Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 KG 6/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 KG 1/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 22. September 2003 der Bescheid der Beklagten vom 10. April 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2002 aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. II. Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Kindergeld für zwei Kinder im Zeitraum von Januar 1992 bis einschließlich Juli 1994, und zwar von Januar bis September 1992 in Höhe der Sätze nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen über Soziale Sicherheit (monatlich 10,00 DM und 25,00 DM) und von Oktober 1992 bis Juli 1994 in Höhe der Sätze des § 10 des Bundeskindergeldgesetzes - BKGG - (monatlich 70,00 DM und 140,00 DM laut Kläger und 70,00 DM für das erste Kind sowie 70,00 DM bis 130,00 DM für das zweite Kind gemäß § 10 Abs.1 BKGG in den ab 01.01.1992 und 01.01.1994 geltenden Fassungen).
Der im Jahre 1962 in Z. geborene und seit 1986 verheiratete Kläger hatte ehemals seinen Wohnsitz in T./Jugoslawien auf dem Gebiet des späteren Staates Bosnien-Herzegowina. Er reiste im Oktober 1991 in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit einer vom 02.10.1991 bis 01.01.1992 befristeten Aufenthaltserlaubnis ein, die auf Grund einer Einstellungszusage der Firma U. Bau GmbH, M. , erteilt worden war. Ein Beschäftigungsverhältnis mit dieser Firma kam nicht zu Stande.
Ab 01.01.1992 bis 07.08.1994 hielt sich der Kläger wegen des Bürgerkriegs in seinem Heimatland auf Grund von wiederholt verlängerten ausländerrechtlichen Duldungen in der BRD auf und war vom 14.01.1992 bis 31.07.1994 als Elektriker bei mehreren Firmen versicherungspflichtig beschäftigt. Seine im Jahre 1962 geborene Ehefrau V. zog im September 1992 mit den Kindern I., geboren 1987, und I., geboren 1988, in die BRD nach; die Angehörigen des Klägers hielten sich ebenfalls auf Grund von Duldungen bis zum 07.08.1994 in der BRD auf.
Erstmals mit formlosem Schreiben vom 08.02.2002, eingegangen bei der Beklagten am 11.02.2002, beantragte der Kläger unter der Adresse "zur Zeit bei P. S. , H.weg , O." das Kindergeld, das ihm als Bürgerkriegsflüchtling während seiner Beschäftigung in der BRD vom 14.01.1992 bis 31.07.1994 nicht bezahlt worden sei; beigefügt war ein vom Kläger unterschriebener Formblattantrag, auf dem die Ehefrau ihr Einverständnis mit dem Kindergeldbezug des Ehemanns erklärte. Als Aufenthaltsort der Ehefrau und der Kinder war Montenegro angegeben.
Mit Bescheid vom 10.04.2002 unter dem Betreff "Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz - EstG" lehnte die Familienkasse den Antrag vom 11.02.2002 mit der Begründung ab, dass nach § 62 EStG ausländischen Staatsangehörigen Kindergeld nur dann zustehe, wenn sie im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis (§ 15 Ausländergesetz) oder einer Aufenthaltsberechtigung (§ 27 Ausländergesetz) seien; diese Voraussetzung sei nicht erfüllt. Ein Kindergeld für Flüchtlinge ohne eine derartige Aufenthaltsgenehmigung auf Grund des deutsch-jugoslawischen Abkommens über Soziale Sicherheit wäre gemäß Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12.04.2000 grundsätzlich ab Juli 1997 möglich. Die rückwirkende Festsetzung sei jedoch gemäß §§ 169, 170 der Abgabenordnung (AO) nur ab 01.01.1998 zulässig. Der Kläger sei aber ab diesem Zeitpunkt nicht arbeitslosenversicherungspflichtig in Deutschland erwerbstätig gewesen.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch schilderte der Kläger seinen Aufenthalt in der BRD von 1991 bis 1994 und die damaligen Umstände. Er bat um nochmalige Überprüfung, weil die von der Beklagten dargelegte Rechtslage nur diejenigen Bürgerkriegsflüchtlinge betreffe, die sich länger als er in der BRD aufgehalten und dann erstmals rückwirkend Kindergeld beantragt hätten. Der Rechtsbehelf wurde mit Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 zurückgewiesen, weil unter Berücksichtigung des Zeitpunkts des Kindergeldantrags eine Festsetzung rückwirkend nur ab 01.01.1998 möglich sei; für die Kalenderjahre 1996 und 1997 sei die Frist abgelaufen und könne Kindergeld nicht mehr gewährt werden. Das Einkommensteuergesetz sei erst am 01.01.1996 in Kraft getreten, so dass nach diesem Gesetz kein Anspruch auf Kindergeld für die Zeit vor dem 01.01.1996 bestehen könne.
Hiergegen legte der Kläger mit Schriftsatz vom 05.11.2002 am 08.11.2002 Klage beim Finanzgericht M. ein mit dem Begehren, die Beklagte zu verurteilen, ihm Kindergeld vom 01.02.1992 bis 31.07.1994, teils in Höhe der Abkommensätze und teils in Höhe der deutschen Sätze, zu zahlen. Kurz danach lehnte die Familienkasse mit Bescheid vom 20.11.2002 unter dem Betreff "Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz - BKGG - in der bis 31.12.1995 geltenden Fassung" den Antrag vom 08.02.2002 auf rückwirkende Gewährung des Kindergelds ab mit der Begründung, Ansprüche bis zum 31.07.1994 seien verjährt. Die Frist betrage nach § 45 Abs.1 Sozialgesetzbuch Teil I - SGB I - vier Jahre und beginne mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden sei.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Kläger erstmals darauf hin, dass seine Ehefrau bereits im Jahre 1993 das Kindergeld beantragt und (zu Recht) einen ablehnenden Bescheid erhalten habe. Dienstpflicht der Behörde sei es aber gewesen, die Eheleute darauf hinzuweisen, dass damals der Kläger selbst - nur er sei arbeitslosenversicherter Arbeitnehmer und damit nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen kindergeldberechtigt gewesen - einen Kindergeldantrag stellen hätte sollen. Das Arbeitsamt habe es absichtlich unterlassen, die Familie P. ordentlich zu unterrichten, aber die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung weiter kassiert. Ein solches Verhalten sei, milde gesagt, als Ausbeutung, Diskriminierung und absichtliche Verletzung des deutsch-jugoslawischen Abkommens zu bezeichnen, so dass Verjährung nicht geltend gemacht werden könne.
Ein ähnlicher Vortrag erfolgte im finanzgerichtlichen Verfahren, wobei der Kläger den seiner Ehefrau erteilten Bescheid des Arbeitsamts P. vom 31.08.1993 auch vorwies. Hierin wurde ein Antrag auf Kindergeld vom 16.08.1993 abgelehnt mit der Begründung, dass der Aufenthalt der Antragstellerin einer Duldung (Aussetzung der Abschiebung) unterliege und sie deshalb nur einen vorübergehenden, aber keinen gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD hätte. Ein Kindergeldanspruch setze jedoch gemäß § 1 Abs.1 Nr.1 BKGG einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD voraus. Einen Wohnsitz begründe jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehabe, die darauf schließen lasse, dass er diese Wohnung beibehalten und auch benutzen werde. Den gewöhnlichen Aufenthalt habe jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem bestimmten Ort oder in diesem bestimmten Gebiet nicht nur vorübergehend verweile.
Das Finanzgericht M. verwies den Rechtsstreit mit Beschluss vom 12.02.2003 - 9 K 4849/02 - an das Sozialgericht Nürnberg, weil es sich nach dem Begehren "Kindergeld von Februar 1992 bis Juli 1994 für zwei Kinder" um eine sozialgerichtliche Streitigkeit handele; Verfahren über Kindergeldansprüche für die Zeit vor dem 01.01.1996 seien nach den Vorschriften des BKGG in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung und des Sozialgesetzbuches zu Ende zu führen (§ 19 Abs.4 BKGG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996, BGBl.1996 I, 1250).
Kurz darauf wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 20.11.2002 mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2003 zurückgewiesen, weil die geltend gemachten Ansprüche verjährt seien. Wiederum wurden, wie bereits im Ausgangsbescheid, Gründe für die Berufung auf die Verjährung nicht genannt.
In der mündlichen Verhandlung am 22.09.2003 - der Kläger war durch einen bereits von der Beklagten und dem Finanzgericht M. wegen unerlaubter Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ausgeschlossenen Prozessbevollmächtigten vertreten - beantragte letzterer, den Bescheid vom 20.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2003 und hilfsweise die ablehnenden Kindergeldbescheide nach dem Einkommensteuerrecht aufzuheben und dem Kläger Kindergeld für zwei Kinder von Januar 1992 bis Juli 1994 in gesetzlicher Höhe zu bezahlen. In der Niederschrift ist ein Vortrag der Beteiligten zur Sache nicht festgehalten.
Mit Urteil vom 22.09.2003 wies das Sozialgericht die Klage wegen Unbegründetheit ab, weil der Kläger einen Anspruch auf Kindergeld im Zeitraum von Januar 1992 bis Juli 1994 nicht mehr geltend machen könne. Er selbst habe vor dem 11.02.2002 keinen Kindergeldantrag gestellt, und der verspätet erhobene Anspruch scheitere an § 9 Abs.2 BKGG alte Fassung (BKGG a.F.), wonach ein Anspruch auf Kindergeld rückwirkend nur für sechs Monate vor Antragstellung verwirklicht werden könne. Dem Kläger hätte auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG-Urteils vom 12.04.2000 - B 14 KG 2/99 R - nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen Kindergeld zustehen können, diese Ansprüche seien jedoch nach § 45 Abs.1 verjährt. Bei der Anwendung dieser Vorschrift hätte die Beklagte zwar grundsätzlich Ermessen ausüben müssen, und dies sei nicht geschehen. Die Kammer habe aber angesichts des sehr lang zurückliegenden Zeitraums keinen Umstand zu Gunsten des Klägers gesehen, der im Rahmen der Ermessensausübung einzustellen gewesen wäre.
Auch mit einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könne der geltend gemachte Kindergeldanspruch nicht begründet werden. Insoweit gelte § 44 Abs.4 SGB X entsprechend (vgl. BSG SozR 3-1300 § 44 Nr.25), wonach Kindergeld rückwirkend nur für vier Jahre gewährt werden könne. Im Übrigen seien die Einlassungen des Klägers (Anmerkung: Diese können nur in der mündlichen Verhandlung erfolgt sein, sind aber nicht in die Niederschrift aufgenommen worden), dass die Ehefrau des Klägers nochmals im Jahre 1995 beim Arbeitsamt P. Kindergeld beantragt habe, nicht schlüssig. Eine Antragstellung hätte im Übrigen, zum Beispiel für Januar 1995 unterstellt, nur zur Verwirklichung des Kindergeldanspruchs für Juli 1994 führen können. Der Bescheid vom 20.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2003 halte einer gerichtlichen Überprüfung Stand. Zu dem Hilfsantrag des Klägers hinsichtlich der Aufhebung des Bescheids vom 10.04.2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 hat sich das Sozialgericht nicht geäußert.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren mit der Begründung weiter, die Beklagte habe mit dem Ablehnungsbescheid vom 31.08.1993 absichtlich und überzeugend die falsche Information gegeben, dass weder der Kläger noch dessen Ehefrau ein Recht auf Kindergeld hätten, damit die Eheleute jede Lust verlieren würden, hiergegen Widerspruch einzureichen. Die Beklagte habe von vornherein die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung kassiert, aber nicht die ernsthafte Absicht gehabt, die Gegenleistung Kindergeld zu erbringen. Daher könne der Anspruch des Klägers nicht verjähren, und es werde die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung nebst Zinsen seit dem 31.08.1994 begehrt.
