L 6 RA 47/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 10 RA 4096/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 RA 47/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten, die seit dem 01. Oktober 2005 Deutsche Rentenversicherung Bund heißt, die Gewährung einer höheren Altersrente für langjährig Versicherte (im Folgenden: Altersrente) nach § 36 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für die Zeit vom 01. Oktober 1997 bis zum 31. August 1998 sowie eine höhere Regelaltersrente (im Folgenden: RAR) nach § 35 SGB VI für die Zeit ab dem 01. September 1998.

Der im August geborene Kläger ist Arzt und Nuklearmediziner; bis Ende Februar 1996 war er im Klinikum B versicherungspflichtig beschäftigt und anschließend bis zum 04. August 1998 selbstständig tätig. Mit Wirkung vom 01. Januar 1962 (Urkunde der Vereinigten Großberliner Versicherungsanstalt Nr R vom 03. Februar 1962, mit einer Versorgungszusage in Höhe von 60 vH des im letzten Jahr vor Eintritt des Versorgungsfalles bezogenen durchschnittlichen monatlichen Bruttogehaltes, im Höchstfalle 800,00 DM) war er zunächst in die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der Stadt Berlin nach der Verordnung vom 17. August 1951 (AVI; VOBl Teil I Nr 57 Seite 403; einem Zusatzversorgungssystem nach der Anlage 1 Nr 4 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG –) einbezogen worden. Ab dem 01. Juli 1988 bis zum 30. Juni 1990 war er in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und andere Hochschulkader in staatlichen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens nach der Anordnung vom 20. April 1988 (FZVÄrzte; einem Zusatzversorgungssystem nach der Anlage 1 Nr 8 zum AAÜG), einbezogen. Daneben entrichtete er in der Zeit vom 01. Juli 1972 bis zum 31. Dezember 1978 und vom 01. Juli 1988 bis zum 30. Juni 1990 Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR). Aufgrund einer anerkannten Berufskrankheit bezieht der Kläger seit 1990 eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (iHv 361,41 DM ab Januar 1996, 384,69 DM ab Januar 1998 und 394,61 DM ab Januar 1999).

Antragsgemäß bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 11. Dezember 1997 dem Kläger mit Wirkung ab 01. Oktober 1997 eine Altersrente nach § 36 SGB VI als Teilrente iHv 883,13 DM brutto, errechnet aus 65,4012 Entgeltpunkten (Ost) (EP) für eine Vollrente. Der Rentenberechnung lagen ua die vom Zusatzversorgungsträger durch Bescheid vom 14. Oktober 1996 bindend festgestellten Zugehörigkeitszeiten vom 01. März 1959 bis zum 30. Juni 1990 und Arbeitsentgelte nach dem AAÜG bis zur Beitragsbemessungsgrenze zugrunde. Auf seinen Widerspruch setzte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 18. Februar 1998 einen Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers fest, mit weiterem Bescheid vom 22. Januar 1999 bestimmte sie den Altersrentenmonatsbetrag mit 932,90 DM ab dem 01. Oktober 1997, ausgehend von 69,0864 EP für eine Vollrente. Zuvor hatte sie bereits mit Bescheid vom 05. Oktober 1999 antragsgemäß die dem Kläger ab 01. September 1998 zu gewährende RAR mit einem Betrag iHv 2.672,85 DM monatlich - vor Anrechnung der Unfallrente und ausgehend von einer besitzgeschützten EP-Zahl von 65,4012 - festgestellt. Auf den Widerspruch des Klägers stellte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 03. Februar 1999, ersetzt durch den Bescheid vom 10. Dezember 1999 und zuletzt durch den Bescheid vom 10. Januar 2000 den RAR-Anspruch von Rentenbeginn an mit einem Betrag von 2.823,56 DM - vor Anrechnung der Unfallrente und ausgehend von einem Besitzschutz nach § 88 SGB VI mit 69,0864 EP - neu fest. Die Widersprüche des Klägers, mit denen er höhere Rentenleistungen unter dem Gesichtspunkt der Berücksichtigung von tatsächlich erzielten Arbeitsentgelten über die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze (BBMG) hinaus sowie seiner in der Zusatzversorgung erworbenen Ansprüche geltend machte, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2000 zurück.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hat der Kläger geltend gemacht, seine Altersrenten seien von Beginn an unter Berücksichtigung der AVI und der FZR neu festzustellen. Er sei hinsichtlich der Bestands- und Vertrauensschutzregelungen nach dem Einigungsvertrag (EV) so zu behandeln wie seine Berufskollegen, die bereits vor dem 30. Juni 1995 in den Ruhestand getreten seien. Insoweit berufe er sich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Es sei eine Zusatzversorgung aus der AVI zu berechnen und der sich nach diesen Regelungen ergebende Zahlbetrag sei nach den für das Beitrittsgebiet geltenden Regelungen zu dynamisieren. Seine Versorgungsanwartschaft aus der FZVÄrzte habe zum 30. Juni 1990 2.824,00 DM (= 90 vH des letzten monatlichen Nettogehalts von 3.138,00 DM) betragen. Dieser besitzgeschützte Zahlbetrag müsse nach den Regelungen des Beitrittsgebiets dynamisiert werden, so dass zum 01. Juli 2003 ein Gesamtzahlbetrag von 3.284,00 EUR und nicht nur die von der Beklagten gewährte SGB VI-Rente in Höhe von 1.587,00 EUR - vor Anrechnung der Unfallrente – zu erbringen sei.

