensituationen. Die erhebliche Neigung zur Somatisierung führe vordergründig subjektiv zum Gefühl, unzureichend leistungsfähig zu sein, so dass die objektiv vorhandenen Fähigkeiten nicht in ausreichendem Maße genutzt werden könnten. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörungen sei eine drei- bis sechsstündige Tätigkeit leicht bis mittelschwer, in wechselnder Stellung, im Freien aber auch in geschlossenen Räumen möglich. Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung oder an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen seien nur unter drei Stunden möglich. Eine Tätigkeit mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems sei drei bis sechs Stunden möglich. Inwieweit eine Verschlechterung oder Besserung gegenüber dem Rentengutachten der Dr. Schmittner eingetreten sei, sei schwer zu beurteilen. Zusamenfassend gehe er wie Frau Dr. S. davon aus, dass der Kläger in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt sei. Aufgrund des psychodynamischen Befundes mit sich hieraus kristallisierten Konflikten und Widerständen dürfte der Kläger nur in der Lage sein, drei- bis sechsständig kognitiv nicht allzu anstrengenden, leicht bis mittelschweren Tätigkeiten nachzugehen. Die geminderte Erwerbsfähigkeit bestehe im Erleben des Klägers seit dem Unfallereignis im Oktober 2002, zumindest ab dem Zeitpunkt der Begutachtung der Dr. S. vom August 2004.
Zu dem Gutachten des Dr. L. hat die Beklagte eine Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. S. vom 10.05.2006 vorgelegt. Darin führt dieser aus, dass Dr. L. in unzulässiger Weise milieu- und zeitspezifische Umstände und Konflikte im Leben des Klägers, speziell in der Herkunftsfamilie pathologisiert habe. Die von ihm hypothetisch postulierten Zusammenhänge zwischen lebensgeschichtlichen Einflüssen und Persönlichkeitsentwicklung, speziell die Traumaverarbeitungsmechanismen betreffend, seien keinesfalls überzeugend und allenfalls als hypothetisches Konstrukt diskutabel. Außerdem sei zu monieren, dass naheliegende Aspekte der Gesamtproblematik, wie etwa eine Funktionalität des subjektiven Beschwerdebildes im Hinblick auf den offensichtlich vorhandenen Berentungswunsch im Gutachten des Dr. L. nicht einmal andiskutiert würden. Zumutbar seien leichte körperliche Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen und Stehen über sechsstündig ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, ohne häufige Überkopfarbeiten und ohne Absturzgefahr. Mittelschwere Arbeiten seien dreistündig bis unter sechsstündig zumutbar. Der Kläger stellt den Antrag,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.09.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2004 zu verurteilen, beim Kläger den Leistungsfall der Erwerbsminderung mit Antragstellung festzustellen und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen zu gewähren.
Der Vertreter der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die vom Gericht vorgenommenen Beweisaufnahmen durch die Sachverständigen Dr. H. und Dr. L. haben nach Überzeugung der Kammer bestätigt, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch zumutbar sechs Stunden und mehr täglich tätig sein kann.
Aus § 13 Abs. 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) ergibt sich, dass einem Landwirt Rente wegen Erwerbsminderung nur dann zu gewähren ist, wenn er voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 des 6. Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI liegt volle Erwerbsminderung vor, wenn ein Versicherter infolge einer Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Teilweise Erwerbsminderung liegt vor, wenn ein Versicherter infolge einer Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann (§ 43 Abs. 1 SGB VI). Bei der Beurteilung ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Bei der Beurteilung der Erwerbsminderung ist nicht auf die Tätigkeit in der Landwirtschaft abzustellen. Insbesondere sieht § 13 ALG keine teilweise Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit vor.