Der Senat hat eine Prozessvollmacht für den Klägervertreter für das Berufungsverfahren nachgefordert, weil sich die bisherige Vollmacht nur auf die Vertretung beim Finanzgericht beschränkte, und eine persönliche Erklärung des Klägers veranlasst, die bisherige Führung des Rechtsstreits beim Sozialgericht Nürnberg nachträglich zu genehmigen. Nach Eingang der Kindergeldakte der Beklagten hat der Senat der Klagepartei Hinweise zur Rechtslage in der Hauptsache gegeben und den Bevollmächtigten des Klägers zur Stellungnahme wegen einer Befugnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nach dem Rechtsberatungsgesetz und zu einer Erlaubnis für die Verhandlung vor Gericht aufgefordert. Dieser tat hierauf kund, dass er den Kläger nicht mehr vertreten könne und wolle.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.09.2003 und den Bescheid der Beklagten vom 20.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2003, hilfsweise den Bescheid vom 10.04.2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Kindergeld für zwei Kinder im Zeitraum von Januar 1992 bis einschließlich Juli 1994 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge vor, weiterhin die zu Beweiszwecken beigezogene Kindergeldakte der Beklagten mit den Unterlagen aus dem finanzgerichtlichen Verfahren. Zur Ergänzung des Tatbestands, insbesondere hinsichtlich des Vorbringens des Klägers, wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte (§§ 143 f., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) und auch im Übrigen zulässige Berufung ist im Wesentlichen unbegründet; lediglich der auf der Grundlage steuerrechtlicher Vorschriften ergangene Bescheid vom 10.04.2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 war aufzuheben.
Der Senat ist, wenn auch im Wesentlichen mit anderer Begründung als die Beklagte und das Sozialgericht, zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger die ihm ehemals zustehenden Kindergeldansprüche nicht mehr realisieren kann. Soweit das Sozialgericht mit abweichender Begründung zu diesem Ergebnis gelangt ist, so kommt es hierauf nicht an, weil nur der Urteilspruch (Tenor: Die Klage wird abgewiesen) und nicht die Begründung in Rechtskraft erwachsen kann. Entsprechendes gilt für den Regelungssatz des Bescheids vom 20.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2003, der - im Gegensatz zu einer unrichtigen wie auch richtigen Begründung eines Verwaltungsakts - bestandskräftig werden kann, wobei auch hier für den vorliegenden Fall anzumerken bleibt, dass die Begründung des Bescheids dem Senat ungenügend erschien.
1. Auf Grund der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers hatte dieser gemäß §§ 1 bis 3 Bundeskindergeldgesetz in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung (BKGG a.F.) i.V.m. Art.2 bis 4 und Art.28 des deutsch-jugoslawischen Abkommens über Soziale Sicherheit einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Kindergeld in der Zeit von Januar 1992 bis Juli 1994, und zwar anfangs bei Wohnsitz seiner Kinder in Bosnien-Herzegowina nur in der niedrigeren Höhe der nach dem Abkommen vereinbarten Sätze (Art.28 Abs.1 des Abkommens) und nach Zuzug der Kinder in die BRD in Höhe der Sätze des § 10 Abs.1 BKGG a.F.
Dies beruht auf folgender Rechtslage, die im Zuge der Entwicklung der Rechtsprechung allgemeinhin erst im Jahre 2000 erkannt wurde: Gemäß § 1 Abs.1 Nr.1 BKGG a.F. hat derjenige Anspruch auf das "sozialrechtliche" Kindergeld, der im Geltungsbereich dieses Gesetzes (also der BRD) einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, und zwar nur für Kinder, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ebenfalls im Geltungsbereich des Gesetzes haben (§ 2 Abs.5 Satz 1 BKGG a.F.). In Umsetzung der Auslegung der Begriffe "Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt" durch das Bundessozialgericht im Sinne einer berechtigten, auf Dauer angelegten Bleibe im Gegensatz zu einem ungesicherten, vorübergehenden Verweilen bestimmte der Gesetzgeber in § 1 Abs.3 BKGG in der vom 01.01.1991 bis 31.12.1993 geltenden Fassung, dass Ausländer, die sich ohne Aufenthaltsgenehmigung im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, einen Kindergeldanspruch nach diesem Gesetz nur haben, wenn sie nach den §§ 51, 53 und 54 des Ausländergesetzes auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden können, frühestens jedoch für die Zeit nach einem gestatteten oder geduldeten Aufenthalt von einem Jahr. § 1 Abs.3 BKGG in der vom 01.01.1994 bis 31.12.1995 geltenden Fassung formulierte die Kindergeldberechtigung dahingehend, dass der Ausländer im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder -erlaubnis sein müsse, womit auf die in §§ 15, 17, 27 des ab 01.01.1991 geltenden Ausländergesetzes umschriebenen Arten der Aufenthaltsgenehmigung im Gegensatz zur Aufenthaltsbewilligung (§§ 28, 29 Ausländergesetz) und Aufenthaltsbefugnis (Befugnis nach § 30 Ausländergesetz, unter anderem möglich nach zwei Jahren der Duldung oder unter den besonderen Voraussetzungen für eine Duldung nach § 55 Abs.2 Ausländergesetz) Bezug genommen wurde. (§ 1 Abs.3 BKGG in der in den Jahren 1994/95 geltenden Fassung wurde im Übrigen vom Bundesverfassungsgericht in den Beschlüssen vom 06.07.2004 - 1 BvL 4/97, 5/97 und 6/97 für unvereinbar mit Art.3 Abs.1 des Grundgesetzes erklärt mit der Maßgabe, dass die vorausgehende Fassung anwendbar sei, wenn der Gesetzgeber für noch nicht rechts- oder bestandskräftig abgeschlossene Verfahren bis zum 01.01.2006 keine neue Regelung treffe.)
Gemäß Art.28 Abs.1 Satz 1 des Abkommens zwischen der BRD und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien vom 12.10.1968 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.09.1974, das ipso iure, das heißt ohne Transformationsgesetz gemäß Art.59 Abs.2 Satz 1 des Grundgesetzes, im Verhältnis zu Bosnien-Herzegowina weiter gelten soll, haben die in einem Vertragsstaat (hier Deutschland) beschäftigten Personen (bzw. Bezieher von Arbeitslosengeld und Krankengeld im Anschluss an diese Beschäftigung) Anspruch auf Kindergeld für ihre im Gebiet des anderen Vertragsstaates (hier: Bosnien-Herzegowina) sich gewöhnlich aufhaltenden Kinder in Höhe besonders vereinbarter Sätze (10,00 DM, 20,00 DM und 65,00 DM für das erste, zweite und dritte Kind). Nach der Rechtsprechung, zuletzt bestätigt durch die Urteile des BSG vom 19.11.1997 - 14/10 RKg 19/96 und vom 22.01.1998 - B 14 KG 2/97 R, hatten die in der BRD lebenden und beschäftigten Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina, die regelmäßig nur geduldet waren und sich in der BRD nur auf (die durch die Zeit des Kriegs) bestimmte, damit vorübergehende Zeit aufhielten, weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD; sie sollten auch nicht auf Grund des durch das Abkommensrecht modifizierten BKGG berechtigt sein, Kindergeld in der gemäß Art.28 Abs.1 des Abkommens beschränkten Höhe zu beziehen.
Erst mit Urteilen des BSG vom 12.04.2000 - B 14 KG 2/99 und 3/99 R wurde diese Rechtsauffassung zum Abkommensrecht aufgegeben, weil - bei Arbeitnehmereigenschaft des Kindergeld-Antragstellers im Sinne der deutschen Vorschriften - durch vertragliche Gleichstellung von Gebieten und Staatsangehörigen der Vertragsparteien (Art.2 Abs.1 Buchstabe d, Art.3 Abs.1 Buchstabe a und Art.4 Abs.1 Satz 1 des Abkommens) es nur kindergeldschädlich sein könne, wenn Antragsteller und Kinder sich außerhalb des Gebietes beider Vertragsparteien aufhielten. Art.28 Abs.1 des Abkommens begründe nicht erst einen Kindergeldanspruch, sondern regele je nach dem "Wohnen" (im Sinne des Vertragsrechts) des Kindes in der BRD oder in Bosnien-Herzegowina und damit unter Berücksichtigung von Kaufkraftgefälle und der unterschiedlichen Unterhalts- und Erziehungskosten die Höhe des Kindergelds. Damit bestünde bei dem "Wohnen" von Arbeitnehmer und Kind in der BRD sogar ein Kindergeldanspruch in Höhe der deutschen Sätze und nicht in minderer Höhe nach dem Abkommensrecht.
Im Anschluss an die Urteile des BSG vom 12.04.2000, die die Leistungsjahre bis 1995 betrafen, wurde von der Verwaltung die neue Auslegung des Abkommensrechts sowohl auf dem Gebiet des "sozialrechtlichen" Kindergelds bis 31.12.1995 (BKGG a.F.) als auch auf dem Gebiet des ab 01.01.1996 nach Anspruchsgrund völlig neu gestalteten Kindergelds auf der Grundlage des EStG umgesetzt, soweit dies noch möglich erschien.
2. Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des BSG an, muss aber betonen - dies scheinen alle Bosnier bei nachträglicher Geltendmachung eines Kindergeldanspruchs entweder zu ignorieren oder, teils mit erheblicher Vehemenz, abzustreiten -, dass nicht nur das Bestehen eines materiell-rechtlichen Kindergeldanspruchs von Bedeutung ist, sondern alle verfahrensrechtlichen Vorschriften zur anfänglichen Verwirklichung und zur nachträglichen Durchsetzung dieses Anspruchs (zwingend vorgeschriebene Schriftform des Antrags - § 17 BKGG a.F. und Zeitpunkt des Antrags; Ausschlussfristen nach § 9 Abs.2 BKGG a.F. bzw. § 5 Abs.2 BKGG n.F.; Verjährung nach § 45 Abs.1 SGB I bei wirksam erhobener Einrede des Leistungsträgers; Ausschlussfrist des § 44 Abs.4 SGB X bei Überprüfungsanträgen; Rücknahme rechtswidriger Entscheidungen und rückwirkende Erbringung von Leistungen innerhalb dieser Ausschlussfrist nur nach Ermessen des Leistungsträgers - § 44 Abs.1 SGB X i.V.m. § 20 Abs.5 BKGG a.F. oder § 44 Abs.2 SGB X).
2.1. Vorliegend war ein Kindergeldanspruch des Klägers gemäß § 9 Abs.2 BKGG a.F. ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind Leistungen für mehr als sechs Kalendermonate vor dem Kalendermonat des Antrags nicht zu erbringen. Es handelt sich um eine von Amts wegen zu beachtende absolute Ausschlussfrist (BSG vom 22.11.1979 - 8b RJ 3/79 in BSGE 49,154), so dass bei Versäumung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 27 SGB X nicht möglich ist, abgesehen davon, dass vorliegend auch die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht vorlägen; das fehlende Wissen über die Rechtslage bzw. die Unkenntnis vom Bestehen der Ansprüche stellt kein objektives Hindernis für die Einhaltung der Antragsfrist dar.
Der Kläger selbst hat einen Antrag auf Kindergeld erst im Jahre 2002 gestellt. Die monatlichen Zahlungsansprüche aus dem Kindergeld-Stammrecht des Klägers waren bereits nach Ablauf von jeweils sechs Kalendermonaten untergegangen; der letzte Zahlungsanspruch für Juli 1994 hätte spätestens im Januar 1995 geltend gemacht werden können.
Auf die Ausschlussfrist des § 9 Abs.2 BKGG a.F. hatte die Beklagte sich zwar nicht berufen; sie musste dies aber auch nicht tun. Die Frist gilt zwingend kraft Gesetzes und ist stets, nicht nur auf Einrede wie bei der Verjährung, von Amts wegen zu beachten. Die Rechtsfolge des § 9 Abs.2 BKGG a.F. trat unabhängig von dem von der Ehefrau des Klägers am 16.08.1993 gestellten Kindergeldantrag (der im Übrigen mit Ablehnungsbescheid vom 31.08.1993 verbraucht war) und von dem angeblichen, nicht nachgewiesenen Antrag der Ehefrau im Jahre 1995 ein. Beim Kindergeld nach dem BKGG handelt es sich nicht um einen "Familienanspruch" oder eine Vergünstigung für die Familie, die den Eheleuten gemeinsam zustünde oder zumindest von jedem der beiden gleichermaßen für den anderen oder die Gemeinschaft beantragt bzw. beansprucht werden könnte. Von der allgemeinen Zweckrichtung des Kindergelds, eine Hilfe für den Unterhalt der Kinder oder/und für die Betreuung und Erziehung zu geben, zu unterscheiden ist die Inhaberschaft des Anspruchs. Der Kindergeldanspruch nach dem BKGG a.F. wird nach dessen gesetzlichen Bestimmungen einer einzelnen Person wie zum Beispiel Vater, Mutter, Stiefelternteil, einem der Großeltern usw. zugeordnet, und die Anspruchsvoraussetzungen, die jede dieser Personen für sich erfüllen müssen, sind zum Teil verschieden. Kommen mehrere Personen für die gleiche Zeit als Kindergeldberechtigte in Frage, ordnet § 3 BKGG a.F. den Anspruch nur einer einzigen Person zu. Jeder potenziell Kindergeldberechtigte muss aber den ihm möglicherweise zustehenden Kindergeldanspruch - unter anderem durch Antrag - selbst verfolgen; auch Gründe, die der Durchsetzung des Anspruchs entgegenstehen können, wie zum Beispiel Geschäftsunfähigkeit, Ausschluss- und Verjährungsfristen, sind im Bezug auf den Kindergeldanspruch jeder einzelnen Person gesondert zu beurteilen.
