L 20 R 600/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 991/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 600/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.09.2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) über den 31.10.2002 hinaus und Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) über den 30.04.2001 hinaus zusteht.

Der 1968 geborene Kläger hat nach seinen Angaben den Beruf eines Werkzeugmachers erlernt (Prüfung 1987); darüberhinaus hat er von November 1994 bis November 1995 an einer Qualifizierungsmaßnahme für feinwerktechnische Berufe mit Prüfung als CNC-Fachkraft teilgenommen. Der Kläger war bis Januar 1997 in diesem Berufsbereich versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem besteht Arbeitslosigkeit, unterbrochen durch Rentenbezug.

Am 13.02.1998 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte ließ ihn untersuchen durch den Chirurgen Dr.P. und den Nervenarzt Dr.D. , die am 30.04.1998 folgende Diagnosen stellten: - Tiefreichende depressiv gefärbte neurotische Entwicklung mit schizoiden und narzisstischen Anteilen, mit Zwängen und Phobien sowie mit Somatisierungstendenz, - im vergangenen Jahr vorübergehender sekundärer Alkohol- und Tranquilizerabusus, - statisch-myalgische Beschwerden in HWS- und im LWS-Bereich ohne Anhalt für Wurzelreiz- oder Wurzelkompressionssyndrom, - Exostose distal medial im Bereich des rechten Oberschenkels. Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch für leichte Arbeiten einsetzbar in Vollschicht, für mittelschwere Arbeiten im Umfang bis unterhalbschichtig. Letzteres gelte auch für den ausgeübten Beruf des Werkzeugmachers. Auf Grund der vorliegenden psychischen Symptomatik sei eine Umstellungsfähigkeit auf eine herausgehobene Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes derzeit nicht gegeben.

Mit Bescheid vom 15.05.1998 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen BU auf Grund eines am 30.04.1997 eingetretenen Leistungsfalles als Rente auf Zeit vom 01.02.1998 bis 30.04.1999. Den Widerspruch des Klägers, mit dem er die Gewährung von Rente wegen EU verlangte, wies die Beklagte mit Bescheid vom 15.09.1998 zurück.

Am 14.01.1999 beantragte der Kläger die Weitergewährung seiner Rente und auch die Gewährung von Rente wegen EU. Er legte verschiedene ärztliche Atteste vor. Der Ärztliche Dienst der Beklagten kam zu der Beurteilung, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorübergehend nur noch im Umfang von halb- bis untervollschichtig einsatzfähig sei. Mit Bescheid vom 22.02.1999 bewilligte die Beklagte die Rente wegen BU weiter bis 30.04.2001. Mit weiterem Bescheid vom 13.08.1999 gewährte die Beklagte dem Kläger - anstelle der bisherigen Rente - Rente wegen EU auf Zeit ab 01.08.1999 bis 30.04.2001 (nach Leistungsfall der EU vom 14.01.1999).

Am 22.01.2001 beantragte der Kläger wiederum die Weitergewährung seiner Rente. Er wurde nunmehr erneut durch den Nervenarzt Dr.D. untersucht, der im Gutachten vom 06.04.2001 zu dem Ergebnis kam, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestehe; als Werkzeugmacher sei der Kläger weiterhin nur bis unterhalbschichtig einsetzbar; eine Umstellungsfähigkeit für herausgehobene Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sei weiterhin nicht gegeben. Mit Bescheid vom 19.04.2001 lehnte die Beklagte die Weitergewährung der Rente ab. Der Kläger sei über den Wegfallzeitpunkt hinaus (30.04.2001) weder berufs- noch erwerbsunfähig. Er könne zwar nicht mehr den erlernten Beruf des Werkzeugmachers ausüben, jedoch zumutbare Verweisungstätigkeiten als Kontrolleur, Revisor oder Prüfer in der Metallindustrie. Auf den Widerspruch des Klägers erteilte die Beklagte den Bescheid vom 10.09.2001, mit dem sie Rente wegen BU über den 30.04.2001 hinaus bis 31.10.2002 bewilligte. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Bescheid vom 22.10.2001 zurück (wegen Weitergewährung der EU-Rente).

