Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
8
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 1 RJ 124/02
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 8 R 44/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 22. Juni 2005 geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der am 9. März 1967 geborene Kläger begehrt eine Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit.
Er hat in den Jahren 1982 bis 1985 erfolgreich eine Fleischerlehre absolviert, war dann von 1986 bis 1990 bei der Bundeswehr und danach bis 1994 als Kraftfahrer tätig. Am 1. September 1994 hat er bei der K GmbH zunächst als Kraftfahrer begonnen, wurde aber bereits im Oktober 1994 Fahrdienstleiter und erhielt nach der erfolgreichen Prüfung zur Ausbildereignung im Jahre 1996 eine Vergütung nach BAT V c. Im Juni 1999 wurde er arbeitsunfähig.
Der Kläger beantragte am 13. Juli 2000 eine Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. In der von der Beklagten eingeholten Stellungnahme bescheinigt der behandelnde Arzt für innere Medizin und Rheumatologie Dr. T unter dem 22. August 2000 ein Fibromyalgiesyndrom. Das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse vom 4. Juli 2000 bestätigt diese Diagnose bei einem reaktiven depressiven Zustandsbild. In dem Gutachten der Sozialmedizinischen Untersuchungsstelle der Beklagten diagnostiziert der Gutachter Dr. R eine Funktionseinschränkung der Wirbelsäule bei anlagebedingter Fehlform und verformenden Veränderungen an Wirbeln und Bandscheiben, weichteilrheumatische Beschwerden sowie eine Anpassungsstörung mit depressiven Reaktionen und Somatisierungsneigung. Das Leistungsvermögen reiche aus für leichte, vollschichtige Arbeiten und bei mittelschweren Arbeiten für eine unterhalbschichtige, weniger als drei Stunden täglich währende Tätigkeit ohne Überkopfarbeiten, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Heben und Tragen schwerer Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck und ohne besondere nervliche Belastung. In dem nervenärztlichen Zusatzgutachten vom 8. Januar 2000 kommt Dr. S zu dem Ergebnis, dass der Versicherte aus nervenärztlicher/psychiatrischer Sicht leichte und mittelschwere Arbeiten überwiegend im Sitzen, Gehen und Stehen vollschichtig verrichten könne ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck und ohne besondere nervliche Belastung.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 5. Juli 2001 ab mit der Begründung, der Kläger sei als gehobener angelernter Arbeiter einzustufen und könne seinen Beruf trotz Leistungsbeeinträchtigungen noch ausüben. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 24. am 26. Juli 2001 Widerspruch ein. Nachdem in einem ärztlichen Befundbericht Dr. Sa den Kläger für arbeitsunfähig angegeben und der Ärztliche Prüfdienst andererseits mitgeteilt hatte, dass der Ausgangsbescheid nicht zu beanstanden sei, wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. April 2002, zur Post gegeben am 22. April 2002, zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 23. Mai 2002 Klage erhoben. Er hat vorgetragen, sein Leistungsvermögen sei auf nervenärztlichem und orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet erheblich eingeschränkt. Neben dem chronischen Schmerzsyndrom stehe die depressive Symptomatik im Vordergrund. Daher könne er selbst leichteste Tätigkeiten nicht mehr vollschichtig ausüben.
Das Sozialgericht hat diverse Befundberichte eingeholt sowie ein Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. E vom 26. August 2003, des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. C vom 26. August 2003 und des Facharztes für innere Krankheiten Prof. Dr. Sb vom 31. Juli 2003, die alle zu dem Ergebnis kommen, dass der Kläger noch vollschichtig arbeiten könne bei diversen qualitativen Einschränkungen. Der berufskundliche Gutachter L kommt in seinem Gutachten vom 26. August 2003 zu der Einschätzung, dass bei der Tätigkeit des Klägers und bei seiner letzten Vergütung dieser in die Facharbeiterebene einzustufen sei. Bei den qualitativen Einschränkungen könne er keine der früher verrichteten Arbeiten ausüben. Auf Grund des Berufsverlaufs des Klägers, der erworbenen beruflichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie des verbliebenen Leistungsvermögens könne eine Tätigkeit auf der Anlernebene nicht benannt werden. Diese Ebene sei verschlossen. Der allgemeine Arbeitsmarkt sei jedoch nicht verschlossen; zumutbar seien leichte Pack- oder einfache Sortierarbeiten in der Form eines Versandfertigmachers.
In der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2003 bestand Übereinkunft, dass der Kläger zunächst einen Antrag auf Gewährung einer Rehabilitationsmaßnahme wegen seiner Schmerzmittelabhängigkeit stellen sollte. Daraufhin wurde die Sache vertagt.
Auf Grund des entsprechenden Antrages befand sich der Kläger vom 12. bis zum 26. Juli 2004 in der Medizinisch-Psychosomatischen Klinik Bad Bramstedt. In dem Entlassungsbericht vom 17. August 2004 ist aufgeführt, dass er als arbeitsunfähig entlassen wird. In seinem früheren Beruf als Ausbilder und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei ihm eine Tätigkeit nur unter drei Stunden täglich möglich. Besonders auf Grund der psychiatrischen Symptomatik sei das Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgehoben. Der Kläger habe auf Grund familiärer Belastungen nach zwei Wochen die Behandlung abgebrochen.
