Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 28 AS 253/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 11.10.2006 wird angeordnet. Es wird angeordnet, dass die mit Bescheid vom 5.4.2006 für die Zeit vom 1.6.2006 bis zum 31.10.2006 bewilligten Leistungen in Höhe von insgesamt 3373,40 Euro an die Antragstellerinnen auszuzahlen sind. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerinnen dem Grunde nach.
Gründe:
I. Die Antragstellerinnen begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die ihnen für die Zeit 1.6.2006 bis 31.10.2006 bewilligten Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende auszuzahlen.
Die Antragstellerinnen bezogen von der Antragsgegnerin seit Mitte 2005 Leistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch –Grundsicherung für Arbeitssuchende- (SGB II). Die 1976 geborene Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der 2001 geborenen Antragstellerin zu 2). Sie hatte in dem Erstantrag auf Leistungen nach dem SGB II vom 23.6.2005 angegeben, allein erziehende Mutter zu sein und von Herrn N, dem leiblichen Vater der Antragstellerin zu 2), Unterhaltsleistungen in Höhe von 170,00 Euro monatlich zu erhalten. Im Antrag auf Fortzahlung der Leistungen vom 28.3.2006 hatte die Antragstellerin zu 1) angegeben, hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse sei keine Änderung eingetreten. Mit Bescheid vom 5.4.2006 hatte die Antragsgegnerin den Antragstellerinnen Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1.5.2006 bis zum 31.10.2006 in monatlicher Höhe von 754,68 Euro bewilligt.
Unter dem 8. Mai 2006 ging bei der Antragsgegnerin ein Bericht vom 4.5.2006 über eine am 25.4.2006 in der Wohnung der Antragstellerinnen von der Kriminalpolizei L1 und dem Bundeskriminalamt durchgeführte Hausdurchsuchung ein. Die polizeiliche Hausdurchsuchung wurde im Rahmen von Ermittlungen im Strafverfahren gegen Herrn N geführt. Dem Bericht ist zu entnehmen, Herr N sei seit dem 23.11.2005 von Amts wegen abgemeldet und seitdem melderechtlich nicht mehr erfasst worden. In der Wohnung der Antragstellerinnen seien eine Vielzahl von persönlichen Papieren des Herrn N sowie die kompletten Geschäftspapiere über seine Pizzeria vorhanden gewesen. Zudem habe sich seine komplette Garderobe dort befunden.
Die Antragsgegnerin forderte darauf hin die Antragstellerin zu 1) mit Schreiben vom 16.5.2006 auf, bis zum 9.6.2006 im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht nach § 60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch –Allgemeiner Teil- (SGB I) "die Verdienstabrechnungen und die Daten des Lebensgefährten Herrn N", den aktuellen Mietvertrag und die aktuelle Einwohnermeldebescheinigung für Herrn N vorzulegen. Sollte sie bis zum genannten Termin nicht antworten, sei beabsichtigt, die Geldleistungen bis zur Nachholung der Mitwirkungspflicht ganz zu versagen.
Zum 1.6.2006 stellte die Antragsgegnerin die Auszahlung der Leistungen an die Antragstellerinnen ein. Auf Blatt 38 der Verwaltungsakten befindet sich insoweit der Vermerk: "Fall storniert".
In der Folgezeit legte die Antragstellerin zu 1) am 6.6.2006 bei der Antragsgegnerin eine Einwohnermeldebescheinigung für Herrn N vom 2.6.2006 für die Wohnanschrift V Straße 00, 00000 L1 sowie zwei Mietverträge für Herrn N über eine 1-Raum-Wohnung in der V Straße 00, L1 vor. Sie machte geltend, Herr N sei nicht ihr Lebensgefährte, er bewohne eine eigene Wohnung im selben Haus und leiste ihr Hilfe beim Babysitten des gemeinsamen Kindes –der Antragstellerin zu 2)-. Der Ermittlungsdienst der Stadt L1 teilte der Antragsgegnerin unter dem 20.6.2006 bzw. 10.7.2006 mit, auf der Wohnanschrift V Straße 00 fänden sich keine Klingelschilder mit den Namen E Q (Name der Antragstellerin zu 1) bzw. N. Auch die Briefkastenschilder würden andere Namen aufweisen. Eine Nachfrage bei den Stadtwerken habe zudem erbracht, dass für die angemietete Wohnung des Herrn N seit dem 25.4.2006 kein Energievertrag abgeschlossen sei, die Wohnung sei seitdem ohne Strom.
Bei ihrer persönlichen Vorsprache am 29.6.2006 gab die Antragstellerin zu 1) u.a. wiederholend an, es bestehe ein gutes Verhältnis ihrerseits zu Herrn N, aber keine eheähnliche Gemeinschaft. Herr N habe lediglich seine persönlichen (Winter-) Sachen in ihrer Wohnung deponiert. Er kümmere sich am Wochenende und im Falle ihrer Erkrankung um die Antragstellerin zu 2). Ansonsten arbeite er den ganzen Tag. Unter dem 29.6.2006 wurde ein weiterer Hausbesuch in der Wohnung der Antragstellerinnen vom Ermittlungsdienst der Stadt L1 durchgeführt, worüber ein Bericht am 1.7.2006 gefertigt worden ist. Bei Inaugenscheinnahme der Wohnung sei Herr N dort angetroffen worden. Im Gegensatz zum ersten Besuch seien nunmehr Bekleidungsstücke oder persönliche Gegenstände des Herrn N nicht in der Wohnung vorhanden gewesen. Herr N habe den Ermittlern seine –eine Etage tiefer liegende- Wohnung gezeigt. Dort habe sich im Wohnzimmer mit einer Minikochnische eine Singleküche befunden. Weitere Einrichtungsgegenstände in Form von Möbeln oder anderen Dingen (wie Lampen) seien nicht vorhanden gewesen. Auch sei kein Strom in der Wohnung vorhanden gewesen. Die Warmwasserversorgung erfolge durch einen mit Strom betriebenen Durchlauferhitzer. Im Schlaf-/Wohnzimmer sei die gesamte Bekleidung von Herrn N auf rollbaren Kleiderständern untergebracht gewesen bzw. habe auf dem Boden gelegen. In der Küche hätten sich lediglich mehrere Flakons Herrenparfüm befunden und im Bad Rasierzeug. Eine Schlafgelegenheit sei nicht vorhanden gewesen.
Mit Anhörungsschreiben vom 17.7.2006 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin zu 1) mit, sie habe in der Zeit 1.12.2005 bis 31.5.2006 Arbeitslosengeld II in Höhe von 4844,68 Euro zu Unrecht bezogen. Mit Bescheid vom 4.8.2006 hob die Antragsgegnerin ihre Entscheidung über die Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II bzw. ihre Bescheide vom 5.7.2005, 29.11.2005, 23.1.2006 und 5.4.2006 für die Zeiträume 1.12.2005 bis 31.5.2006 in Höhe von 4844,68 Euro ganz auf. Ab dem 1.12.2005 habe eine eheähnliche Gemeinschaft mit Herrn N bestanden. Mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen seien die Antragstellerinnen nicht mehr hilfebedürftig.