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 07.11.2001 Klage beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, dass er wegen der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen weiterhin nicht in der Lage sei, ein vollschichtiges oder auch nur mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder in seinem Beruf zu erbringen. Das SG hat die Akten des AVF N. zum Verfahren beigenommen, aus denen sich ergibt, dass mit Bescheid vom 23.10.1998 ein GdB von 50 festgestellt wurde. Desweiteren hat das SG Befundberichte des Nervenarztes Dr.K. , des Allgemeinarztes Dr.R. , des Allgemeinarztes Dr.S. und des Dipl.-Psychologen D. zum Verfahren beigenommen. Auf Veranlassung des SG hat der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.H. vom Klinikum der Stadt N. das Gutachten vom 27.09.2002 erstattet. Er hat folgende Diagnosen genannt: - Persönlichkeitsstörung, nicht näher bezeichnet, - rezidivierende depressive Störungen bei Dysthymie, - Agoraphobie mit Panikstörung - Zwangsstörung, - degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne Wurzelreiz- oder Wurzelkompressionssyndrom, - rezidivierende migräneartige Kopfschmerzen. Das Vorhandensein von Störungen des neurotischen Formenkreises bzw. eine Persönlichkeitsstörung sei hinlänglich dokumentiert; eine Beeinträchtigung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit liege jedenfalls vor, jedoch keine wesentliche Beeinträchtigung der Willensfunktion im Sinne einer schweren endogenen Störung. In den letzten Jahren sei eine gewisse Stabilisierung eingetreten, wenngleich die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien. Beim Kläger bestünden zwar Störungen, die er weder unter eigener zumutbarer Willensanstrengung noch mit ärztlicher Hilfe überwinden könne; sie seien jedoch nicht so schwerwiegend ausgeprägt, dass nicht noch leichte und mittelschwere Arbeiten in wechselnder Stellung, aber auch überwiegend im Sitzen, im Freien und in geschlossenen Räumen verrichtet werden könnten, und zwar in Vollschicht (acht Stunden täglich). Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung, insbesondere solche in Akkord, Fließbandarbeit, Wechsel- und Nachtschicht, Überstunden. Es sollten regelmäßige und gleichförmige Arbeitsbedingungen angestrebt werden. Eine Tätigkeit als Werkzeugmacher könne der Kläger ebenfalls ausüben, wenn die vorstehenden Anforderungen berücksichtigt würden. Im Übrigen könne der Kläger auf dem allgmeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten als Montierer, Sortierer, Etikettierer, Stanzer oder Verpacker verrichten. Die von Dr.D. im Gutachten vom April 1998 festgestellte geminderte Erwerbsfähigkeit bestehe über den 30.04.2001 hinaus nicht mehr. Der Kläger sei auch durchaus zu differenzierten und kognitiv anspruchsvollen Tätigkeiten in der Lage. Gerade auf Grund seines Alters könne nicht davon ausgegangen werden, dass es zu einer schweren vorzeitigen Erschöpfung komme. Mit Bescheid vom 04.12.2002 (§ 96 SGG) lehnte die Beklagte die Weitergewährung von Rente wegen BU über den 31.10.2002 hinaus ab. Der Kläger sei wieder in der Lage, den Beruf eines Werkzeugmachers in Vollschicht auszuüben. Auf Antrag des Klägers erstattete der Nervenarzt Dr.G. das weitere Gutachten vom 11.05.2003. Beim Kläger bestehe ein echtes psychisches Krankheitsbild und echte Versagenszustände mit Krankheitswert. Das Leistungsvermögen des Klägers sei mit weniger als zwei Stunden, nach neuem Recht mit weniger als drei Stunden einzuschätzen. Die Beklagte hat diesem Gutachten widersprochen. Der Kläger sei zumindest auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder in Vollschicht einsetzbar für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten. Im Beruf als Werkzeugmacher werde die Leistungsfähigkeit mit halb- bis untervollschichtig beurteilt; es bestehe beim Kläger jedoch, zumindest seit November 2002, wieder eine volle Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit. Der Kläger sei demnach imstande, die Berufe eines Güteprüfers, Qualitätskontrolleurs, Werkzeugausgebers, Gerätezusammensetzers, Telefonisten, Registrators und Mitarbeiters in der Poststelle unter Beachtung der getroffenen Funktionseinschränkungen zu verrichten.

Vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.09.2003 hat der Sozialmediziner Dr.G. ein weiteres Gutachten erstattet. Nach ausführlicher Darlegung und Diskussion der Lebens- und Berufsgeschichte des Klägers gelangte der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass diesem zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine vollschichtige Tätigkeit (acht Stunden täglich) zuzumuten sei; es könnten auch mittelschwere Arbeiten ohne Anforderung an die Körperhaltung oder an die Raumverhältnisse ausgeübt werden bei Vermeidung von besonderer nervlicher Belastung, Akkord-, Fließbandarbeit, Wechsel- oder Nachtschicht. Der Kläger könne auch weiterhin als Werkzeugmacher mit qualitativen Einschränkungen vollschichtig arbeiten.

Mit Urteil vom 24.09.2003 hat das SG die Klage - gerichtet auf Weitergewährung der Rente wegen Berufs- und auch Erwerbsunfähigkeit - abgewiesen. In Übereinstimmung mit Dr.D. , Dr.H. und auch Dr.G. sehe das Gericht über den 30.04.2001 hinaus eine zeitliche Einschränkung der Belastbarkeit des Klägers nicht mehr gegeben. Ab November 2002 bestehe beim Kläger auch wieder ein vollschichtiges Leistungsvermögen für den erlernten Beruf des Werkzeugmachers (mit körperlichen Anforderungen für leichte und mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Stellung, aber auch überwiegend im Sitzen unter Vermeidung der dargestellten besonderen nervlichen Belastungen). Der Kläger könne die körperlichen Anforderungen an seinen erlernten Beruf erfüllen. Dies gelte umso mehr, als er auch eine Zusatzausbildung zur CNC-Kraft absolviert habe, so dass er im Wesentlichen computergestützte Arbeiten ausführen könne, die wiederum keine besonderen Anforderungen an die körperlichen Kräfte stellten. Im Übrigen seien die körperlichen Einschränkungen von Seiten der Wirbelsäule als allenfalls geringfügig zu beurteilen. Im Übrigen stellten die von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeiten als Telefonist, Registrator, Mitarbeiter einer Poststelle (nach der Rechtsprechung des BayLSG) keine sozial zumutbaren Tätigkeiten dar. Zur Überzeugung des Gerichts stehe jedoch fest, dass beim Kläger ab dem 01.05.2001 wieder ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und ab November 2002 auch im erlernten Beruf des Werkzeugmachers bestehe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 10.11.2003 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers, die nicht näher begründet wurde. Der Senat hat Befundberichte des Allgemeinarztes Dr.S. , des Nervenarztes Dr.M. (Angstsymptomatik ab 2004 eher verschlechtert) und des Dipl.-Psychologen L. zum Verfahren beigenommen. Auf Veranlassung des Senats hat der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.W. das Gutachten vom 21.03.2005 nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet. Er hat als Diagnosen genannt: - Schwere neurotische Störung - narzisstisch-hysterisch - depressives Mischbild, - somatoforme Schmerzstörungen, - Kopfschmerzen - Mischbild, - Wirbelsäulensyndrom ohne Wurzelbeteiligung, - geringgradiges Polyneuropathiesyndrom der Beine, - venöse Durchblutungsstörungen der Beine ohne Ödeme. Der Kläger könne weiterhin mindestens noch leichte, streckenweise auch mittelschwere Arbeiten verrichten, und zwar insgesamt in Vollschicht zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes. Nach Möglichkeit sollte Wechselrhytmus geboten werden und Zwangshaltungen insbesondere der Lendenwirbelsäule vermieden werden. Auf Grund der psychischen Belastbarkeit und Stigmatisierung seien keine überdurchschnittlichen Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen zu stellen. Unter diesen Gegebenheiten könne der Kläger auch als Werkzeugmacher oder als weitergebildete CNC-Kraft arbeiten. Es könnten auch die von Dr.H. beispielhaft genannten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichtet werden, sowie eine Vielzahl anderer Tätigkeiten. Die vorgeschlagenen Therapien seien bis dahin an der fehlenden positiven Einstellung des Klägers gescheitert, seien diesem aber weiterhin zumutbar. Der Kläger hat zur Begutachtung Atteste des Dipl.