Der Kläger hat sich darauf berufen, dass diese Einschätzung seines Leistungsvermögens zutreffend sei, zumal diese auf Grund des vierzehntätigen, stationären Aufenthalts erfolgt sei. Zwischenzeitlich habe er eine ambulante Psychotherapie aufgenommen.
Der Kläger hat beantragt
den Bescheid der Beklagten vom 5. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. April 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. August 2000 eine Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung auf den angegriffenen Bescheid bezogen und im Übrigen ausgeführt, dass die Einstufung des Klägers als Facharbeiter nicht nachvollziehbar sei, da weder der erforderliche Lehrabschluss noch ausreichende Berufserfahrung vorläge. Aber selbst wenn Berufsschutz unterstellt würde, könne er Tätigkeiten auf der Anlernebene in Form von Bürotätigkeiten, die nach BAT VIII eingestuft seien, wahrnehmen. Trotz der Angaben im Rehabilitationsentlassungsbericht sei weiterhin eine vollschichtige Tätigkeit als Bürokraft zumutbar.
Das Sozialgericht hat erneut diverse Befundberichte und Gutachten eingeholt. Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Frau Dr. Porschke ist in ihrem Gutachten vom 19. Juni 2005 zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger seit Juni 2000 eine Anpassungsstörung im Sinne einer Belastungsreaktion mit depressiver und Angstsymptomatik sowie ein multilokuläres Schmerzsyndrom im Sinne einer Somatisierungsstörung, zudem eine Alkoholkrankheit (seit 2001 trocken) und eine Medikamentenabhängigkeit im Rahmen der Opiat-Therapie des Schmerzsyndroms mit Absetzen der Opiate seit Frühjahr 2005 vorliege. Das Leistungsvermögen für schwere Arbeiten sei eingeschränkt, leichte und mittelschwere Arbeiten könnten unter Berücksichtigung des aktuellen Zustandsbildes täglich sechs Stunden und mehr durchgeführt werden. Einschränkungen des Leistungsvermögens bestünden für Arbeiten unter besonderem Zeitdruck (Akkord), sowie unter besonderer nervlicher Belastung, zudem keine Arbeiten mit systematischer Exposition gegenüber Opiaten und Alkoholika, keine besondere Verantwortung für Personen, keine Kälte, Nässe und Zugluft, keine Arbeiten in Zwangshaltungen. Nachtschichten seien zu vermeiden. In absehbarer Zeit sei mit einer Besserung des Leistungsvermögens zu rechnen unter der Voraussetzung einer Fortführung der ambulanten Psychotherapie.
Der Arzt für innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde sowie Allergologie Dr. Leiner ist in seinem Gutachten vom 22. Juni 2005 zu dem Ergebnis gekommen, dass als Gesundheitsstörungen bei dem Kläger vorliegen: Übergewichtigkeit mit Diabetes mellitus, Hyperlipoproteinämie und arterieller Hypertonie, Zustand nach Alkoholabusus mit Leberparenchymschaden, gastrooesophagealer Reflux, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit leichten Funktionseinschränkungen, beginnende degenerative Veränderungen beider Schultergelenke mit leichten Funktionseinschränkungen, beginnende degenerative Veränderungen beider Hüftgelenke mit leichten Funktionseinschränkungen. Diese Gesundheitsstörungen schränkten das Leistungsvermögen des Klägers im Erwerbsleben auf leichte Arbeiten, vollschichtig ein, wobei mittelschwere Arbeiten nur noch unterhalbschichtig geleistet werden könnten. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass nur Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne besondere nervliche Belastung, ohne Nachtschicht, ohne Überkopfarbeiten, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, ohne Alkohol am Arbeitsplatz, ohne Fremd- und Eigengefährdung zumutbar seien.
Der berufskundliche Gutachter L hat in seinem erneuten Gutachten vom 22. Juni 2005 ausgeführt, dass der Kläger auf der Facharbeiterebene einzuordnen und er auf der Anlernebene auf keine Tätigkeit zu verweisen sei, weil er für Verwaltungs- bzw. Büroarbeiten so gut wie keine Vorkenntnisse mitbringe. Nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten kämen allenfalls Bürohilfsarbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Betracht.
Daraufhin hat das Sozialgericht Kiel mit Urteil vom 22. Juni 2005 den Bescheid der Beklagten vom 5. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. April 2002 hinsichtlich der Ablehnung einer Berufsunfähigkeitsrente aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Zugrundelegung des Eintritts des Leistungsfalls am 13. Juli 2000 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer unter den gesetzlichen Voraussetzungen zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei berufsunfähig. Auf Grund der gesundheitlichen Einschränkungen seien nur leichte Arbeiten vollschichtig und mittelschwere Arbeiten unterhalbschichtig zumutbar. Mit den ermittelten Leistungseinschränkungen könne der Kläger keine der im bisherigen Berufsverlauf verrichteten Arbeiten weiterhin ausüben. Auf Grund der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Angestellter im Sozial- und Erziehungsdienst mit der Besoldungsgruppe BAT V c sei er als Facharbeiter anzusehen. Diese Tätigkeit könne er insbesondere wegen der Einschränkung "ohne besondere Verantwortung für Personen" und "ohne Fremd- oder Eigengefährdung" nicht mehr ausüben. Auf der dann für den Kläger noch in Frage kommenden Anlernebene könne ihm keine sozial und gesundheitlich zumutbare Tätigkeit benannt werden. Die Anforderungsmerkmale der Vergütungsgruppe BAT VIII beinhalteten zumindest zur Hälfte schwierige Tätigkeiten. Der Kläger sei jedoch nicht in der Lage, nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten qualitativ und quantitativ mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge zu erledigen, für die im Rahmen einer dualen Ausbildung eine Dauer von drei Jahren bzw. im Rahmen eines Vorbereitungsdienstes (für Beamte) 2 bis 2 1/2 Jahre vorgesehen seien. Er bringe für Verwaltungs- bzw. Büroarbeiten so gut wie keine Vorkenntnisse mit. Nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten kämen allenfalls Bürohilfsarbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes für den Kläger in Betracht, was jedoch nicht zumutbar sei. Erwerbsunfähigkeit läge bei dem Kläger allerdings nicht vor.