2.2. Auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann sich der Kläger nicht berufen.
Bedenklich erscheint es dem Senat, einen solchen möglichen Anspruch mit dem Hinweis auf die analoge Anwendung des § 44 Abs.4 SGB X pauschal abzutun. Die Absätze 1 und 4 des § 44 SGB X setzen vom Anwendungsgebiet her voraus, dass der Leistungsträger bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen ist, das sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht wurden. Dieser Verwaltungsakt kann auch bei Unanfechtbarkeit mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs.1 SGB X mit der Sondervorschrift des § 20 Abs.5 BKGG a.F. hinsichtlich einer Ermessensentscheidung). Die Rücknahme sowie das nachträgliche Erbringen der Leistungen sind - im Falle eines diesbezüglichen Antrags des Betroffenen - durch § 44 Abs.4 SGB X beschränkt auf höchstens vier Kalenderjahre vor dem Jahr der Antragstellung.
Im vorliegenden Rechtsstreit ist dem Kläger vor dem Jahre 2002 kein (rechtswidrig) das Kindergeld ablehnender Bescheid erteilt worden. Lediglich dessen Ehefrau war Adressat eines ablehnenden Bescheids (der im Übrigen zu Recht ergangen ist, weil jene mangels Arbeitnehmereigenschaft keinen eigenen Kindergeldanspruch erwerben konnte). Der der Ehefrau erteilte Bescheid wirkt nicht gegen den Kläger und dessen Kindergeldanspruch.
Die analoge Anwendung des § 44 Abs.4 SGB X auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch bedürfte einer besonderen Begründung, zumal insgesamt gesehen mehr ablehnende Entscheidungen des BSG als befürwortende Urteile ergangen sind, wenn auch nicht bei völlig gleichgelagerten zu Grunde liegenden Sachverhalten. Jedenfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass § 44 Abs.4 SGB X einen alle sozialrechtliche Leistungen erfassenden allgemeinen Rechtsgrundsatz enthält, dass Nachleistungen auf vier Jahre vor dem Jahr der Antragstellung zu begrenzen sind. Vorliegend will der jetzt erkennende Senat nicht diesem Problem nachgehen, sondern hielt es für angemessener, sich zunächst mit der einem Leistungsausschluss vorausgehenden Frage zu befassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs überhaupt vorliegen.
Ein Herstellungsanspruch setzt voraus, dass die Beklagte eine ihr auf Grund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, verletzt hat (vgl. u.a. BSG vom 25.01.1994 - 7 RAr 50/93 in SozR 3-4100 § 249e Nr.4 mit zahlreichen Nachweisen), dem Betroffenen ein Nachteil entstanden ist und zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil ein ursächlicher Zusammenhang besteht; außerdem muss der Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung (zum Beispiel rückwirkende Gewährung von Sozialleistungen bei Unterstellung der Rechtzeitigkeit eines später gestellten Kindergeldantrags) beseitigt werden können.
In Hinblick hierauf kann sich ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch vorliegend nicht auf die Leistungszeit ab Januar 1992, sondern allenfalls auf die ab 01.02.1993 beziehen. Ein eventueller Beratungs- und Aufklärungsbedarf könnte im konkreten Streitfall der Beklagten erstmals im August 1993 mit Kindergeldantrag der Ehefrau des Klägers bekannt geworden sein; erst zu diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte Kenntnis, dass eine Familie, sei es mit einem oder zwei Elternteilen, jedenfalls mit Kindern ohne bisherigen Kindergeldbezug existierte, so dass bei rechtzeitiger Beratung des Klägers und dessen unterstellter Antragstellung im August 1993 Leistungen noch ab dem 01.02.1993 möglich gewesen wären (§ 9 Abs.2 BKGG a.F.). Vor August 1993 bestand keine einschlägige Beratungs- und Aufklärungspflicht. Die Verpflichtung der Beklagten gemäß § 13 SGB I, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Bevölkerung über die Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch aufzuklären, ist allgemeiner Art und vermag kein subjektives Recht des Einzelnen auf Informationen oder, bei Verletzung dieser allgemeinen Pflicht, auf Wiederherstellung eines Zustands wie bei rechtzeitiger und vollständiger Information zu begründen (BSG vom 28.09.1976 - 3 RK 71/75 in USK 76176 und vom 21.06.1990 - 12 RK 27/88 in SozR 3-1200 § 13 Nr.1).
Fehlerhafte oder unterlassene Hinweise an die Ehefrau des Klägers bei deren eventueller Vorsprache bei der Familienkasse kann der Kläger nicht geltend machen. Abgesehen davon, dass die rechtlichen Ausführungen im erteilten Bescheid vom 31.08.1993 richtig gewesen sind, ist das Rechtsverhältnis zwischen Beklagten und Ehefrau - bei erfolgter Verbescheidung - abschließend durch die Möglichkeit von Widerspruch und Klage sowie §§ 44 bis 49 SGB X geregelt, und insoweit besteht kein Raum für das subsidiäre Rechtsinstitut des Herstellungsanspruchs (BSG vom 23.07.1986 - 1 RA 31/85 in SozR 1300 § 44 Nr.23). Im Übrigen ist vorliegend dem Senat keine Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Ehefrau des Klägers ersichtlich, diese selbst über mögliche Kindergeldberechtigungen dritter Personen zu befragen (sind Dritte überhaupt vorhanden und erfüllen diese in ihrer Person die für sie geltenden Anspruchsvoraussetzungen?) und aufzuklären.
Bei einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch des Klägers müsste - vorliegend geht es ja nicht um einen irgendwie gearteten gemeinsamen "Familienanspruch" - vielmehr eine Beratungspflicht im Verhältnis der Beklagten zum Kläger selbst bestanden haben, wobei die Beklagte sich dann mit geeigneten Informationen an den Kläger selbst wenden hätte müssen, allenfalls, wenn die Ehefrau subjektiv und objektiv zuverlässig erschien (unter anderem hinreichende Sprachkenntnisse und auch Verständnis für rechtliche Ausführungen) über die Ehefrau als Botin der Beklagten.
Eine Beratungspflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger ist jedoch zu verneinen. Zunächst bestand kein besonderes Sozialrechtsverhältnis wie zum Beispiel bei Beziehungen zwischen einem Versicherungsträger und einem Versicherten hinsichtlich von Beiträgen und Leistungen aus dieser Versicherung. Fehl geht die Argumentation des Klägers, aus seiner ehemaligen Arbeitslosenversicherung (angesprochen werden hätte hier weiterhin die Kranken- und Rentenversicherung werden können) auf ein besonderes Rechtsverhältnis zwischen Kläger und Beklagten hinsichtlich des Kindergelds zu schließen. Das Kindergeld ist keine Gegenleistung für die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, vielmehr folgt aus dem Sozialversicherungsverhältnis die Verpflichtung zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, der die Verpflichtung des Leistungsträgers (Arbeitsverwaltung, nicht Familienkasse) zur Gewährung von Versicherungsleistungen wie Arbeitslosengeld usw. entspricht. Das von der Familienkasse zu gewährende Kindergeld - betraut werden mit dieser Aufgabe hätte im Übrigen nicht nur das Arbeitsamt, sondern auch sonstige Behörden - wird nicht aus Sozialversicherungsbeiträgen finanziert, sondern als sozial-fürsorgerische Leistung aus allgemeinen Steuermitteln, wobei hier - nebenbei gesagt - vorausgesetzt wird, dass ein Bürger mündig und eigenverantwortlich ist und sich selbst um diese Leistung zu bemühen hat. Wenn der Gesetzgeber zur Beschränkung von Kindergeldleistungen für Ausländer auf ein gesichertes Aufenthaltrecht dieser Personen oder die Arbeitnehmereigenschaft als geeignete Anknüpfungspunkte zurückgreift, so wird hierdurch weder das Kindergeld zur Versicherungsleistung noch als sonstige Leistung in das Sozialversicherungsverhältnis einbezogen noch ein anderes besonderes Fürsorgeverhältnis begründet, dass im Verhältnis Staat (Familienkasse) zu den deutschen Staatsangehörigen nicht bestehen würde.
Der Kläger könnte sich auch nicht darauf berufen, dass er im Inland Lohnsteuer bezahlt hat. Aus seinen im Klageverfahren eingereichten Unterlagen geht hervor, dass er mit seinem Arbeitsentgelt weitgehend einkommensteuerfrei war (Steuerfreistellung des Existenzminimums) und Lohnabzüge nicht erfolgten. Soweit aber anfangs ein monatlicher Steuerabzug stattfand und der Kläger keine Steuerrückerstattung erhalten haben sollte, erfolgte die Besteuerung zu dem Zweck, dem Staat Mittel für eine Vielzahl allgemeiner Aufgaben (zum Beispiel Bau und Unterhalt von Straßen, Krankenhäusern, Schulen usw.) zur Verfügung zu stellen, wobei die zugeflossenen Steuerbeträge keiner Zweckbindung unterlagen und kein besonderes Rechtsverhältnis im Sinne des "do ut des" zwischen Bürger und Staat bestand. Die Sozialleistung Kindergeld nach dem BKGG war für deutsche Staatsbürger und ausländische Staatsangehörige unabhängig von einer "Vorleistung", der Zahlung von Steuern, und falls ein Anspruch auf staatliche Hilfen aus Steuermitteln bestand, beruhte dieser nicht auf einer besonderen steuerrechtlich bezogenen Rechtsbeziehung zwischen Staat und dem konkreten Bürger, sondern auf einem allgemeinen Fürsorgegedanken.
Ein besonderes Rechtsverhältnis ist vorliegend nicht ersichtlich, zumal der Kläger auch nicht bereits Kindergeld bezogen hat, so dass aus einem schon bestehenden Leistungsverhältnis Nebenpflichten der Beklagten gefolgert werden könnten. Ebenso wenig bestanden spezielle Gesetzesvorschriften wie zum Beispiel § 115 Abs.6 Sozialgesetzbuch Teil VI (SGB VI), die bei bestimmten, im Gesetz umschriebenen Fallgestaltungen eine Hinweispflicht staatlicher Stellen normieren. Weiterhin ist der Fall auszuschließen, dass die Beklagte dem Kläger in Angelegenheiten des Kindergelds einen unrichtigen Rat erteilt und ihn wegen dieses unrichtigen Rats von der Stellung eines Kindergeldantrags abgehalten hätte. Die Gründe für eine Ablehnung von Leistungen im Bescheid vom 31.08.1993 bezogen sich ausschließlich auf die (tatsächlich) fehlenden Voraussetzungen eines Anspruchs in der Person der Ehefrau, und nur diese war Adressat des Verwaltungsakts. Der Umstand allein, dass die Beklagte dem Kläger bei Stellung eines eigenen Antrags im Jahre 1993 vermutlich einen sachlich unzutreffenden Ablehnungsbescheid gleichen Inhalts erteilt hätte, ist hypothetischer Art und darf daher keine Berücksichtigung finden.
