L 9 EG 5/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 EG 19/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 EG 5/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 4. November 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die 1959 geborene Klägerin, deutsche Staatsangehörige, hat 1996 ihren Sohn N. zur Welt gebracht. Sie lebte mit ihrem Sohn, für den ihr die Personensorge zustand, und ihrem Ehemann in den ersten Lebensjahren des Kindes zusammen in einem Haushalt in Bayern, betreute und erzog das Kind und übte seit der Geburt keine Erwerbstätigkeit mehr aus. Vom 31.08. bis 09.12.1996 bezog die Klägerin Mutterschaftsgeld von der Techniker Krankenkasse.

Am 10.12.1996 beantragte die Klägerin Bundeserziehungsgeld für das erste Lebensjahr ihres Sohnes. In der dem Antrag beiliegenden Erklärung zum Einkommen wurden Einkünfte des Ehemannes aus einem Gaststättengewerbe in nicht näher bezeichneter Höhe angegeben. Auf dem Antrag wurde handschriftlich vermerkt, dass aktuelle Angaben zum Einkommen derzeit nicht möglich seien. Auf Anforderung des Beklagten legte die Klägerin mit Schreiben vom 25.01.1997 die aufgrund einer Einkommensschätzung teilweise vorläufig erstellten Einkommenssteuerbescheide ihres Mannes für die Jahre 1993 und 1994 sowie eine Einkommensschätzung des Steuerberaters für das Jahr 1996 vor. Für das Jahr 1993 wurde hierbei ein zu versteuerndes Einkommen von 213.792,00 DM und für 1994 von 773.792,00 DM festgesetzt. Für das Jahr 1996 teilte der Steuerberater mit, dass nach den Angaben des Ehemanns der Klägerin die Einkommensgrenze von DM 100.000,00 nicht überschritten werde. Am 05.02.1997 teilte der Ehemann der Klägerin telefonisch mit, dass er seine Steuererklärung für 1993 zwischenzeitlich beim Finanzamt abgegeben habe und die Bilanz für 1994 in ca. vier bis acht Wochen fertig sei. Angaben für die Jahre 1995 und 1996 seien derzeit nicht möglich. Mit Datum vom 06.03.1997 teilte das Finanzamt W. für das Jahr 1993 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 145.768,00 DM mit.

Mit Bescheid vom 27.02.1997 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Bundeserziehungsgeld für das erste Lebensjahr des Sohnes N. wegen Überschreitung der jeweiligen Einkommens grenzen ab. Da ein Nachweis über die aktuellen Einkünfte nicht geführt werden konnte, sei auf den Steuerbescheid aus dem Jahr 1994 zurückgegriffen worden, aus welchem sich maßgebliches Ein kommen in Höhe von DM 564.947,00 ergeben habe. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 24.03.1997 Widerspruch ein. Am 14.07.1997 wurde eine Mitteilung des Steuerberaters vorgelegt, wonach vom Ehemann der Klägerin im Jahr 1995 Gesamteinkünfte in Höhe von lediglich DM 44.378,00 erzielt worden seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.1997 wies der Beklagte den Widerspruch zurück, da im Zeitpunkt des Bescheides vom 27.02.1997 zutreffend von den damals bekannten Verhältnissen ausgegangen worden sei. Der Widerspruchsbescheid wurde rechtskräftig.

Am 07.08.1997 wurden der Beklagten der Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1995 (Einkünfte 46.980,00 DM) sowie eine Bestäti- gung des Steuerberaters für das Jahr 1996 (Einkommen: 33.433,00 DM) übermittelt. Nachdem sich der Ehemann der Klägerin am 19.09. 1997 telefonisch nach dem Stand des Verfahrens erkundigt hatte, teilte der Beklagte mit Schreiben vom 10.03.1998 mit, dass die erneute Übersendung von Unterlagen als Antrag gemäß § 44 SGB X behandelt werde. Zum Nachweis der Einkünfte für das Jahr 1996 wurde Frist bis 20.04.1998 gesetzt.