Die Beklagte hat am 22. Juli 2005 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, der Kläger genieße keinen Berufsschutz, sondern er sei als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs anzusehen. Als solcher sei er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Den Berufsschutz dennoch vorausgesetzt, könne er auf Bürotätigkeiten nach Vergütungsgruppe BAT VIII verwiesen werden, denn während seiner früheren Tätigkeit sei sein Aufgabengebiet ständig ausgeweitet worden und er habe sogar bei Abwesenheit der Bereichsleitung diese vertreten. Insofern müsse er über Kenntnisse und Fähigkeiten hinsichtlich einer gehobenen Bürotätigkeit verfügt haben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 22. Juni 2005 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, er sei in die Vergütungsgruppe BAT V c eingewiesen worden, nachdem er eine Zusatzausbildung bei der Industrie- und Handelskammer absolviert habe, die dem theoretischen Teil der Meisterprüfung entspreche. Daher sei seine Einschätzung als Facharbeiter zutreffend. Kenntnisse für gehobene Büro- und Verwaltungstätigkeiten habe er jedoch nicht.
Der Senat hat ein Gutachten des berufskundlichen Sachverständigen Herr K eingeholt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten verwiesen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichts- und Beiakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Der Kläger ist nicht - wie das Sozialgericht Kiel in dem angegriffenen Urteil vom 22. Juni 2005 angenommen hat - berufsunfähig. Ihm steht daher kein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit zu. Das eine Rente zusprechende Urteil des Sozialgerichts Kiel ist daher zu ändern.
Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit haben nach § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 hier maßgeblichen Fassung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzunge Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie berufsunfähig sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a.F. sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken sind. Diese Voraussetzungen liegen hier bei dem Kläger nicht vor.
Allerdings ist im Urteil des Sozialgerichts Kiel das Leistungsvermögen des Klägers zutreffend dahingehend festgestellt worden, dass diesem nur noch leichte Arbeiten vollschichtig und mittelschwere Arbeiten unterhalbschichtig zuzumuten sind und dass erhebliche qualitative Einschränkungen dazu führen, dass er seine bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben kann. Insoweit wird auf die Gründe des angegriffenen Urteils des Sozialgerichts Kiel gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen.
Trotz des eingeschränkten Leistungsvermögens ist der Kläger jedoch nicht berufsunfähig. Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben, ist zu prüfen, ob er auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden kann, die seinem Restleistungsvermögen entspricht. Dabei ist der qualitative Wert des vor Eintritt des Versicherungsfalls zuletzt ausgeübten Berufs bedeutsam für die Feststellung der Verweisungstätigkeit (Jörg in Kreikebohm, Kommentar zum SGB VI, § 240 Rdn. 30, 13 - auch zum Folgenden -). Die Einstufung des Berufs richtet sich nach Art, Dauer und Umfang der beruflichen Ausbildung. Eine berufliche Qualifikation kann aber auch ohne einen regulären Ausbildungsgang erworben werden, wenn der Versicherte die einem entsprechend Ausgebildeten gleichwertigen beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse hat. Hierzu haben Versicherungsträger und Gerichte ein Berufsgruppenschema entwickelt, das die Berufe nach der Art der Anforderungen in verschiedene Gruppen unterteilt, die jeweils durch Leitberufe gekennzeichnet sind: Hochqualifizierte Facharbeiter, Facharbeiter, angelernte Arbeiter und ungelernte Arbeiter. Dabei wird ein anerkannter Ausbildungsberuf mit einer vorgeschriebenen qualifizierenden Ausbildung von mehr als zwei Jahren in der Regel wie ein anerkannter Lehrberuf, ein anerkannter Ausbildungsberuf mit einer vorgeschriebenen Ausbildung von ein bis zwei Jahren in der Regel wie ein anerkannter Anlernberuf zu behandeln sein (Bundessozialgericht, Urteil vom 20. Januar 1976 - 5/12 RJ 132/75 -, BSGE 41, S. 129). Berufsunfähig ist ein Versicherter dann, wenn er weder seinen bisherigen Beruf noch Berufe mit der Qualität der bisherigen oder der nächst niedrigeren Stufe ausüben kann.