Mit Urteil vom 22. März 2004 hat das SG Berlin die Klage abgewiesen. Die Bescheide vom 22. Januar 1999 und 10. Januar 2000, die sämtliche vorhergehende Rentenbescheide ersetzt hätten, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2000 seien rechtmäßig und würden den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. Ein Anspruch auf eine höhere Rentenleistung könne dem Kläger unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zustehen. Die Beklagte habe den Wert des Rechts auf Rente unter Berücksichtigung der gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten nach § 5 AAÜG und zum Teil nach § 248 Abs 3 Satz 1 SGB VI (iVm §§ 256 a und 259 b SGB VI) festgesetzt und die tatsächlich erzielten, als versichert geltenden Arbeitsverdienste bis zur Höhe der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze zu Grunde gelegt, unabhängig davon, ob insoweit in der DDR tatsächlich auch Beiträge entrichtet worden waren. Soweit Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem im Sinne des AAÜG zu Grunde zu legen seien, verdränge § 259 b SGB VI die Vorschriften der §§ 256 a, 256 b SGB VI. Für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- und Sonderversorgungssystem werde bei Ermittlung der EP allein der Verdienst nach dem AAÜG zu Grunde gelegt und zwar das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen maximal bis zum Wert der Anlage 3 zum AAÜG (§ 6 Abs 1 AAÜG). Die Werte der Anlage 3 zum AAÜG entsprächen nach Hochrechnung mit dem Faktor der Anlage 10 zum SGB VI der in der Rentenversicherung im gesamten Bundesgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenze. Insoweit komme es weder auf eine Beitragszahlung zum Versorgungssystem noch zur FZR an. Die Begrenzung von Entgelten nach § 6 Abs 1 AAÜG (iVm Anlage 3 zum AAÜG) auf die jeweiligen Werte der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze sei nach der Rechtsprechung des BVerfG mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl BVerfGE 100, 1, 41; Nichtannahmebeschluss vom 06. August 2002 – 1 BvR 586/98 – in NZS 2003, 87). Auch das Bundessozialgericht (BSG) habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der Gesetzgeber nicht gehalten sei, Rentner mit Verdiensten aus Zeiten im Beitrittsgebiet gegenüber allen anderen Versicherten besser zu stellen und die nachträglich auf der Grundlage der § 256 a bzw § 259 b iVm der Anlage 10 zum SGB VI "fiktiv" ermittelten Verdienste auch über der für alle anderen Versicherten gleichermaßen jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen (vgl BSG SozR 3-2600 § 256 a Nr 5, Urteil vom 10. April 2003 – B 4 RA 41/02 R –). Zudem könne der Kläger sein Begehren auf Zuerkennung eines höheren Geldwerts seines Rechts auf Rente auch nicht auf die Zahlbetragsgarantie des EV in Art 30 Abs 5 bzw Anlage II Kapitel VIII, Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 Buchstabe b Satz 5 (im Folgenden: EV Nr 9 Buchst b Sa5) und in deren Fortschreibung auf § 4 Abs 4 AAÜG in der Fassung des Zweiten AAÜG-Änderungsgesetzes vom 27. Juli 2001 (2. AAÜG-ÄndG; BGBl I S 1939) stützen. Denn § 4 Abs 4 AAÜG gelte nur für Personen, die zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung nach dem Stand des DDR-Rechts am 01. Juli 1990 eine Anwartschaft auf Versorgung und damit zum 31. Dezember 1991 eine in eine Anwartschaft aus der Rentenversicherung des Beitrittsgebiets überführte und am 01. Januar 1992 durch eine übergeleitete Anwartschaft auf eine SGB