Die Antragstellerin zu 1) hat am 5.9.2006 vor dem Gericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz erhoben und erstrebt für sich und die Antragstellerin zu 2) die Wiederaufnahme der Leistungen nach dem SGB II. Die Antragsgegnerin zahle seit Juni 2006 keine Leistungen mehr. Sie lebten von dem Kindergeld (154,00 Euro) und den monatlichen Unterhaltsleistungen (170,00 Euro). Die Miete habe nicht mehr gezahlt werden können. Die fristlose Kündigung der Wohnung sei ihnen bereits angedroht worden. Auch wollten sie zum Arzt gehen, seien jedoch nicht krankenversichert. Die Antragstellerin zu 1) hat ein Mahnschreiben des Vermieters L2 vom 2.9.2006 (in Kopie) zur Gerichtsakte gereicht.
Die Antragstellerinnen beantragen,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Zahlungen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für sie wieder aufzunehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Aus den Ermittlungsberichten ergebe sich, dass zwischen der Antragstellerin zu 1) und Herrn N eine eheähnliche Lebensgemeinschaft bestehe. Die Antragstellerin mache falsche Angaben zum Sachverhalt. Ein Anordnungsanspruch sei daher nicht gegeben.
Die Antragsgegnerin hat im laufenden Antragsverfahren am 11.10.2006 einen Aufhebungsbescheid erlassen und die Entscheidungen über die Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II gestützt auf § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch -Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz- (SGB X) ab dem 1.5.2006 ganz zurückgenommen. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil falsche bzw. unrichtige Angaben (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X) gemacht worden seien. Der Bewilligungsbescheid werde aus den genannten Gründen für die Zukunft zurückgenommen. Der Aufhebungsbescheid sei gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens. Mit ergänzendem Schreiben vom 13.10.2006 hat die Antragsgegnerin geltend gemacht, eine Nachzahlung für den Zeitraum 1.6.2006 bis 31.10.2006 –wie vom Gericht vertreten- komme nicht in Betracht, da die Nachzahlung gleichzeitig mit der Rücknahme und Erstattung für den gleichen Zeitraum erfolgen würde. Die Antragstellerin würde keinerlei Angaben zu den Einkommensverhältnissen des Lebenspartners und Kindesvaters N machen.
Die Antragstellerinnen haben am 25.10.2006 Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.10.2006 erhoben.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat Erfolg
Verfahrensrechtlich ist nunmehr nach Erlass des Aufhebungsbescheides vom 11.10.2006 einstweiliger Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 SGG zu suchen, denn im Hauptsacheverfahren wäre die richtige Klageart gegen den angefochtenen Aufhebungsbescheid eine Anfechtungsklage. Die Antragstellerin hat gegen den Bescheid vom 11.10.2006 Widerspruch eingelegt und damit deutlich gemacht, dass sie die Aufhebung des Bescheides begehrt. Der Widerspruch ist auch statthaft. Der Hinweis der Antragsgegnerin im Aufhebungsbescheid vom 11.10.2006, der Bescheid sei gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens, ist unzutreffend, da es sich vorliegend um ein Antragsverfahren auf einstweiligen Rechtsschutz und nicht um ein Klageverfahren handelt. Ist noch keine Klage erhoben worden, kommt hinsichtlich der Einbeziehung von Verwaltungsakten allenfalls § 86 SGG (Vorverfahren) zur Anwendung (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage, § 96 Rdn. 2). Ein Vorverfahren war zwischen den Beteiligten bei Erlass des Bescheides vom 11.10.2006 jedoch nicht anhängig. Auch wird hinsichtlich der streitigen Leistungseinstellung zum 1.6.2006 durch den Bescheid vom 11.10.2006 weder ein anderer (zuvor ergangener) Bescheid ersetzt noch abgeändert, denn hinsichtlich der Leistungseinstellung war bis dahin noch gar kein Bescheid erlassen worden. Der Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 11.10.2005 hat gemäß § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Der Bescheid ordnet die Rücknahme der mit Bescheid vom 5.4.2006 für die Zeiten 1.5.2006 bis 31.10.2006 bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 45 SGB X an. Ausgehend vom Datum der Aufhebungsentscheidung 11.10.2006 handelt es sich hinsichtlich der mit Bewilligungsbescheid vom 5.4.2006 für die streitbefangenen Zeiten 1.6.2006 bis 11.10.2006 bewilligten Leistungen um eine Aufhebung für die Vergangenheit, dagegen hinsichtlich der Aufhebung für die streitbefangenen Zeiten 12.10.2006 bis 31.10.2006 um eine solche für die Zukunft. In der Rechtsprechung wird einhellig vertreten, dass eine Aufhebungsentscheidung nach §§ 45, 48 SGB X dem Anwendungsbereich des § 39 Nr. 1 SGB II unterfällt, wenn die Entscheidung zukunftsgerichtet ist und bereits bewilligte, aber noch laufende Leistungen betrifft. Es liege im Hinblick auf zukünftige ggf. schwierig oder überhaupt nicht durchsetzbare Rückforderungen grundsätzlich im öffentlichen Interesse, Aufhebungsbescheide umsetzen zu können, ohne im Regelfall die Entscheidung über Widerspruch und Klage abwarten zu müssen (zum aktuellen Meinungsstand: SG Düsseldorf Beschluss vom 20.10.2006 –S 28 AS 235/06 ER- in: www.sozialgerichtsbarkeit.de). Ähnliches dürfte auch für rückwirkende Aufhebungsentscheidungen gelten, bei denen die streitigen Leistungen in der Vergangenheit noch nicht zur Auszahlung an den Leistungsempfänger gekommen sind, weil auch hier das gewichtige öffentliche Interesse besteht, streitige Leistungen mit Blick auf Schwierigkeiten bei späteren Rückforderungen nicht noch an den Leistungsempfänger ausschütten zu müssen. Der Leistungsempfänger wird hier über den Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG hinreichend geschützt. Stellt sich nämlich im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung heraus, dass erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides bestehen, wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet und die Leistungen sind vorläufig bis zur Klärung in der Hauptsache an den Leistungsempfänger fortzuzahlen.
Verfahrensrechtlich ist nach 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG zu prüfen, ob die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom Gericht anzuordnen ist. Der streitbefangene Aufhebungsbescheid vom 11.10.2005 ist allerdings durch die Nichtauszahlung der Leistungen ab dem 1.6.2006 bereits vorab faktisch vollzogen worden. Die Antragstellerinnen können ihr Ziel der Fortzahlung bzw. Nachzahlung der ab dem 1.6.2006 eingestellten Leistungen im Wege der Aufhebung der Vollziehung bzw. Anordnung der Rückgängigmachung der Vollziehungsfolgen über § 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG erreichen. Voraussetzung für die Anordnung der Aufhebung der Vollziehung nach Satz 2 ist jedoch ein zuvor festzustellender Anspruch nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 11.10. 2006. Über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung entscheidet das Gericht nach Ermessen und aufgrund einer Interessenabwägung. Die aufschiebende Wirkung ist in der Regel anzuordnen, wenn das Interesse des belasteten Leistungsempfängers an der aufschiebenden Wirkung und damit an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung überwiegt und die Behörde keine Umstände dargelegt hat, die einen Vorrang an der sofortigen Vollziehung erkennen lassen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 31.5.2006 –S 8 AS 148/06 ER-). Ergibt die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist bzw. erhebliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen, ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, da ein überwiegend öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nicht bestehen kann (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, aaO, § 86 b Rdn. 12 b). Vorliegend fällt diese Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerinnen aus. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides vom 11.10.2006 und zwar soweit hiermit die mit Bescheid vom 5.4.2006 bewilligten Leistungen rückwirkend für die Zeit 1.6.2006 bis 11.10.2006 (1) als auch zukunftsbezogen für die Zeit 12.10.2006 bis 31.10.2006 (2) aufgehoben werden.