Der Berufsunfähigkeit steht allerdings nicht - wie die Beklagte jedoch meint - entgegen, dass der Kläger auf Bürotätigkeiten nach BAT VIII verwiesen werden kann. Insoweit haben nämlich die berufskundlichen Sachverständigen und das Sozialgericht Kiel in der angegriffenen Entscheidung zutreffend festgestellt, dass er für eine derartige Anlerntätigkeit nicht die erforderlichen Kenntnisse erworben hat. Der Kläger ist aber nicht der Ebene der Facharbeiter, die einen anerkannten Lehrberuf mit einer Ausbildungszeit von üblicherweise drei Jahren ausüben, sondern der Ebene der angelernten Arbeiter, die einen Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren ausüben, zuzuordnen. Zwar wurde der Kläger nach der Endgruppe des mittleren Dienstes (BAT Vc) und somit wie ein Facharbeiter entlohnt. Die konkrete Einstufung durch den Arbeitgeber in eine bestimmte Lohngruppe des Tarifvertrags, der die einzelnen Berufsarten nennt, ist zwar ein Indiz, dass die Tätigkeit des Versicherten in ihren Merkmalen und in ihrer Wertigkeit der Berufsgruppe entspricht, nach der er bezahlt wird (BSG, Urteil vom 20. Januar 1976 -5/12 RJ 132/75, a.a.O.); die Richtigkeit dieser konkreten tariflichen Einstufung kann jedoch widerlegt werden (Jörg in Kreikebohm, a.a.O., Rdn. 18). Das Indiz der tariflichen Einstufung ist hier durch die Stellungnahme des Arbeitgebers vom 21. Januar 2002 und die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2006 widerlegt worden. Danach war Einstellungsvoraussetzung für seine Tätigkeit bei der K GmbH offensichtlich lediglich der Besitz eines Führerscheines. Durch besondere Zuverlässigkeit und Engagement wurde der Kläger dann als Vorarbeiter eingesetzt und nach der Qualifikation zur Ausbildereignung in die Tarifgruppe BAT V c eingestuft. Die Einweisung des Klägers als Vorarbeiter erfolgte betriebsintern und dauerte einige Monate. Er hatte die Aufgabe, mit seinem Team nach einem bestimmten Tourenplan Gebrauchsgegenstände wie Möbel, Fernseher, Stereoanlagen bei Privatpersonen abzuholen und in das Einrichtungsdepot zu bringen. Außerdem war er für zwei weitere Gruppen zuständig. Er verteilte täglich die anwesenden Mitarbeiter auf die Fahrzeuge. Ihm waren die Kfz-Schlüssel und Fahrzeugpapiere anvertraut, die er morgens ausgab und abends wieder in den Tresor einschloss. Büroaufgaben im eigentlichen Sinne hatte er nicht auszuführen. Hatten die anderen Teams Probleme, hat er diese aufgesucht und versucht zu helfen. Er hat selbstständig bis zu einem Betrag von 5.000,00 DM über Haushaltsmittel verfügt, wobei er sich auf zuarbeitende Stellen hinsichtlich der Richtigkeit und Notwendigkeit der Ausgaben verlassen hat. Die eigentliche Kassenführung und Rechnungslegung gehörte nicht zu seinen Aufgaben. Er war für die ihm zugeordneten Mitarbeiter Anlaufstelle auch für persönliche Fragen. Hierfür war seine Qualifikation als Ausbilder mit dem so genannten ADA-Schein als Nachweis seiner Ausbildereigenschaft wichtig. Dieses Berufsbild entspricht nicht demjenigen des Facharbeiters mit einer dreijährigen Berufsausbildung. Sie entspricht allenfalls dem Beruf des Berufskraftfahrers der Fachrichtung Güterverkehr mit zweijähriger Ausbildung. Diese sind in Unternehmen des Güterverkehrs tätig und sie besitzen technische Kenntnisse der Fahrzeuge, der Wartung und der Ladungssicherung. Sie führen Lastkraftwagen und beherrschen den Umgang mit Genehmigungen, Beförderungs- und Zollpapieren sowie die Anforderung an Beförderungsverträge auch im grenzüberschreitenden Verkehr. Weiterhin kennen sie sich in der sachkundigen Behandlung und Sicherung der unterschiedlichen Beförderungsgüter aus. Die Tätigkeit des Klägers entsprach diesen Anforderungen insoweit nicht, als die technischen Aufgaben am Fahrzeug und auch der Umgang mit Genehmigungen, Beförderungs- und Zollpapieren sowie die Anforderung an Beförderungsverträge nicht Inhalt seiner Arbeit waren. Dafür hatte er aber darüber hinaus Vorarbeiterfunktion sowie die Befugnis in der Mittelverwaltung und die Mitarbeit im Depot inne. Seine Tätigkeit ist somit derjenigen des Berufskraftfahrers der Fachrichtung Güterverkehr gleichzusetzen. Insoweit folgt das Gericht den Ausführungen des berufskundlichen Sachverständigen Herrn K in der mündlichen Verhandlung und in seiner Stellungnahme vom 4. September 2006.
Dem Kläger ist auch nicht darin zu folgen, dass die von ihm erworbene Ausbildereigenschaft derjenigen eines Meisters entspricht. Dieser erlernt während einer mehrjährigen Ausbildung die Fähigkeit, menschlich und fachlich auf andere Personen einzugehen und diese ausbilden zu können. Demgegenüber hat der Kläger seine Ausbildereigenschaft lediglich in einem kurzen Lehrgang erlangt.
Der Kläger ist somit auf der Anlernebene einzustufen, genießt daher keinen Berufsschutz, sondern kann auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Wie das Sozialgericht Kiel in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, sind ihm auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte Pack- oder einfache Sortierarbeiten in der Form eines Versandfertigmachers zuzumuten. Auch insoweit wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen in dem Urteil vom 22. Juni 2005 Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, Abs. 4 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 1, Abs. 2 SGG durch den Senat zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Der am 9. März 1967 geborene Kläger begehrt eine Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit.
