L 15 B 202/06 SO PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 20 SO 22/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 B 202/06 SO PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 4. Mai 2006 aufgehoben, soweit der Klägerin auferlegt worden ist, monatliche Raten zu zahlen und "den monatlichen Barbetrag nach § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII (EUR 103,72) zur Prozessführung einzusetzen". Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde hat Erfolg. Ob Leistungen der Sozialhilfe und damit auch der fragliche Barbetrag generell kein Einkommen im Sinne des § 115 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) sind und ob die Neufassung des § 115 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO ab 1. Januar 2005 infolge der Eingliederung der Sozialhilfe in das Sozialgesetzbuch für oder gegen eine der bislang hierzu vertretenen Auffassungen spricht, kann offen bleiben. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass die Leistungen der Sozialhilfe Einkommen darstellten, ergäbe sich vorliegend kein einzusetzendes Einkommen, welches zur Festsetzung von Raten führen würde. Von Verfassungs wegen darf die Kostenbeteiligung einer bedürftigen Beteiligten das Existenzminimum nicht gefährden (s. – auch zum folgenden – ausführlich Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. April 1988 – 1 BvL 84/86 -, BVerfGE 78, 104). Seit 1995 wird dieser Vorgabe grundsätzlich durch den Freibetrag nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ZPO und darüber hinaus dadurch getragen, dass gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO weitere Beträge abzusetzen sind, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist. Ob vorliegend der Freibetrag bereits durch andere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) als dem Barbeitrag nach § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII faktisch ausgeschöpft ist, muss nicht entschieden werden. Jedenfalls ist der Barbetrag nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO abzusetzen, um eine mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarende und damit "besondere" Belastung der Klägerin zu vermeiden. Sowohl nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ("Der weitere notwendige Lebensunterhalt umfasst ...") als auch nach dem materiellen Gehalt der Leistung dient der angemessene Barbetrag zur persönlichen Verfügung der Sicherung eines menschenwürdigen Daseins und muss ihr deshalb belassen werden. Denn aus ihm muss sie ihre persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens bestreiten (wie etwa Aufwendungen für Körperpflege und Reinigung, für Instandhaltung von Schuhen, Kleidung und Wäsche sowie für Hausrat und Wäsche von geringem Anschaffungswert; siehe zum Bundessozialhilfegesetz ausführlich Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 8. Juli 2004 – 5 C 42/03 -, BVerwGE 121, 251; zur Rechtslage des SGB XII etwa Armborst in Münder u.a., LPK-SGB XII, § 35 Rn. 8 ff.). Unter der Geltung des SGB XII kommt hinzu, dass einmalige Leistungen nur noch in geringem Umfang vorgesehen sind (§ 35 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 41 Satz 1 Nr. 3 und § 31 SGB XII) und aus dem Barbetrag dem entsprechend auch Rücklagen für bestimmte Ersatzbeschaffungen gebildet werden müssen.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 73a SGG i.V. mit § 127 Abs. 4 ZPO. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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