L 5 KR 531/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 802/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 531/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. November 2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen.

Die Klägerin ist ein mittelständisches Unternehmen (in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG), das sich mit der Entwicklung und Herstellung von Dampfventilen und deren Verwendung in komplexen Regelungskreisen beschäftigt.

Bei der Klägerin ist der Beigeladene Ziffer 1 beschäftigt. Im August 1998 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Die Prüfung betraf den Zeitraum 1994 bis 1997. Mit Bescheid vom 13. August 1998 stellte die Beklagte fest, dass Beiträge in Höhe von 52.849,84 DM nachzuentrichten seien. Die Nachforderung entfiel auf zahlreiche bei der Klägerin beschäftigte Arbeitnehmer. Der Widerspruch der Klägerin wurde seinerzeit durch Widerspruchsbescheid vom 17. März 1999 zurückgewiesen, im sich anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Heilbronn (S 2 KR 934/99) wurde der Rechtsstreit durch Teilanerkenntnisse der Beklagten und Teilrücknahmen durch die Klägerin erledigt.

Im März/April 2002 führte die Beklagte erneut eine Betriebsprüfung durch, der Prüfzeitraum umfasste die Jahre 1998 bis 2001. Mit einem ersten Teilbescheid vom 29. April 2002 stellte die Beklagte erneut fest, dass ihrer Ansicht nach in zahlreichen Fällen die Beiträge der betroffenen Arbeitnehmer zur Gesamtsozialversicherung unzutreffend zu niedrig angesetzt worden seien und deshalb Nachzahlungen in Höhe von insgesamt 42.730,17 EUR zu entrichten seien. Die Beitragssumme enthielt Säumniszuschläge in Höhe von 4.749,61 EUR.

Hinsichtlich des Beigeladenen Ziff. 1 machte die Beklagte geltend, für diesen sei die Beitragsberechnung teilweise unzutreffend durchgeführt worden. Der Beigeladene Ziffer 1 habe Zahlungen erhalten, die als Einmalzahlung der Beitragsberechnung unterworfen seien. Indessen habe es sich nicht um Einmalzahlungen gehandelt, weil das gezahlte Arbeitsentgelt sich nicht ausschließlich dem Zahlungsmonat habe zuordnen lassen, sondern aus mehreren Monaten resultiere. Es hätten deshalb vom Arbeitgeber Korrekturabrechnungen erfolgen müssen oder aus Vereinfachungsgründen als Einmalzahlung abgerechnet werden müssen. Insofern werde es zwar einem bestimmten Entgeltabrechnungszeitraum zugerechnet, jedoch werde dabei die monatliche Beitragsbemessung außer Kraft gesetzt. Die Beklagte verwies an dieser Stelle auf die danach maßgebliche Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge gem. § 23 a Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV). Für den Beigeladenen Ziffer 1 ergebe sich wegen der unzutreffenden Beitragsberechnung deshalb noch ein nachzuentrichtender Beitrag in Höhe von insgesamt 1.511,38 EUR.

Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28. November 2003).

Hiergegen hat die Klägerin am 17. Dezember 2003 Klage vor dem SG Heilbronn erhoben (Az. S 9 KR 3559/03).

Mit Beschluss vom 17. März 2004 hat das SG einzelne Klageteile zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt, soweit verschiedene Arbeitnehmer betroffen waren (Fortführung des Verfahrens hier unter dem Az. S 9 KR 802/04).