(1) Soweit der Aufhebungsbescheid vom 11.10.2006 die rückwirkende Aufhebung der für die Zeiten 1.6.2006 bis 11.10.2006 bewilligten Leistungen anordnet, ist er bereits deshalb rechtswidrig, weil er nach Maßgabe des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in Verbindung mit § 331 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch –Arbeitsförderung- (SGB III) als verspätet anzusehen ist und ihm die Nachzahlungspflicht der Antragsgegnerin hinsichtlich der rechtswidrig einbehaltenen Leistungen entgegensteht.
Die Antragsgegnerin hatte die laufenden Leistungen der Antragstellerinnen nach dem SGB II, die ihnen mit Bescheid vom 5.4.2006 für den Leistungszeitraum 1.5.2006 bis 31.10.2006 bestandskräftig zugesprochen waren, zum 1.6.2006 ohne Bescheid eingestellt. Diese vorläufige Leistungseinstellung ist am Maßstab des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in Verbindung mit § 331 SGB III zu messen. Es dürften bereits die Voraussetzungen für eine vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 Abs. 1 SGB III nicht vorgelegen haben. Nach dieser Regelung kann die Behörde die Zahlung einer laufenden Leistung ohne Erteilung eines Bescheides vorläufig einstellen, wenn sie Kenntnis von Tatsachen erlangt, die kraft Gesetzes zum Ruhen oder zum Wegfall des Anspruch führen und wenn der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben ist. Ungeachtet des Meinungsstreites, ob eine vorläufige Zahlungseinstellung nur bei einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne von § 48 SGB X zulässig ist, nicht jedoch im Fall einer –wie hier angenommen- anfänglichen Rechtswidrigkeit im Sinne des § 45 SGB X (so SG Hamburg, Beschluss vom 1.3.2005 –S 55 AS 106/05 ER-; SG Berlin Beschluss vom 20.1.2006 –S 103 AS 169/06 ER- m.w.N.; a.A. Eicher/Spellbrink, SGB II, § 40 Rdn. 71; offensichtlich auch Niesel, SGB III, § 331 Rdn. 5), erfordert der Gesetzeswortlaut die positive Kenntnis von Tatsachen, die den Leistungsanspruch wegfallen bzw. ruhen lassen. Ein bloßer Verdacht genügt insoweit auch im Hinblick auf den nicht unerheblichen Eingriff in die Rechte des Leistungsbeziehers nicht (LSG NRW Beschlüsse vom 8.11.2005 -L 19 B 82/05 AS ER- und 27.3.2006 –L 9 B 5/06 AS ER-; SG Hamburg 1.3.2005, aaO; SG Berlin 20.1.2006, aaO). Im vorliegenden mögen begründete Anhaltspunkte für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen der Antragstellerin zu 1) und Herrn N bzw. einer Haushaltsgemeinschaft im Sinne von § 9 Abs. 5 SGB II zwischen Herrn N und seiner leiblichen Tochter –der Antragstellerin zu 2)- gegeben sein (dazu weiter unten). Bei Zahlungseinstellung hatte die Antragsgegnerin aber keine positive Kenntnis von den Einkünften oder Vermögenswerten des Herrn N, welche im Hinblick auf die Ermittlung der Hilfebedürftigkeit der Antragstellerinnen im Sinne des § 9 SGB II zur Anrechnung gelangen und ggf. deren Hilfebedürftigkeit ausschließen und damit im Ergebnis zu einer Aufhebung der Leistungsbewilligung führen könnten. Allein die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen der Antragstellerin zu 1) und Herrn N führt nicht automatisch zum Wegfall des Leistungsanspruches der Antragstellerinnen. Vielmehr muß klar sein, dass sein Einkommen bzw. Vermögen ausreichend ist, sowohl seinen als auch den Bedarf der Antragstellerinnen vollumfänglich decken zu können. Ist der Behörde das Einkommen bzw. Vermögen des Dritten nicht bekannt, muß sie in entsprechende Ermittlungen eintreten. Verweigert der Leistungsempfänger die Auskunft über die (ihm bekannten) Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Dritten, kann sich allenfalls ein Recht zur Entziehung der laufenden Leistungen nach § 66 SGB I ergeben, nicht aber ein Recht zur vorläufigen Zahlungseinstellung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in Verbindung mit § 331 SGB III.
Des weiteren steht einer rechtmäßigen Aufhebung der Leistungen vom 1.6.2006 bis zum 11.10.2006 mit Bescheid vom 11.10.2006 die Rechtsanordnung des § 331 Abs. 2 SGB III entgegen. Nach dieser Regelung hat die Behörde eine vorläufig eingestellte Leistung unverzüglich nachzuzahlen, soweit der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, zwei Monate nach der vorläufigen Einstellung der Zahlung nicht mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben ist. Nichts anderes kann im Falle einer rechtswidrigen Zahlungseinstellung, bei der die Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht erfüllt sind, gelten, denn die Behörde kann im Fall einer rechtswidrigen Zahlungseinstellung im Hinblick auf die Nachzahlungspflicht nicht besser gestellt sein, als im Falle einer nach Abs. 1 rechtmäßig erfolgten Zahlungseinstellung. Die Antragsgegnerin es hat vorliegend versäumt, innerhalb der Zweimonatsfrist, die hier am 1.8.2006 endete, den Bewilligungsbescheid vom 5.4.2006, soweit er die Leistungen ab dem 1.6.2006 betrifft, für die Vergangenheit aufzuheben. Nach Ablauf der Frist am 1.8.2006 ist es der Antragsgegnerin nunmehr verwehrt, rückwirkend Leistungen aufzuheben. Sie kann mit einer solchen verspäteten Aufhebung ihre sich aus § 331 Abs. 2 SGB III ergebene Pflicht zur unverzüglichen Nachzahlung der eingestellten Leistungen nicht umgehen. Nur eine Aufhebung von Leistungen für die Zukunft –hier also ab dem 12.10.2006- ist ihr nach Ablauf der Frist noch möglich.
(2) Auch soweit der Bescheid vom 11.10.2006 die zukunftsgerichtete Aufhebung der ursprünglich bewilligten Leistungen für die Zeit 12.10.2006 bis zum 31.10.2006 –was grundsätzlich außerhalb der Frist nach § 331 Abs. 2 SGB III zulässig ist- anordnet, bestehen ebenfalls erhebliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit.
Der belastende Bescheid leidet in formeller Hinsicht bereits darunter, dass die nach § 24 SGB X erforderliche Anhörung der Antragstellerinnen unterblieben ist. Die unter dem 17.7.2006 durchgeführte Anhörung bleibt in diesem Zusammenhang unbeachtlich, weil hierin im Hinblick auf eine beabsichtigte Aufhebung der Bewilligung von Leistungen für die Zeit 1.12.2005 bis 31.5.2006 angehört worden ist. Auf diese Anhörung ist später der Aufhebungsbescheid vom 4.8.2005 ergangen.