Zurückgegriffen werden kann vorliegend nur auf die "Spontanberatung" im Rahmen der allgemeinen Vorschriften der §§ 114, 115 SGB I, nachdem sich der Kläger nicht selbst an die Beklagte wegen einer Auskunft oder eines Rats gewandt hat und dann eine unzutreffende Information in seiner eigenen Angelegenheit erhalten hat. Die von der Rechtsprechung zur "Spontanberatung" entwickelten Grundsätze setzen voraus, dass der zuständige Sachbearbeiter anhand eines konkreten und offensichtlichen Sachverhalts Veranlassung sehen hätte müssen, einen gezielten Hinweis zur Verwirklichung eines sozialen Rechts (vgl. hierzu § 2 Abs.2 SGB I) zu geben. Dies kann aber vorliegend nicht angenommen werden. Bereits der Sachverhalt bleibt unklar. Nachdem die Kindergeldakte aus dem Jahre 1993 vernichtet ist, lässt sich nicht mehr feststellen, ob die Ehefrau des Klägers einen Kindergeldantrag, der schriftlich zu stellen war (§ 17 Abs.1 BKGG), per Post an die Beklagte gesandt oder in der Annahmestelle der Familienkasse ausgefüllt hat, welches Antragsformular hierbei verwendet worden ist und ob ersichtlich gewesen oder zur Sprache gekommen ist, dass der Ehemann der Klägerin in der BRD versicherungspflichtig beschäftigt war. Auch bei Annahme der für den Kläger günstigsten Umstände bestand aber nach Überzeugung des Senats keine Hinweispflicht. Nach der damaligen einhelligen Rechtsmeinung und Rechtsauslegung, bestätigt durch höchstrichterliche Urteile, hatten jugoslawische Staatsangehörige - gleich ob sie im Inland Arbeitnehmer waren oder nicht - keinen Anspruch auf Kindergeld, wenn sie hier keinen gesicherten und damit berechtigten Aufenthalt hatten. Das deutsch-jugoslawische Abkommen über Soziale Sicherheit erschien insoweit nicht maßgebend, weil Art.28 dieses Abkommens dem Wortlaut nach voraussetzt, dass der Arbeitnehmer in einem der Vertragsstaaten Kinder im anderen Vertragsstaat hat. Eine andere Auslegung des Abkommens, dass hinsichtlich des Aufenthalts von Eltern und Kindern allein an Art.2 bis 4 ansetzt und Art.28 nicht mehr als anspruchsbegründende Norm, sondern als bloße Regelung der Höhe des Kindergelds ansieht, war ferneliegend. Angesichts der damaligen Rechtsauffassung war es auch einem Rechtskundigen nicht offensichtlich, dass der Kläger einen Kindergeldanspruch hatte. In Hinblick auf die tatsächlichen und rechtlichen Umstände lag die Erkenntnis der Notwendigkeit eines Hinweises an den Kläger zur zur Rechtsverwirklichung nicht auf der Hand.
Der Senat sieht deswegen die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht als gegeben an, wobei er hinzufügen möchte, dass der Fall anders zu beurteilen wäre, wenn ein Sachbearbeiter der Beklagten auf konkrete Anfrage des Klägers die unrichtige Auskunft erteilt hätte, diesem stehe trotz Arbeitnehmereigenschaft das Kindergeld nicht zu. Ein solcher Hinweis in den Jahren 1993 bis 2000 hätte zwar der damaligen Rechtsauffassung entsprochen, wäre aber gleichwohl nicht gesetzesentsprechend und damit unrichtig gewesen und hätte einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ausgelöst, zumal es nicht auf ein Verschulden des Bearbeiters angekommen wäre (BSG vom 12.10.1979 - 12 RK 47/77 in BSGE 49, 76). Im Gegensatz zu einem solchen aktiven Handeln ist jedoch das Unterlassen einer gesetzesentsprechenden und damit richtigen Auskunft zu behandeln, wenn ein Handlungsbedarf nicht erkennbar und offenkundig war (BSG, a.a.O.; BSG vom 18.12.197 - 12 RJ 88/75 in BSGE 41, 126 und vom 25.04.1978 - 5 RJ 18/77 in BSGE 46, 124).
Im vorliegenden Fall kam es nicht mehr auf die analoge Anwendung des § 44 Abs.4 SGB X an, ebenso wenig auf die Verjährung. In Hinblick auf die Kostenentscheidung und auch aus sonstigem Anlass auf Grund der Rechtsanwendung der Beklagten und des Sozialgerichts Nürnberg in anderen Fällen weist der Senat aber darauf hin, dass sich die Beklagte vorliegend nicht auf Verjährung berufen könnte. Die Einrede der Verjährung gemäß § 45 SGB I ist durch Verwaltungsakt zu erheben, und die Beklagte hat hierbei grundsätzlich Ermessen auszuüben (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG vom 05.05.1993 - 9/9a RV 12/92 in SozR 3-1200 § 45 Nr.2 m.w.N.) und die Ermessensgesichtspunkte auch schriftlich darzulegen (§ 35 Abs.1 Satz 3 SGB X). Bereits diesen elementaren Grundsatz hat die Beklagte nicht beachtet. Ein Fall der Ermessensreduzierung auf null - auch das hätte die Beklagte darlegen müssen, wenn nicht dieser sehr seltene Fall sich offensichtlich aus den äußeren Umständen ergeben hätte - liegt nicht vor. Wenn das Sozialgericht auf die lange Zeit seit Fälligwerden der Kindergeldansprüche anspielt, so überzeugt dieser Gesichtspunkt nicht. Typischerweise handelte es sich gerade bei der Verjährung um Ansprüche, die vor vielen Jahren, vorliegend im Bezug auf die vierjährige Verjährungsfrist seit mehr als vier Kalenderjahre vor der erstmaligen Beantragung, entstanden sind. Auch der Gedanke, dass Sozialleistungsansprüche zeitnah zu erbringen sind und dieser Zweck nach vielen Jahren nicht mehr zu erreichen ist, stellt keinen Grund für die Erhebung der Verjährungseinrede dar; die Beklagte kann sich allein deswegen nicht von ihren Zahlungsverpflichtungen befreien.
Unzutreffend erscheint auch das Argument des Sozialgerichts, ihm sei kein Umstand ersichtlich, der zu Gunsten des Klägers im Rahmen einer Ermessensausübung einzustellen sei. Ebenso gut könnte pauschal argumentiert werden, es seien im Rahmen des auszuübenden Ermessens keine Gesichtspunkte zu Gunsten der Beklagten erkennbar. Angesichts der vorliegenden Umstände ist aber offensichtlich, dass der Kläger einen Anspruch auf Kindergeld erst mit Aussicht auf Erfolg realisieren konnte, als die Rechtsprechung und damit die Verwaltungspraxis sich im Jahre 2000 änderten. Irgendwelche Anhaltspunkte für eine Verwirkung oder ein schuldhaftes Verhalten des Klägers fehlen. Damit durfte unter keinen Umständen von einer Ermessensreduzierung auf null ausgegangen werden. Die Beklagte hatte, wenn sie sich auf Verjährung berufen wollte, alle tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die sie zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Dies gilt auch im Falle eines "gebundenen" Ermessens; die in internen Verwaltungsvorschriften der Beklagten bestehenden Richtlinien, unter welchen Gesichtspunkten die Einrede der Verjährung zu erheben oder davon abzusehen ist, stellen keine allgemein verbindlichen Normen dar und entheben die Verwaltung nicht von der Verpflichtung zur nachprüfbaren Begründung ihrer Verwaltungsakte; Dienstanweisungen bewirken lediglich, dass zu Lasten des Bürgers nicht von der Selbstbindung der Verwaltung in Ermessensfragen abgewichen werden darf, wohingegen zu seinen Gunsten, etwa bei nicht sachgerechten oder völlig unvollständigen Ermessensgesichtspunkten in Verwaltungsvorschriften, eine abweichende Entscheidung möglich und unter Umständen sogar geboten ist.
3. Wenn der Kläger vorliegend seine Kindergeldansprüche aus anderen Gründen als den von der Beklagten und dem Sozialgericht angenommenen nicht mehr verwirklichen kann, so war dennoch der auf der Grundlage des EStG ergangene Ablehnungsbescheid vom 10.04.2002 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 aufzuheben. Das Sozialgericht hat hierzu in seiner Urteilsbegründung nichts erwähnt. Aus dem pauschalen und untunlichen Urteilspruch (Ziffer 1 des Tenors: Die Klage wird abgewiesen) und aus dem im Urteil erwähnten, wohl auf Veranlassung des Sozialgerichts in der mündlichen Verhandlung formulierten Klageantrag mit dem Hilfsantrag, die ablehnenden Kindergeldbescheide nach Einkommensteuerrecht aufzuheben, ist im Wege der Auslegung zu schließen, dass das Sozialgericht die Klage nicht nur gegen den Bescheid vom 20.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2003 abgewiesen hat, sondern auch gegen den Bescheid vom 10.04.2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002. Die letztgenannten "steuerrechtlichen" Bescheide sind auch in das sozialgerichtliche Urteil einzubeziehen gewesen, nachdem das Finanzgericht den Rechtsstreit insgesamt an das Sozialgericht verwiesen hatte.
Der Bescheid vom 20.11.2002 vermittelt trotz seines Betreffs "Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz" und der zitierten Vorschriften des EStG und der AO den Eindruck, es sei hier bei teils unrichtiger Rechtsanwendung nicht nur über den Ausschluss von Kindergeldansprüchen nach dem EStG, sondern auch nach dem BKGG a.F. entschieden worden. Immerhin hatte der Kläger ausdrücklich nur Kindergeldansprüche von 1992 bis 1994, also nach dem BKGG a.F., geltend gemacht und die Beklagte pauschal die Erfüllung von Ansprüchen vor dem 01.07.1997 ausgeschlossen. Vom objektiven Empfängerhorizont war nicht davon auszugehen, dass damit nur die auf Grund des EStG erst ab 01.01.1996 möglichen Ansprüche gemeint waren. Letzteres blieb im Bescheid unerwähnt, und eine solche Rechtskunde durfte bei Laien nicht erwartet werden, abgesehen davon, dass die Beklagte - wie aus mehreren Streitsachen bekannt - sich vielfach nach der ab 01.01.1996 erfolgten Rechtsänderung weitgehend über die Rechtsanwendung im Unklaren gewesen ist und allein nach dem BKGG abzuhandelnde Altfälle anhand unzutreffender steuerrechtlicher Vorschriften entschieden hat. So dürfte es auch vorliegend gewesen sein. Allerdings hat die Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 erstmals berichtigend klargestellt, dass die Ablehnung von Kindergeldansprüchen im Bescheid vom 10.04.2002 nur Kindergeldansprüche ab dem 01.01.1996 (bis zum 01.07.1997) betraf. Richtigerweise hätte daher bereits von der Einspruchsstelle der Bescheid vom 10.04.2002 nicht bestätigt, sondern in Kenntnis der Zielrichtung des Antrags des Klägers aufgehoben werden müssen. Auch das Finanzgericht hätte nur einen Teil des Rechtsstreits betreffend das Kindergeld vor dem 01.01.1996 an das Sozialgericht verweisen und über den Bescheid vom 10.04.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 selbst urteilen sollen; vermutlich ist dies deswegen nicht geschehen, weil das Finanzgericht in diesen Verwaltungsakten nach dem EStG lediglich Bescheide gesehen hat, die den Antrag auf Kindergeld für die Jahre 1992 bis 1994 abgelehnt haben. An diese Rechtsmeinung war der Senat aber nicht gebunden.
Da aber die Rechtswegeverweisung bindend ist, hatte das Sozialgericht auch über die auf das Steuerrecht gestützten Verwaltungsakte zu entscheiden. Dies gilt nun auch für den Senat, zumal dieser davon ausgehen musste, dass der Kläger mangels eines klaren und eindeutig formulierten Berufungsantrags sein Begehren in zweiter Instanz in dem Umfang weiter verfolgen wollte, wie es in erster Instanz mit richterlicher Hilfe oder zumindest bei richterlicher Prüfung (§ 106 Abs.1 SGG) formuliert worden war.
Nachdem der Hauptantrag keinen Erfolg hatte, war der Hilfsantrag des Klägers zu behandeln und diesem insoweit stattzugeben, als der Bescheid vom 10.04.2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 aufzuheben waren. Diese Bescheide wirken für den Kläger allein wegen der Ablehnung beschwerend und waren offensichtlich rechtswidrig, weil damit über etwas entschieden worden war, was der Kläger nie beantragt hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Obwohl der Kläger im Rechtsstreit nur einen kleinen Teilerfolg errungen hat und mit den verfolgten Zahlungsansprüchen nicht durchdrang, sah es der Senat als veranlasst an, der Beklagten ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen. Der Bescheid vom 20.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2003 hinsichtlich des sozialrechtlichen Kindergelds war in der Begründung in eklatanter Weise ungenügend, und der rechtswidrige Bescheid vom 10.04.2002 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 lag schon vom Ansatzpunkt her weit neben der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Kindergeld für zwei Kinder im Zeitraum von Januar 1992 bis einschließlich Juli 1994, und zwar von Januar bis September 1992 in Höhe der Sätze nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen über Soziale Sicherheit (monatlich 10,00 DM und 25,00 DM) und von Oktober 1992 bis Juli 1994 in Höhe der Sätze des § 10 des Bundeskindergeldgesetzes - BKGG - (monatlich 70,00 DM und 140,00 DM laut Kläger und 70,00 DM für das erste Kind sowie 70,00 DM bis 130,00 DM für das zweite Kind gemäß § 10 Abs.1 BKGG in den ab 01.01.1992 und 01.01.1994 geltenden Fassungen).