VI-Rente ersetzte Berechtigung hatten, die bis zum 30. Juni 1995 zum Vollrecht erstarkt sei. § 4 Abs 4 AAÜG sehe dann vor, dass von den drei jeweils eigenständig festzusetzenden Werten in jedem Bezugsmonat der höchste Wert als maßgeblicher Wert des Rechts auf Rente festzustellen sei (vgl BSG Urteil vom 30. Juli 2002 – B 4 RA 27/01 R –). Der Kläger gehöre nicht zu den rentennahen Jahrgängen, für die diese dem Bestand- und Vertrauensschutz dienende Übergangsbestimmung geschaffen sei. Sein Vollrecht auf die SGB VI-Rente sei erst nach dem 30. Juni 1995 entstanden. Die Zahlbetragsgarantie im EV sei jedoch nur für (Bestandsrentner und) rentennahe Jahrgänge des Beitrittsgebiets bis zum 30. Juni 1995 als Eigentumsposition ausgestaltet worden, nicht jedoch zu Gunsten derjenigen, deren Vollrecht auf eine SGB VI-Rente erst nach dem 30. Juni 1995 entstanden sei. Die Stichtagsregelung selbst wiederum verstoße nicht gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG). Denn dem Gesetzgeber sei es zur Regelung bestimmter Sachverhalte nicht verwehrt, Stichtage einzuführen, wenngleich jeder Stichtag unvermeidliche Härten mit sich bringe (vgl BVerfGE 87,1, 43). Auch habe das BVerfG bereits ausdrücklich entschieden, dass die Stichtagsregelung des EV – und somit auch die Fortschreibung des EV § 4 Abs 4 AAÜG – als Folge des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums verfassungsgemäß sei (vgl BVerfG 100, 1, 46; NZS 2003, 87, 89). Weder der EV noch in dessen Fortschreibung § 4 Abs 4 AAÜG hätten einen weitergehenden Vertrauenstatbestand geschaffen, auf den sich die Zugangsrentner ab Juli 1995 berufen könnten. Dies gelte auch für die Bestandsschutzregelungen in Art 2 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG), der für rentennahe Jahrgänge aus der Sozialversicherung der DDR und der FZR (der DDR) einen Bestandsschutz ausgestaltet habe, der wegen der Stichtagsregelung in Art 2 § 1 Abs 1 Nr 3 RÜG auf Zugangsrentner ab 01. Januar 1997 keine Anwendung finde. Im Hinblick auf die umfängliche höchstrichterliche Rechtssprechung sei für ein Ruhen des Verfahrens kein Raum gewesen. Die Kostenentscheidung beruhe auf § 193 Sozialgerichtsgsetz (SGG) und berücksichtige die zutreffende Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2000.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter: Zwar würden die geltenden Rechtsvorschriften keine ausreichende Grundlage für die beanspruchten höheren Rentenleistungen hergeben. Jedoch verstoße die geltende Gesetzeslage gegen die Prinzipien der Gerechtigkeit und der Gleichbehandlung der Rentenanspruchsberechtigten. Durch die Beschränkung auf die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze erhalte er in etwa die Hälfte der Rentenhöhe seiner Berufskollegen in den alten Bundesländern.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2004 aufzuheben sowie die Bescheide vom 22. Januar 1999 und 10. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2000 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, seine Altersrenten unter Berücksichtigung seiner in der ehemaligen DDR erworbenen Anwartschaften unter Wahrung eines angemessenen Bestands- und Vertrauensschutzes neu zu berechnen und ihm eine Rentenleistung in Höhe von 90 vH seines zuletzt erzielten monatlichen Nettogehalts zu zahlen und diese an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet anzupassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG Berlin für zutreffend.