Auch in materieller Hinsicht dürfte der Aufhebungsbescheid notleidend sein, weil die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bewilligung nach § 45 SGB X nicht nachgewiesen sind. Nach § 45 SGB X ist ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt, im Falle seiner Rechtswidrigkeit ganz oder teilweise bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen zurückzunehmen. Die Rechtswidrigkeit des zur Rücknahme stehenden Bescheides muß objektiv und anfänglich sein. Das kann das Gericht im vorliegenden nach derzeitigem Kenntnisstand nicht feststellen. In Betracht kommt hier alleine, dass die Antragstellerinnen unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Herrn N nicht länger hilfebedürftig im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB II sind und damit keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II haben. Das setzt voraus, dass die Antragstellerinnen mit Herrn N in Haushaltsgemeinschaft leben bzw. eine Bedarfsgemeinschaft bilden sowie die Antragstellerin zu 1) mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (§ 7 Abs. 3 Nr. 3b und 4 SGB II) und sein zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen (§ 9 Abs. 2 Satz 1und 2 und Abs. 5 SGB II) neben seinem auch den Bedarf der Antragstellerinnen deckt. Das Gericht kann es im Ergebnis dahinstehen lassen, ob Herr N im Haushalt der Antragstellerinnen bzw. in eheähnlicher Gemeinschaft mit der Antragstellerin zu 1) lebt, wobei hierfür einige gewichtige Anhaltspunkte sprechen dürften. So ist den Berichten vom 4.5.2006 und 10.7.2006 über die in der Wohnung der Antragstellerinnen erfolgten Hausbesuche zu entnehmen, dass beim ersten Hausbesuch die komplette Garderobe, die persönlichen Papiere und die kompletten Geschäftspapiere des Herrn N dort vorhanden waren und die beim zweiten Hausbesuch erfolgte Besichtigung der von Herrn N angemieteten Wohnung nachhaltige Hinweise darauf ergab, dass diese Wohnung von ihm offensichtlich nicht bewohnt wird bzw. angesichts fehlender Möbel, insbesondere einer Schlafgelegenheit und des fehlenden Stromanschlusses auch nicht bewohnbar ist. Des weiteren wurde Herr N anlässlich beider Hausbesuche in der Wohnung der Antragstellerinnen angetroffen, einmal schlafend und einmal in legerer Hausbekleidung (Unterhemd, Shorts und Flipflops), was ebenfalls dafür sprechen dürfte, dass Herr N im Haushalt der Antragstellerinnen seinen Lebensmittelpunkt hat. Des weiteren wird von der Antragstellerin zu 1) eingeräumt, dass sie und Herr N die Antragstellerin zu 2 gemeinsam versorgen und betreuen, was ein gewichtiges Indiz für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen ihr und Herrn N sein dürfte. Aber selbst bei Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft bzw. Haushaltsgemeinschaft steht bislang nicht fest, ob Herr N über Einkommen bzw. Vermögen in einer Höhe verfügt, dass nach den Vorschriften des SGB II den gemeinsamen, also seinen eigenen sowie den der Antragstellerinnen vollständig deckt. Es fehlt insoweit an Ermittlungen bzw. Nachweisen zur Einkommens- und Vermögenssituation des Herrn N, um entsprechende Feststellungen treffen zu können. Nach Aktenlage ist die Antragstellerin zu 1) von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 16.5.2006 (u.a.) zur Vorlage von "Verdienstabrechnungen und Daten" des Herrn N mit Fristsetzung bis zum 9.6.2006 aufgefordert worden. Dieser Aufforderung ist die Antragstellerin zu 1) nach Mitteilung der Antragsgegnerin vom 13.10.2006 bislang nicht nachgekommen. Die Frage, ob die Antragstellerin zu 1) im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I von der Antragsgegnerin zur Vorlage von Verdienstnachweisen des Herrn N verpflichtet werden kann (die Anforderung, "Daten" vorzulegen, ist zu unbestimmt und kann eine Mitwirkungspflicht bereits deshalb nicht auslösen), lässt das Gericht dahinstehen. Das Bundessozialgericht hat insoweit in seiner Entscheidung vom 10.3.1993 eine solche Mitwirkungspflicht verneint und ausgeführt, die Auskunftspflicht erstrecke sich nur auf die Tatsachen, die dem Leistungsempfänger selbst bekannt seien, die Behörde könne aber nicht von ihm verlangen, Beweismittel- etwa Nachweise über Einkommensverhältnisse- von einem privaten Dritten zu beschaffen und ihr vorzulegen(Az. 14b/4 Reg 1/91 in: BSGE 71, 118,120). Der Behörde ist es allerdings möglich gemäß §§ 21 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3, 22 SGB X, den eheähnlichen Partner als Zeugen über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu vernehmen bzw. durch das Sozialgericht vernehmen zu lassen. Ungeachtet dieser Problematik berechtigt eine Weigerung der Antragstellerin zu 1), Verdienstnachweise vorzulegen bzw. Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Herrn N zu erteilen, die Antragsgegnerin nicht ohne weiteres, die anfängliche Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom 5.4.2006 zu unterstellen und diesen Bescheid nach § 45 SGB X zurück zunehmen, da das Fehlen der Hilfebedürftigkeit der Antragstellerinnen bislang nicht nachgewiesen ist. Vielmehr können im Falle einer unterbliebenen (und zulässig angeforderten) Mitwirkung des Leistungsempfängers die laufenden Leistungen nur nach den Vorgaben des § 66 SGB I entzogen werden. Denn im Gegensatz zu § 45 SGB X richtet sich die Rechtmäßigkeit eines auf § 66 SGB I gestützten Bescheides allein danach, ob die dort normierten Tatbestandsmerkmale der mangelnden Mitwirkung gegeben sind und zwar unabhängig davon, ob die materiellrechtlichen Voraussetzungen der Leistung vorliegen. Ein solcher Entziehungsbescheid nach § 66 Abs. 1 SGB I liegt hier nicht vor.
Mit Blick auf die dargelegten Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides vom 11.10.2006 war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 25.10.2006 anzuordnen. Auch hat die Antragsgegnerin keine überzeugenden Umstände dargelegt, die es erforderlich machen, von der Anordnung abzusehen. Ihr Vortrag vom 13.10.2006, sie sehe sich bei derart ungeklärten Verhältnissen außerstande, weiter Leistungen an die Antragstellerinnen zu erbringen, kann das überwiegende Interesse der Antragstellerinnen an der aufschiebenden Wirkung nicht beseitigen. Da ein Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 SGG für die Antragstellerinnen besteht, kann das Gericht die Aufhebung bzw. Rückgängigmachung der faktischen Vollziehung nach Satz 2 anordnen. Das Gericht hat unter Berücksichtigung des existenzsichernden Zweckes der Grundsicherungsleistungen und insbesondere der glaubhaft gemachten Mietrückstände seit Juni 2006 sowie der vom Vermieter mit Schreiben vom 2.9.2006 angedrohten Kündigung des Wohnraumes im Rahmen seines Ermessens die Nachzahlung der seit dem 1.6.2006 einbehaltenen Leistungen an die Antragstellerinnen für angezeigt gehalten.