Der im Jahre 1962 in Z. geborene und seit 1986 verheiratete Kläger hatte ehemals seinen Wohnsitz in T./Jugoslawien auf dem Gebiet des späteren Staates Bosnien-Herzegowina. Er reiste im Oktober 1991 in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit einer vom 02.10.1991 bis 01.01.1992 befristeten Aufenthaltserlaubnis ein, die auf Grund einer Einstellungszusage der Firma U. Bau GmbH, M. , erteilt worden war. Ein Beschäftigungsverhältnis mit dieser Firma kam nicht zu Stande.
Ab 01.01.1992 bis 07.08.1994 hielt sich der Kläger wegen des Bürgerkriegs in seinem Heimatland auf Grund von wiederholt verlängerten ausländerrechtlichen Duldungen in der BRD auf und war vom 14.01.1992 bis 31.07.1994 als Elektriker bei mehreren Firmen versicherungspflichtig beschäftigt. Seine im Jahre 1962 geborene Ehefrau V. zog im September 1992 mit den Kindern I., geboren 1987, und I., geboren 1988, in die BRD nach; die Angehörigen des Klägers hielten sich ebenfalls auf Grund von Duldungen bis zum 07.08.1994 in der BRD auf.
Erstmals mit formlosem Schreiben vom 08.02.2002, eingegangen bei der Beklagten am 11.02.2002, beantragte der Kläger unter der Adresse "zur Zeit bei P. S. , H.weg , O." das Kindergeld, das ihm als Bürgerkriegsflüchtling während seiner Beschäftigung in der BRD vom 14.01.1992 bis 31.07.1994 nicht bezahlt worden sei; beigefügt war ein vom Kläger unterschriebener Formblattantrag, auf dem die Ehefrau ihr Einverständnis mit dem Kindergeldbezug des Ehemanns erklärte. Als Aufenthaltsort der Ehefrau und der Kinder war Montenegro angegeben.
Mit Bescheid vom 10.04.2002 unter dem Betreff "Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz - EstG" lehnte die Familienkasse den Antrag vom 11.02.2002 mit der Begründung ab, dass nach § 62 EStG ausländischen Staatsangehörigen Kindergeld nur dann zustehe, wenn sie im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis (§ 15 Ausländergesetz) oder einer Aufenthaltsberechtigung (§ 27 Ausländergesetz) seien; diese Voraussetzung sei nicht erfüllt. Ein Kindergeld für Flüchtlinge ohne eine derartige Aufenthaltsgenehmigung auf Grund des deutsch-jugoslawischen Abkommens über Soziale Sicherheit wäre gemäß Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12.04.2000 grundsätzlich ab Juli 1997 möglich. Die rückwirkende Festsetzung sei jedoch gemäß §§ 169, 170 der Abgabenordnung (AO) nur ab 01.01.1998 zulässig. Der Kläger sei aber ab diesem Zeitpunkt nicht arbeitslosenversicherungspflichtig in Deutschland erwerbstätig gewesen.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch schilderte der Kläger seinen Aufenthalt in der BRD von 1991 bis 1994 und die damaligen Umstände. Er bat um nochmalige Überprüfung, weil die von der Beklagten dargelegte Rechtslage nur diejenigen Bürgerkriegsflüchtlinge betreffe, die sich länger als er in der BRD aufgehalten und dann erstmals rückwirkend Kindergeld beantragt hätten. Der Rechtsbehelf wurde mit Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 zurückgewiesen, weil unter Berücksichtigung des Zeitpunkts des Kindergeldantrags eine Festsetzung rückwirkend nur ab 01.01.1998 möglich sei; für die Kalenderjahre 1996 und 1997 sei die Frist abgelaufen und könne Kindergeld nicht mehr gewährt werden. Das Einkommensteuergesetz sei erst am 01.01.1996 in Kraft getreten, so dass nach diesem Gesetz kein Anspruch auf Kindergeld für die Zeit vor dem 01.01.1996 bestehen könne.
Hiergegen legte der Kläger mit Schriftsatz vom 05.11.2002 am 08.11.2002 Klage beim Finanzgericht M. ein mit dem Begehren, die Beklagte zu verurteilen, ihm Kindergeld vom 01.02.1992 bis 31.07.1994, teils in Höhe der Abkommensätze und teils in Höhe der deutschen Sätze, zu zahlen. Kurz danach lehnte die Familienkasse mit Bescheid vom 20.11.2002 unter dem Betreff "Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz - BKGG - in der bis 31.12.1995 geltenden Fassung" den Antrag vom 08.02.2002 auf rückwirkende Gewährung des Kindergelds ab mit der Begründung, Ansprüche bis zum 31.07.1994 seien verjährt. Die Frist betrage nach § 45 Abs.1 Sozialgesetzbuch Teil I - SGB I - vier Jahre und beginne mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden sei.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Kläger erstmals darauf hin, dass seine Ehefrau bereits im Jahre 1993 das Kindergeld beantragt und (zu Recht) einen ablehnenden Bescheid erhalten habe. Dienstpflicht der Behörde sei es aber gewesen, die Eheleute darauf hinzuweisen, dass damals der Kläger selbst - nur er sei arbeitslosenversicherter Arbeitnehmer und damit nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen kindergeldberechtigt gewesen - einen Kindergeldantrag stellen hätte sollen. Das Arbeitsamt habe es absichtlich unterlassen, die Familie P. ordentlich zu unterrichten, aber die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung weiter kassiert. Ein solches Verhalten sei, milde gesagt, als Ausbeutung, Diskriminierung und absichtliche Verletzung des deutsch-jugoslawischen Abkommens zu bezeichnen, so dass Verjährung nicht geltend gemacht werden könne.
Ein ähnlicher Vortrag erfolgte im finanzgerichtlichen Verfahren, wobei der Kläger den seiner Ehefrau erteilten Bescheid des Arbeitsamts P. vom 31.08.1993 auch vorwies. Hierin wurde ein Antrag auf Kindergeld vom 16.08.1993 abgelehnt mit der Begründung, dass der Aufenthalt der Antragstellerin einer Duldung (Aussetzung der Abschiebung) unterliege und sie deshalb nur einen vorübergehenden, aber keinen gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD hätte. Ein Kindergeldanspruch setze jedoch gemäß § 1 Abs.1 Nr.1 BKGG einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD voraus. Einen Wohnsitz begründe jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehabe, die darauf schließen lasse, dass er diese Wohnung beibehalten und auch benutzen werde. Den gewöhnlichen Aufenthalt habe jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem bestimmten Ort oder in diesem bestimmten Gebiet nicht nur vorübergehend verweile.
Das Finanzgericht M. verwies den Rechtsstreit mit Beschluss vom 12.02.2003 - 9 K 4849/02 - an das Sozialgericht Nürnberg, weil es sich nach dem Begehren "Kindergeld von Februar 1992 bis Juli 1994 für zwei Kinder" um eine sozialgerichtliche Streitigkeit handele; Verfahren über Kindergeldansprüche für die Zeit vor dem 01.01.1996 seien nach den Vorschriften des BKGG in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung und des Sozialgesetzbuches zu Ende zu führen (§ 19 Abs.4 BKGG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996, BGBl.1996 I, 1250).
Kurz darauf wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 20.11.2002 mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2003 zurückgewiesen, weil die geltend gemachten Ansprüche verjährt seien. Wiederum wurden, wie bereits im Ausgangsbescheid, Gründe für die Berufung auf die Verjährung nicht genannt.
In der mündlichen Verhandlung am 22.09.2003 - der Kläger war durch einen bereits von der Beklagten und dem Finanzgericht M. wegen unerlaubter Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ausgeschlossenen Prozessbevollmächtigten vertreten - beantragte letzterer, den Bescheid vom 20.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2003 und hilfsweise die ablehnenden Kindergeldbescheide nach dem Einkommensteuerrecht aufzuheben und dem Kläger Kindergeld für zwei Kinder von Januar 1992 bis Juli 1994 in gesetzlicher Höhe zu bezahlen. In der Niederschrift ist ein Vortrag der Beteiligten zur Sache nicht festgehalten.
Mit Urteil vom 22.09.2003 wies das Sozialgericht die Klage wegen Unbegründetheit ab, weil der Kläger einen Anspruch auf Kindergeld im Zeitraum von Januar 1992 bis Juli 1994 nicht mehr geltend machen könne. Er selbst habe vor dem 11.02.2002 keinen Kindergeldantrag gestellt, und der verspätet erhobene Anspruch scheitere an § 9 Abs.2 BKGG alte Fassung (BKGG a.F.), wonach ein Anspruch auf Kindergeld rückwirkend nur für sechs Monate vor Antragstellung verwirklicht werden könne. Dem Kläger hätte auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG-Urteils vom 12.04.2000 - B 14 KG 2/99 R - nach dem deutsch-jugoslawischen Abkommen Kindergeld zustehen können, diese Ansprüche seien jedoch nach § 45 Abs.1 verjährt. Bei der Anwendung dieser Vorschrift hätte die Beklagte zwar grundsätzlich Ermessen ausüben müssen, und dies sei nicht geschehen. Die Kammer habe aber angesichts des sehr lang zurückliegenden Zeitraums keinen Umstand zu Gunsten des Klägers gesehen, der im Rahmen der Ermessensausübung einzustellen gewesen wäre.
Auch mit einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könne der geltend gemachte Kindergeldanspruch nicht begründet werden. Insoweit gelte § 44 Abs.4 SGB X entsprechend (vgl. BSG SozR 3-1300 § 44 Nr.25), wonach Kindergeld rückwirkend nur für vier Jahre gewährt werden könne. Im Übrigen seien die Einlassungen des Klägers (Anmerkung: Diese können nur in der mündlichen Verhandlung erfolgt sein, sind aber nicht in die Niederschrift aufgenommen worden), dass die Ehefrau des Klägers nochmals im Jahre 1995 beim Arbeitsamt P. Kindergeld beantragt habe, nicht schlüssig. Eine Antragstellung hätte im Übrigen, zum Beispiel für Januar 1995 unterstellt, nur zur Verwirklichung des Kindergeldanspruchs für Juli 1994 führen können. Der Bescheid vom 20.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2003 halte einer gerichtlichen Überprüfung Stand. Zu dem Hilfsantrag des Klägers hinsichtlich der Aufhebung des Bescheids vom 10.04.2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 hat sich das Sozialgericht nicht geäußert.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren mit der Begründung weiter, die Beklagte habe mit dem Ablehnungsbescheid vom 31.08.1993 absichtlich und überzeugend die falsche Information gegeben, dass weder der Kläger noch dessen Ehefrau ein Recht auf Kindergeld hätten, damit die Eheleute jede Lust verlieren würden, hiergegen Widerspruch einzureichen. Die Beklagte habe von vornherein die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung kassiert, aber nicht die ernsthafte Absicht gehabt, die Gegenleistung Kindergeld zu erbringen. Daher könne der Anspruch des Klägers nicht verjähren, und es werde die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung nebst Zinsen seit dem 31.08.1994 begehrt.