Nachdem klägerseits im Weiteren nicht Stellung genommen wurde, lehnte der Beklagte mit rechtskräftigem Bescheid vom 04.05.1998 den Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 27.02.1997 ab. Man gels ausreichendem Nachweis des aktuellen Einkommens sei mit dieser Entscheidung zu Recht für den Leistungszeitraum im Jahr 1996 das voraussichtliche Einkommen und Heranziehung des letzten vorliegenden Einkommenssteuerbescheides aus dem Jahre 1994 prognostiziert worden. Auch wenn sich im nachhinein ein niedrigeres tatsächliches Einkommen ergebe, sei diese im übrigen fehlerfreie Prognoseentscheidung verbindlich. Neue Tatsachen hätten nur bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens nachgereicht werden können, dieses sei aber mit dem rechtskräftigen Widerspruchsbescheid vom 16.07.1997 abgeschlossen worden.

Mit Telefax vom 06.07.1999 legte der Ehemann der Klägerin den nunmehr erteilten Einkommenssteuerbescheid für 1996 vor, welcher ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 57.194,00 DM auswies und beantragte erneut die Gewährung von Bundeserziehungsgeld. Nachdem der Beklagte hierauf nicht reagierte, sprach der Ehemann der Klägerin am 25.01.2000 persönlich beim Beklagten vor. Anlässlich dieser Vorsprache wurde dem Ehemann der Klägerin dargelegt, dass Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr sowie Landeserziehungsgeld bisher nicht beantragt worden sei, und das Anträge eine Rückwirkung nur für sechs Monate bewirkten. Bei sofortiger Antragstellung könne nur noch ein Anspruch auf Landeserziehungsgeld für die Zeit vom 25.07. bis 13.10.1999 realisiert werden. Anträge wurden vom Ehemann der Klägerin am 25.01.2000 gleichwohl nicht abgegeben. Mit Schreiben vom 07.02., eingegangen am 09.02.2000 beantragte die Klägerin erneut die Überprüfung der Ablehnung von Bundeserziehungsgeld für das erste Lebensjahr ihres Sohnes gemäß § 44 SGB X. Gleichzeitig wurde erneut ein Antragsformular auf Bundeserziehungsgeld eingereicht, in dem zur Frage des Erst- oder Zweitantrags keine Eintragungen vorgenommen waren. Als Anlage wurden die Einkommenssteuerbescheide der Jahr 1995 bis 1997 beigelegt, woraus sich insbesondere für 1997 ein Einkommen im Höhe von DM 68.000,00 ergab.

Mit Schreiben vom 26.04.2000 (Az.: 17/62/61/141096/029) teilte der Beklagte mit, dass eine Entscheidung nach § 44 SGB X be reits mit Bescheid vom 04.05.1998 erfolgt sei. Auf diesen Bescheid sowie auf das erläuternde Schreiben vom 21.07.1999 werde nochmals verwiesen. Auch aufgrund des erneuten Antrags vom 07.02.2000 könne eine positive Entscheidung nach § 44 SGB X somit nicht ergehen.

Mit Bescheid ebenfalls vom 26.04.2000 wurde hinsichtlich des am 09.02.2000 eingereichten Antragformulars ein Antrag auf Gewäh- rung von Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr des Sohnes N. abgelehnt. Bundeserziehungsgeld könne rückwirkend höchstens für sechs Monate vor der Antragstellung gewährt werden. Der Leistungszeitraum für das zweite Lebensjahr habe am 13.10.1998 geendet, so dass der Antrag vom 09.02.2000 verspätet sei (Az.: 17/62/61/141096/029/9).

Mit Telefax vom 04.05.2000 legte die Klägerin gegen beide Bescheide vom 26.04.2000 Widerspruch ein. Obwohl zwischenzeitlich von Seiten der Klägerin Rechtsanwälte mandatiert und Akteneinsicht gewährt worden war, wurde der Widerspruch nicht begründet. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2000 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 26.04.2000 als unbegründet zurück. In der Begründung wurde ausschließlich zum verspäteten Antrag für das zweite Lebensjahr Stellung genommen. Die Berufung auf die Verfristung sei weder rechtsmissbräuchlich noch könne Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Das Schreiben vom 26.04.2000, mit welchem eine erneute Überprüfung für das erste Lebensjahr nach § 44 SGB X abgelehnt wurde, wird in dem Widerspruchsbescheid weder im Tenor noch in den Gründen behandelt.