Der Senat hat den Beteiligten mit Schreiben vom 08. Februar 2005 unter Fristsetzung Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die bei Entscheidungsfindung vorgelegen hat, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte nach § 153 Abs 4 Satz 1 SGG über die Berufung des Klägers durch Beschluss entscheiden. Gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG kann das Landessozialgericht die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall gegeben, da die frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers nach übereinstimmender Auffassung der Berufsrichter des Senats zwar zulässig (§ 143 SGG), jedoch unbegründet ist. Wie das SG zu Recht entschieden hat, sind die vom Kläger gegen die Altersrentenbescheide vom 22. Januar 1999 und 10. Januar 2000 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2000 erhobenen kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs 1 und 4 SGG; vgl BSG in SozR 4-1300 § 44 RdNr 8) unbegründet, da dem Kläger weder für die Zeit vom 01. Oktober 1997 bis zum 31. August 1998 ein Anspruch auf eine höhere Altersrentenleistung nach § 36 SGB VI noch für die Zeit ab 01. September 1998 ein Anspruch auf eine höhere RAR-Leistung nach § 35 SGB VI zusteht.

Wegen der vom Kläger vorgenommenen Bestimmung des Streitgegenstandes unterliegen die angefochtenen Bescheide vom 22. Januar 1999 und 10. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2000 nur unter dem geltend gemachten Gesichtspunkt des Zahlbetragsschutzes (und dessen Dynamisierung) der Nachprüfung im vorliegenden Rechtsstreit (vgl zur Teilbarkeit des Streitgegenstandes: BSG Urteile vom 30. März 2004 - B 4 RA 46/02 R - unveröffentlicht, vom 25. Februar 2004 - B 5 RJ 62/02 R - in SozR 4-2600 § 237 Nr 2 und vom 31. Juli 2002 - B 4 RA 113/00 R - unveröffentlicht).

Dem Kläger steht sein Recht auf Altersrente bzw auf RAR nicht in Höhe des durch EV Nr 9 Buchst b Satz 5 iVm § 4 Abs 4 Satz 1 und 2 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG garantierten Zahlbetrages oder des sog "weiterzuzahlenden Betrages" zu, denn § 4 Abs 4 AAÜG ist auf ihn nicht anwendbar.

Zu Recht hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden den Wert des vom Kläger in Anspruch genommenen Rechts auf Altersrente (für langjährig Versicherte) bzw auf RAR nicht auf der Grundlage des von EV Nr 9 Buchst b Satz 5 iVm § 4 Abs 4 Satz 1 und 2 AAÜG garantierten Zahlbetrages oder des "weiterzuzahlenden Betrages" festgestellt, denn diese Zahlbetragsgarantien standen dem Kläger nicht zu, weil die Anwendbarkeitsvoraussetzung des § 4 Abs 4 AAÜG, der Eintritt eines fiktiven Versorgungsfalles vor dem 01. Juli 1995 (Satz 2 aaO), nicht erfüllt war; der Kläger hat sein 65. Lebensjahr erst im August 1998 vollendet, ohne vor dem 01. Juli 1995 berufsunfähig geworden zu sein.