Der Senat hat eine Prozessvollmacht für den Klägervertreter für das Berufungsverfahren nachgefordert, weil sich die bisherige Vollmacht nur auf die Vertretung beim Finanzgericht beschränkte, und eine persönliche Erklärung des Klägers veranlasst, die bisherige Führung des Rechtsstreits beim Sozialgericht Nürnberg nachträglich zu genehmigen. Nach Eingang der Kindergeldakte der Beklagten hat der Senat der Klagepartei Hinweise zur Rechtslage in der Hauptsache gegeben und den Bevollmächtigten des Klägers zur Stellungnahme wegen einer Befugnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nach dem Rechtsberatungsgesetz und zu einer Erlaubnis für die Verhandlung vor Gericht aufgefordert. Dieser tat hierauf kund, dass er den Kläger nicht mehr vertreten könne und wolle.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.09.2003 und den Bescheid der Beklagten vom 20.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2003, hilfsweise den Bescheid vom 10.04.2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Kindergeld für zwei Kinder im Zeitraum von Januar 1992 bis einschließlich Juli 1994 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge vor, weiterhin die zu Beweiszwecken beigezogene Kindergeldakte der Beklagten mit den Unterlagen aus dem finanzgerichtlichen Verfahren. Zur Ergänzung des Tatbestands, insbesondere hinsichtlich des Vorbringens des Klägers, wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte (§§ 143 f., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) und auch im Übrigen zulässige Berufung ist im Wesentlichen unbegründet; lediglich der auf der Grundlage steuerrechtlicher Vorschriften ergangene Bescheid vom 10.04.2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 war aufzuheben.
Der Senat ist, wenn auch im Wesentlichen mit anderer Begründung als die Beklagte und das Sozialgericht, zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger die ihm ehemals zustehenden Kindergeldansprüche nicht mehr realisieren kann. Soweit das Sozialgericht mit abweichender Begründung zu diesem Ergebnis gelangt ist, so kommt es hierauf nicht an, weil nur der Urteilspruch (Tenor: Die Klage wird abgewiesen) und nicht die Begründung in Rechtskraft erwachsen kann. Entsprechendes gilt für den Regelungssatz des Bescheids vom 20.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2003, der - im Gegensatz zu einer unrichtigen wie auch richtigen Begründung eines Verwaltungsakts - bestandskräftig werden kann, wobei auch hier für den vorliegenden Fall anzumerken bleibt, dass die Begründung des Bescheids dem Senat ungenügend erschien.
1. Auf Grund der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers hatte dieser gemäß §§ 1 bis 3 Bundeskindergeldgesetz in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung (BKGG a.F.) i.V.m. Art.2 bis 4 und Art.28 des deutsch-jugoslawischen Abkommens über Soziale Sicherheit einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Kindergeld in der Zeit von Januar 1992 bis Juli 1994, und zwar anfangs bei Wohnsitz seiner Kinder in Bosnien-Herzegowina nur in der niedrigeren Höhe der nach dem Abkommen vereinbarten Sätze (Art.28 Abs.1 des Abkommens) und nach Zuzug der Kinder in die BRD in Höhe der Sätze des § 10 Abs.1 BKGG a.F.
Dies beruht auf folgender Rechtslage, die im Zuge der Entwicklung der Rechtsprechung allgemeinhin erst im Jahre 2000 erkannt wurde: Gemäß § 1 Abs.1 Nr.1 BKGG a.F. hat derjenige Anspruch auf das "sozialrechtliche" Kindergeld, der im Geltungsbereich dieses Gesetzes (also der BRD) einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, und zwar nur für Kinder, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ebenfalls im Geltungsbereich des Gesetzes haben (§ 2 Abs.5 Satz 1 BKGG a.F.). In Umsetzung der Auslegung der Begriffe "Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt" durch das Bundessozialgericht im Sinne einer berechtigten, auf Dauer angelegten Bleibe im Gegensatz zu einem ungesicherten, vorübergehenden Verweilen bestimmte der Gesetzgeber in § 1 Abs.3 BKGG in der vom 01.01.1991 bis 31.12.1993 geltenden Fassung, dass Ausländer, die sich ohne Aufenthaltsgenehmigung im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, einen Kindergeldanspruch nach diesem Gesetz nur haben, wenn sie nach den §§ 51, 53 und 54 des Ausländergesetzes auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden können, frühestens jedoch für die Zeit nach einem gestatteten oder geduldeten Aufenthalt von einem Jahr. § 1 Abs.3 BKGG in der vom 01.01.1994 bis 31.12.1995 geltenden Fassung formulierte die Kindergeldberechtigung dahingehend, dass der Ausländer im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder -erlaubnis sein müsse, womit auf die in §§ 15, 17, 27 des ab 01.01.1991 geltenden Ausländergesetzes umschriebenen Arten der Aufenthaltsgenehmigung im Gegensatz zur Aufenthaltsbewilligung (§§ 28, 29 Ausländergesetz) und Aufenthaltsbefugnis (Befugnis nach § 30 Ausländergesetz, unter anderem möglich nach zwei Jahren der Duldung oder unter den besonderen Voraussetzungen für eine Duldung nach § 55 Abs.2 Ausländergesetz) Bezug genommen wurde. (§ 1 Abs.3 BKGG in der in den Jahren 1994/95 geltenden Fassung wurde im Übrigen vom Bundesverfassungsgericht in den Beschlüssen vom 06.07.2004 - 1 BvL 4/97, 5/97 und 6/97 für unvereinbar mit Art.3 Abs.1 des Grundgesetzes erklärt mit der Maßgabe, dass die vorausgehende Fassung anwendbar sei, wenn der Gesetzgeber für noch nicht rechts- oder bestandskräftig abgeschlossene Verfahren bis zum 01.01.2006 keine neue Regelung treffe.)
Gemäß Art.28 Abs.1 Satz 1 des Abkommens zwischen der BRD und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien vom 12.10.1968 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.09.1974, das ipso iure, das heißt ohne Transformationsgesetz gemäß Art.59 Abs.2 Satz 1 des Grundgesetzes, im Verhältnis zu Bosnien-Herzegowina weiter gelten soll, haben die in einem Vertragsstaat (hier Deutschland) beschäftigten Personen (bzw. Bezieher von Arbeitslosengeld und Krankengeld im Anschluss an diese Beschäftigung) Anspruch auf Kindergeld für ihre im Gebiet des anderen Vertragsstaates (hier: Bosnien-Herzegowina) sich gewöhnlich aufhaltenden Kinder in Höhe besonders vereinbarter Sätze (10,00 DM, 20,00 DM und 65,00 DM für das erste, zweite und dritte Kind). Nach der Rechtsprechung, zuletzt bestätigt durch die Urteile des BSG vom 19.11.1997 - 14/10 RKg 19/96 und vom 22.01.1998 - B 14 KG 2/97 R, hatten die in der BRD lebenden und beschäftigten Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina, die regelmäßig nur geduldet waren und sich in der BRD nur auf (die durch die Zeit des Kriegs) bestimmte, damit vorübergehende Zeit aufhielten, weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD; sie sollten auch nicht auf Grund des durch das Abkommensrecht modifizierten BKGG berechtigt sein, Kindergeld in der gemäß Art.28 Abs.1 des Abkommens beschränkten Höhe zu beziehen.
Erst mit Urteilen des BSG vom 12.04.2000 - B 14 KG 2/99 und 3/99 R wurde diese Rechtsauffassung zum Abkommensrecht aufgegeben, weil - bei Arbeitnehmereigenschaft des Kindergeld-Antragstellers im Sinne der deutschen Vorschriften - durch vertragliche Gleichstellung von Gebieten und Staatsangehörigen der Vertragsparteien (Art.2 Abs.1 Buchstabe d, Art.3 Abs.1 Buchstabe a und Art.4 Abs.1 Satz 1 des Abkommens) es nur kindergeldschädlich sein könne, wenn Antragsteller und Kinder sich außerhalb des Gebietes beider Vertragsparteien aufhielten. Art.28 Abs.1 des Abkommens begründe nicht erst einen Kindergeldanspruch, sondern regele je nach dem "Wohnen" (im Sinne des Vertragsrechts) des Kindes in der BRD oder in Bosnien-Herzegowina und damit unter Berücksichtigung von Kaufkraftgefälle und der unterschiedlichen Unterhalts- und Erziehungskosten die Höhe des Kindergelds. Damit bestünde bei dem "Wohnen" von Arbeitnehmer und Kind in der BRD sogar ein Kindergeldanspruch in Höhe der deutschen Sätze und nicht in minderer Höhe nach dem Abkommensrecht.
Im Anschluss an die Urteile des BSG vom 12.04.2000, die die Leistungsjahre bis 1995 betrafen, wurde von der Verwaltung die neue Auslegung des Abkommensrechts sowohl auf dem Gebiet des "sozialrechtlichen" Kindergelds bis 31.12.1995 (BKGG a.F.) als auch auf dem Gebiet des ab 01.01.1996 nach Anspruchsgrund völlig neu gestalteten Kindergelds auf der Grundlage des EStG umgesetzt, soweit dies noch möglich erschien.
2. Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des BSG an, muss aber betonen - dies scheinen alle Bosnier bei nachträglicher Geltendmachung eines Kindergeldanspruchs entweder zu ignorieren oder, teils mit erheblicher Vehemenz, abzustreiten -, dass nicht nur das Bestehen eines materiell-rechtlichen Kindergeldanspruchs von Bedeutung ist, sondern alle verfahrensrechtlichen Vorschriften zur anfänglichen Verwirklichung und zur nachträglichen Durchsetzung dieses Anspruchs (zwingend vorgeschriebene Schriftform des Antrags - § 17 BKGG a.F. und Zeitpunkt des Antrags; Ausschlussfristen nach § 9 Abs.2 BKGG a.F. bzw. § 5 Abs.2 BKGG n.F.; Verjährung nach § 45 Abs.1 SGB I bei wirksam erhobener Einrede des Leistungsträgers; Ausschlussfrist des § 44 Abs.4 SGB X bei Überprüfungsanträgen; Rücknahme rechtswidriger Entscheidungen und rückwirkende Erbringung von Leistungen innerhalb dieser Ausschlussfrist nur nach Ermessen des Leistungsträgers - § 44 Abs.1 SGB X i.V.m. § 20 Abs.5 BKGG a.F. oder § 44 Abs.2 SGB X).
2.1. Vorliegend war ein Kindergeldanspruch des Klägers gemäß § 9 Abs.2 BKGG a.F. ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind Leistungen für mehr als sechs Kalendermonate vor dem Kalendermonat des Antrags nicht zu erbringen. Es handelt sich um eine von Amts wegen zu beachtende absolute Ausschlussfrist (BSG vom 22.11.1979 - 8b RJ 3/79 in BSGE 49,154), so dass bei Versäumung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 27 SGB X nicht möglich ist, abgesehen davon, dass vorliegend auch die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nicht vorlägen; das fehlende Wissen über die Rechtslage bzw. die Unkenntnis vom Bestehen der Ansprüche stellt kein objektives Hindernis für die Einhaltung der Antragsfrist dar.
Der Kläger selbst hat einen Antrag auf Kindergeld erst im Jahre 2002 gestellt. Die monatlichen Zahlungsansprüche aus dem Kindergeld-Stammrecht des Klägers waren bereits nach Ablauf von jeweils sechs Kalendermonaten untergegangen; der letzte Zahlungsanspruch für Juli 1994 hätte spätestens im Januar 1995 geltend gemacht werden können.
Auf die Ausschlussfrist des § 9 Abs.2 BKGG a.F. hatte die Beklagte sich zwar nicht berufen; sie musste dies aber auch nicht tun. Die Frist gilt zwingend kraft Gesetzes und ist stets, nicht nur auf Einrede wie bei der Verjährung, von Amts wegen zu beachten. Die Rechtsfolge des § 9 Abs.2 BKGG a.F. trat unabhängig von dem von der Ehefrau des Klägers am 16.08.1993 gestellten Kindergeldantrag (der im Übrigen mit Ablehnungsbescheid vom 31.08.1993 verbraucht war) und von dem angeblichen, nicht nachgewiesenen Antrag der Ehefrau im Jahre 1995 ein. Beim Kindergeld nach dem BKGG handelt es sich nicht um einen "Familienanspruch" oder eine Vergünstigung für die Familie, die den Eheleuten gemeinsam zustünde oder zumindest von jedem der beiden gleichermaßen für den anderen oder die Gemeinschaft beantragt bzw. beansprucht werden könnte. Von der allgemeinen Zweckrichtung des Kindergelds, eine Hilfe für den Unterhalt der Kinder oder/und für die Betreuung und Erziehung zu geben, zu unterscheiden ist die Inhaberschaft des Anspruchs. Der Kindergeldanspruch nach dem BKGG a.F. wird nach dessen gesetzlichen Bestimmungen einer einzelnen Person wie zum Beispiel Vater, Mutter, Stiefelternteil, einem der Großeltern usw. zugeordnet, und die Anspruchsvoraussetzungen, die jede dieser Personen für sich erfüllen müssen, sind zum Teil verschieden. Kommen mehrere Personen für die gleiche Zeit als Kindergeldberechtigte in Frage, ordnet § 3 BKGG a.F. den Anspruch nur einer einzigen Person zu. Jeder potenziell Kindergeldberechtigte muss aber den ihm möglicherweise zustehenden Kindergeldanspruch - unter anderem durch Antrag - selbst verfolgen; auch Gründe, die der Durchsetzung des Anspruchs entgegenstehen können, wie zum Beispiel Geschäftsunfähigkeit, Ausschluss- und Verjährungsfristen, sind im Bezug auf den Kindergeldanspruch jeder einzelnen Person gesondert zu beurteilen.