Er hat in den Jahren 1982 bis 1985 erfolgreich eine Fleischerlehre absolviert, war dann von 1986 bis 1990 bei der Bundeswehr und danach bis 1994 als Kraftfahrer tätig. Am 1. September 1994 hat er bei der K GmbH zunächst als Kraftfahrer begonnen, wurde aber bereits im Oktober 1994 Fahrdienstleiter und erhielt nach der erfolgreichen Prüfung zur Ausbildereignung im Jahre 1996 eine Vergütung nach BAT V c. Im Juni 1999 wurde er arbeitsunfähig.
Der Kläger beantragte am 13. Juli 2000 eine Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. In der von der Beklagten eingeholten Stellungnahme bescheinigt der behandelnde Arzt für innere Medizin und Rheumatologie Dr. T unter dem 22. August 2000 ein Fibromyalgiesyndrom. Das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse vom 4. Juli 2000 bestätigt diese Diagnose bei einem reaktiven depressiven Zustandsbild. In dem Gutachten der Sozialmedizinischen Untersuchungsstelle der Beklagten diagnostiziert der Gutachter Dr. R eine Funktionseinschränkung der Wirbelsäule bei anlagebedingter Fehlform und verformenden Veränderungen an Wirbeln und Bandscheiben, weichteilrheumatische Beschwerden sowie eine Anpassungsstörung mit depressiven Reaktionen und Somatisierungsneigung. Das Leistungsvermögen reiche aus für leichte, vollschichtige Arbeiten und bei mittelschweren Arbeiten für eine unterhalbschichtige, weniger als drei Stunden täglich währende Tätigkeit ohne Überkopfarbeiten, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Heben und Tragen schwerer Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck und ohne besondere nervliche Belastung. In dem nervenärztlichen Zusatzgutachten vom 8. Januar 2000 kommt Dr. S zu dem Ergebnis, dass der Versicherte aus nervenärztlicher/psychiatrischer Sicht leichte und mittelschwere Arbeiten überwiegend im Sitzen, Gehen und Stehen vollschichtig verrichten könne ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck und ohne besondere nervliche Belastung.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 5. Juli 2001 ab mit der Begründung, der Kläger sei als gehobener angelernter Arbeiter einzustufen und könne seinen Beruf trotz Leistungsbeeinträchtigungen noch ausüben. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 24. am 26. Juli 2001 Widerspruch ein. Nachdem in einem ärztlichen Befundbericht Dr. Sa den Kläger für arbeitsunfähig angegeben und der Ärztliche Prüfdienst andererseits mitgeteilt hatte, dass der Ausgangsbescheid nicht zu beanstanden sei, wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. April 2002, zur Post gegeben am 22. April 2002, zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 23. Mai 2002 Klage erhoben. Er hat vorgetragen, sein Leistungsvermögen sei auf nervenärztlichem und orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet erheblich eingeschränkt. Neben dem chronischen Schmerzsyndrom stehe die depressive Symptomatik im Vordergrund. Daher könne er selbst leichteste Tätigkeiten nicht mehr vollschichtig ausüben.
Das Sozialgericht hat diverse Befundberichte eingeholt sowie ein Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. E vom 26. August 2003, des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. C vom 26. August 2003 und des Facharztes für innere Krankheiten Prof. Dr. Sb vom 31. Juli 2003, die alle zu dem Ergebnis kommen, dass der Kläger noch vollschichtig arbeiten könne bei diversen qualitativen Einschränkungen. Der berufskundliche Gutachter L kommt in seinem Gutachten vom 26. August 2003 zu der Einschätzung, dass bei der Tätigkeit des Klägers und bei seiner letzten Vergütung dieser in die Facharbeiterebene einzustufen sei. Bei den qualitativen Einschränkungen könne er keine der früher verrichteten Arbeiten ausüben. Auf Grund des Berufsverlaufs des Klägers, der erworbenen beruflichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie des verbliebenen Leistungsvermögens könne eine Tätigkeit auf der Anlernebene nicht benannt werden. Diese Ebene sei verschlossen. Der allgemeine Arbeitsmarkt sei jedoch nicht verschlossen; zumutbar seien leichte Pack- oder einfache Sortierarbeiten in der Form eines Versandfertigmachers.
In der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2003 bestand Übereinkunft, dass der Kläger zunächst einen Antrag auf Gewährung einer Rehabilitationsmaßnahme wegen seiner Schmerzmittelabhängigkeit stellen sollte. Daraufhin wurde die Sache vertagt.
Auf Grund des entsprechenden Antrages befand sich der Kläger vom 12. bis zum 26. Juli 2004 in der Medizinisch-Psychosomatischen Klinik Bad Bramstedt. In dem Entlassungsbericht vom 17. August 2004 ist aufgeführt, dass er als arbeitsunfähig entlassen wird. In seinem früheren Beruf als Ausbilder und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei ihm eine Tätigkeit nur unter drei Stunden täglich möglich. Besonders auf Grund der psychiatrischen Symptomatik sei das Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgehoben. Der Kläger habe auf Grund familiärer Belastungen nach zwei Wochen die Behandlung abgebrochen.
Der Kläger hat sich darauf berufen, dass diese Einschätzung seines Leistungsvermögens zutreffend sei, zumal diese auf Grund des vierzehntätigen, stationären Aufenthalts erfolgt sei. Zwischenzeitlich habe er eine ambulante Psychotherapie aufgenommen.