Am 04.09.2000 erhob die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Klage zum Sozialgericht München. Im Klageschriftsatz wurde unter Ziffer 1 der Antrag gestellt, unter Aufhebung des Bescheides vom 26.04.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2000 der Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für ihr Kind N. für die Zeit vom 14.10.1997 bis 13.10.1998 (= 2. Lebensjahr) Bundeserziehungsgeld zu gewähren. Nach Mandatsniederlegung durch ihre Rechtsanwälte begründete der nunmehr bevollmächtigte Ehemann mit Schreiben vom 09.01.2001 die Klage ausschließlich unter Hinweis auf § 44 SGB X und ging im Übrigen davon aus auch einen Antrag auf Landeserziehungsgeld gestellt zu haben.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 04.11. 2003 stellte der Ehemann der Klägerin ausdrücklich die Anträge aus der Klageschrift vom 04.09.2000. Mit Urteil vom 04.11.2003 wies das Sozialgericht die Klage ab. Bezüglich des ersten Lebensjahr des Sohnes sei eine Klage nicht anhängig. Eine solche wäre auch nicht zulässig gewesen, da zwar das Schreiben des Beklagten vom 26.04.2000, mit welchem eine erneute Überprüfung abgelehnt worden war, einen Bescheid darstelle, dieser aber bisher nicht mit Widerspruch angefochten worden sei. Erst mit Verfahrensschriftsatz vom 09.01.2001 sei der mangels Rechtsbe- helfsbelehrung noch nicht verfristete Widerspruch eingelegt worden. Über diesen Widerspruch sei bisher nicht entschieden worden. Bezüglich des zweiten Lebensjahr des Sohnes sei die zulässige Klage unbegründet. Nach § 4 Abs.2 Satz 3 Bundeserziehungsgeldgesetz könne Bundeserziehungsgeld rückwirkend ab Antragstellung höchstens für sechs Monate gewährt werden. Diese gesetzliche Ausschlußfrist sei vorliegend überschritten. Für eine Korrektur der Fristversäumung aufgrund eines vom Beklagten zu vertretenden Beratungsmangels bestünden keine Anhaltspunkte. Zudem sei aufgrund des für 1997 maßgeblichen Einkommens des Ehemannes ein Anspruch auf das für das zweite Lebensjahr einkommensabhängig ausgestaltete Erziehungsgeld nicht gegeben.

Gegen diese Entscheidung legte der Ehemann der Klägerin am 02.01.2004 Berufung ein. Zur Begründung wird vorgetragen, dass die Klägerin durch die Handlungsweise des Beklagten davon abgehalten worden sei, einen Antrag auf Landeserziehungsgeld zu stellen. Hierdurch sei ein massiver Vermögensschaden entstanden. Diesbezüglich müsse Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ge währt werden. Eine Begründung hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche auf Bundeserziehungsgeld wird nicht vorgenommen.

Die Klägerin, deren bevollmächtigter Ehemann zum Termin am 24.08.2006 nicht erschienen war, beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des SG Würzburg vom 04.11.2003 und des Bescheides vom 26.04.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2000 zu verurteilen, der Klägerin für ihr Kind N. , geb. 1996 für die Zeit vom 14.10.1997 bis 13.10.1998 Bundeserziehungsgeld zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 04.11.2003 zurückzuweisen.

Der Beklagte verweist auf die seiner Ansicht nach zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils. Gegenstand des an hängigen Verfahrens sei ausschließlich das Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr des Sohnes.

Der Senat hat neben der Erziehungsgeldakte des Beklagten die Streitakte des ersten Rechtszuges beigezogen, auf welche zur Ergänzung des Sachverhalts verwiesen wird.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht erhoben.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht mit Urteil vom 04.11.2003 aus schließlich über die Ansprüche der Klägerin auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr ihres Kindes (14.10.1997 bis 13.10.1998) entschieden. Ein gerichtliches Verfahren ist lediglich bezüglich dieses Anspruchs anhängig.