-Psychologen D. , des Allgemeinarztes Dr.H. , des Nervenarztes Dr.M. und des Allgemeinarztes Dr.W. vorgelegt. Auf Antrag des Klägers hat der Arzt für Psyhiatrie und Psychotherapie T. L. das weitere Gutachten vom 07.01.2006 erstattet, nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 12.12.2005. Nach ausführlicher Darstellung des gesamten Krankheitsbildes seit 1987 ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger eine kombinierte Persönlichkeitsstörung vorliege und dass weiterhin von einem Alkoholmissbrauch ausgegangen werden müsse. Er hat darauf hingewiesen, dass die Angaben des Probanden bezüglich des Ausmaßes der Symptomatik und der selbst (vom Sachverständigen) gewonnene klinische Eindruck erheblich divergierten. Es könne nicht positiv erwiesen werden, dass die Beschwerdesymptomatik in einem Ausmaß vorliege, wie vom Probanden angegeben. Es sei aber andererseits auch nicht möglich, die Angaben des Probanden bezüglich der psychischen Beschwerdesymptomatik (Intensität und Häufigkeit der Angstattacken, Intensität und Häufigkeit depressiver Zustände, Intensität und Häufigkeit von Schlafstörungen, Intensität und Häufigkeit von Zwangssymptomatik) zu widerlegen. Hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der Arbeitsfähigkeit sei nur eine Alternativbeurteilung möglich. Gehe man davon aus, dass die Angaben des Probanden zutreffend oder weitgehend zutreffend seien, so sei keine regelmäßige Tätigkeit im zeitlichen Umfang von über drei Stunden mehr möglich. Gehe man hingegen davon aus, dass die vom Kläger angegebenen Symptome bezüglich Häufigkeit und Intensität nicht zutreffend seien und orientiere man sich ausschließlich am aktuellen Querschnittsbefund, so wäre der Kläger durchaus noch in der Lage, einer Tätigkeit im zeitlichen Umfang von mehr als sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Unter letzterer Hypothese wäre der Kläger auch prinzipiell noch in der Lage, eine Tätigkeit als Werkzeugmacher oder CNC-Kraft zu verrichten (unter Beachtung der angeführten qualitativen Einschränkungen). Im Übrigen sei nicht zu erwarten, dass durch weitere psychotherapeutische und psychopharmakologische Behandlungsverfahren eine wesentliche Änderung der Problematik eintreten werde. Der Kläger hat in Kenntnis dieses Gutachtens seinen weiteren Einsatz im erlernten Beruf als Werkzeugmacher oder CNC-Kraft in Frage gestellt und hat dazu eine Berufsbescheibung vorgelegt. Desweiteren hat der Kläger eine Stellungnahme des Nervenarztes Dr.M. vom 14.02.2006 vorgelegt (die Angaben des Betroffenen im Gutachten seien vollständig und zutreffend); gleiches ergibt sich aus einer Stellungnahme des Dipl.-Psychologen D. vom 17.02.2006 und - gleichlautend - aus einem Attest des Allgemeinarztes Dr.W. vom 20.02.2006. Die Beklagte hält den Kläger weiterhin für vollschichtig einsetzbar auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und in seinem Beruf. Sie hat dazu eine Stellungnahme ihres Ärztlichen Dienstes - Dr.D. - vorgelegt.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.09.2003 sowie die Bescheide der Beklagten vom 19.04.2001 und 10.09.2001, beide in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2001, und den Bescheid vom 04.12.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 30.04.2001 hinaus, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit über den 31.10.2002 hinaus, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakte des SG Nürnberg vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 SGG) und auch im Übrigen zulässig.