Der Kläger hat beantragt
den Bescheid der Beklagten vom 5. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. April 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. August 2000 eine Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung auf den angegriffenen Bescheid bezogen und im Übrigen ausgeführt, dass die Einstufung des Klägers als Facharbeiter nicht nachvollziehbar sei, da weder der erforderliche Lehrabschluss noch ausreichende Berufserfahrung vorläge. Aber selbst wenn Berufsschutz unterstellt würde, könne er Tätigkeiten auf der Anlernebene in Form von Bürotätigkeiten, die nach BAT VIII eingestuft seien, wahrnehmen. Trotz der Angaben im Rehabilitationsentlassungsbericht sei weiterhin eine vollschichtige Tätigkeit als Bürokraft zumutbar.
Das Sozialgericht hat erneut diverse Befundberichte und Gutachten eingeholt. Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Frau Dr. Porschke ist in ihrem Gutachten vom 19. Juni 2005 zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger seit Juni 2000 eine Anpassungsstörung im Sinne einer Belastungsreaktion mit depressiver und Angstsymptomatik sowie ein multilokuläres Schmerzsyndrom im Sinne einer Somatisierungsstörung, zudem eine Alkoholkrankheit (seit 2001 trocken) und eine Medikamentenabhängigkeit im Rahmen der Opiat-Therapie des Schmerzsyndroms mit Absetzen der Opiate seit Frühjahr 2005 vorliege. Das Leistungsvermögen für schwere Arbeiten sei eingeschränkt, leichte und mittelschwere Arbeiten könnten unter Berücksichtigung des aktuellen Zustandsbildes täglich sechs Stunden und mehr durchgeführt werden. Einschränkungen des Leistungsvermögens bestünden für Arbeiten unter besonderem Zeitdruck (Akkord), sowie unter besonderer nervlicher Belastung, zudem keine Arbeiten mit systematischer Exposition gegenüber Opiaten und Alkoholika, keine besondere Verantwortung für Personen, keine Kälte, Nässe und Zugluft, keine Arbeiten in Zwangshaltungen. Nachtschichten seien zu vermeiden. In absehbarer Zeit sei mit einer Besserung des Leistungsvermögens zu rechnen unter der Voraussetzung einer Fortführung der ambulanten Psychotherapie.
Der Arzt für innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde sowie Allergologie Dr. Leiner ist in seinem Gutachten vom 22. Juni 2005 zu dem Ergebnis gekommen, dass als Gesundheitsstörungen bei dem Kläger vorliegen: Übergewichtigkeit mit Diabetes mellitus, Hyperlipoproteinämie und arterieller Hypertonie, Zustand nach Alkoholabusus mit Leberparenchymschaden, gastrooesophagealer Reflux, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit leichten Funktionseinschränkungen, beginnende degenerative Veränderungen beider Schultergelenke mit leichten Funktionseinschränkungen, beginnende degenerative Veränderungen beider Hüftgelenke mit leichten Funktionseinschränkungen. Diese Gesundheitsstörungen schränkten das Leistungsvermögen des Klägers im Erwerbsleben auf leichte Arbeiten, vollschichtig ein, wobei mittelschwere Arbeiten nur noch unterhalbschichtig geleistet werden könnten. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass nur Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne besondere nervliche Belastung, ohne Nachtschicht, ohne Überkopfarbeiten, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, ohne Alkohol am Arbeitsplatz, ohne Fremd- und Eigengefährdung zumutbar seien.
Der berufskundliche Gutachter L hat in seinem erneuten Gutachten vom 22. Juni 2005 ausgeführt, dass der Kläger auf der Facharbeiterebene einzuordnen und er auf der Anlernebene auf keine Tätigkeit zu verweisen sei, weil er für Verwaltungs- bzw. Büroarbeiten so gut wie keine Vorkenntnisse mitbringe. Nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten kämen allenfalls Bürohilfsarbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Betracht.
Daraufhin hat das Sozialgericht Kiel mit Urteil vom 22. Juni 2005 den Bescheid der Beklagten vom 5. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. April 2002 hinsichtlich der Ablehnung einer Berufsunfähigkeitsrente aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Zugrundelegung des Eintritts des Leistungsfalls am 13. Juli 2000 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer unter den gesetzlichen Voraussetzungen zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei berufsunfähig. Auf Grund der gesundheitlichen Einschränkungen seien nur leichte Arbeiten vollschichtig und mittelschwere Arbeiten unterhalbschichtig zumutbar. Mit den ermittelten Leistungseinschränkungen könne der Kläger keine der im bisherigen Berufsverlauf verrichteten Arbeiten weiterhin ausüben. Auf Grund der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Angestellter im Sozial- und Erziehungsdienst mit der Besoldungsgruppe BAT V c sei er als Facharbeiter anzusehen. Diese Tätigkeit könne er insbesondere wegen der Einschränkung "ohne besondere Verantwortung für Personen" und "ohne Fremd- oder Eigengefährdung" nicht mehr ausüben. Auf der dann für den Kläger noch in Frage kommenden Anlernebene könne ihm keine sozial und gesundheitlich zumutbare Tätigkeit benannt werden. Die Anforderungsmerkmale der Vergütungsgruppe BAT VIII beinhalteten zumindest zur Hälfte schwierige Tätigkeiten. Der Kläger sei jedoch nicht in der Lage, nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten qualitativ und quantitativ mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge zu erledigen, für die im Rahmen einer dualen Ausbildung eine Dauer von drei Jahren bzw. im Rahmen eines Vorbereitungsdienstes (für Beamte) 2 bis 2 1/2 Jahre vorgesehen seien. Er bringe für Verwaltungs- bzw. Büroarbeiten so gut wie keine Vorkenntnisse mit. Nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten kämen allenfalls Bürohilfsarbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes für den Kläger in Betracht, was jedoch nicht zumutbar sei. Erwerbsunfähigkeit läge bei dem Kläger allerdings nicht vor.