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin hinsichtlich des hier betroffenen Beigeladenen Ziffer 1 u. a. ausgeführt, im Monat September 1998 habe der Beigeladene Ziffer 1 die Urlaubsvertretung seines Vorgesetzten übernommen. Außerdem habe er in diesem Monat eine technische Verbesserungsleistung für die Thermo-Niveau-Entgasung und für die Dampfleitungsentwässerung erbracht. Daher habe er in diesem Monat eine Sonderzahlung erhalten. Im Monat Dezember 1999 habe der Beigeladene Ziffer 1 wiederum die Urlaubsvertretung seines Vorgesetzten übernommen und hierfür eine Sonderzahlung erhalten. Die Sonderzahlung sei auch Anreiz für die vom Beigeladenen Ziffer 1 ab diesem Monat übernommene Verantwortung für den Export der Klägerin in die europäischen Länder gewesen. Im Monat Dezember 2000 habe der Beigeladenen Ziffer 1 wiederum seinen Vorgesetzten, der sich auf einer Asienreise befunden habe, vertreten. Außerdem habe er weitere Mitarbeiter vertreten müssen, da diese krank geworden seien. Hierfür habe er eine dem Entgeltzahlungszeitraum zuzuordnende Zuzahlung erhalten (Bl. 47/48 SG-Akten S 9 KR 3559/03).

In seiner schriftlichen Auskunft vom 5. April 2004 hat der Beigeladene Ziffer 1 mitgeteilt, er habe sich über den Streit in der Buchhaltung seiner Firma informiert. Er arbeite dort seit dem 1. Januar 1968 und sei seit 7. Juni 1978 Mitglied im Betriebsrat. Die Klägerin sei ein tariffreier Betrieb, das bedeute, die Vergütungen seien einzelvertragliche Regelungen und letztendlich bestimme der Arbeitgeber.

Sein Vorgesetzter sei der Prokurist H. M., der auch Verkaufsleiter sei. Er sei schon seit 15. April 1953 bei der Fa. B. und oft bei Kunden in Asien. In dieser Zeit und während seines Urlaubs vertrete der Beigeladene den Prokuristen. Beruflich mache er bei der Klägerin den Verkauf. Die Klägerin sei ein hoch technischer Betrieb und bei besonderen Leistungen, z. B. Verbesserungen in Dampf-Kondensat-Systemen gebe es Lob und gelegentlich auch eine Sonderzahlung. Er habe auch zusätzlich zu seinen üblichen Arbeiten den Export Europa übernommen und habe seine Sprachkenntnisse autodidaktisch ausgebaut. Er habe die Klagebegründung gelesen und wie es dort auf Seite 11 und 12 beschrieben sei, sei dies zutreffend. Er habe bezüglich der Sonderzahlungen keine Erwartungshaltung, freue sich aber immer, wenn seine Firma ihm eine Sonderzahlung gebe, ihm dies kurz erkläre und sich bei ihm bedanke.

Mit Urteil vom 26. November 2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass aus den von der Beklagten im Widerspruchsbescheid genannten maßgeblichen Rechtsgrundlagen und dortigen Ausführungen die hier festgesetzte Beitragsberechnung zutreffend sei. Ergänzend hat das SG darauf verwiesen, die Klägerin habe bei der Beitragsberechnung die Vorschrift des § 23 a Abs. 3 SGB IV nicht beachtet. Der Vortrag der Klägerin sei für das SG nicht nachvollziehbar. Insbesondere ergebe sich aus dem Vortrag der Klägerin, dass die Zahlungen tatsächlich nicht einem konkreten Arbeitsmonat zuzuordnen seien. Grund für die Zahlungen seien - nach den Angaben der Klägerin - besondere Leistungen im Hinblick auf bestimmte Projekte. Dass diese Projekte innerhalb eines Monats abgewickelt und von der Klägerin honoriert worden seien, sei weder vorgetragen noch mit dem tatsächlichen Ablauf erklärbar. Im Übrigen handele es sich auch nach dem Bekunden der Klägerin um Zahlungen, die wegen besonderer Leistungen oder einem besonderen Einsatz erbracht worden seien, auf die aber kein Anspruch des Beigeladenen Ziffer 1 bestanden habe. Damit sei die Rechtsauffassung der Beklagten nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe im Übrigen auch zutreffend Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV erhoben.

