Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 U 53/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 324/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 20.07.2005 sowie des Bescheides vom 07.11.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2003 wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH über den 29.08.2003 hinaus bis Januar 2005 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente über den 29.08.2003 hinaus nach einer MdE von 20 vH streitig.
Der 1956 geborene Kläger, der von Beruf Baumaschinenführer ist, erlitt am 30.08.2001 einen Arbeitsunfall. Er stürzte in ein 1,5 m tiefes Erdloch (Bericht der Polizeiinspektion M. vom 31.08.2001) und zog sich dabei eine Lendenwirbelkörper(LWK) I-Fraktur sowie Hautabschürfungen und eine Prellmarke am Schädel parietooccipital zu (Durchgangsarztbericht des Chirurgen Dr.H. vom 30.08.2001 sowie Arztbericht des Krankenhauses M. vom 31.08.2001). Stationär befand sich der Kläger bis 31.08.2001 im Krankenhaus M. , vom 31.08. bis 05.09.2001 im Krankenhaus E ... Arbeitsunfähig krank war er bis 29.04.2002 (Ende der 78. Kalenderwoche). Seit 03.06.2002 ist er wieder berufstätig.
Nach Beiziehung der ärztlichen Unterlagen des Krankenhauses E. sowie der BG-Unfallklinik F. - Neurochirurgie - holte die Beklagte ein Gutachten des Chirurgen Dr.S. vom 18.06.2002 ein. Dieser diagnostizierte eine in deutlicher Fehlstellung knöchern konsolidierte LWK 1-Fraktur mit Minderung der ventralen Wirbelkörperhöhe. Es lägen glaubhafte belastungsabhängige Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) sowie eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule im Brust-/Lendenbereich vor. Die MdE sei bis 03.06.2003 mit 20 vH einzuschätzen. In seiner Stellungnahme vom 02.10.2002 bewertete der Chirurg Dr.S. für die Beklagte die MdE mit unter 20 vH.
Mit Bescheid vom 07.11.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab. Als Folgen des Versicherungsfalles erkannte sie aber nach dem Deckplattenbruch des 1. LWK und der Schädelprellung als Folgen des Versicherungsfalles einen in Fehlstellung verheilten Bruch des 1. LWK mit Höhenminderung der Wirbelkörpervorderkante ohne statisch wirksamen Achsenknick sowie Verschmälerung des Zwischenwirbelraumes BWK 12/L 1 und L 1/L 2, eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule im Brust-/LWS-Bereich sowie Belastungsschmerzen im LWK-Bereich an (bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 22.01.2003).
Der Kläger hat gegen die Bescheide Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und beantragt, ab 03.06.2002 Rente nach einer MdE von 20 vH auf Dauer zu gewähren. Er leide ständig unter Schmerzen und müsse Schmerzmittel nehmen.
Das SG hat ein Gutachten des Chirurgen Dr.C. vom 02.09.2004 eingeholt. Dieser hat auf den Kompressionsbruch des 1. LWK hingewiesen, der unter keilähnlicher Verformung ohne statisch wirksamen Achsenknick stabil verheilt sei. Die MdE sei bis 29.08.2003 (Ende des zweiten Unfalljahres) mit 20 vH einzuschätzen. Die Beklagte hat dem unter Vorlage einer gutachtlichen Stellungnahme des Chirurgen Dr.E. vom 30.09.2004 widersprochen.
In einem weiteren Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 11.02.2005 hat der Orthopäde Prof. Dr.Z. auf die stabile Fraktur des 1. LWK mit nachfolgender Vorderkantenabsenkung und Abnutzungs- sowie Abstützreaktionen zum 12. BWK hingewiesen. Der Unfall habe aber noch schmerzhafte Bewegungseinschränkungen, vor allem in der Rotation im Bewegungssegment Th 12/L1 sowie eine Versteifung des Bewegungssegmentes Th 12/L1 hinterlassen. Die MdE hierfür sei auf Dauer mit 20 vH einzuschätzen. Dr.E. hat dem wiederum mit gutachtlicher Stellungnahme vom 23.05.2005 widersprochen.
Mit Urteil vom 20.07.2005 hat das SG Würzburg die Beklagte verpflichtet, ab 03.06.2002 bis 29.08.2003 Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat sich im Wesentlichen auf die Feststellungen des Dr.C. gestützt.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt.
Der Senat hat ein Gutachten des Orthopäden Prof. Dr.S. vom 09.12.2005 eingeholt. Dieser hat als Folge des Arbeitsunfalles einen stabilen Kompressionsbruch des 1. LWK angesehen, der in Fehlform knöchern fest verheilt sei, ohne zu einer Instabilität oder statisch erheblichen Achsabweichung geführt zu haben. Die erlittene Verletzung rechtfertige eine MdE in Höhe von 20 vH bis zum 29.08.2003. Ab diesem Zeitpunkt sei von einer MdE in Höhe von 15 vH auszugehen.
Der Kläger hat dem widersprochen und auf einen Arztbericht des Prof. Dr.Z. vom 23.03.2006 verwiesen. Danach sei unter Berücksichtigung des Ermessensspielraums des einzelnen Gutachters, der Wertung der Zusatzschäden und sekundären Unfallfolgen eine MdE von 20 vH begründet.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Urteils des SG Würzburg vom 20.07.2005 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 07.11.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2003 zu verurteilen, über den 29.08.2003 hinaus Verletztenrente auf Dauer nach einer MdE von 20 vH zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialge richts Würzburg vom 20.07.2005 zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung vom 01.06.2006 haben sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt, dass der Berichterstatter in der Hauptsache als Einzelrichter entscheidet.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und zum Teil auch begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH über den 29.08.2003 hinaus bis Januar 2005, da die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Im Übrigen ist die Berufung zurückzuweisen.
Ein Anspruch auf Verletztenrente setzt nach § 56 SGB VII voraus, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge des Arbeitsunfalles um wenigstens 20 vH gemindert ist. Dabei ist die Entscheidung der Frage, in welchem Grade die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gemindert ist, eine tatsächliche Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSGE 4, 157, 149; 6, 267, 268; BSG vom 23.04.1987 - 2 RU 42/86 -). Die Bemessung des Grades der unfallbedingten MdE richtet sich nach dem Umfang der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens des Versicherten durch die Unfallfolgen und nach dem Unfang der dem Verletzten dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, betrifft in erster Linie das ärztlich-wissenschaftliche Gebiet. Doch ist die Frage, welche MdE vorliegt, eine Rechtsfrage. Sie ist ohne Bindung an ärztliche Gutachter unter Berücksichtigung der Einzelumstände nach der Lebenserfahrung zu entscheiden. Ärztliche Meinungsäußerungen hinsichtlich der Bewertung der MdE sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Einschätzung des Grades der MdE, vor allem soweit sich diese darauf bezieht, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Versicherten durch die Folgen des Unfalls beeinträchtigt sind (BSG in SozR 2200 § 581 Nrn 23, 27).
In dem Rechtsstreit geht es allein um die Frage, ob der Kläger über den 29.08.2003 hinaus Anspruch auf Verletztenrente hat. Im Urteil des SG Würzburg vom 20.07.2005 wurde ihm eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH bis 29.08.2003 zugesprochen.
In Würdigung der Ausführungen der Sachverständigen steht zur Überzeugung des Berichterstatters fest, dass es durch den Arbeitsunfall neben Prellungen und Hautabschürfungen zu einer stabilen Fraktur des 1. LWK mit nachfolgender Vorderkantenabsenkung und Abnutzungs- und Abstützreaktionen zum 12. BWK gekommen ist. Der Arbeitsunfall hat dabei eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung, vor allem in der Rotation im Bewegungssegment Th 12/L1 sowie einen unter keilähnlicher Formierung verheilten Bruch des 1. LWK und Versteifung des Bewegungssegmentes Th 12/L1 hinterlassen. Diese Gesundheitseinschränkungen werden im Wesentlichen auch von Prof. Dr.S. bestätigt.
Hinsichtlich der Höhe der MdE ist auf die funktionellen Defizite, nicht primär auf die subjektiven Empfindungen des Klägers abzustellen. Danach wird nach Mehrhoff/Muhr, Unfallbegutachtung, 10.Aufl, S 142 ein Wirbelkörperbruch ohne Nervenbeteiligung, je nach Leistungsfähigkeit der Wirbelsäule, mit einer MdE von 10 bis 20 vH bewertet. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7.Aufl, S 523, gehen bei mäßiger keilförmiger Deformierung bei einer vorläufigen Entschädigung von einer MdE von 20 vH, danach unter 10 vH aus. Bei statisch wirksamer Achsenabweichung oder Instabilität sei aber eine MdE von 20 vH zu erwägen.
Danach hat Prof. Dr.Z. zu Recht dargelegt, dass bei dem Kläger - zumindest vorübergehend - von einer MdE von 20 vH auszugehen ist. Hierfür spricht neben den morphologischen Veränderungen, die das Röntgenbild wiedergibt (Minderung der Vorderkantenhöhe um mehr als 50 %, Kyphosierung und Versteifung des Segmente Th 12/L1), vor allem die deutliche Bewegungseinschränkung, insbesondere bei der Rotation im thorako-lumbalen Übergang. Dies führt zu einer erheblich muskulären Dysbalance, welche die belastungsabhängigen Beschwerden des Versicherten erklären. Auch Prof. Dr.S. bestätigt, dass beim Kläger von einer ventralen keilförmigen Deformierung ausgegangen werden kann.
Eine MdE von 20 vH auf Dauer ist aber nicht vertretbar, da sich der Zustand des Versicherten seit dem Unfallereignis gebessert hat. Aufgrund der stabilen Fraktur ist noch bis zur Begutachtung durch Prof. Dr.Z. am 18.01.2005 eine MdE von 20 vH überzeugend. Für die Zeit danach ist unter Berücksichtigung des noch bestehenden knöchern fest verheilten Bruches des 1. LWK eine relevante Instabilität in den aktuellen Funktionsaufnahmen nicht mehr nachweisbar. Die ventrale keilförmige Deformierung führt jetzt nicht mehr zu einer erheblichen Störung des Wirbelsäulenaufbaus. Nach dem Januar 2005 ist eine MdE in Höhe von 20 vH nicht mehr gerechtfertigt. Auszugehen ist - in Übereinstimmung mit Prof. Dr.S.- ab diesem Zeitpunkt von einer MdE in Höhe von max. 15 vH. Bei einer Einschätzung der MdE in dieser Höhe ist auch die Lokalisation des erlittenen Wirbelkörperbruches auf Höhe des thorako-lumbalen Übergangs mit berücksichtigt, da es allgemein bekannt ist, dass Kyphosierungen in diesem Areal schlecht kompensierbar sind. Auch unter Beachtung der Tatsache, dass eine MdE von 15 bzw. 20 vH im Ermessensspielraum des einzelnen Gutachters liegt (s. Arztbericht von Prof. Dr.Z. vom 20.03.2006) ist die Gewährung einer Verletztenrente über den Januar 2005 hinaus nicht mehr vertretbar.
Die Berufung ist daher bis Januar 2005 begründet, darüber hinaus als unbegründet zurückzuweisen.
Der Berichterstatter konnte im Einverständnis mit den Beteiligten anstelle des Senats entscheiden (§ 155 Abs 3, 4 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente über den 29.08.2003 hinaus nach einer MdE von 20 vH streitig.
Der 1956 geborene Kläger, der von Beruf Baumaschinenführer ist, erlitt am 30.08.2001 einen Arbeitsunfall. Er stürzte in ein 1,5 m tiefes Erdloch (Bericht der Polizeiinspektion M. vom 31.08.2001) und zog sich dabei eine Lendenwirbelkörper(LWK) I-Fraktur sowie Hautabschürfungen und eine Prellmarke am Schädel parietooccipital zu (Durchgangsarztbericht des Chirurgen Dr.H. vom 30.08.2001 sowie Arztbericht des Krankenhauses M. vom 31.08.2001). Stationär befand sich der Kläger bis 31.08.2001 im Krankenhaus M. , vom 31.08. bis 05.09.2001 im Krankenhaus E ... Arbeitsunfähig krank war er bis 29.04.2002 (Ende der 78. Kalenderwoche). Seit 03.06.2002 ist er wieder berufstätig.
Nach Beiziehung der ärztlichen Unterlagen des Krankenhauses E. sowie der BG-Unfallklinik F. - Neurochirurgie - holte die Beklagte ein Gutachten des Chirurgen Dr.S. vom 18.06.2002 ein. Dieser diagnostizierte eine in deutlicher Fehlstellung knöchern konsolidierte LWK 1-Fraktur mit Minderung der ventralen Wirbelkörperhöhe. Es lägen glaubhafte belastungsabhängige Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) sowie eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule im Brust-/Lendenbereich vor. Die MdE sei bis 03.06.2003 mit 20 vH einzuschätzen. In seiner Stellungnahme vom 02.10.2002 bewertete der Chirurg Dr.S. für die Beklagte die MdE mit unter 20 vH.
Mit Bescheid vom 07.11.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab. Als Folgen des Versicherungsfalles erkannte sie aber nach dem Deckplattenbruch des 1. LWK und der Schädelprellung als Folgen des Versicherungsfalles einen in Fehlstellung verheilten Bruch des 1. LWK mit Höhenminderung der Wirbelkörpervorderkante ohne statisch wirksamen Achsenknick sowie Verschmälerung des Zwischenwirbelraumes BWK 12/L 1 und L 1/L 2, eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule im Brust-/LWS-Bereich sowie Belastungsschmerzen im LWK-Bereich an (bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 22.01.2003).
Der Kläger hat gegen die Bescheide Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und beantragt, ab 03.06.2002 Rente nach einer MdE von 20 vH auf Dauer zu gewähren. Er leide ständig unter Schmerzen und müsse Schmerzmittel nehmen.
Das SG hat ein Gutachten des Chirurgen Dr.C. vom 02.09.2004 eingeholt. Dieser hat auf den Kompressionsbruch des 1. LWK hingewiesen, der unter keilähnlicher Verformung ohne statisch wirksamen Achsenknick stabil verheilt sei. Die MdE sei bis 29.08.2003 (Ende des zweiten Unfalljahres) mit 20 vH einzuschätzen. Die Beklagte hat dem unter Vorlage einer gutachtlichen Stellungnahme des Chirurgen Dr.E. vom 30.09.2004 widersprochen.
In einem weiteren Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 11.02.2005 hat der Orthopäde Prof. Dr.Z. auf die stabile Fraktur des 1. LWK mit nachfolgender Vorderkantenabsenkung und Abnutzungs- sowie Abstützreaktionen zum 12. BWK hingewiesen. Der Unfall habe aber noch schmerzhafte Bewegungseinschränkungen, vor allem in der Rotation im Bewegungssegment Th 12/L1 sowie eine Versteifung des Bewegungssegmentes Th 12/L1 hinterlassen. Die MdE hierfür sei auf Dauer mit 20 vH einzuschätzen. Dr.E. hat dem wiederum mit gutachtlicher Stellungnahme vom 23.05.2005 widersprochen.
Mit Urteil vom 20.07.2005 hat das SG Würzburg die Beklagte verpflichtet, ab 03.06.2002 bis 29.08.2003 Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat sich im Wesentlichen auf die Feststellungen des Dr.C. gestützt.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt.
Der Senat hat ein Gutachten des Orthopäden Prof. Dr.S. vom 09.12.2005 eingeholt. Dieser hat als Folge des Arbeitsunfalles einen stabilen Kompressionsbruch des 1. LWK angesehen, der in Fehlform knöchern fest verheilt sei, ohne zu einer Instabilität oder statisch erheblichen Achsabweichung geführt zu haben. Die erlittene Verletzung rechtfertige eine MdE in Höhe von 20 vH bis zum 29.08.2003. Ab diesem Zeitpunkt sei von einer MdE in Höhe von 15 vH auszugehen.
Der Kläger hat dem widersprochen und auf einen Arztbericht des Prof. Dr.Z. vom 23.03.2006 verwiesen. Danach sei unter Berücksichtigung des Ermessensspielraums des einzelnen Gutachters, der Wertung der Zusatzschäden und sekundären Unfallfolgen eine MdE von 20 vH begründet.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Urteils des SG Würzburg vom 20.07.2005 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 07.11.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2003 zu verurteilen, über den 29.08.2003 hinaus Verletztenrente auf Dauer nach einer MdE von 20 vH zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialge richts Würzburg vom 20.07.2005 zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung vom 01.06.2006 haben sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt, dass der Berichterstatter in der Hauptsache als Einzelrichter entscheidet.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und zum Teil auch begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH über den 29.08.2003 hinaus bis Januar 2005, da die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Im Übrigen ist die Berufung zurückzuweisen.
Ein Anspruch auf Verletztenrente setzt nach § 56 SGB VII voraus, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge des Arbeitsunfalles um wenigstens 20 vH gemindert ist. Dabei ist die Entscheidung der Frage, in welchem Grade die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gemindert ist, eine tatsächliche Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSGE 4, 157, 149; 6, 267, 268; BSG vom 23.04.1987 - 2 RU 42/86 -). Die Bemessung des Grades der unfallbedingten MdE richtet sich nach dem Umfang der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens des Versicherten durch die Unfallfolgen und nach dem Unfang der dem Verletzten dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, betrifft in erster Linie das ärztlich-wissenschaftliche Gebiet. Doch ist die Frage, welche MdE vorliegt, eine Rechtsfrage. Sie ist ohne Bindung an ärztliche Gutachter unter Berücksichtigung der Einzelumstände nach der Lebenserfahrung zu entscheiden. Ärztliche Meinungsäußerungen hinsichtlich der Bewertung der MdE sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Einschätzung des Grades der MdE, vor allem soweit sich diese darauf bezieht, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Versicherten durch die Folgen des Unfalls beeinträchtigt sind (BSG in SozR 2200 § 581 Nrn 23, 27).