Abschließend weist das Gericht die Antragstellerinnen darauf hin, dass für die Gewährung weiterer Leistungen ab November 2006 ein Fortzahlungsantrag bei der Antragsgegnerin gestellt werden müsste (§ 37 SGB II).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Gründe:
I. Die Antragstellerinnen begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die ihnen für die Zeit 1.6.2006 bis 31.10.2006 bewilligten Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende auszuzahlen.
Die Antragstellerinnen bezogen von der Antragsgegnerin seit Mitte 2005 Leistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch –Grundsicherung für Arbeitssuchende- (SGB II). Die 1976 geborene Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der 2001 geborenen Antragstellerin zu 2). Sie hatte in dem Erstantrag auf Leistungen nach dem SGB II vom 23.6.2005 angegeben, allein erziehende Mutter zu sein und von Herrn N, dem leiblichen Vater der Antragstellerin zu 2), Unterhaltsleistungen in Höhe von 170,00 Euro monatlich zu erhalten. Im Antrag auf Fortzahlung der Leistungen vom 28.3.2006 hatte die Antragstellerin zu 1) angegeben, hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse sei keine Änderung eingetreten. Mit Bescheid vom 5.4.2006 hatte die Antragsgegnerin den Antragstellerinnen Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1.5.2006 bis zum 31.10.2006 in monatlicher Höhe von 754,68 Euro bewilligt.
Unter dem 8. Mai 2006 ging bei der Antragsgegnerin ein Bericht vom 4.5.2006 über eine am 25.4.2006 in der Wohnung der Antragstellerinnen von der Kriminalpolizei L1 und dem Bundeskriminalamt durchgeführte Hausdurchsuchung ein. Die polizeiliche Hausdurchsuchung wurde im Rahmen von Ermittlungen im Strafverfahren gegen Herrn N geführt. Dem Bericht ist zu entnehmen, Herr N sei seit dem 23.11.2005 von Amts wegen abgemeldet und seitdem melderechtlich nicht mehr erfasst worden. In der Wohnung der Antragstellerinnen seien eine Vielzahl von persönlichen Papieren des Herrn N sowie die kompletten Geschäftspapiere über seine Pizzeria vorhanden gewesen. Zudem habe sich seine komplette Garderobe dort befunden.
Die Antragsgegnerin forderte darauf hin die Antragstellerin zu 1) mit Schreiben vom 16.5.2006 auf, bis zum 9.6.2006 im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht nach § 60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch –Allgemeiner Teil- (SGB I) "die Verdienstabrechnungen und die Daten des Lebensgefährten Herrn N", den aktuellen Mietvertrag und die aktuelle Einwohnermeldebescheinigung für Herrn N vorzulegen. Sollte sie bis zum genannten Termin nicht antworten, sei beabsichtigt, die Geldleistungen bis zur Nachholung der Mitwirkungspflicht ganz zu versagen.
Zum 1.6.2006 stellte die Antragsgegnerin die Auszahlung der Leistungen an die Antragstellerinnen ein. Auf Blatt 38 der Verwaltungsakten befindet sich insoweit der Vermerk: "Fall storniert".
In der Folgezeit legte die Antragstellerin zu 1) am 6.6.2006 bei der Antragsgegnerin eine Einwohnermeldebescheinigung für Herrn N vom 2.6.2006 für die Wohnanschrift V Straße 00, 00000 L1 sowie zwei Mietverträge für Herrn N über eine 1-Raum-Wohnung in der V Straße 00, L1 vor. Sie machte geltend, Herr N sei nicht ihr Lebensgefährte, er bewohne eine eigene Wohnung im selben Haus und leiste ihr Hilfe beim Babysitten des gemeinsamen Kindes –der Antragstellerin zu 2)-. Der Ermittlungsdienst der Stadt L1 teilte der Antragsgegnerin unter dem 20.6.2006 bzw. 10.7.2006 mit, auf der Wohnanschrift V Straße 00 fänden sich keine Klingelschilder mit den Namen E Q (Name der Antragstellerin zu 1) bzw. N. Auch die Briefkastenschilder würden andere Namen aufweisen. Eine Nachfrage bei den Stadtwerken habe zudem erbracht, dass für die angemietete Wohnung des Herrn N seit dem 25.4.2006 kein Energievertrag abgeschlossen sei, die Wohnung sei seitdem ohne Strom.
Bei ihrer persönlichen Vorsprache am 29.6.2006 gab die Antragstellerin zu 1) u.a. wiederholend an, es bestehe ein gutes Verhältnis ihrerseits zu Herrn N, aber keine eheähnliche Gemeinschaft. Herr N habe lediglich seine persönlichen (Winter-) Sachen in ihrer Wohnung deponiert. Er kümmere sich am Wochenende und im Falle ihrer Erkrankung um die Antragstellerin zu 2). Ansonsten arbeite er den ganzen Tag. Unter dem 29.6.2006 wurde ein weiterer Hausbesuch in der Wohnung der Antragstellerinnen vom Ermittlungsdienst der Stadt L1 durchgeführt, worüber ein Bericht am 1.7.2006 gefertigt worden ist. Bei Inaugenscheinnahme der Wohnung sei Herr N dort angetroffen worden. Im Gegensatz zum ersten Besuch seien nunmehr Bekleidungsstücke oder persönliche Gegenstände des Herrn N nicht in der Wohnung vorhanden gewesen. Herr N habe den Ermittlern seine –eine Etage tiefer liegende- Wohnung gezeigt. Dort habe sich im Wohnzimmer mit einer Minikochnische eine Singleküche befunden. Weitere Einrichtungsgegenstände in Form von Möbeln oder anderen Dingen (wie Lampen) seien nicht vorhanden gewesen. Auch sei kein Strom in der Wohnung vorhanden gewesen. Die Warmwasserversorgung erfolge durch einen mit Strom betriebenen Durchlauferhitzer. Im Schlaf-/Wohnzimmer sei die gesamte Bekleidung von Herrn N auf rollbaren Kleiderständern untergebracht gewesen bzw. habe auf dem Boden gelegen. In der Küche hätten sich lediglich mehrere Flakons Herrenparfüm befunden und im Bad Rasierzeug. Eine Schlafgelegenheit sei nicht vorhanden gewesen.
Mit Anhörungsschreiben vom 17.7.2006 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin zu 1) mit, sie habe in der Zeit 1.12.2005 bis 31.5.2006 Arbeitslosengeld II in Höhe von 4844,68 Euro zu Unrecht bezogen. Mit Bescheid vom 4.8.2006 hob die Antragsgegnerin ihre Entscheidung über die Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II bzw. ihre Bescheide vom 5.7.2005, 29.11.2005, 23.1.2006 und 5.4.2006 für die Zeiträume 1.12.2005 bis 31.5.2006 in Höhe von 4844,68 Euro ganz auf. Ab dem 1.12.2005 habe eine eheähnliche Gemeinschaft mit Herrn N bestanden. Mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen seien die Antragstellerinnen nicht mehr hilfebedürftig.