Bezüglich des am 09.02.2000 erneut gestellten Antrags auf Überprüfung nach § 44 SGB X für das erste Lebensjahr des Kindes hat das Sozialgericht zutreffend festgestellt, dass das Schreiben vom 26.04.2000 (Az.: 17/62/61/141096/029) mit welchem der Beklagte nochmals die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 27.02. 1999 darlegt und mitteilt, dass auch aufgrund des erneuten Antrags eine positive Entscheidung nach § 44 SGB X nicht ergehen könne, trotz der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung einen Verwaltungsakt darstellt. Dies dürfte aufgrund des Regelungscharakters dieses Schreibens (negative Verbescheidung des erneuten Überprüfungsantrags) unstreitig sein. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts wurde gegen diesen Bescheid bereits mit Telefax vom 04.05.2000 an den Beklagten Widerspruch eingelegt. Die Klägerin nennt im Betreff dieses Schreibens zwei "Bescheide" vom 26.04.2000 (wenn auch mit unzutreffenden Aktenzeichen) und legt im Text dieses Schreibens ausdrücklich gegen die "o.a. Bescheide" Widerspruch ein. Gleichwohl ist dieser erneute Überprüfungsantrag hinsichtlich des ersten Lebensjahrs des Kindes nicht rechtshängig geworden, da die Beklagte über diesen Antrag im Widerspruchsbescheid vom 27.07.2000 keine Entscheidung getroffen hat und auch die am 04.09.2000 erhobene Klage entspre- chend Ziff. 1 des Antrags ausschließlich auf die Gewährung von Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr des am 14.10.1996 geborenen Kindes (14.10.1997 bis 13.10.1998) gerichtet ist. Dieser Antrag der damals mandatierten Klägerbevollmächtigten wurde vom Ehemann der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 04.11.2003 unverändert aufrecht erhalten.

Soweit sich die Klägerin mehrmals auf einen Anspruch auf Lan- deserziehungsgeld bezieht, ist festzustellen, dass ein entsprechender Antrag bisher nicht gestellt wurde. Der Ehemann der Klägerin wurde anlässlich der Vorsprache am 25.01.2000 vom Sachbearbeiter des Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für eine noch mögliche Realisierung eines Restanspruches auf Landeserziehungsgeld im Hinblick auf die sechsmonatige Aus- schlussfrist eine umgehende Antragstellung erforderlich wäre. Gleichwohl stellte die Klägerin mit Schreiben vom 07.02.2000, eingegangen am 09.02.2000, ausdrücklich nur einen Antrag auf nochmalige Überprüfung der Ablehnung bezüglich des Bundeserziehungsgeldes für das erste Lebensjahr. Der daneben gleichfalls am 09.02.2000 zusätzlich eingereichte Antragsvordruck bezieht sich ebenfalls ausschließlich auf Bundeserziehungsgeld. Er enthält auch keine handschriftlichen Zusätze oder sonstige Anhaltspunkte, aus denen die Stellung eines Antrags auch auf Landeserziehungsgeld ersichtlich wäre. Aber selbst eine wirksame Antragstellung auf Landeserziehungsgeld unterstellt, befände sich dieses Verfahren noch im Verwaltungsstadium, da bisher zum Anspruch auf Landeserziehungsgeld keine Verwaltungsentscheidung des Beklagten ergangen ist.

Der damit hier allein streitige Anspruch auf Bundeserziehungsgeld für das zweite Lebensjahr des Sohnes steht der Klägerin nicht zu.

Unstreitig erfüllt sie die Voraussetzungen des § 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) in der ab 01.01.1994 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 31.01.1994 (BGBl I S.181).

Zweifelhaft ist, ob der Anspruch für das zweite Lebensjahr, wie vom Sozialgericht unterstellt, bereits an der Ausschlussfrist des § 4 Abs.2 Satz 3 BErzGG scheitert, wonach Erziehungsgeld rückwirkend höchstens für sechs Monate vor der Antragstellung bewilligt wird. Insoweit käme ggf. die rückwirkende Fiktion einer rechtzeitigen Antragstellung im Wege des Sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in Betracht (vgl. BSG Urteil vom 16.12.2004, Az.: B 9 VJ 2/03 R; Urteil vom 02.02.2006, Az.: B 10 EG 9/05 R). Der Beklagte hat es insoweit versäumt, die Klägerin anlässlich der Verwaltungskontakte im Jahr 1997, insbesondere im Rahmen eines aktenkundigen Telefonats am 19.09.1997, in welchem sich der Ehemann der Klägerin nach den "Bearbeitungsstand" erkundigte, auf das Erfordernis der erneuten Antragstellung für das zweite Lebensjahr hinzuweisen. Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin bei entsprechender Information den Antrag rechtzeitig gestellt hätte.