2.2. Auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann sich der Kläger nicht berufen.
Bedenklich erscheint es dem Senat, einen solchen möglichen Anspruch mit dem Hinweis auf die analoge Anwendung des § 44 Abs.4 SGB X pauschal abzutun. Die Absätze 1 und 4 des § 44 SGB X setzen vom Anwendungsgebiet her voraus, dass der Leistungsträger bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen ist, das sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht wurden. Dieser Verwaltungsakt kann auch bei Unanfechtbarkeit mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs.1 SGB X mit der Sondervorschrift des § 20 Abs.5 BKGG a.F. hinsichtlich einer Ermessensentscheidung). Die Rücknahme sowie das nachträgliche Erbringen der Leistungen sind - im Falle eines diesbezüglichen Antrags des Betroffenen - durch § 44 Abs.4 SGB X beschränkt auf höchstens vier Kalenderjahre vor dem Jahr der Antragstellung.
Im vorliegenden Rechtsstreit ist dem Kläger vor dem Jahre 2002 kein (rechtswidrig) das Kindergeld ablehnender Bescheid erteilt worden. Lediglich dessen Ehefrau war Adressat eines ablehnenden Bescheids (der im Übrigen zu Recht ergangen ist, weil jene mangels Arbeitnehmereigenschaft keinen eigenen Kindergeldanspruch erwerben konnte). Der der Ehefrau erteilte Bescheid wirkt nicht gegen den Kläger und dessen Kindergeldanspruch.
Die analoge Anwendung des § 44 Abs.4 SGB X auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch bedürfte einer besonderen Begründung, zumal insgesamt gesehen mehr ablehnende Entscheidungen des BSG als befürwortende Urteile ergangen sind, wenn auch nicht bei völlig gleichgelagerten zu Grunde liegenden Sachverhalten. Jedenfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass § 44 Abs.4 SGB X einen alle sozialrechtliche Leistungen erfassenden allgemeinen Rechtsgrundsatz enthält, dass Nachleistungen auf vier Jahre vor dem Jahr der Antragstellung zu begrenzen sind. Vorliegend will der jetzt erkennende Senat nicht diesem Problem nachgehen, sondern hielt es für angemessener, sich zunächst mit der einem Leistungsausschluss vorausgehenden Frage zu befassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs überhaupt vorliegen.
Ein Herstellungsanspruch setzt voraus, dass die Beklagte eine ihr auf Grund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, verletzt hat (vgl. u.a. BSG vom 25.01.1994 - 7 RAr 50/93 in SozR 3-4100 § 249e Nr.4 mit zahlreichen Nachweisen), dem Betroffenen ein Nachteil entstanden ist und zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil ein ursächlicher Zusammenhang besteht; außerdem muss der Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung (zum Beispiel rückwirkende Gewährung von Sozialleistungen bei Unterstellung der Rechtzeitigkeit eines später gestellten Kindergeldantrags) beseitigt werden können.
In Hinblick hierauf kann sich ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch vorliegend nicht auf die Leistungszeit ab Januar 1992, sondern allenfalls auf die ab 01.02.1993 beziehen. Ein eventueller Beratungs- und Aufklärungsbedarf könnte im konkreten Streitfall der Beklagten erstmals im August 1993 mit Kindergeldantrag der Ehefrau des Klägers bekannt geworden sein; erst zu diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte Kenntnis, dass eine Familie, sei es mit einem oder zwei Elternteilen, jedenfalls mit Kindern ohne bisherigen Kindergeldbezug existierte, so dass bei rechtzeitiger Beratung des Klägers und dessen unterstellter Antragstellung im August 1993 Leistungen noch ab dem 01.02.1993 möglich gewesen wären (§ 9 Abs.2 BKGG a.F.). Vor August 1993 bestand keine einschlägige Beratungs- und Aufklärungspflicht. Die Verpflichtung der Beklagten gemäß § 13 SGB I, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Bevölkerung über die Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch aufzuklären, ist allgemeiner Art und vermag kein subjektives Recht des Einzelnen auf Informationen oder, bei Verletzung dieser allgemeinen Pflicht, auf Wiederherstellung eines Zustands wie bei rechtzeitiger und vollständiger Information zu begründen (BSG vom 28.09.1976 - 3 RK 71/75 in USK 76176 und vom 21.06.1990 - 12 RK 27/88 in SozR 3-1200 § 13 Nr.1).
Fehlerhafte oder unterlassene Hinweise an die Ehefrau des Klägers bei deren eventueller Vorsprache bei der Familienkasse kann der Kläger nicht geltend machen. Abgesehen davon, dass die rechtlichen Ausführungen im erteilten Bescheid vom 31.08.1993 richtig gewesen sind, ist das Rechtsverhältnis zwischen Beklagten und Ehefrau - bei erfolgter Verbescheidung - abschließend durch die Möglichkeit von Widerspruch und Klage sowie §§ 44 bis 49 SGB X geregelt, und insoweit besteht kein Raum für das subsidiäre Rechtsinstitut des Herstellungsanspruchs (BSG vom 23.07.1986 - 1 RA 31/85 in SozR 1300 § 44 Nr.23). Im Übrigen ist vorliegend dem Senat keine Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Ehefrau des Klägers ersichtlich, diese selbst über mögliche Kindergeldberechtigungen dritter Personen zu befragen (sind Dritte überhaupt vorhanden und erfüllen diese in ihrer Person die für sie geltenden Anspruchsvoraussetzungen?) und aufzuklären.
Bei einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch des Klägers müsste - vorliegend geht es ja nicht um einen irgendwie gearteten gemeinsamen "Familienanspruch" - vielmehr eine Beratungspflicht im Verhältnis der Beklagten zum Kläger selbst bestanden haben, wobei die Beklagte sich dann mit geeigneten Informationen an den Kläger selbst wenden hätte müssen, allenfalls, wenn die Ehefrau subjektiv und objektiv zuverlässig erschien (unter anderem hinreichende Sprachkenntnisse und auch Verständnis für rechtliche Ausführungen) über die Ehefrau als Botin der Beklagten.
Eine Beratungspflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger ist jedoch zu verneinen. Zunächst bestand kein besonderes Sozialrechtsverhältnis wie zum Beispiel bei Beziehungen zwischen einem Versicherungsträger und einem Versicherten hinsichtlich von Beiträgen und Leistungen aus dieser Versicherung. Fehl geht die Argumentation des Klägers, aus seiner ehemaligen Arbeitslosenversicherung (angesprochen werden hätte hier weiterhin die Kranken- und Rentenversicherung werden können) auf ein besonderes Rechtsverhältnis zwischen Kläger und Beklagten hinsichtlich des Kindergelds zu schließen. Das Kindergeld ist keine Gegenleistung für die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, vielmehr folgt aus dem Sozialversicherungsverhältnis die Verpflichtung zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, der die Verpflichtung des Leistungsträgers (Arbeitsverwaltung, nicht Familienkasse) zur Gewährung von Versicherungsleistungen wie Arbeitslosengeld usw. entspricht. Das von der Familienkasse zu gewährende Kindergeld - betraut werden mit dieser Aufgabe hätte im Übrigen nicht nur das Arbeitsamt, sondern auch sonstige Behörden - wird nicht aus Sozialversicherungsbeiträgen finanziert, sondern als sozial-fürsorgerische Leistung aus allgemeinen Steuermitteln, wobei hier - nebenbei gesagt - vorausgesetzt wird, dass ein Bürger mündig und eigenverantwortlich ist und sich selbst um diese Leistung zu bemühen hat. Wenn der Gesetzgeber zur Beschränkung von Kindergeldleistungen für Ausländer auf ein gesichertes Aufenthaltrecht dieser Personen oder die Arbeitnehmereigenschaft als geeignete Anknüpfungspunkte zurückgreift, so wird hierdurch weder das Kindergeld zur Versicherungsleistung noch als sonstige Leistung in das Sozialversicherungsverhältnis einbezogen noch ein anderes besonderes Fürsorgeverhältnis begründet, dass im Verhältnis Staat (Familienkasse) zu den deutschen Staatsangehörigen nicht bestehen würde.
Der Kläger könnte sich auch nicht darauf berufen, dass er im Inland Lohnsteuer bezahlt hat. Aus seinen im Klageverfahren eingereichten Unterlagen geht hervor, dass er mit seinem Arbeitsentgelt weitgehend einkommensteuerfrei war (Steuerfreistellung des Existenzminimums) und Lohnabzüge nicht erfolgten. Soweit aber anfangs ein monatlicher Steuerabzug stattfand und der Kläger keine Steuerrückerstattung erhalten haben sollte, erfolgte die Besteuerung zu dem Zweck, dem Staat Mittel für eine Vielzahl allgemeiner Aufgaben (zum Beispiel Bau und Unterhalt von Straßen, Krankenhäusern, Schulen usw.) zur Verfügung zu stellen, wobei die zugeflossenen Steuerbeträge keiner Zweckbindung unterlagen und kein besonderes Rechtsverhältnis im Sinne des "do ut des" zwischen Bürger und Staat bestand. Die Sozialleistung Kindergeld nach dem BKGG war für deutsche Staatsbürger und ausländische Staatsangehörige unabhängig von einer "Vorleistung", der Zahlung von Steuern, und falls ein Anspruch auf staatliche Hilfen aus Steuermitteln bestand, beruhte dieser nicht auf einer besonderen steuerrechtlich bezogenen Rechtsbeziehung zwischen Staat und dem konkreten Bürger, sondern auf einem allgemeinen Fürsorgegedanken.
Ein besonderes Rechtsverhältnis ist vorliegend nicht ersichtlich, zumal der Kläger auch nicht bereits Kindergeld bezogen hat, so dass aus einem schon bestehenden Leistungsverhältnis Nebenpflichten der Beklagten gefolgert werden könnten. Ebenso wenig bestanden spezielle Gesetzesvorschriften wie zum Beispiel § 115 Abs.6 Sozialgesetzbuch Teil VI (SGB VI), die bei bestimmten, im Gesetz umschriebenen Fallgestaltungen eine Hinweispflicht staatlicher Stellen normieren. Weiterhin ist der Fall auszuschließen, dass die Beklagte dem Kläger in Angelegenheiten des Kindergelds einen unrichtigen Rat erteilt und ihn wegen dieses unrichtigen Rats von der Stellung eines Kindergeldantrags abgehalten hätte. Die Gründe für eine Ablehnung von Leistungen im Bescheid vom 31.08.1993 bezogen sich ausschließlich auf die (tatsächlich) fehlenden Voraussetzungen eines Anspruchs in der Person der Ehefrau, und nur diese war Adressat des Verwaltungsakts. Der Umstand allein, dass die Beklagte dem Kläger bei Stellung eines eigenen Antrags im Jahre 1993 vermutlich einen sachlich unzutreffenden Ablehnungsbescheid gleichen Inhalts erteilt hätte, ist hypothetischer Art und darf daher keine Berücksichtigung finden.