Die Beklagte hat am 22. Juli 2005 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, der Kläger genieße keinen Berufsschutz, sondern er sei als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs anzusehen. Als solcher sei er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Den Berufsschutz dennoch vorausgesetzt, könne er auf Bürotätigkeiten nach Vergütungsgruppe BAT VIII verwiesen werden, denn während seiner früheren Tätigkeit sei sein Aufgabengebiet ständig ausgeweitet worden und er habe sogar bei Abwesenheit der Bereichsleitung diese vertreten. Insofern müsse er über Kenntnisse und Fähigkeiten hinsichtlich einer gehobenen Bürotätigkeit verfügt haben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 22. Juni 2005 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, er sei in die Vergütungsgruppe BAT V c eingewiesen worden, nachdem er eine Zusatzausbildung bei der Industrie- und Handelskammer absolviert habe, die dem theoretischen Teil der Meisterprüfung entspreche. Daher sei seine Einschätzung als Facharbeiter zutreffend. Kenntnisse für gehobene Büro- und Verwaltungstätigkeiten habe er jedoch nicht.
Der Senat hat ein Gutachten des berufskundlichen Sachverständigen Herr K eingeholt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten verwiesen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichts- und Beiakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Der Kläger ist nicht - wie das Sozialgericht Kiel in dem angegriffenen Urteil vom 22. Juni 2005 angenommen hat - berufsunfähig. Ihm steht daher kein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit zu. Das eine Rente zusprechende Urteil des Sozialgerichts Kiel ist daher zu ändern.
Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit haben nach § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 hier maßgeblichen Fassung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzunge Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie berufsunfähig sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a.F. sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken sind. Diese Voraussetzungen liegen hier bei dem Kläger nicht vor.
Allerdings ist im Urteil des Sozialgerichts Kiel das Leistungsvermögen des Klägers zutreffend dahingehend festgestellt worden, dass diesem nur noch leichte Arbeiten vollschichtig und mittelschwere Arbeiten unterhalbschichtig zuzumuten sind und dass erhebliche qualitative Einschränkungen dazu führen, dass er seine bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben kann. Insoweit wird auf die Gründe des angegriffenen Urteils des Sozialgerichts Kiel gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen.
Trotz des eingeschränkten Leistungsvermögens ist der Kläger jedoch nicht berufsunfähig. Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben, ist zu prüfen, ob er auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden kann, die seinem Restleistungsvermögen entspricht. Dabei ist der qualitative Wert des vor Eintritt des Versicherungsfalls zuletzt ausgeübten Berufs bedeutsam für die Feststellung der Verweisungstätigkeit (Jörg in Kreikebohm, Kommentar zum SGB VI, § 240 Rdn. 30, 13 - auch zum Folgenden -). Die Einstufung des Berufs richtet sich nach Art, Dauer und Umfang der beruflichen Ausbildung. Eine berufliche Qualifikation kann aber auch ohne einen regulären Ausbildungsgang erworben werden, wenn der Versicherte die einem entsprechend Ausgebildeten gleichwertigen beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse hat. Hierzu haben Versicherungsträger und Gerichte ein Berufsgruppenschema entwickelt, das die Berufe nach der Art der Anforderungen in verschiedene Gruppen unterteilt, die jeweils durch Leitberufe gekennzeichnet sind: Hochqualifizierte Facharbeiter, Facharbeiter, angelernte Arbeiter und ungelernte Arbeiter. Dabei wird ein anerkannter Ausbildungsberuf mit einer vorgeschriebenen qualifizierenden Ausbildung von mehr als zwei Jahren in der Regel wie ein anerkannter Lehrberuf, ein anerkannter Ausbildungsberuf mit einer vorgeschriebenen Ausbildung von ein bis zwei Jahren in der Regel wie ein anerkannter Anlernberuf zu behandeln sein (Bundessozialgericht, Urteil vom 20. Januar 1976 - 5/12 RJ 132/75 -, BSGE 41, S. 129). Berufsunfähig ist ein Versicherter dann, wenn er weder seinen bisherigen Beruf noch Berufe mit der Qualität der bisherigen oder der nächst niedrigeren Stufe ausüben kann.
