L 17 U 218/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 U 274/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 218/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 07.04.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung und Entschädigung des Ereignisses vom 02.12.2001 als Arbeitsunfall sowie die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen streitig.

Der Ehemann der Klägerin, W. E. , geboren 1954, verunglückte am 02.12.2001 tödlich auf der B 19, Höhe L ... Er war 1. Vorsitzender des deutsch-französischen Partnerschaftsvereins G ... Aufgrund mündlichen Vorstandsbeschlusses sollte er Waren für den Weihnachtsmarkt in E./Frankreich transportieren (Fahrt zum Sammelpunkt in W.) und schriftliche Unterlagen hierfür (Antrag auf Bezuschussung) beim Bezirk Unterfranken in W. abgeben.

Der tödliche Unfall ereignete sich auf der Rückfahrt von W ...

Der Partnerschaftsverein selbst war kein eingetragener Verein, hatte aber eine Satzung, in der unter § 3 als Satzungszweck u.a. die Förderung gemeinsamer Veranstaltungen von Bürgern und Vereinen aus der Gemeinde G. und deren Umgebung und Partnergemeinden aufgeführt war.

Mit Bescheid vom 13.03.2002 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des tödlichen Unfalles von W. E. ab. Zur Begründung wurde u.a. angeführt, dass Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 1, 2 Sozialgesetzbuch VII (SGB) ausscheide, da Herr E. in keinem Vertragsverhältnis mit dem Partnerschaftsverein G. stand und somit nicht Beschäftigter des Vereins war. Versicherungsschutz habe auch nicht nach § 2 Abs 2 SGB VII bestanden, da die Tätigkeit als Vereinsvorsitzender nicht dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich sei. Durch den mündlichen Vorstandsbeschluss habe ein Auftrag für die am Unfalltag ausgeübte Tätigkeit vorgelegen. Die Abgabe der Waren für den Weihnachtsmarkt in Frankreich habe der Verwirklichung der in der Satzung festgeschriebenen Vereinstätigkeit gedient. Sie sei somit Ausfluss der Vereinsmitgliedsschaft gewesen und nicht über die Mitgliedschaftspflichten hinausgegangen (bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 20.08.2002). Gegen diese Bescheide hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg erhoben und beantragt, die Beklagte zu verpflichten, den Unfall ihres Ehemannes als Arbeitsunfall anzuerkennen und Hinterbliebenenleistungen zu gewähren. Sie hat vorgetragen, dass die Tätigkeiten ihres Ehemannes am Unfalltag über die üblichen Mitgliedschaftspflichten hinausgegangen seien. Sie seien nicht Ausfluss der Vereinsmitgliedschaft gewesen. Dies gelte insbesondere für das Verladen, Verbringen von Waren nach W. für den Weihnachtsmarkt in Frankreich in dem Privat-Pkw des Herrn E. , das dortige Ausladen sowie die Stellung der Anträge für Fördermittel. Ihrem Ehemann sei dies deshalb übertragen worden, weil er es wegen seiner besonderen Kenntnisse verrichten konnte. Die Stellung eines Förderantrages und seine Abgabe seien als eine dem Verein dienende Tätigkeit anzusehen, da durch bewilligte Fördermittel die Ziele des Vereins um so besser verfolgt werden konnten.

Mit Urteil vom 07.04.2004 hat das SG die Klage abgewiesen und dabei auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 13.08.2002 - B 2 U 29/01 R - verwiesen. Die Tätigkeit des Herrn E. am Unfalltag sei nicht über das hinausgegangen was der Verein von seinen Mitgliedern, insbesondere vom 1. Vorsitzenden erwarten konnte. Die Antragstellung für Zuschüsse sei ureigenste Aufgabe des Vorstandes. Die Abgabe der Anträge beim Bezirk Unterfranken sei keine über das normale Maß hinausgehende Tätigkeit des 1. Vorsitzenden. Dasselbe gelte für den Warentransport.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und ausgeführt, dass nach Auffassung des SG Vereinsvorsitzende praktisch nie unter den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen könnten. Zudem stelle sich die Frage, ob der Vorsitzende eines Partnerschaftsvereins nicht sogar für die Gemeinde tätig werde, sozusagen als verlängerter Arm der Gemeinde G. , und damit wie ein Arbeitnehmer der Gemeinde iS des § 2 Abs 2 SGB VII unter Versicherungsschutz stehe. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Vereinsgründung auf Wunsch und nach Beschluss des Gemeinderates von G. erfolgt sei. Deutliche Hinweise für eine extrem enge Anbindung des Vereins an die Gemeinde seien vorhanden. Zudem werde die Vorschrift des § 2 SGB VII dem vielseitigen ehrenamtlichen Engagement von Bürgern in keiner Weise gerecht. Deshalb sei seit Jahren an einer Änderung des SGB VII gearbeitet worden, insbesondere hinsichtlich eines Gesetzes zur Verbesserung des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes bürgerschaftlich Engagierter und weiterer Personen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG Würzburg vom 07.04.2004 sowie des Bescheides vom 13.03.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2002 zu verurteilen, das Ereignis vom 02.12.2001 als Arbeitsunfall anzuerkennen und Hinterbliebenenleistungen zu gewähren.