Die Antragstellerin zu 1) hat am 5.9.2006 vor dem Gericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz erhoben und erstrebt für sich und die Antragstellerin zu 2) die Wiederaufnahme der Leistungen nach dem SGB II. Die Antragsgegnerin zahle seit Juni 2006 keine Leistungen mehr. Sie lebten von dem Kindergeld (154,00 Euro) und den monatlichen Unterhaltsleistungen (170,00 Euro). Die Miete habe nicht mehr gezahlt werden können. Die fristlose Kündigung der Wohnung sei ihnen bereits angedroht worden. Auch wollten sie zum Arzt gehen, seien jedoch nicht krankenversichert. Die Antragstellerin zu 1) hat ein Mahnschreiben des Vermieters L2 vom 2.9.2006 (in Kopie) zur Gerichtsakte gereicht.
Die Antragstellerinnen beantragen,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Zahlungen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für sie wieder aufzunehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Aus den Ermittlungsberichten ergebe sich, dass zwischen der Antragstellerin zu 1) und Herrn N eine eheähnliche Lebensgemeinschaft bestehe. Die Antragstellerin mache falsche Angaben zum Sachverhalt. Ein Anordnungsanspruch sei daher nicht gegeben.
Die Antragsgegnerin hat im laufenden Antragsverfahren am 11.10.2006 einen Aufhebungsbescheid erlassen und die Entscheidungen über die Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II gestützt auf § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch -Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz- (SGB X) ab dem 1.5.2006 ganz zurückgenommen. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil falsche bzw. unrichtige Angaben (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X) gemacht worden seien. Der Bewilligungsbescheid werde aus den genannten Gründen für die Zukunft zurückgenommen. Der Aufhebungsbescheid sei gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens. Mit ergänzendem Schreiben vom 13.10.2006 hat die Antragsgegnerin geltend gemacht, eine Nachzahlung für den Zeitraum 1.6.2006 bis 31.10.2006 –wie vom Gericht vertreten- komme nicht in Betracht, da die Nachzahlung gleichzeitig mit der Rücknahme und Erstattung für den gleichen Zeitraum erfolgen würde. Die Antragstellerin würde keinerlei Angaben zu den Einkommensverhältnissen des Lebenspartners und Kindesvaters N machen.
Die Antragstellerinnen haben am 25.10.2006 Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.10.2006 erhoben.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat Erfolg
Verfahrensrechtlich ist nunmehr nach Erlass des Aufhebungsbescheides vom 11.10.2006 einstweiliger Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 SGG zu suchen, denn im Hauptsacheverfahren wäre die richtige Klageart gegen den angefochtenen Aufhebungsbescheid eine Anfechtungsklage. Die Antragstellerin hat gegen den Bescheid vom 11.10.2006 Widerspruch eingelegt und damit deutlich gemacht, dass sie die Aufhebung des Bescheides begehrt. Der Widerspruch ist auch statthaft. Der Hinweis der Antragsgegnerin im Aufhebungsbescheid vom 11.10.2006, der Bescheid sei gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens, ist unzutreffend, da es sich vorliegend um ein Antragsverfahren auf einstweiligen Rechtsschutz und nicht um ein Klageverfahren handelt. Ist noch keine Klage erhoben worden, kommt hinsichtlich der Einbeziehung von Verwaltungsakten allenfalls § 86 SGG (Vorverfahren) zur Anwendung (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage, § 96 Rdn. 2). Ein Vorverfahren war zwischen den Beteiligten bei Erlass des Bescheides vom 11.10.2006 jedoch nicht anhängig. Auch wird hinsichtlich der streitigen Leistungseinstellung zum 1.6.2006 durch den Bescheid vom 11.10.2006 weder ein anderer (zuvor ergangener) Bescheid ersetzt noch abgeändert, denn hinsichtlich der Leistungseinstellung war bis dahin noch gar kein Bescheid erlassen worden. Der Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 11.10.2005 hat gemäß § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Der Bescheid ordnet die Rücknahme der mit Bescheid vom 5.4.2006 für die Zeiten 1.5.2006 bis 31.10.2006 bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 45 SGB X an. Ausgehend vom Datum der Aufhebungsentscheidung 11.10.2006 handelt es sich hinsichtlich der mit Bewilligungsbescheid vom 5.4.2006 für die streitbefangenen Zeiten 1.6.2006 bis 11.10.2006 bewilligten Leistungen um eine Aufhebung für die Vergangenheit, dagegen hinsichtlich der Aufhebung für die streitbefangenen Zeiten 12.10.2006 bis 31.10.2006 um eine solche für die Zukunft. In der Rechtsprechung wird einhellig vertreten, dass eine Aufhebungsentscheidung nach §§ 45, 48 SGB X dem Anwendungsbereich des § 39 Nr. 1 SGB II unterfällt, wenn die Entscheidung zukunftsgerichtet ist und bereits bewilligte, aber noch laufende Leistungen betrifft. Es liege im Hinblick auf zukünftige ggf. schwierig oder überhaupt nicht durchsetzbare Rückforderungen grundsätzlich im öffentlichen Interesse, Aufhebungsbescheide umsetzen zu können, ohne im Regelfall die Entscheidung über Widerspruch und Klage abwarten zu müssen (zum aktuellen Meinungsstand: SG Düsseldorf Beschluss vom 20.10.2006 –S 28 AS 235/06 ER- in: www.sozialgerichtsbarkeit.de). Ähnliches dürfte auch für rückwirkende Aufhebungsentscheidungen gelten, bei denen die streitigen Leistungen in der Vergangenheit noch nicht zur Auszahlung an den Leistungsempfänger gekommen sind, weil auch hier das gewichtige öffentliche Interesse besteht, streitige Leistungen mit Blick auf Schwierigkeiten bei späteren Rückforderungen nicht noch an den Leistungsempfänger ausschütten zu müssen. Der Leistungsempfänger wird hier über den Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG hinreichend geschützt. Stellt sich nämlich im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung heraus, dass erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides bestehen, wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet und die Leistungen sind vorläufig bis zur Klärung in der Hauptsache an den Leistungsempfänger fortzuzahlen.
Verfahrensrechtlich ist nach 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG zu prüfen, ob die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom Gericht anzuordnen ist. Der streitbefangene Aufhebungsbescheid vom 11.10.2005 ist allerdings durch die Nichtauszahlung der Leistungen ab dem 1.6.2006 bereits vorab faktisch vollzogen worden. Die Antragstellerinnen können ihr Ziel der Fortzahlung bzw. Nachzahlung der ab dem 1.6.2006 eingestellten Leistungen im Wege der Aufhebung der Vollziehung bzw. Anordnung der Rückgängigmachung der Vollziehungsfolgen über § 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG erreichen. Voraussetzung für die Anordnung der Aufhebung der Vollziehung nach Satz 2 ist jedoch ein zuvor festzustellender Anspruch nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 11.10. 2006. Über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung entscheidet das Gericht nach Ermessen und aufgrund einer Interessenabwägung. Die aufschiebende Wirkung ist in der Regel anzuordnen, wenn das Interesse des belasteten Leistungsempfängers an der aufschiebenden Wirkung und damit an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung überwiegt und die Behörde keine Umstände dargelegt hat, die einen Vorrang an der sofortigen Vollziehung erkennen lassen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 31.5.2006 –S 8 AS 148/06 ER-). Ergibt die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist bzw. erhebliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen, ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, da ein überwiegend öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nicht bestehen kann (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, aaO, § 86 b Rdn. 12 b). Vorliegend fällt diese Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerinnen aus. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides vom 11.10.2006 und zwar soweit hiermit die mit Bescheid vom 5.4.2006 bewilligten Leistungen rückwirkend für die Zeit 1.6.2006 bis 11.10.2006 (1) als auch zukunftsbezogen für die Zeit 12.10.2006 bis 31.10.2006 (2) aufgehoben werden.
(1) Soweit der Aufhebungsbescheid vom 11.10.2006 die rückwirkende Aufhebung der für die Zeiten 1.6.2006 bis 11.10.2006 bewilligten Leistungen anordnet, ist er bereits deshalb rechtswidrig, weil er nach Maßgabe des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in Verbindung mit § 331 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch –Arbeitsförderung- (SGB III) als verspätet anzusehen ist und ihm die Nachzahlungspflicht der Antragsgegnerin hinsichtlich der rechtswidrig einbehaltenen Leistungen entgegensteht.
Die Antragsgegnerin hatte die laufenden Leistungen der Antragstellerinnen nach dem SGB II, die ihnen mit Bescheid vom 5.4.2006 für den Leistungszeitraum 1.5.2006 bis 31.10.2006 bestandskräftig zugesprochen waren, zum 1.6.2006 ohne Bescheid eingestellt. Diese vorläufige Leistungseinstellung ist am Maßstab des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in Verbindung mit § 331 SGB III zu messen. Es dürften bereits die Voraussetzungen für eine vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 Abs. 1 SGB III nicht vorgelegen haben. Nach dieser Regelung kann die Behörde die Zahlung einer laufenden Leistung ohne Erteilung eines Bescheides vorläufig einstellen, wenn sie Kenntnis von Tatsachen erlangt, die kraft Gesetzes zum Ruhen oder zum Wegfall des Anspruch führen und wenn der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben ist. Ungeachtet des Meinungsstreites, ob eine vorläufige Zahlungseinstellung nur bei einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne von § 48 SGB X zulässig ist, nicht jedoch im Fall einer –wie hier angenommen- anfänglichen Rechtswidrigkeit im Sinne des § 45 SGB X (so SG Hamburg, Beschluss vom 1.3.2005 –S 55 AS 106/05 ER-; SG Berlin Beschluss vom 20.1.2006 –S 103 AS 169/06 ER- m.w.N.; a.A. Eicher/Spellbrink, SGB II, § 40 Rdn. 71; offensichtlich auch Niesel, SGB III, § 331 Rdn. 5), erfordert der Gesetzeswortlaut die positive Kenntnis von Tatsachen, die den Leistungsanspruch wegfallen bzw. ruhen lassen. Ein bloßer Verdacht genügt insoweit auch im Hinblick auf den nicht unerheblichen Eingriff in die Rechte des Leistungsbeziehers nicht (LSG NRW Beschlüsse vom 8.11.2005 -L 19 B 82/05 AS ER- und 27.3.2006 –L 9 B 5/06 AS ER-; SG Hamburg 1.3.2005, aaO; SG Berlin 20.1.2006, aaO). Im vorliegenden mögen begründete Anhaltspunkte für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen der Antragstellerin zu 1) und Herrn N bzw. einer Haushaltsgemeinschaft im Sinne von § 9 Abs. 5 SGB II zwischen Herrn N und seiner leiblichen Tochter –der Antragstellerin zu 2)- gegeben sein (dazu weiter unten). Bei Zahlungseinstellung hatte die Antragsgegnerin aber keine positive Kenntnis von den Einkünften oder Vermögenswerten des Herrn N, welche im Hinblick auf die Ermittlung der Hilfebedürftigkeit der Antragstellerinnen im Sinne des § 9 SGB II zur Anrechnung gelangen und ggf. deren Hilfebedürftigkeit ausschließen und damit im Ergebnis zu einer Aufhebung der Leistungsbewilligung führen könnten. Allein die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen der Antragstellerin zu 1) und Herrn N führt nicht automatisch zum Wegfall des Leistungsanspruches der Antragstellerinnen. Vielmehr muß klar sein, dass sein Einkommen bzw. Vermögen ausreichend ist, sowohl seinen als auch den Bedarf der Antragstellerinnen vollumfänglich decken zu können. Ist der Behörde das Einkommen bzw. Vermögen des Dritten nicht bekannt, muß sie in entsprechende Ermittlungen eintreten. Verweigert der Leistungsempfänger die Auskunft über die (ihm bekannten) Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Dritten, kann sich allenfalls ein Recht zur Entziehung der laufenden Leistungen nach § 66 SGB I ergeben, nicht aber ein Recht zur vorläufigen Zahlungseinstellung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in Verbindung mit § 331 SGB III.
Des weiteren steht einer rechtmäßigen Aufhebung der Leistungen vom 1.6.2006 bis zum 11.10.2006 mit Bescheid vom 11.10.2006 die Rechtsanordnung des § 331 Abs. 2 SGB III entgegen. Nach dieser Regelung hat die Behörde eine vorläufig eingestellte Leistung unverzüglich nachzuzahlen, soweit der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, zwei Monate nach der vorläufigen Einstellung der Zahlung nicht mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben ist. Nichts anderes kann im Falle einer rechtswidrigen Zahlungseinstellung, bei der die Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht erfüllt sind, gelten, denn die Behörde kann im Fall einer rechtswidrigen Zahlungseinstellung im Hinblick auf die Nachzahlungspflicht nicht besser gestellt sein, als im Falle einer nach Abs. 1 rechtmäßig erfolgten Zahlungseinstellung. Die Antragsgegnerin es hat vorliegend versäumt, innerhalb der Zweimonatsfrist, die hier am 1.8.2006 endete, den Bewilligungsbescheid vom 5.4.2006, soweit er die Leistungen ab dem 1.6.2006 betrifft, für die Vergangenheit aufzuheben. Nach Ablauf der Frist am 1.8.2006 ist es der Antragsgegnerin nunmehr verwehrt, rückwirkend Leistungen aufzuheben. Sie kann mit einer solchen verspäteten Aufhebung ihre sich aus § 331 Abs. 2 SGB III ergebene Pflicht zur unverzüglichen Nachzahlung der eingestellten Leistungen nicht umgehen. Nur eine Aufhebung von Leistungen für die Zukunft –hier also ab dem 12.10.2006- ist ihr nach Ablauf der Frist noch möglich.
(2) Auch soweit der Bescheid vom 11.10.2006 die zukunftsgerichtete Aufhebung der ursprünglich bewilligten Leistungen für die Zeit 12.10.2006 bis zum 31.10.2006 –was grundsätzlich außerhalb der Frist nach § 331 Abs. 2 SGB III zulässig ist- anordnet, bestehen ebenfalls erhebliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit.
Der belastende Bescheid leidet in formeller Hinsicht bereits darunter, dass die nach § 24 SGB X erforderliche Anhörung der Antragstellerinnen unterblieben ist. Die unter dem 17.7.2006 durchgeführte Anhörung bleibt in diesem Zusammenhang unbeachtlich, weil hierin im Hinblick auf eine beabsichtigte Aufhebung der Bewilligung von Leistungen für die Zeit 1.12.2005 bis 31.5.2006 angehört worden ist. Auf diese Anhörung ist später der Aufhebungsbescheid vom 4.8.2005 ergangen.