Aufgrund der Ausführungen des Dr. H. steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass eine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI nicht vorliegt. Der Kläger leidet nach den Feststellungen des Dr. H. an einem chronischen Kopfschmerzsyndrom im Sinne eines Spannungskopfschmerzes, subjektiv wird eine vermehrte psychische Irritabilität mit Konzentrationsstörung angegeben, die als neurasthenisches Syndrom imponieren, aber in der Untersuchung keine Auffälligkeiten hervorrufen. Insbesondere konnte Dr. H. keine Anhaltspunkte für ein vorzeitiges Nachlassen der Aufmerksamkeitsspanne, der Konzentrationsstörung oder der psychischen Geschwindigkeit sowie Hinweise für neuropsychologische Defizite relevanter Art finden. Er hat keine Hinweise für eine depressive Verstimmung feststellen können. Die Schwingungsfähigkeit war bei der Untersuchung erhalten, die Stimmung ausgeglichen. Es bestand keine Grübelneigung und kein Antriebsdefizit. In der neurologischen Untersuchung ergaben sich keine Hinweise für ein neurologisches Defizit bei Durchblutungsstörung in der Aorta vertebralis links. Es zeigte sich zwar ein beginnender Gefäßprozess mit kleinen Verdichtungen im Carotisbulbus, aber keine Stenosierung. Auch die intracranielle Farbduplexsonographie zeigte, dass die Durchblutung cerebral im vorderen und hinteren Kreislauf völlig kompensiert ist. Es ergaben sich auch keine Anhaltspunkte für neurologische Ausfälle im Bereich der Halswirbelsäule oder der Lendenwirbelsäule und keine Hinweise für eine radikuläre Störung, sowie kein Hinweis für eine Polyneuropathie oder Störung der langen Rückenmarksbahnen. Eine Hirnstammschädigung liegt weder in den akustisch evozierten Potentialen noch klinisch oder elektrophysiologisch vor. Der festgestellte Bluthochdruck ist ausreichend eingestellt. Nach diesen Feststellungen ergeben sich zur Überzeugung des Gerichts keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr sechsstündig und mehr verrichten könnte. Auf die Frage, ob die Tätigkeit als Landwirt oder Elektroinstallateur noch zumutbar ist, kommt es in diesem Verfahren nicht an, weil das ALG keine teilweise Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit vorsieht (§ 13 ALG).
Die von Dr. L. für seine Auffassung angeführten Gesichtspunkte sind nicht geeignet, eine Erwerbsminderung des Klägers anzunehmen. Zum einen hält er den Kläger noch drei bis sechs Stunden einsatzfähig für leichte und mittelschwere Tätigkeiten. Nach § 43 Abs. 1 SGB VI liegt teilweise Erwerbsminderung jedoch nur dann vor, wenn ein Versicherter nicht mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann.
Nach der Fragestellung des Gerichts dürfte jedoch davon auszugehen sein, dass Dr. L. ausführen wollte, dass nur noch eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit drei bis unter sechs Stunden täglich zumutbar sei. Eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten lässt sich aus den von Dr. L. erhobenen Befunden nicht herleiten. So führt er beim psychischen Befund aus, dass die Ausdauer gut sei. Zusammen mit den testpsychologischen Verfahren betrage die Untersuchungsdauer ca. 180 Minuten. Dabei sei der Kläger über die gesamte Zeit konzentriert gewesen. Auffällig sei, dass der Kläger sehr schnell reagiere, sobald die Möglichkeit bestünde, dass der Untersucher die Idee hätte, er könnte etwas besser als gesagt. Auch Dr. L. findet keinen Anhalt für inhaltliche oder formale Denkstörungen. Die Bewegungsabläufe waren bei der Untersuchung zügig, flink, die Auffassung gut, rasch. Es war über die gesamte Untersuchungsdauer keine Störung der Konzentration fassbar. Demgemäß erwartet Dr. L. auch nur Leistungseinbußen bei stärkeren psychosozialen Konflikten oder Stressoren.
Es ist für die Kammer insoweit nicht erkennbar, weshalb der Kläger Tätigkeiten ohne besondere nervliche Belastung, nicht an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen und nicht mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems, nicht unter ungünstigen äußeren Bedingungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten kann. Deshalb ist davon auszugehen, dass der Kläger - wie im Gutachten des Dr. H. festgestellt - in der Lage ist, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vorwiegend in wechselnder Position mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Damit liegt eine Erwerbsminderung im Sinne des § 13 Abs. 1 ALG i. V. mit § 43 SGB VI nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved