L 2 U 432/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 361/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 432/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25. Oktober 2004 insoweit abgeändert, als Ziff. III des Urteil aufgehoben wird.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist das Bestehen von Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund eines Arbeitsunfalls.

Der 1963 geborene Kläger ist gelernter Kfz-Mechaniker und in einem Autohaus beschäftigt. Er reparierte für die Firma seiner Schwiegermutter und seines Schwagers, der Zimmerei Dachdeckerei B. GbR (Fa. B.), am Samstag, den 31. Oktober 1998, einen der LKWs. Dabei sprang vom Hammer ein Metallsplitter ab und verletzte den Kläger am rechten Auge (durchbohrende Hornhaut-Iris-Linsenverletzung). Der Fremdkörper wurde am nächsten Tag in der Universitäts-Augenklinik U. entfernt. Durch nachfolgende Komplikationen kam es zur Erblindung des rechten Auges.

Die Augenärzte Dres. V./S./S. gaben in ihrem Bericht an die Beklagte vom 20. September 1999 an, der Kläger habe bei der ersten Behandlung durch sie am 20. November 1998 angegeben, es habe sich um einen privaten Unfall gehandelt. Die Meldung als Arbeitsunfall erfolgte auf Anregung des Allgemeinarztes Dr. K. vom 12. März 1999. Die Unfallanzeige der Fa. B. ging am 23. August 1999 bei der Beklagten ein. Darin heißt es, der Kläger sei regelmäßig als mithelfender Familienangehöriger eingesetzt gewesen.

Mit Schreiben vom 12. Januar 2000 lehnte die Beklagte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Es läge Versicherungslosigkeit vor, da die vom Kläger durchgeführten Reparaturarbeiten an Betriebsfahrzeugen als verwandtschaftliche Gefälligkeitsleistung zu werten seien. Den Widerspruch vom 24. Februar 2000 wertete die Beklagte als Aufforderung, einen Bescheid zu erlassen.

Die Fa. B. gab auf die Anfragen der Beklagten am 16. November 2000 an, zwar seien die Beziehungen zu dem Kläger von einer starken verwandtschaftlichen Gefälligkeit geprägt, jedoch werde die ausgeübte Tätigkeit nicht als Gefälligkeit angesehen. Es handele sich für den Betrieb um eine notwendige Leistung zur Wartung der Betriebsfahrzeuge. Zur Durchführung dieser Arbeiten habe sich der Kläger ausdrücklich mündlich verpflichtet. Ein schriftlicher Vertrag sei nicht abgeschlossen worden. An dem Unfalltag habe er auftragsgemäß einen LKW repariert. Es sei üblich, dass sie sich gegenseitig helfen, aber die Leistung des Klägers übersteige regelmäßig die normale gegenseitige verwandtschaftliche Hilfe. Er habe nach Bedarf geholfen, durchschnittlich alle zwei bis drei Wochen, je nach Wartung und notwendigen Reparaturen des gesamten Fuhrparks. Als Entlohnung habe er finanzielle Unterstützung durch Naturalien (Kleidung für Enkelkinder und Tochter u.ä.) im Wert von ca. 3.000,00 bis 4.000,00 DM jährlich erhalten, die jedoch nicht in einem Jahreslohnnachweis ausgewiesen worden seien. Im Jahr vor dem Unfall habe der Umfang der Tätigkeit des Klägers ca. 120 Stunden betragen.

Mit Bescheid vom 21. März 2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Da ein Beschäftigungsverhältnis mit der Fa. B. nicht bestanden habe, sei der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) gesetzlich unfallversichert gewesen. Er sei auch nicht nach § 2 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wie ein Beschäftigter des Unternehmens versichert gewesen. Da er aufgrund seines Berufs und seiner Tätigkeit in einem Autohaus über spezifische Kenntnisse verfüge, habe er die Betriebsfahrzeuge der Fa. B. nach eigener Einschätzung gewartet und repariert. Es liege keine arbeitnehmerähnliche und abhängige Tätigkeit vor. Er habe nicht im wesentlichen Umfang bei dieser Tätigkeit dem Weisungsrecht des Zimmerei- und Dachdeckereiunternehmens unterlegen (BSG, Urteil vom 27. Oktober 1987). Es handele sich um eine Auftragsleistung im Sinne eines Werkvertrages, wobei der Kläger als oder zumindest wie ein Unternehmer tätig geworden sei. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2001 zurück.

Dagegen erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Augsburg. Vorliegend sei von einem faktischen Arbeitsverhältnis, zumindest aber von einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VII auszugehen. Er habe sich verpflichtet, nach Bedarf die Wartung und notwendigen Reparaturarbeiten des gesamten Fuhrparks des Unternehmens zu übernehmen. Trotz seiner spezifischen Fachkenntnisse habe er dabei im Wesentlichen dem Weisungsrecht der Fa. B. unterlegen, da er wie ein angestellter Kfz-Mechaniker tätig geworden sei. Er sei wie eine fremde Arbeitskraft mit einem bestimmten Aufgabenbereich in den Betrieb eingegliedert gewesen. Nach dem Gesamtbild der Tätigkeit sei er zumindest wie ein Arbeitnehmer tätig geworden, da er Arbeiten von wirtschaftlichem Wert verrichtete, für die die Fa. B. ansonsten ein Fremdunternehmen hätte beauftragten müssen.

Mit Urteil vom 25. Oktober 2004 wies das Sozialgericht die Klage ab. Ferner verpflichtete es den Kläger, 250,00 EUR an die Staatskasse zu zahlen. Der Kläger sei nicht arbeitnehmerähnlich, sondern unternehmerähnlich tätig gewesen. Dies ergebe sich eindeutig aus einer Beurteilung des Gesamtbildes der Tätigkeit. Der Kläger habe planmäßig eine für eine gewisse Dauer bestimmte Vielzahl von Tätigkeiten ausgeübt, die auf ein einheitliches Ziel gerichtet gewesen und mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt worden seien. Dabei sei er eigenverantwortlich tätig geworden und habe über spezifische Fachkenntnisse zur Reparatur und Wartung der Fahrzeuge verfügt. Er sei nicht in wesentlichem Umfang Weisungen ausgesetzt gewesen. Ferner sei er nicht in den Geschäftsbetrieb eingebunden gewesen. Er habe nicht seine Arbeitszeit geschuldet, sondern den Erfolg der Reparatur bzw. Wartung.

Dagegen legte der Kläger Berufung ein und brachte zur Begründung vor, er habe zum Unfallzeitpunkt auf dem Betriebsgrundstück der Fa. B. in einem kleinen Haus gewohnt, so dass er bei Bedarf in seiner Freizeit die ihm angeschafften Reparatur- und Wartungsarbeiten an den Fahrzeugen durchführen konnte. Er habe daher auch täglich für solche Arbeiten zur Verfügung gestanden, allerdings habe kein täglicher Bedarf bestanden. Er sei einem fremdangestellten Kfz-Mechaniker vergleichbar. Da die Arbeiten unregelmäßig anfielen, sei er auch nicht in den Tagesbetrieb der Zimmerei eingegliedert gewesen. Die Firma arbeite regelmäßig auch samstags. Am Samstag sei er während der üblichen Arbeitszeiten wie die übrigen Mitarbeiter tätig gewesen. Schließlich schuldeten viele Arbeitnehmer einen Erfolg ihrer Arbeit, so dass auch dies nicht die Annahme einer unternehmerähnlichen Tätigkeit rechtfertige. Ferner wandte er sich gegen die Verhängung von Kosten nach § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger an, zur Reparatur und Wartung der beiden PKWs sowie der LKWs habe er eine Betriebshalle der Firma benutzt, die über eine Grube und eine Hebebühne verfügt habe. Gelegentlich habe er dort auch für andere Verwandte kleinere Reparaturen vorgenommen. Das Werkzeug sei von seinem Schwager gestellt worden. Zu den von ihm erwähnten Gegenleistungen der Fa. B. rechne, dass ihm ein baufälliges Haus auf dem Betriebsgrundstück zum Wohnen überlassen worden sei, das er gemeinsam mit seinem Schwager renoviert habe, bevor er dort eingezogen sei. Miete habe er nicht zahlen müssen. Auch bei dem Bau seines neuen Hauses, in dem er jetzt wohne, habe ihn die Fa. B. unterstützt und ihm Zimmererleistungen umsonst zukommen lassen. Als weitere Gegenleistung sei seine Schwiegermutter mit seiner Frau einkaufen gegangen und habe insbesondere für die Enkelkinder etwas gekauft. Auf die Niederschrift der Sitzung wird verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 25. Oktober 2004 und des Bescheides vom 21. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2001 zu verurteilen, festzustellen, dass das Ereignis vom 31. Oktober 1998 ein Arbeitsunfall ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25. Oktober 2004 zurückzuweisen.

Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.

Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässig (BSG vom 28. April 2004, Az.: B 2 U 21/03 R). Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Feststellung, dass das Ereignis vom 31. Oktober 1998 ein Arbeitsunfall ist, da kein Arbeitsunfall im Sinne der §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 SGB VII vorliegt. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit, § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Der Kläger stand bei dem Unfall nicht unter Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Insbesondere ist er nicht als Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und nicht wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII anzusehen.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind Beschäftigte kraft Gesetzes versichert. Beurteilungsmaßstab für eine abhängige Beschäftigung ist vorliegend § 7 Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Unternehmen ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich gekennzeichnet durch das eigene Unternehmerrisiko - d.h. z.B. das Tätigwerden auf eigene Rechnung, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel -, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit (BSG vom 31. Mai 2005, NZS 2006, 257 ff.).

Zwischen der Fa. B. und dem Kläger wurde kein schriftlicher Vertrag geschlossen, der zur Auslegung herangezogen werden könnten. Gemäß den konkreten Umständen des Einzelfalls ist ein Gesamtbild unter Berücksichtigung der o.g. Indizien zu erstellen. Ein unsicheres Indiz ist allerdings die Art der Entlohnung, die vorliegend durch finanzielle Unterstützung durch Naturalien, insbesondere durch Kleidung für die Enkelkinder und die Tochter, im Wert von 3.000,00 bis 4.000,00 DM jährlich erfolgte.

Zwar sprechen einige Indizien für eine abhängige Beschäftigung, insbesondere dass der Kläger bei Bedarf seine Arbeitskraft einbrachte sowie die Reparatur- und Wartungsarbeiten an den Fahrzeugen in der Betriebshalle des Unternehmens mit dessen Werkzeug verrichtete. Allerdings überwiegen die Gesichtspunkte, die gegen eine abhängige Beschäftigung sprechen. Der Kläger arbeitete nur bei Bedarf, wobei sich die Arbeitszeit nach seiner Freizeit richtete und somit nicht vom Arbeitgeber vorgegeben wurde. Eine tägliche Bereitschaft des Klägers, Arbeiten zu übernehmen, wie zur Berufungsbegründung vorgebracht, ist nicht glaubhaft. Der Kläger ist nämlich hauptberuflich in einem Autohaus beschäftigt und konnte nur in seiner Freizeit für die Firma Arbeiten übernehmen. Dies schließt nicht aus, dass er bei dringend notwendigen Reparaturen ausnahmsweise kurzfristig Arbeiten vornahm. Auch ist durch die Angaben der Fa. B. gegenüber der Beklagten widerlegt, dass der Kläger jeden Samstag während der Arbeitszeit der Beschäftigten der Fa. B. anwesend war und Reparatur- und Wartungsarbeiten übernahm. Vielmehr arbeitete der Kläger nur durchschnittlich alle zwei bis drei Wochen. Seine Arbeit wurde "nach Bedarf" abgerufen. Gerade dies ist ein Indiz, das gegen eine Arbeitnehmertätigkeit spricht. Er verfügte ferner über spezifische Fachkenntnisse zur Reparatur und Wartung der Fahrzeuge und unterlag keinen Weisungen. Er konnte im Wesentlichen seine Tätigkeit und Arbeitszeit frei gestalten.

Nach Überzeugung des Senats ergibt die Gesamtwürdigung somit, dass der Kläger nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit der Fa. B. stand. Dies wird offensichtlich auch von dieser so gesehen, da der Kläger in der Unfallanzeige als "mithelfender Familienangehöriger" bezeichnet wird. Auch die Abgrenzung zur familienhaften Mitarbeit hängt von den gesamten Umständen des Einzelfalls ab. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ist in diesen Fällen anzunehmen, wenn der Beschäftigte auf die Verwertung seiner Arbeitskraft angewiesen ist, insbesondere zum Kreis der berufsmäßigen Arbeitnehmer gehört und eine für die Tätigkeit verwertbare Arbeitskraft besitzt, dem Weisungsrecht des Betriebsinhabers - wenn auch in abgeschwächter Form - unterworfen ist und ein Entgelt vereinbart ist und auch gezahlt wird, das nach seiner Höhe (Geld- und Sachbezüge) und seinem Verhältnis zu Art und Umfang der im Betrieb verrichteten Tätigkeit trotz gewisser Zugeständnisse wegen der familiären Beziehungen einen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt (Baier, in: Kasseler Kommentar, a.a.O., Band 1, § 7 SGB IV Rdnr. 18 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

Zumindest letztere Voraussetzung ist jedoch vorliegend nicht erfüllt, da der Kläger selbst keine Geld- oder Sachleistungen, sondern nur eine finanzielle Unterstützung durch Naturalien für die Tochter und Enkelkinder erhielt. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass das Entgelt in seinen eigenen Vermögensbereich gelangte (vgl. BFH vom 24. März 1983, USK 83128). Schädlich ist insoweit auch, dass nach Angaben der Fa. B. keine steuerliche Berücksichtigung erfolgte, d.h. dass die finanzielle Unterstützung auch nicht als Entgelt im Rahmen der Lohnsteuer Eingang gefunden hat. Die steuerliche Behandlung der Bezüge ist auch bei der sozialrechtlichen Bewertung familienhafter Mitarbeit ein wesentlicher Anhaltspunkt (BSG vom 21. April 1993, NJW 1994, 341). Die Frage der Eingliederung des Klägers in den Betrieb bzw. dessen Weisungsgebundenheit kann daher an dieser Stelle offen bleiben.

Der Senat gelangt daher zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Übernahme der Reparatur- und Wartungsarbeiten für den Fuhrpark der Fa. B. nicht um ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, 7 Abs. 1 SGB IV handelt, sondern um eine familiäre Mitarbeit, die nicht von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII erfasst ist.

Ebensowenig besteht ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII als Wie-Beschäftigter. Danach sind Personen versichert, die wie nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherte tätig werden. Das BSG hat zu der entsprechenden früheren Regelung des § 539 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ausgeführt, § 539 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 RVO setze voraus, dass eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit vorliegt, die ungeachtet des Beweggrundes des Tätigwerdens ihrer Art nach sonst von einer Person verrichtet werden könnte, welche in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (BSG vom 17. März 1992, Az.: 2 RU 22/91 m.w.N.). Bei einer Tätigkeit gemäß § 539 Abs. 2 RVO braucht eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen nicht vorzuliegen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass er den gesamten Fuhrpark des Unternehmens seiner Schwiegermutter bzw. seines Schwagers wartete und insoweit wie ein angestellter Kfz-Mechaniker tätig wurde, mag dies zwar zutreffend sein, berücksichtigt jedoch nicht das enge und ausgeprägte Verwandtschaftsverhältnis, das zwischen den beteiligten Personen bestand.