EV Nr 9 Buchst b, der nur einige der Maßgaben zu den Versorgungssystemen regelte, garantierte im Rahmen der dort ausschließlich geregelten Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften aus Sonder- und Zusatzversorgungssystemen in das Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebiets zum 31. Dezember 1991 (dazu grundlegend: BSG in SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 13 ff) den Personen, die am 03. Oktober 1990 aus dem Versorgungssystem "leistungsberechtigt" waren, also irgendein Vollrecht auf eine Versorgung aus einem Versorgungssystem hatten (sog Bestandsrentnern), den vollen Bestandsschutz, nämlich als Mindestbetrag den Zahlbetrag, der für Juli 1990 aus der Sozialversicherung und dem Versorgungssystem zu erbringen war (Satz 4). Denjenigen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht aus dem Versorgungssystem "leistungsberechtigt" waren (die also nur eine Versorgungsanwartschaft innehatten) und erst ab dem 04. Oktober 1990 wegen Eintritts des Versorgungsfalls ein Vollrecht auf Versorgungsrente erwerben würden (sog Zugangsrentner), wurde nur ein zeitlich limitierter Bestandsschutz eingeräumt, nämlich nur, wenn sie bis zum 30. Juni 1995 den Versorgungsfall erlitten und deshalb - fiktiv - leistungsberechtigt geworden wären. Auch diesem Personenkreis wurde der Zahlbetrag garantiert, "der für Juli 1990 aus der Sozialversicherung und dem Versorgungssystem zu erbringen gewesen wäre, wenn der Versorgungsfall am 01. Juli 1990 eingetreten wäre" (Satz 5). Bei der Überleitung des SGB VI am 01. Januar 1992 auf das Beitrittsgebiet wurde zu Gunsten der Inhaber von überführten Rechten durch § 307b SGB VI (dazu: BSG Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 4 RA 27/04 R- in SozR 4-2600 § 307b Nr 5) und zuvor bei der Überleitung von Versorgungsanwartschaften in das Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebiets durch § 4 Abs 4 AAÜG die Zeitgrenze zwischen den "leistungsberechtigten" Bestandsrentnern und den noch nicht "leistungsberechtigten" Zugangsrentnern der Versorgungssysteme vom 03./04. Oktober 1990 auf den 31. Dezember 1991/01. Januar 1992 verlegt. Dadurch gelangten auch Inhaber einer erst zum 31. Dezember 1991 überführten bloßen Versorgungsanwartschaft zusätzlich und sie nur begünstigend in den erstmals durch das RÜG (1991) geschaffenen Schutz des sog "weiterzuzahlenden Betrages".

Die als Schranke der im EV der Bundesregierung erteilten Verordnungsermächtigung ausgestaltete Zahlbetragsgarantie des EV Nr 9 Buchst b Satz 5, die dem "besitzgeschützten Zahlbetrag" Eigentumsschutz vermittelt hat (vgl BVerfG 100, 1, 51 f = SozR 3-8570 § 10 Nr 3), schützte das Vertrauen der "rentennahen" Inhaber einer Versorgungsanwartschaft in den Erhalt des Werts dieser Anwartschaft nach dem im Juli 1990 maßgeblichen Versorgungsrecht der DDR, soweit es nach dem EV zu Bundesrecht wurde, sowie (bei Zusatzversorgten) den Wert der Anwartschaft auf Sozialpflichtversicherungsrente (vgl BSG in SozR 3-8570 § 4 Nr 3 S 11 und Nr 4 S 28). Wenn der fiktive Versorgungsfall nach der Versorgungsordnung vor dem 01. Juli 1995 eintritt, wird er so behandelt, als wäre er am 01. Juli 1990 eingetreten. Maßstab für die Höhe des fiktiven Gesamtanspruchs aus Sozialversicherung und Zusatzversorgung sind dann die leistungsrechtlichen Regelungen des am 01. Juli 1990 im Beitrittsgebiet geltenden Rentenversicherungs- und Versorgungsrechts, soweit es am 03. Oktober 1990 zu Bundesrecht wurde. Ausgehend hiervon ist zu prüfen, welche Ansprüche in welcher Höhe dem Berechtigten nach den im Juli 1990 maßgeblichen Bestimmungen zugestanden hätten. Da den Zugangsrentnern nur ein zeitlich limitierter Bestandsschutz garantiert wurde, ist - als Anwendungsvoraussetzung des § 4 Abs 4 AAÜG - stets vorab zu prüfen, ob nach den leistungsrechtlichen Bestimmungen des Versorgungssystems der Versorgungsfall bis zum Ablauf des 30. Juni 1995 eingetreten wäre, also die Versorgungsanwartschaft innerhalb dieses Zeitraums zu einem Vollrecht auf Versorgung erstarkt wäre.

An dieser Rechtslage hat im Übrigen auch das 2. AAÜG-ÄndG verfassungsgemäß nichts rückwirkend geändert. Inhaltlich unverändert blieb insbesondere der - auch vom BVerfG nicht beanstandete (dazu sogleich) - § 4 Abs 4 Satz 2 AAÜG. Danach war und ist - entgegen der Ansicht des Klägers - grundlegende Voraussetzung für die Maßgeblichkeit des "besitzgeschützten Zahlbetrages" oder des "weiterzuzahlenden Betrages", dass der Berechtigte einen "Anspruch aus dem Versorgungssystem" gehabt hätte, wenn die Regelungen des Versorgungssystems weiter anzuwenden wären; ein Recht auf Rente aus dem SGB VI reicht also nicht.