Die Klägerin hat gegen das ihrem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 7. Februar 2005 zugestellte Urteil am 10. Februar 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie auf ihre Klagebegründung vor dem SG bezugnehmend (Seiten 11 und 12) geltend, dass der Beigeladene Ziffer 1 im Monat September 1998 die Urlaubsvertretung seines Vorgesetzten übernommen habe, außerdem in diesem Monat eine technische Verbesserungsleistung erbracht habe und aus diesem Grund in diesem Monat eine Sonderzahlung von 5.000 DM erhalten habe. Im Monat Dezember 1999 habe er ebenfalls die Urlaubsvertretung seines Vorgesetzten übernommen und erneut eine Sonderzahlung in Höhe von 5.000 DM erhalten. Auch im Monat Dezember 2000 habe er seinen Vorgesetzten vertreten, außerdem weitere Mitarbeiter, die erkrankt waren. Auch hierfür habe er eine Zuzahlung in Höhe von 5.000 DM erhalten. Entgegen der Auffassung des SG seien die Zahlungen an den Beigeladenen Ziffer 1 nicht für Leistungen erfolgt, die aus mehreren Monaten resultierten. Es gehe in erster Linie um Urlaubsvertretungen, insbesondere des Vorgesetzten. Die Einmalzahlungen seien bestimmten Monaten, in denen der Vorgesetzte reise- oder urlaubsabwesend gewesen sei, zuzurechnen. Da bei den Monaten, denen die drei Zahlungen zuzuordnen seien, jeweils die Beitragsbemessungsgrenze überschritten gewesen sei, seien die von der Beklagten geltend gemachten Nachforderungen zu Unrecht erfolgt, da die Zahlungen beitragsfrei gewesen seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. November 2004 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. November 2003 insoweit aufzuheben, als für die Sonderzahlungen von jeweils 5.000 DM für die Monate September 1998, Dezember 1999 und Dezember 2000 an den Beigeladenen Ziffer 1 Beiträge zur Sozialversicherung nachberechnet werden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 28. Juni 2006 ist u. a. der Beigeladene Ziffer 1 befragt worden und hat in Ergänzung zu seiner bereits erfolgten schriftlichen Auskunft im Klageverfahren angegeben, dass er der Vertreter des Prokuristen, Herrn M., gewesen sei und es selbstverständlich zu seinen Aufgaben gehört habe, diesen, wenn er im Urlaub oder abwesend gewesen sei, zu vertreten. Dies habe für den Beigeladenen Ziffer 1 natürlich erhebliche zusätzliche Arbeit bedeutet, er habe dann zum Teil auch Arbeit mit nach Hause genommen. In seinem Arbeitsvertrag sei zu Überstunden nichts geregelt gewesen, er habe vielmehr ein festes Gehalt bekommen und daneben nichts weiter für Überstunden. Zu Beginn sei der Prokurist, Herr M., nicht so viel unterwegs gewesen, später aber zwei- bis dreimal im Jahr auf Geschäftsreisen in Asien und Amerika, daneben habe er in der Zwischenzeit nicht nur Deutschland, sondern den gesamten europäischen Raum zu betreuen gehabt und dann in diesen Fällen auch noch den Bereich des Prokuristen, Herrn M ... Im Jahr 1999 könnte es noch gewesen sein, dass nur einmal eine Vertretung notwendig gewesen sei für den Prokuristen, dies wisse er nicht mehr genau, am Anfang seien es weniger, zum Schluss, in den letzten Jahren mehr Vertretungen gewesen. Herr M. habe auch mal Urlaub gemacht, aber in der Hauptsache habe es sich bei diesen Vertretungen um Vertretungen bei Geschäftsreisen gehandelt. Der Beigeladene Ziffer 1 hat hierbei weiter angegeben, inwieweit die Prämie für September 1998 einerseits für die Urlaubsvertretung und andererseits die von ihm vorgenommene technische Verbesserungsleistung, für die er zwei Stunden gebraucht habe, aufgeteilt werden könne, könne er nicht sagen, diese Prämie sei nicht weiter aufgeschlüsselt gewesen. Im Übrigen wird auf das Protokoll hierzu Bezug genommen.