Grundsätzlich schließen auch Freundschafts- und Gefälligkeitsdienste den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII nicht aus (BSGE 5, 168, 172; BSG SozR 2200 § 539 Nr. 55 S. 160). Ein Verwandter wird allerdings dann nicht wie ein Beschäftigter, sondern als Verwandter tätig, wenn die zum Unfall führende Verrichtung nach Art und Umfang sowie Zeitdauer (BSG SozR-2200 § 539 RVO Nr. 55) durch das verwandtschaftliche Verhältnis geprägt ist. Dabei ist nicht allein auf die Tätigkeit des Klägers abzustellen, der in ca. 120 Stunden im Jahr Reparatur- und Wartungsarbeiten an den Fahrzeugen der Fa. B. verrichtete. Dies allein betrachtet ginge über eine übliche Hilfsbereitschaft im Sinne von Gefälligkeitshandlungen, die unter Verwandten vorgenommen werden und von familiären Beziehungen geprägt sind, hinaus (hierzu: BSG SozR 2200 § 539 Nr. 100; SozR 3-2200 § 548 Nr. 20). Entscheidend ist das Gesamtbild der gegenseitig im Rahmen der Familienbande geleisteten Gefälligkeiten. Vor allem der Schwager als Mitinhaber der Fa. B. und der Kläger halfen sich regelmäßig gegenseitig in größerem Umfang. Bereits vor dem Unfall hatte dieser dem Kläger ein baufälliges Haus auf dem Betriebsgrundstück zum mietfreien Wohnen überlassen. Gemeinsam renovierten sie das gesamte Gebäude, bevor der Kläger dort einzog. Auch bei dem Bau seines neuen Hauses, das nach dem Unfall errichtet wurde, hatte der Schwager den Kläger unterstützt und ihm Zimmererleistungen unentgeltlich zukommen lassen, wie der Käger bei seiner Anhörung vor dem Senat bestätigte. Die Fa. B. gab auf die Anfrage der Beklagten an, die Beziehungen zu dem Kläger seien von einer starken verwandtschaftlichen Gefälligkeit geprägt gewesen - auch wenn die ausgeübte Tätigkeit nicht als Gefälligkeit angesehen wurde, da sie regelmäßig die normale gegenseitige verwandtschaftliche Hilfe überstiegen habe. Danach war es üblich, dass man sich gegenseitig half. Ferner gab der Kläger an, gelegentlich in der Betriebshalle der Fa. B. auch für andere Verwandte kleinere Reparaturen vorgenommen zu haben.

Die Familien wohnten auf einem Grundstück. Erkennbar lag ein funktionierendes Verwandtschaftsverhältnis vor, bei dem kleinere, aber auch größere gegenseitige Gefälligkeiten üblich waren. Der Senat gelangte deshalb zu der Überzeugung, dass auch die Reparatur- und Wartungsarbeiten an den beiden PKWs und den LKWs der Fa. B. nach Art, Umfang und Zeitdauer von der engen und intensiven verwandtschaftlichen Beziehung geprägt waren. Dabei ist ohne Belang, dass es sich um eine für den Betrieb notwendige Leistung handelte. Schließlich ist nicht nachgewiesen, dass sich der Kläger zur Durchführung der Arbeiten ausdrücklich rechtlich verpflichtet hatte. Insbesondere liegt keine schriftliche Vereinbarung vor. Nicht ausreichend ist eine eventuelle moralische Verpflichtung zur Übernahme der Arbeiten.

Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob, wie das Sozialgericht annahm, der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII auch daran scheitert, dass der Kläger wie ein Unternehmer tätig geworden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Verhängung von Kosten nach § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG in Höhe von 250,00 EUR durch das Sozialgericht ist aufzuheben. Der Senat vermag eine Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung im Sinne dieser Vorschrift vorliegend nicht zu erkennen. Eine Aussichtslosigkeit der Klage allein genügt in der Regel nicht, vielmehr müssen besondere Umstände hinzukommen (Meyer-Ladewig/Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 192 Rdnr. 9). Derartige besondere Umstände sind nicht erkennbar, zumal die Abgrenzung zwischen familiärer Mitarbeit, Beschäftigung, Wie-Beschäftigung und verwandtschaftlicher Gefälligkeiten nur schwierig und unter Einbezug und Gewichtung zahlreicher Einzelindizien möglich ist.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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