In dem Rechtsstreit geht es allein um die Frage, ob der Kläger über den 29.08.2003 hinaus Anspruch auf Verletztenrente hat. Im Urteil des SG Würzburg vom 20.07.2005 wurde ihm eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH bis 29.08.2003 zugesprochen.
In Würdigung der Ausführungen der Sachverständigen steht zur Überzeugung des Berichterstatters fest, dass es durch den Arbeitsunfall neben Prellungen und Hautabschürfungen zu einer stabilen Fraktur des 1. LWK mit nachfolgender Vorderkantenabsenkung und Abnutzungs- und Abstützreaktionen zum 12. BWK gekommen ist. Der Arbeitsunfall hat dabei eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung, vor allem in der Rotation im Bewegungssegment Th 12/L1 sowie einen unter keilähnlicher Formierung verheilten Bruch des 1. LWK und Versteifung des Bewegungssegmentes Th 12/L1 hinterlassen. Diese Gesundheitseinschränkungen werden im Wesentlichen auch von Prof. Dr.S. bestätigt.
Hinsichtlich der Höhe der MdE ist auf die funktionellen Defizite, nicht primär auf die subjektiven Empfindungen des Klägers abzustellen. Danach wird nach Mehrhoff/Muhr, Unfallbegutachtung, 10.Aufl, S 142 ein Wirbelkörperbruch ohne Nervenbeteiligung, je nach Leistungsfähigkeit der Wirbelsäule, mit einer MdE von 10 bis 20 vH bewertet. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7.Aufl, S 523, gehen bei mäßiger keilförmiger Deformierung bei einer vorläufigen Entschädigung von einer MdE von 20 vH, danach unter 10 vH aus. Bei statisch wirksamer Achsenabweichung oder Instabilität sei aber eine MdE von 20 vH zu erwägen.
Danach hat Prof. Dr.Z. zu Recht dargelegt, dass bei dem Kläger - zumindest vorübergehend - von einer MdE von 20 vH auszugehen ist. Hierfür spricht neben den morphologischen Veränderungen, die das Röntgenbild wiedergibt (Minderung der Vorderkantenhöhe um mehr als 50 %, Kyphosierung und Versteifung des Segmente Th 12/L1), vor allem die deutliche Bewegungseinschränkung, insbesondere bei der Rotation im thorako-lumbalen Übergang. Dies führt zu einer erheblich muskulären Dysbalance, welche die belastungsabhängigen Beschwerden des Versicherten erklären. Auch Prof. Dr.S. bestätigt, dass beim Kläger von einer ventralen keilförmigen Deformierung ausgegangen werden kann.
Eine MdE von 20 vH auf Dauer ist aber nicht vertretbar, da sich der Zustand des Versicherten seit dem Unfallereignis gebessert hat. Aufgrund der stabilen Fraktur ist noch bis zur Begutachtung durch Prof. Dr.Z. am 18.01.2005 eine MdE von 20 vH überzeugend. Für die Zeit danach ist unter Berücksichtigung des noch bestehenden knöchern fest verheilten Bruches des 1. LWK eine relevante Instabilität in den aktuellen Funktionsaufnahmen nicht mehr nachweisbar. Die ventrale keilförmige Deformierung führt jetzt nicht mehr zu einer erheblichen Störung des Wirbelsäulenaufbaus. Nach dem Januar 2005 ist eine MdE in Höhe von 20 vH nicht mehr gerechtfertigt. Auszugehen ist - in Übereinstimmung mit Prof. Dr.S.- ab diesem Zeitpunkt von einer MdE in Höhe von max. 15 vH. Bei einer Einschätzung der MdE in dieser Höhe ist auch die Lokalisation des erlittenen Wirbelkörperbruches auf Höhe des thorako-lumbalen Übergangs mit berücksichtigt, da es allgemein bekannt ist, dass Kyphosierungen in diesem Areal schlecht kompensierbar sind. Auch unter Beachtung der Tatsache, dass eine MdE von 15 bzw. 20 vH im Ermessensspielraum des einzelnen Gutachters liegt (s. Arztbericht von Prof. Dr.Z. vom 20.03.2006) ist die Gewährung einer Verletztenrente über den Januar 2005 hinaus nicht mehr vertretbar.
Die Berufung ist daher bis Januar 2005 begründet, darüber hinaus als unbegründet zurückzuweisen.
Der Berichterstatter konnte im Einverständnis mit den Beteiligten anstelle des Senats entscheiden (§ 155 Abs 3, 4 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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