L 10 B 581/06 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 53 AS 4702/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 B 581/06 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Dabei kann dahin stehen, ob die Beschwerde schon deshalb unzulässig ist, weil im Beschwerdeverfahren nunmehr die Beiordnung von Rechtsanwalt Prof. Dr. B an Stelle von Rechtsanwalt Dr. M beantragt wird, d.h. es insoweit an einer beschwerdefähigen Entscheidung des Sozialgerichts fehlt. Denn nach § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm §§ 114, 121 Abs. 2 Satz 1 1. Alt Zivilprozessordnung (ZPO) ist Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts nur zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies verlangt nicht, dass der Prozesserfolg gewiss oder überwiegend wahrscheinlich ist, vielmehr genügt eine "reale Chance zum Obsiegen". Die Prozesskostenhilfe darf allerdings bei einer "nur entfernten Erfolgschance" verweigert werden. Insbesondere gilt, dass die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe ungeachtet des Fehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt sein kann, wenn die Rechtsfrage anlässlich der gesetzlichen Regelungen oder im Hinblick auf die in bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellten Auslegungshilfen ohne Schwierig-keiten beantwortet werden kann (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) E 81, 347 (359); Beschluss vom 14. Juni 2006 – 2 BvR 626/06, 2 BvR 656/06 -, abrufbar unter www.bundesverfassungsgericht.de). Diese Anforderungen an die Gewährung von Prozesskostenhilfe stehen im Einklang mit Art 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) iVm dem Rechtsstaatsprinzip, der eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung von Rechtsschutz gebietet, denn der Unbemittelte braucht nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt werden, der seine Prozessaussicht vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt.

Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass die vom Kläger erhobene Klage, mit der er im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage einen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2005 unter dem Gesichtspunkt der Verfassungswidrigkeit der in § 20 Abs. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) normierten Höhe der Regelleistung (mindestens 378,00 EUR monatlich an Stelle von 345,00 EUR monatlich), der Berücksichtigung von höheren Kosten der Unterkunft (KdU) nach § 22 Abs. 1 SGB II (kein Abzuge einer Warmwasseraufbereitungspauschale iHv 9,00 EUR monatlich) und der Gewährung eines Zuschlages nach § 21 Abs. 4 bzw. 5 SGB II iHv 120,75 EUR monatlich an Stelle von 61, 36 EUR monatlich (Bescheid vom 18. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2005 und des Bescheides vom 28. August 2006) geltend macht, hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO bietet.

Zum einen ist die Höhe der Regelleistung nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig bestimmt. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass der Gesetzgeber bei der Bestimmung derselben in § 20 Abs. 2 SGB II seiner Verpflichtung aus Art 1 Abs. 1 GG iVm Art 20 Abs. 1 und 3 GG zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein des Hilfebedürftigen nachgekommen ist; insoweit wird auf das Urteil des Senats vom 09. Mai 2006, L 10 AS 1093/05, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de, Bezug genommen. Nicht nur der Senat sondern auch kein anderes Gericht hat bisher die Verfassungsmäßigkeit der Regelleistung in Frage gestellt. Eine andere Beurteilung der Erfolgsaussicht ist auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Senat gegen seine bereits zitierte Entscheidung die Revision zum Bundessozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat. Denn unter grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist etwas anderes zu verstehen als unter hinreichende Erfolgsaussicht, da eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung keine Aussage darüber enthält, ob das Rechtsmittel erfolgreich sein wird, sondern nur besagt, dass ein Interesse der Allgemeinheit an der Klärung einer bestimmten Rechtsfrage besteht (vgl. Bundesfinanzhof (BFH)/NV 2002, 662 ff).

Zum anderen liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 SGB II für einen Zuschlag in Höhe von 35 vH der maßgeblichen Regelleistung beim Kläger offensichtlich nicht vor. Die Beklagte hat zudem den aus medizinischen Gründen bestehenden Mehrbedarf für eine kostenaufwändigere Ernährung iHv 61,36 EUR nach § 21 Abs. 5 SGB II erst nach Vorlage der notwendigen Bescheinigung des behandelnden Arztes des Klägers Mitte Juni 2006, dh nach Erlass des angefochtenen Beschlusses, prüfen und bescheiden können. Ein konkreter medizinisch notwendiger Bedarf, der nicht durch den mit Bescheid vom 28. August 2006 bewilligten Betrag von 61,36 EUR monatlich abgedeckt wird, ist vom Kläger bisher weder nachvollziehbar dargelegt worden noch für den Senat erkennbar.

Des Weiteren kann der Klage auch bzgl. der geltend gemachten höheren KdU keine, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bzw. Beiordnung eines Rechtsanwaltes rechtfertigenden Erfolgsaussichten beigemessen werden. Der in den angefochtenen Bescheiden vorgenommene Abzug einer Warmwasseraufbereitungskostenpauschale von 9,00 EUR monatlich von den KdU (§ 22 Abs. 1 SGB II) begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. So werden die Kosten der Energieversorgung einschließlich der Warmwasseraufbereitung von der Regelleistung nach § 20 SGB II erfasst, der die Wertungen der Regelsatzverordnung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) als Referenzsystem zu Grunde liegen (vgl. § 20 Abs. 3 SGB II; Berlit in LPK-SGB II § 22 RdNr 49; Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II § 22 RdNr 34 f). Diese von der Beklagten vertretene Auffassung wird auch von der bisher vorliegenden obergerichtlichten (Hauptsache-) Rechtsprechung unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien geteilt (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 30. August 2005 – L 12 AS 2023/05 und Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 27. März 2006 -L 8 AS 11/05 - , jeweils mwN; veröffentlicht in juris). Dass der Pauschbetrag von 9,00 Euro monatlich die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für die Warmwasseraufbereitung, die ebenso wie die Heizung über Fernwärme erfolgt und die gleichzeitig mit den Heizkosten individuell abgerechnet werden, übersteigt, ist im Einzelnen nicht dargetan und nach der Aktenlage auch nicht ersichtlich.

Diese Entscheidung ist nicht mit einer Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 Sozialgerichtsgesetz).
Rechtskraft
Aus
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