Auch in materieller Hinsicht dürfte der Aufhebungsbescheid notleidend sein, weil die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bewilligung nach § 45 SGB X nicht nachgewiesen sind. Nach § 45 SGB X ist ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt, im Falle seiner Rechtswidrigkeit ganz oder teilweise bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen zurückzunehmen. Die Rechtswidrigkeit des zur Rücknahme stehenden Bescheides muß objektiv und anfänglich sein. Das kann das Gericht im vorliegenden nach derzeitigem Kenntnisstand nicht feststellen. In Betracht kommt hier alleine, dass die Antragstellerinnen unter Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Herrn N nicht länger hilfebedürftig im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB II sind und damit keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II haben. Das setzt voraus, dass die Antragstellerinnen mit Herrn N in Haushaltsgemeinschaft leben bzw. eine Bedarfsgemeinschaft bilden sowie die Antragstellerin zu 1) mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (§ 7 Abs. 3 Nr. 3b und 4 SGB II) und sein zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen (§ 9 Abs. 2 Satz 1und 2 und Abs. 5 SGB II) neben seinem auch den Bedarf der Antragstellerinnen deckt. Das Gericht kann es im Ergebnis dahinstehen lassen, ob Herr N im Haushalt der Antragstellerinnen bzw. in eheähnlicher Gemeinschaft mit der Antragstellerin zu 1) lebt, wobei hierfür einige gewichtige Anhaltspunkte sprechen dürften. So ist den Berichten vom 4.5.2006 und 10.7.2006 über die in der Wohnung der Antragstellerinnen erfolgten Hausbesuche zu entnehmen, dass beim ersten Hausbesuch die komplette Garderobe, die persönlichen Papiere und die kompletten Geschäftspapiere des Herrn N dort vorhanden waren und die beim zweiten Hausbesuch erfolgte Besichtigung der von Herrn N angemieteten Wohnung nachhaltige Hinweise darauf ergab, dass diese Wohnung von ihm offensichtlich nicht bewohnt wird bzw. angesichts fehlender Möbel, insbesondere einer Schlafgelegenheit und des fehlenden Stromanschlusses auch nicht bewohnbar ist. Des weiteren wurde Herr N anlässlich beider Hausbesuche in der Wohnung der Antragstellerinnen angetroffen, einmal schlafend und einmal in legerer Hausbekleidung (Unterhemd, Shorts und Flipflops), was ebenfalls dafür sprechen dürfte, dass Herr N im Haushalt der Antragstellerinnen seinen Lebensmittelpunkt hat. Des weiteren wird von der Antragstellerin zu 1) eingeräumt, dass sie und Herr N die Antragstellerin zu 2 gemeinsam versorgen und betreuen, was ein gewichtiges Indiz für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen ihr und Herrn N sein dürfte. Aber selbst bei Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft bzw. Haushaltsgemeinschaft steht bislang nicht fest, ob Herr N über Einkommen bzw. Vermögen in einer Höhe verfügt, dass nach den Vorschriften des SGB II den gemeinsamen, also seinen eigenen sowie den der Antragstellerinnen vollständig deckt. Es fehlt insoweit an Ermittlungen bzw. Nachweisen zur Einkommens- und Vermögenssituation des Herrn N, um entsprechende Feststellungen treffen zu können. Nach Aktenlage ist die Antragstellerin zu 1) von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 16.5.2006 (u.a.) zur Vorlage von "Verdienstabrechnungen und Daten" des Herrn N mit Fristsetzung bis zum 9.6.2006 aufgefordert worden. Dieser Aufforderung ist die Antragstellerin zu 1) nach Mitteilung der Antragsgegnerin vom 13.10.2006 bislang nicht nachgekommen. Die Frage, ob die Antragstellerin zu 1) im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I von der Antragsgegnerin zur Vorlage von Verdienstnachweisen des Herrn N verpflichtet werden kann (die Anforderung, "Daten" vorzulegen, ist zu unbestimmt und kann eine Mitwirkungspflicht bereits deshalb nicht auslösen), lässt das Gericht dahinstehen. Das Bundessozialgericht hat insoweit in seiner Entscheidung vom 10.3.1993 eine solche Mitwirkungspflicht verneint und ausgeführt, die Auskunftspflicht erstrecke sich nur auf die Tatsachen, die dem Leistungsempfänger selbst bekannt seien, die Behörde könne aber nicht von ihm verlangen, Beweismittel- etwa Nachweise über Einkommensverhältnisse- von einem privaten Dritten zu beschaffen und ihr vorzulegen(Az. 14b/4 Reg 1/91 in: BSGE 71, 118,120). Der Behörde ist es allerdings möglich gemäß §§ 21 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3, 22 SGB X, den eheähnlichen Partner als Zeugen über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu vernehmen bzw. durch das Sozialgericht vernehmen zu lassen. Ungeachtet dieser Problematik berechtigt eine Weigerung der Antragstellerin zu 1), Verdienstnachweise vorzulegen bzw. Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Herrn N zu erteilen, die Antragsgegnerin nicht ohne weiteres, die anfängliche Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom 5.4.2006 zu unterstellen und diesen Bescheid nach § 45 SGB X zurück zunehmen, da das Fehlen der Hilfebedürftigkeit der Antragstellerinnen bislang nicht nachgewiesen ist. Vielmehr können im Falle einer unterbliebenen (und zulässig angeforderten) Mitwirkung des Leistungsempfängers die laufenden Leistungen nur nach den Vorgaben des § 66 SGB I entzogen werden. Denn im Gegensatz zu § 45 SGB X richtet sich die Rechtmäßigkeit eines auf § 66 SGB I gestützten Bescheides allein danach, ob die dort normierten Tatbestandsmerkmale der mangelnden Mitwirkung gegeben sind und zwar unabhängig davon, ob die materiellrechtlichen Voraussetzungen der Leistung vorliegen. Ein solcher Entziehungsbescheid nach § 66 Abs. 1 SGB I liegt hier nicht vor.
Mit Blick auf die dargelegten Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides vom 11.10.2006 war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 25.10.2006 anzuordnen. Auch hat die Antragsgegnerin keine überzeugenden Umstände dargelegt, die es erforderlich machen, von der Anordnung abzusehen. Ihr Vortrag vom 13.10.2006, sie sehe sich bei derart ungeklärten Verhältnissen außerstande, weiter Leistungen an die Antragstellerinnen zu erbringen, kann das überwiegende Interesse der Antragstellerinnen an der aufschiebenden Wirkung nicht beseitigen. Da ein Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 SGG für die Antragstellerinnen besteht, kann das Gericht die Aufhebung bzw. Rückgängigmachung der faktischen Vollziehung nach Satz 2 anordnen. Das Gericht hat unter Berücksichtigung des existenzsichernden Zweckes der Grundsicherungsleistungen und insbesondere der glaubhaft gemachten Mietrückstände seit Juni 2006 sowie der vom Vermieter mit Schreiben vom 2.9.2006 angedrohten Kündigung des Wohnraumes im Rahmen seines Ermessens die Nachzahlung der seit dem 1.6.2006 einbehaltenen Leistungen an die Antragstellerinnen für angezeigt gehalten.
Abschließend weist das Gericht die Antragstellerinnen darauf hin, dass für die Gewährung weiterer Leistungen ab November 2006 ein Fortzahlungsantrag bei der Antragsgegnerin gestellt werden müsste (§ 37 SGB II).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
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