Der Berufsunfähigkeit steht allerdings nicht - wie die Beklagte jedoch meint - entgegen, dass der Kläger auf Bürotätigkeiten nach BAT VIII verwiesen werden kann. Insoweit haben nämlich die berufskundlichen Sachverständigen und das Sozialgericht Kiel in der angegriffenen Entscheidung zutreffend festgestellt, dass er für eine derartige Anlerntätigkeit nicht die erforderlichen Kenntnisse erworben hat. Der Kläger ist aber nicht der Ebene der Facharbeiter, die einen anerkannten Lehrberuf mit einer Ausbildungszeit von üblicherweise drei Jahren ausüben, sondern der Ebene der angelernten Arbeiter, die einen Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren ausüben, zuzuordnen. Zwar wurde der Kläger nach der Endgruppe des mittleren Dienstes (BAT Vc) und somit wie ein Facharbeiter entlohnt. Die konkrete Einstufung durch den Arbeitgeber in eine bestimmte Lohngruppe des Tarifvertrags, der die einzelnen Berufsarten nennt, ist zwar ein Indiz, dass die Tätigkeit des Versicherten in ihren Merkmalen und in ihrer Wertigkeit der Berufsgruppe entspricht, nach der er bezahlt wird (BSG, Urteil vom 20. Januar 1976 -5/12 RJ 132/75, a.a.O.); die Richtigkeit dieser konkreten tariflichen Einstufung kann jedoch widerlegt werden (Jörg in Kreikebohm, a.a.O., Rdn. 18). Das Indiz der tariflichen Einstufung ist hier durch die Stellungnahme des Arbeitgebers vom 21. Januar 2002 und die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2006 widerlegt worden. Danach war Einstellungsvoraussetzung für seine Tätigkeit bei der K GmbH offensichtlich lediglich der Besitz eines Führerscheines. Durch besondere Zuverlässigkeit und Engagement wurde der Kläger dann als Vorarbeiter eingesetzt und nach der Qualifikation zur Ausbildereignung in die Tarifgruppe BAT V c eingestuft. Die Einweisung des Klägers als Vorarbeiter erfolgte betriebsintern und dauerte einige Monate. Er hatte die Aufgabe, mit seinem Team nach einem bestimmten Tourenplan Gebrauchsgegenstände wie Möbel, Fernseher, Stereoanlagen bei Privatpersonen abzuholen und in das Einrichtungsdepot zu bringen. Außerdem war er für zwei weitere Gruppen zuständig. Er verteilte täglich die anwesenden Mitarbeiter auf die Fahrzeuge. Ihm waren die Kfz-Schlüssel und Fahrzeugpapiere anvertraut, die er morgens ausgab und abends wieder in den Tresor einschloss. Büroaufgaben im eigentlichen Sinne hatte er nicht auszuführen. Hatten die anderen Teams Probleme, hat er diese aufgesucht und versucht zu helfen. Er hat selbstständig bis zu einem Betrag von 5.000,00 DM über Haushaltsmittel verfügt, wobei er sich auf zuarbeitende Stellen hinsichtlich der Richtigkeit und Notwendigkeit der Ausgaben verlassen hat. Die eigentliche Kassenführung und Rechnungslegung gehörte nicht zu seinen Aufgaben. Er war für die ihm zugeordneten Mitarbeiter Anlaufstelle auch für persönliche Fragen. Hierfür war seine Qualifikation als Ausbilder mit dem so genannten ADA-Schein als Nachweis seiner Ausbildereigenschaft wichtig. Dieses Berufsbild entspricht nicht demjenigen des Facharbeiters mit einer dreijährigen Berufsausbildung. Sie entspricht allenfalls dem Beruf des Berufskraftfahrers der Fachrichtung Güterverkehr mit zweijähriger Ausbildung. Diese sind in Unternehmen des Güterverkehrs tätig und sie besitzen technische Kenntnisse der Fahrzeuge, der Wartung und der Ladungssicherung. Sie führen Lastkraftwagen und beherrschen den Umgang mit Genehmigungen, Beförderungs- und Zollpapieren sowie die Anforderung an Beförderungsverträge auch im grenzüberschreitenden Verkehr. Weiterhin kennen sie sich in der sachkundigen Behandlung und Sicherung der unterschiedlichen Beförderungsgüter aus. Die Tätigkeit des Klägers entsprach diesen Anforderungen insoweit nicht, als die technischen Aufgaben am Fahrzeug und auch der Umgang mit Genehmigungen, Beförderungs- und Zollpapieren sowie die Anforderung an Beförderungsverträge nicht Inhalt seiner Arbeit waren. Dafür hatte er aber darüber hinaus Vorarbeiterfunktion sowie die Befugnis in der Mittelverwaltung und die Mitarbeit im Depot inne. Seine Tätigkeit ist somit derjenigen des Berufskraftfahrers der Fachrichtung Güterverkehr gleichzusetzen. Insoweit folgt das Gericht den Ausführungen des berufskundlichen Sachverständigen Herrn K in der mündlichen Verhandlung und in seiner Stellungnahme vom 4. September 2006.
Dem Kläger ist auch nicht darin zu folgen, dass die von ihm erworbene Ausbildereigenschaft derjenigen eines Meisters entspricht. Dieser erlernt während einer mehrjährigen Ausbildung die Fähigkeit, menschlich und fachlich auf andere Personen einzugehen und diese ausbilden zu können. Demgegenüber hat der Kläger seine Ausbildereigenschaft lediglich in einem kurzen Lehrgang erlangt.
Der Kläger ist somit auf der Anlernebene einzustufen, genießt daher keinen Berufsschutz, sondern kann auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Wie das Sozialgericht Kiel in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, sind ihm auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte Pack- oder einfache Sortierarbeiten in der Form eines Versandfertigmachers zuzumuten. Auch insoweit wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen in dem Urteil vom 22. Juni 2005 Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, Abs. 4 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 1, Abs. 2 SGG durch den Senat zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
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