Ergänzend hierzu hat die Klägerin noch die Zeiterfassungskarten des Prokuristen M. für die Monate September 1998, Dezember 1999 und Dezember 2000 vorgelegt, ausweislich derer der Prokurist Herr M. im September 1998 zunächst die ersten fünf Tage vom 1. bis 4. September im Urlaub war, sodann in der Folgezeit zunächst zwei Tage in Hamburg und dann ab 18. September bis zum 30. September in Asien auf Geschäftsreise war. Im Dezember 1999 war danach der Prokurist Herr M. zunächst am 1. und 2. Dezember in den USA und in der Folgezeit vom 4. bis 19. Dezember 1999 krank gewesen, er habe daher nur Teilzeit arbeiten können. Im Dezember 2000 war er zum einen vom 2. bis 5. Dezember sowie vom 5. bis 8. Dezember und erneut vom 12. bis 13. Dezember 2000 bei Kunden in den USA bzw. in der Nähe von Hamburg gewesen. Die Klägerin hat ferner im Hinblick auf die Anforderung des Senats noch eine Übersicht über Abwesenheitszeiten des Prokuristen M. auf Grund von Geschäftsreisen, Urlaub bzw. Krankheit vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des SG (S 9 KR 802/04 und S 9 KR 3559/03 sowie S 2 KR 934/99) und die Senatsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor. Der Beschwerdewert in Höhe von 500 EUR ist überschritten. Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 1.511,38 EUR.

II.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen, denn die Beklagte hat zutreffend bezüglich der hier streitigen "Sonderzahlungen" betreffend die Monate September 1998, Dezember 1999 und Dezember 2000 Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert.

Gemäß § 28 p Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28 a) mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung umfasst gemäß § 28 p Abs. 1 Satz 4 SGB IV auch die Unterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen gemäß § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV im Rahmen der Prüfung, Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28 h Abs. 2 sowie § 93 i.V.m. §§ 89 Abs. 5 des Zehnten Buches nicht.

Gemäß § 23 a Abs. 1 SGB IV sind einmalig gezahltes Arbeitsentgelt Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden (Satz 1). Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt versicherungspflichtig Beschäftigter ist dem Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen, in dem es gezahlt wird, soweit die Abs. 2 und 4 nichts abweichendes bestimmen (Satz 2).

Das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt ist gemäß § 23 a Abs. 3 Satz 1 SGB IV bei der Feststellung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts für versicherungspflichtig Beschäftigte zu berücksichtigen, soweit das bisher gezahlte beitragspflichtige Arbeitsentgelt die anteilige Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht. Die anteilige Beitragsbemessungsgrenze ist der Teil der Beitragsbemessungsgrenze, der der Dauer aller Beschäftigungsverhältnisse bei demselben Arbeitgeber im laufenden Kalenderjahr bis zum Ablauf des Entgeltabrechnungszeitraums entspricht, dem einmalig gezahltes Arbeitsentgelt zuzuordnen ist; auszunehmen sind Zeiten, die nicht mit Beiträgen aus laufenden (nicht einmalig gezahltem) Arbeitsentgelt belegt sind (Satz 2).

Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 24. Mai 2000 (Az. 1 BvL 1, 4/98, 15/99 in BVerfGE 102, 127) festgestellt, dass u. a. die Regelungen des § 23 a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) unvereinbar sind, soweit danach einmalig gezahltes Arbeitsentgelt zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen wird, ohne dass es bei der Berechnung sämtlicher beitragsfinanzierter Lohnersatzleistungen berücksichtigt wird. Das Bundesverfassungsgericht hat aber gleichzeitig ausgesprochen, dass § 23 a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis zum 30. Juni 2001, weiter angewendet werden kann. In der Zwischenzeit ist mit dem Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz zum 1. Januar 2001 die vom Verfassungsgericht gerügte Diskrepanz zwischen Beitragspflicht und fehlender Berücksichtigung bei den Lohnersatzleistungen beseitigt worden.