Nach EV und AAÜG stand also dem geborenen Kläger kein Recht auf einen "besitzgeschützten Zahlbetrag" oder auf einen "weiterzuzahlenden Betrag" zu, denn er hatte bis zum Ablauf des 30. Juni 1995 keinen fiktiven "Anspruch" aus dem Zusatzversorgungssystem nach Nr 4 der Anlage 1 zum AAÜG (AVIwiss) bzw nach Nr 8 der Anlage zum AAÜG (FZVÄrzte), denen er früher angehört hatte, erworben. Da er nicht berufsunfähig ist (§ 8 Buchst b der VO-AVIwiss vom 12. Juli 1951 (GBl 675); § 10 AO-FZVÄrzte vom 20. April 1988, abgedruckt in Aichberger II Sozialgesetze Ergänzungsband für die neuen Bundesländer unter Nr 181), hätte ihm nach § 8 Buchst a der VO-AVIwiss bzw § 7 der AO-FZVÄrzte erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres, also ab dem Zeitpunkt, ab dem ihm auch kraft Gesetzes ein Recht auf Regelaltersrente nach dem SGB VI zustand, hier also im August 1998, und damit erst nach Ablauf des zeitlich limitierten Bestandsschutzes ein Recht auf zusätzliche Altersversorgung zugestanden. Aus demselben Grunde stand er auch nicht unter dem Schutz des sog "weiterzuzahlenden Betrages".

Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt die Stichtagsregelung in § 4 Abs 4 AAÜG auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Das BVerfG hat in weiterem Zusammenhang ausgeführt, dass der Gesetzgeber innerhalb seiner Gestaltungsbefugnis bleibe, wenn er es ablehne, zu Lasten der Versichertengemeinschaft oder der Allgemeinheit den alters- oder schicksalsbedingten Umstand voll auszugleichen, dass Personen im erwerbsfähigen Alter bessere Chancen haben als Rentner und Angehörige rentennaher Jahrgänge, Zugang zu ergänzenden Alterssicherungssystemen zu finden. Es sei deshalb mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar, dass die begünstigende Wirkung der Zahlbetragsgarantie nach dem EV auf Bestandsrentner und Rentenzugänge bis zum 30. Juni 1995 begrenzt worden sei (BVerfGE 100, 1, 46 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 57 f). Unter Bezugnahme insbesondere hierauf hat das BSG entschieden, dass gegen die Stichtagsregelung in § 4 Abs 4 AAÜG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden (BSG SozR 4-2600 § 260 Nr 1 RdNr 25 ff, insbesondere 28 mwN, siehe auch Urteil vom 23. August 2005 – B 4 RA 52/04 R-). Der Senat folgt dem als überzeugend. Dabei kann nicht außer Acht gelassen werden – worauf das BSG zu Recht hinweist –, dass auch nach Ablauf des Stichtages (30. Juni 1995) die Rentenberechtigte aus dem Beitrittsgebiet begünstigenden Vorschriften des SGB VI und der §§ 5 bis 8 AAÜG bei der Ermittlung der Entgeltpunkte weiterhin Anwendung finden (BSG aaO RdNr 29).

Im Hinblick auf die bereits vorliegenden höchstrichterlichen und verfassungsgerichtlichen Entscheidungen zur Überführung der in der DDR und nach deren Vorschriften erworbenen Rechte, Ansprüche und Anwartschaften aus der Sozialpflichtversicherung und der FZR sowie den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung des SGB VI bestand für den Senat kein Anlass, das Verfahren nach Art 100 GG auszusetzen und dem BVerfG vorzulegen. Ebenso wenig bestand Anlass, das Verfahren nach § 114 SGG auszusetzen. Für eine Anordnung des Ruhens des Verfahrens nach § 202 SGG iVm § 251 Zivilprozessordnung (ZPO) fehlt es schon an der hierfür erforderlichen Zustimmung der Beklagten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, sie folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor, insbesondere weicht der Senat nicht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab, sondern folgt dieser.
Rechtskraft
Aus
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