Zurückgegriffen werden kann vorliegend nur auf die "Spontanberatung" im Rahmen der allgemeinen Vorschriften der §§ 114, 115 SGB I, nachdem sich der Kläger nicht selbst an die Beklagte wegen einer Auskunft oder eines Rats gewandt hat und dann eine unzutreffende Information in seiner eigenen Angelegenheit erhalten hat. Die von der Rechtsprechung zur "Spontanberatung" entwickelten Grundsätze setzen voraus, dass der zuständige Sachbearbeiter anhand eines konkreten und offensichtlichen Sachverhalts Veranlassung sehen hätte müssen, einen gezielten Hinweis zur Verwirklichung eines sozialen Rechts (vgl. hierzu § 2 Abs.2 SGB I) zu geben. Dies kann aber vorliegend nicht angenommen werden. Bereits der Sachverhalt bleibt unklar. Nachdem die Kindergeldakte aus dem Jahre 1993 vernichtet ist, lässt sich nicht mehr feststellen, ob die Ehefrau des Klägers einen Kindergeldantrag, der schriftlich zu stellen war (§ 17 Abs.1 BKGG), per Post an die Beklagte gesandt oder in der Annahmestelle der Familienkasse ausgefüllt hat, welches Antragsformular hierbei verwendet worden ist und ob ersichtlich gewesen oder zur Sprache gekommen ist, dass der Ehemann der Klägerin in der BRD versicherungspflichtig beschäftigt war. Auch bei Annahme der für den Kläger günstigsten Umstände bestand aber nach Überzeugung des Senats keine Hinweispflicht. Nach der damaligen einhelligen Rechtsmeinung und Rechtsauslegung, bestätigt durch höchstrichterliche Urteile, hatten jugoslawische Staatsangehörige - gleich ob sie im Inland Arbeitnehmer waren oder nicht - keinen Anspruch auf Kindergeld, wenn sie hier keinen gesicherten und damit berechtigten Aufenthalt hatten. Das deutsch-jugoslawische Abkommen über Soziale Sicherheit erschien insoweit nicht maßgebend, weil Art.28 dieses Abkommens dem Wortlaut nach voraussetzt, dass der Arbeitnehmer in einem der Vertragsstaaten Kinder im anderen Vertragsstaat hat. Eine andere Auslegung des Abkommens, dass hinsichtlich des Aufenthalts von Eltern und Kindern allein an Art.2 bis 4 ansetzt und Art.28 nicht mehr als anspruchsbegründende Norm, sondern als bloße Regelung der Höhe des Kindergelds ansieht, war ferneliegend. Angesichts der damaligen Rechtsauffassung war es auch einem Rechtskundigen nicht offensichtlich, dass der Kläger einen Kindergeldanspruch hatte. In Hinblick auf die tatsächlichen und rechtlichen Umstände lag die Erkenntnis der Notwendigkeit eines Hinweises an den Kläger zur zur Rechtsverwirklichung nicht auf der Hand.
Der Senat sieht deswegen die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht als gegeben an, wobei er hinzufügen möchte, dass der Fall anders zu beurteilen wäre, wenn ein Sachbearbeiter der Beklagten auf konkrete Anfrage des Klägers die unrichtige Auskunft erteilt hätte, diesem stehe trotz Arbeitnehmereigenschaft das Kindergeld nicht zu. Ein solcher Hinweis in den Jahren 1993 bis 2000 hätte zwar der damaligen Rechtsauffassung entsprochen, wäre aber gleichwohl nicht gesetzesentsprechend und damit unrichtig gewesen und hätte einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ausgelöst, zumal es nicht auf ein Verschulden des Bearbeiters angekommen wäre (BSG vom 12.10.1979 - 12 RK 47/77 in BSGE 49, 76). Im Gegensatz zu einem solchen aktiven Handeln ist jedoch das Unterlassen einer gesetzesentsprechenden und damit richtigen Auskunft zu behandeln, wenn ein Handlungsbedarf nicht erkennbar und offenkundig war (BSG, a.a.O.; BSG vom 18.12.197 - 12 RJ 88/75 in BSGE 41, 126 und vom 25.04.1978 - 5 RJ 18/77 in BSGE 46, 124).
Im vorliegenden Fall kam es nicht mehr auf die analoge Anwendung des § 44 Abs.4 SGB X an, ebenso wenig auf die Verjährung. In Hinblick auf die Kostenentscheidung und auch aus sonstigem Anlass auf Grund der Rechtsanwendung der Beklagten und des Sozialgerichts Nürnberg in anderen Fällen weist der Senat aber darauf hin, dass sich die Beklagte vorliegend nicht auf Verjährung berufen könnte. Die Einrede der Verjährung gemäß § 45 SGB I ist durch Verwaltungsakt zu erheben, und die Beklagte hat hierbei grundsätzlich Ermessen auszuüben (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG vom 05.05.1993 - 9/9a RV 12/92 in SozR 3-1200 § 45 Nr.2 m.w.N.) und die Ermessensgesichtspunkte auch schriftlich darzulegen (§ 35 Abs.1 Satz 3 SGB X). Bereits diesen elementaren Grundsatz hat die Beklagte nicht beachtet. Ein Fall der Ermessensreduzierung auf null - auch das hätte die Beklagte darlegen müssen, wenn nicht dieser sehr seltene Fall sich offensichtlich aus den äußeren Umständen ergeben hätte - liegt nicht vor. Wenn das Sozialgericht auf die lange Zeit seit Fälligwerden der Kindergeldansprüche anspielt, so überzeugt dieser Gesichtspunkt nicht. Typischerweise handelte es sich gerade bei der Verjährung um Ansprüche, die vor vielen Jahren, vorliegend im Bezug auf die vierjährige Verjährungsfrist seit mehr als vier Kalenderjahre vor der erstmaligen Beantragung, entstanden sind. Auch der Gedanke, dass Sozialleistungsansprüche zeitnah zu erbringen sind und dieser Zweck nach vielen Jahren nicht mehr zu erreichen ist, stellt keinen Grund für die Erhebung der Verjährungseinrede dar; die Beklagte kann sich allein deswegen nicht von ihren Zahlungsverpflichtungen befreien.
Unzutreffend erscheint auch das Argument des Sozialgerichts, ihm sei kein Umstand ersichtlich, der zu Gunsten des Klägers im Rahmen einer Ermessensausübung einzustellen sei. Ebenso gut könnte pauschal argumentiert werden, es seien im Rahmen des auszuübenden Ermessens keine Gesichtspunkte zu Gunsten der Beklagten erkennbar. Angesichts der vorliegenden Umstände ist aber offensichtlich, dass der Kläger einen Anspruch auf Kindergeld erst mit Aussicht auf Erfolg realisieren konnte, als die Rechtsprechung und damit die Verwaltungspraxis sich im Jahre 2000 änderten. Irgendwelche Anhaltspunkte für eine Verwirkung oder ein schuldhaftes Verhalten des Klägers fehlen. Damit durfte unter keinen Umständen von einer Ermessensreduzierung auf null ausgegangen werden. Die Beklagte hatte, wenn sie sich auf Verjährung berufen wollte, alle tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die sie zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Dies gilt auch im Falle eines "gebundenen" Ermessens; die in internen Verwaltungsvorschriften der Beklagten bestehenden Richtlinien, unter welchen Gesichtspunkten die Einrede der Verjährung zu erheben oder davon abzusehen ist, stellen keine allgemein verbindlichen Normen dar und entheben die Verwaltung nicht von der Verpflichtung zur nachprüfbaren Begründung ihrer Verwaltungsakte; Dienstanweisungen bewirken lediglich, dass zu Lasten des Bürgers nicht von der Selbstbindung der Verwaltung in Ermessensfragen abgewichen werden darf, wohingegen zu seinen Gunsten, etwa bei nicht sachgerechten oder völlig unvollständigen Ermessensgesichtspunkten in Verwaltungsvorschriften, eine abweichende Entscheidung möglich und unter Umständen sogar geboten ist.
3. Wenn der Kläger vorliegend seine Kindergeldansprüche aus anderen Gründen als den von der Beklagten und dem Sozialgericht angenommenen nicht mehr verwirklichen kann, so war dennoch der auf der Grundlage des EStG ergangene Ablehnungsbescheid vom 10.04.2002 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 aufzuheben. Das Sozialgericht hat hierzu in seiner Urteilsbegründung nichts erwähnt. Aus dem pauschalen und untunlichen Urteilspruch (Ziffer 1 des Tenors: Die Klage wird abgewiesen) und aus dem im Urteil erwähnten, wohl auf Veranlassung des Sozialgerichts in der mündlichen Verhandlung formulierten Klageantrag mit dem Hilfsantrag, die ablehnenden Kindergeldbescheide nach Einkommensteuerrecht aufzuheben, ist im Wege der Auslegung zu schließen, dass das Sozialgericht die Klage nicht nur gegen den Bescheid vom 20.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2003 abgewiesen hat, sondern auch gegen den Bescheid vom 10.04.2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002. Die letztgenannten "steuerrechtlichen" Bescheide sind auch in das sozialgerichtliche Urteil einzubeziehen gewesen, nachdem das Finanzgericht den Rechtsstreit insgesamt an das Sozialgericht verwiesen hatte.
Der Bescheid vom 20.11.2002 vermittelt trotz seines Betreffs "Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz" und der zitierten Vorschriften des EStG und der AO den Eindruck, es sei hier bei teils unrichtiger Rechtsanwendung nicht nur über den Ausschluss von Kindergeldansprüchen nach dem EStG, sondern auch nach dem BKGG a.F. entschieden worden. Immerhin hatte der Kläger ausdrücklich nur Kindergeldansprüche von 1992 bis 1994, also nach dem BKGG a.F., geltend gemacht und die Beklagte pauschal die Erfüllung von Ansprüchen vor dem 01.07.1997 ausgeschlossen. Vom objektiven Empfängerhorizont war nicht davon auszugehen, dass damit nur die auf Grund des EStG erst ab 01.01.1996 möglichen Ansprüche gemeint waren. Letzteres blieb im Bescheid unerwähnt, und eine solche Rechtskunde durfte bei Laien nicht erwartet werden, abgesehen davon, dass die Beklagte - wie aus mehreren Streitsachen bekannt - sich vielfach nach der ab 01.01.1996 erfolgten Rechtsänderung weitgehend über die Rechtsanwendung im Unklaren gewesen ist und allein nach dem BKGG abzuhandelnde Altfälle anhand unzutreffender steuerrechtlicher Vorschriften entschieden hat. So dürfte es auch vorliegend gewesen sein. Allerdings hat die Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 erstmals berichtigend klargestellt, dass die Ablehnung von Kindergeldansprüchen im Bescheid vom 10.04.2002 nur Kindergeldansprüche ab dem 01.01.1996 (bis zum 01.07.1997) betraf. Richtigerweise hätte daher bereits von der Einspruchsstelle der Bescheid vom 10.04.2002 nicht bestätigt, sondern in Kenntnis der Zielrichtung des Antrags des Klägers aufgehoben werden müssen. Auch das Finanzgericht hätte nur einen Teil des Rechtsstreits betreffend das Kindergeld vor dem 01.01.1996 an das Sozialgericht verweisen und über den Bescheid vom 10.04.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 selbst urteilen sollen; vermutlich ist dies deswegen nicht geschehen, weil das Finanzgericht in diesen Verwaltungsakten nach dem EStG lediglich Bescheide gesehen hat, die den Antrag auf Kindergeld für die Jahre 1992 bis 1994 abgelehnt haben. An diese Rechtsmeinung war der Senat aber nicht gebunden.
Da aber die Rechtswegeverweisung bindend ist, hatte das Sozialgericht auch über die auf das Steuerrecht gestützten Verwaltungsakte zu entscheiden. Dies gilt nun auch für den Senat, zumal dieser davon ausgehen musste, dass der Kläger mangels eines klaren und eindeutig formulierten Berufungsantrags sein Begehren in zweiter Instanz in dem Umfang weiter verfolgen wollte, wie es in erster Instanz mit richterlicher Hilfe oder zumindest bei richterlicher Prüfung (§ 106 Abs.1 SGG) formuliert worden war.
Nachdem der Hauptantrag keinen Erfolg hatte, war der Hilfsantrag des Klägers zu behandeln und diesem insoweit stattzugeben, als der Bescheid vom 10.04.2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 aufzuheben waren. Diese Bescheide wirken für den Kläger allein wegen der Ablehnung beschwerend und waren offensichtlich rechtswidrig, weil damit über etwas entschieden worden war, was der Kläger nie beantragt hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Obwohl der Kläger im Rechtsstreit nur einen kleinen Teilerfolg errungen hat und mit den verfolgten Zahlungsansprüchen nicht durchdrang, sah es der Senat als veranlasst an, der Beklagten ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen. Der Bescheid vom 20.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2003 hinsichtlich des sozialrechtlichen Kindergelds war in der Begründung in eklatanter Weise ungenügend, und der rechtswidrige Bescheid vom 10.04.2002 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 18.10.2002 lag schon vom Ansatzpunkt her weit neben der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
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