Es kann jedoch letztlich offen bleiben, ob dieser Umstand genügt, um mittels des Korrektivs des Herstellungsanspruches eine Antragstellung zu einem früheren Zeitpunkt (1997) zu fingieren. Dem Anspruch für das zweite Lebensjahr steht jedenfalls entgegen, dass das Erziehungsgeld gemäß §§ 5, 6 BErzGG wegen des anzurechnenden Einkommens des Ehemannes der Klägerin auf null gemindert wäre. Nach § 5 Abs.2 Satz 2 BErzGG wird vom Beginn des siebten Lebensmonats an das Erziehungsgeld gemindert, wenn das Einkommen nach § 6 bei Verheirateten, die von ihrem Ehegatten nicht dauernd getrennt leben, 29.400,00 DM übersteigt. Maßgeblich sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung, § 2 Abs.4 BErzGG. Übersteigt das Einkommen die Grenze von 29.400,00 DM mindert sich das Erziehungsgeld um den zwölften Teil von 40 v.H. des die Grenze übersteigenden Einkommens, § 5 Abs.3 BErzGG. Einkommen ist nach § 6 Abs.1 BErzGG die nicht um Verluste in den einzelnen Einkommensarten zu vermindernde Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs.1 und 2 des Einkommenssteuergesetzes abzüglich einer Pauschale von 27 %. Zu berücksichtigen ist das Einkommen des Berechtigten und seines Ehepartners soweit sie nicht dauernd getrennt leben, § 6 Abs.3 Satz 1 BErzGG. Das Erziehungsgeld beträgt gemäß § 5 Abs.1 BErzGG 600,00 DM monatlich. Ein Betrag von monatlich weniger als 40,00 DM wird ab dem siebten Lebensmonat des Kindes nicht gewährt, § 5 Abs.4 Satz 3 BErzGG.

Für die Minderung im ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes ist das voraussichtlich Einkommen im Kalenderjahr der Geburt des Kindes maßgebend, für die Minderung im 13. bis 24. Lebensmonat das voraussichtliche Einkommen des folgenden Jahres, § 6 Abs.2 BErzGG. Soweit ein ausreichender Nachweis der voraussichtlichen Einkünfte in dem maßgebenden Kalenderjahr nicht möglich ist, werden der Ermittlung die Einkünfte in dem Kalenderjahr davor zugrundegelegt, dabei können die Einkünfte des vorletzten Jahres berücksichtigt werden, § 6 Abs.4 BErzGG. Ausweislich der von der Klägerin nachgereichten Steuerbescheide ergab sich für das Jahr 1995 ein Gesamtbetrag der Einkünfte von 46.980,00 DM, für 1996 in Höhe von 62.000,00 DM und für 1997 in Höhe von 68.000,00 DM. Da im Zeitpunkt der tatsächlichen Antragstellung die Einkünfte des nach § 6 Abs.2 maßgebenden, auf das Geburtsjahr folgenden Jahres (1997) bekannt sind, ist ein Rückgriff auf § 6 Abs.4 BErzGG nicht möglich. Die Heranziehung des aktuellen Einkommens hat stets vorrang vor dem Abstellen auf zurückliegende Jahre (Grüner/Dalichau, BErzGG, Anm.4 zu § 6, S.22b). Von dem 1997 erzielten - bereingten - Einkommen i.H.v. DM 68.000,00 verbleibt nach Abzug der Pauschale von 27% (DM 18.360,00) ein Betrag von DM 49.640,00. Dieser Betrag übersteigt die maßgebliche Grenze von DM 29.400,00 um DM 20.240.00. Der zwölfte Teil von 40% dieses Betrags beläuft sich auf DM 674,00, so dass sich das Erziehungsgeld auf 0 mindert.

Bezüglich des hier nicht streitgegenständlichen Anspruchs für das erste Lebensjahr wird der Beklagte den noch offenen Wider- spruch gegen den Bescheid nach § 44 SGB X vom 26.04.2000 zu verbescheiden haben.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und be- rücksichtigt das Unterliegen der Klägerin.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche höchstrichterlich bisher ungeklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
Rechtskraft
Aus
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