Die Beklagte bantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialge richts Würzburg vom 07.07.2004 zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung vom 01.06.2006 haben sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt, dass der Berichterstatter in der Sache als Einzelrichter entscheidet.

Wegen weiterer Einzelheiten wird ergänzend auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung und Entschädigung des Ereignisses vom 02.12.2001 als Arbeitsunfall, da die Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Die Berufung ist nach § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aus den Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückzuweisen.

Ergänzend ist auszuführen, dass die vom Berichterstatter vorgenommene weitere Rechtsaufklärung keine Anhaltspunkte erbracht hat, mit denen das Begehren der Klägerin zu begründen wäre.

Bei dem Rechtsstreit geht es allein um die Frage, ob die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 bzw 2 SGB VII erfüllt sind. Zu Recht hat das SG zum Ausdruck gebracht, dass bei dem Ehemann der Klägerin ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 SGB VII nicht gegeben war. Er stand in keinem Beschäftigungsverhältnis zu dem Partnerschaftsverein.

Er war aber auch, wie das SG zu Recht ausführte, nicht wie ein Arbeitnehmer für den Partnerschaftsverein nach § 2 Abs 2 SGB VII tätig. Dies kommt in dem Urteil des BSG vom 13.08.2002 - B 2 U 29/01 R - zum Ausdruck. Wenn ein Verein bestimmte Personen dadurch aus dem Kreis seiner Mitglieder heraushebt, indem er ihnen ehrenamtliche Vereinsfunktionen überträgt, so haben diese Person auch qualitativ und quantitativ andere Mitgliedspflichten als einfache Vereinsmitglieder. Hinsichtlich der Vereinsübung ist allein wesentlich, ob der Verein erwarten kann, dass bestimmte Aufgaben von geeigneten Mitgliedern wahrgenommen werden und geeignete Mitglieder regelmäßig der Erwartung des Vereins auch nachkommen. Der Aufgabenbereich der Mitglieder des Vereins ergibt sich ohne weiteres aus § 3 Nr 1 e der Satzung. Danach gehört zu den gemeinsamen Veranstaltungen auch die Teilnahme an der Weihnachtsaktion in der französischen Partnergemeinde. Damit verbunden sind entsprechende Vorarbeiten (Transport und Zuschussunterlagen). Dies sind im Grunde Aufgaben, die auch einfachen Mitgliedern übertragen werden könnten. Daraus ist zu schließen, dass der Vorstand, dem ein weiter Pflichtenkreis obliegt, nicht für Angelegenheiten tätig wurde, die über die übliche Mitgliedspflichten hinausgehen. Vielmehr handelt es sich, wie das SG zutreffend ausdrückte, um Tätigkeiten, die ein Verein von jedem seiner Mitglieder erwarten kann und die von den Mitgliedern auch entsprechend erwartet werden. Zudem wurden diese Tätigkeiten auch im Rahmen des Vereinszwecks verrichtet (BSG vom 24.03.1998 - B 2 U 13/97 R).

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Nr 10 a SGB VII muss das Gericht nicht prüfen. Diese am 01.01.2005 in Kraft getretene Vorschrift entfaltet ihre Wirkung erst ab diesem Zeitpunkt. Unabhängig davon ist über diese Vorschrift noch kein Verwaltungsverfahren ergangen. Sie ist somit nicht Streitgegenstand.

Die Berufung ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Der Berichterstatter konnte im Einverständnis mit den Beteiligten anstelle des gesamten Senats entscheiden (§ 155 Abs 3, 4 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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