Nach Überzeugung des Senates handelt es sich letztlich bei den hier streitigen "Sonderzahlungen" nicht wie von der Klägerin behauptet um eine konkrete Vergütung/Honorierung von Leistungen (Mehrarbeit), bezogen jeweils auf die konkreten Monate September 1998, Dezember 1999 und Dezember 2000 im Zusammenhang mit der Vertretung des Prokuristen durch den Beigeladenen Ziffer 1. Vielmehr handelt es sich bei diesen Sonderzahlungen um die generelle Honorierung eines entsprechenden besonderen Engagements und Einsatzes des Beigeladenen Ziffer 1 für seinen Arbeitgeber, die Klägerin. Dies zeigt auch etwa die Einlassung des Beigeladenen Ziffer 1 in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 5. April 2004 im Klageverfahren, in der er u. a. auch darauf hinwies, dass es bei der Klägerin bei besonderen Leistungen Lob und gelegentlich auch eine Sonderzahlung gebe, diesbezüglich zwar keine Erwartungshaltung bestehe, man sich aber immer darüber freue, wenn es eine solche Sonderzahlung gebe und die Klägerin sich bei dem Mitarbeiter bedanke. Wenn es sich aber um so eine generelle Prämie/Honorierung eines entsprechenden engagierten Verhaltens des Arbeitnehmers im Betrieb handelt, dann handelt es sich bei diesen Sonderzahlungen um nichts anderes als um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne von Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld, für das nach den Regeln des § 23 a Abs. 3 für die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge nicht die allein auf den konkreten Zahlungsmonat bezogene Beitragsbemessungsgrenze, sondern die für die seit dem Beginn des Kalenderjahres maßgebliche anteilige Beitragsbemessungsgrenze, bezogen auf die bisher erbrachten beitragspflichtigen Zahlungen, maßgeblich ist. Die Klägerin behauptet zwar, es habe sich hier jeweils allein um die Honorierung konkret nur in den hier streitigen Monaten erbrachter besonderer Leistungen gehandelt. Sie hat in diesem Zusammenhang nunmehr auch noch die Zeiterfassungskarten und die sich daraus ergebenden Abwesenheitszeiten des vorgesetzten Prokuristen des Beigeladenen Ziffer 1 vorgelegt. Danach ist zwar festzuhalten, dass tatsächlich in den maßgeblichen Monaten vom Beigeladenen Ziffer 1 in nicht unerheblichem Umfang, sei es aufgrund von Kundenbesuchen in Deutschland oder im Ausland durch den vorgesetzten Prokuristen bzw. sei es aufgrund einer längeren Krankheit, Vertretungen erbracht werden mussten. Fakt bleibt aber auf der anderen Seite, dass auch im übrigen Jahr von Urlaubsabwesenheiten des Vorgesetzten des Beigeladenen Ziffer 1 von zumindest vier bis fünf Wochen auszugehen ist, denn so ist ausweislich der vorgelegten Zeiterfassungskarten im September 1998 vom Vorgesetzten des Beigeladenen Ziffer 1 lediglich vier Tage Urlaub und in den beiden anderen Monaten Dezember 1999 bzw. Dezember 2000 überhaupt kein Urlaub genommen worden. Ausweislich der zwischenzeitlich noch vorgelegten Übersicht über Abwesenheitszeiten des Prokuristen M. in den Jahren 1998 bis 2000 war dieser jeweils über auch die übrigen Monate verteilt immer wieder auf Grund von Geschäftsreisen wie auch z. T. von Urlaub und Krankheit vom Beigeladenen Ziffer 1 zu vertreten. So ist etwa insbesondere im Jahr 1998 neben dem Monat September mit insgesamt 15 Tagen Abwesenheit des Prokuristen auf Grund von Geschäftsreisen (15 Tage) und Urlaub (vier Tage) auch im Monat April 1998 in fast gleichem Umfang der Prokurist M. abwesend gewesen, nämlich durch Geschäftsreisen (15 Tage) und Urlaub (zwei Tage). Im Jahr 1999 ist sogar hier noch stärker etwa im April 1999 der Prokurist M. vom Beigeladenen Ziffer 1 aufgrund zweier Geschäftsreisen insgesamt 18 Tage zu vertreten gewesen, im Juni 1999 auf Grund zweier Geschäftsreisen 12 Tage sowie auf Grund von Urlaub weitere drei Tage und im Oktober 1999 auf Grund von Geschäftsreisen 14 Tage und Urlaub ein Tag. Im Jahr 2000 war der Prokurist M. vom Beigeladenen Ziffer 1 aufgrund einer Geschäftsreise 17 Tage, im Juli 2000 insgesamt aufgrund von Geschäftsreisen 12 Tage und vier Tage aufgrund von Urlaub und im Dezember 2000 nochmals neun Tage aufgrund von Geschäftsreisen zu vertreten gewesen. Das bedeutet aber, dass also hier von weiteren, nicht unerheblichen Vertretungszeiten in den jeweiligen Kalenderjahren, die neben den hier für die streitigen Monate geltendgemachten angefallen sind, auszugehen ist. Wie die oben dargestellte Verteilung zeigt, ist es keineswegs so, dass einzig und allein in den streitigen Monaten September 1998, Dezember 1999 und Dezember 2000 in besonderem Umfang Vertretungen des Prokuristen M. durch den Beigeladenen Ziffer 1 notwendig geworden waren, sondern vielmehr im Grunde über das ganze Jahr und im besonderen auch in einzelnen Monaten durchaus im vergleichbaren Umfang wie in den hier streitigen Monaten Vertretungen notwendig waren.