Das Rechtsmittel des Klägers erweist sich als nicht begründet. Das SG hat nach Auffassung des Senats zutreffend entschieden, dass der Kläger über den Rentenwegfallzeitpunkt hinaus weder berufs- noch erwerbsunfähig ist im Sinne der §§ 43, 44 SGB VI aF. Es hat sich dabei im Wesentlichen auf die Gutachten von Dr.H. und Dr.G. gestützt und den Kläger für fähig erachtet, auch im Beruf des Werkzeugmachers und als CNC-Kraft, in dem er nahezu ausschließlich gearbeitet hat, weiter bzw. wieder tätig zu sein.

Aus der Beweiserhebung im Berufungsverfahren lässt sich kein davon abweichendes Ergebnis ableiten. Dr.W. hat in seinem Gutachten einen weiteren Einsatz des Klägers im Beruf ausdrücklich bejaht, der Sachverständige L. einen solchen zumindest nicht in Abrede gestellt. Die beim Kläger vorliegenden körperlichen Befunde und Störungen sind in ihrer Gesamtheit eher gering (worauf schon das SG zutreffend hingewiesen hat); auch die geistige Leistungsfähigkeit des Klägers ist ausreichend für seinen Beruf. Auch nach dem Gutachten L. haben sich beim Kläger Anhaltspunkte für Beeinträchtigungen im Bereich von Merkfähigkeit und Gedächtnisleistung nicht ergeben. Die Orientierung war nicht gestört. Auffassung und Konzentration waren nicht gravierend beeinträchtigt. Die Stimmung des Probanden war leicht gedrückt. Ein manifestes Antriebsdefizit war in der Untersuchungssituation aber nicht feststellbar. Wenn der Kläger nach diesem Gutachten keine Arbeiten ausüben soll, die mit hoher Verantwortung verbunden sind, die unter Zeitdruck zu leisten sind und die hohe Anforderungen an die Konzentrationsleistung und das Reaktionsvermögen stellen, so ist das mit dem Berufsbild einer CNC-Kraft zu vereinbaren; dies gilt auch im Hinblick auf die vom Kläger vorgelegte Berufsbeschreibung. Nach dieser Beschreibung werden die meisten Werkzeuge auf hochpräzisen Werkzeugmaschinen hergestellt, es werden nur noch kleine Anpassungsarbeiten von Hand ausgeführt. Der Kläger hat im Jahre 1995 eine Zusatzausbildung als CNC-Kraft abgeschlossen, trotz damal bereits in Anspruch genommener psychiatrischer Behandlung. Aus der Tatsache, dass der Sachverständige L. an der Selbstdarstellung des Klägers erhebliche Zweifel hegt (wie im Gutachten wiederholt aufgezeigt) ist nur zu schließen, dass er eine wesentliche Leistungsminderung von rentenrechtlicher Bedeutung eben nicht objektivieren konnte.

Auch in Auswertung der Gutachten Dr.W. und L. steht somit nach Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger ab Mai 2001 wieder über ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und ab November 2002 auch in seinem Beruf als Werkzeugmacher in der besonderen Ausgestaltung als CNC-Kraft verfügt. Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nach §§ 43, 44 SGB VI (in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung) steht ihm daher über den jeweiligen Wegfallzeitpunkt hinaus nicht zu. Bei dem aufgezeigten Leistungsvermögen besteht auch kein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach der seit 2001 geltenden Neuregelung.

Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen mit der Folge, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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