Damit bleibt zur Überzeugung des Senates festzuhalten, dass sich die hier ausdrücklich als maßgebliches Kriterium für die Sonderzahlung angegebene besondere Belastung des Beigeladenen Ziffer 1 durch Vertretungen seines Vorgesetzten, Prokuristen M., in den streitigen Jahren keineswegs nur auf die hier behaupteten streitigen Monate bezieht, sondern als eine Prämie für ein insgesamt in diesen Kalenderjahren besonders erbrachtes Engagement des Beigeladenen Ziffer 1 im Zusammenhang mit der Vertretung seines Vorgesetzten handelt. Damit aber sind diese Zahlungen nach den in § 23 a Abs. 3 bestimmten Regelungen zur Sozialversicherungspflicht zu berücksichtigen.

Soweit bezüglich der Sonderzahlung September 1998 von Seiten der Klägerin noch geltend gemacht wird, darin sei auch noch eine Prämie bezüglich einer technischen Verbesserungsleistung für die Thermo-Niveau-Entgasung und für die Dampfleitungsentwässerung enthalten gewesen, führt dies letztlich zu keiner anderen Bewertung. Da die Klägerin nämlich ihre Sonderzahlungen nicht hierauf konkret spezifiziert hat und im übrigen auch nicht dokumentiert ist, in welcher Größenordnung/zeitlichem Umfang diese Verbesserungsleistung den Beigeladenen 1 in Anspruch genommen hat, bleibt es bei der vom Senat vorgenommenen generellen Bewertung dieser Sonderzahlung als eine Prämie für besondere Leistungen im Interesse des Unternehmens.

Die Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise die Sozialversicherungsbeiträge neu berechnet und den hier noch zu entrichtenden Nachforderungsbetrag festgestellt. Im übrigen ist von Seiten der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden, die Beklagte habe hier falsch gerechnet.

Die Beklagte hat schließlich auch in zutreffender Weise Säumniszuschläge gemäß § 24 Abs. 1 SGB IV festgesetzt. Gemäß § 24 Abs. 2 SGB IV ist ein auf eine Beitragsforderung entfallender Säumniszuschlag, sofern eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, nicht zu erheben, so weit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Hiervon kann aber bei der Klägerin keine Rede sein. Diese war vielmehr einerseits durch die Lohnsteueraußenprüfungen und andererseits durch das dem hier streitigen Prüfungsverfahren vorangegangene Prüfungs- und Klageverfahren darüber bereits in Kenntnis gesetzt, dass die von ihr praktizierte Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge (zumindest) streitig ist und sie damit auch mit der (rückwirkenden) Nachforderung von Versicherungsbeiträgen rechnen muss.

Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Saved