L 5 KA 3158/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KA 1565/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3158/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Fortsetzungsfeststellungsklage der Klägerin wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand:

Im Streit steht die Ermächtigung des Beigeladenen Ziffer 1 zur Durchführung von kurativen und präventiven Koloskopien.

Der Beigeladene Ziffer 1 ist Internist und Chefarzt des Fachbereichs Gastroenterologie der Inneren Abteilung am Städtischen Krankenhaus Ü ... In dieser Funktion war er schon längere Zeit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt, und zwar auf Überweisung durch die anderen ermächtigten Chefärzte des Städtischen Krankenhauses Überlingen für internistische Untersuchungen und Behandlungen sowie auf Überweisung durch niedergelassene Vertragsärzte zur konsiliarischen Beratung in schwierigen Fällen und zur Durchführung bestimmter Auftragsleistungen, wozu auch die Koloskopien einschließlich der Polypektomien (Nrn. 760 bis 767 EBM) gehörten (Ermächtigung des Zulassungsausschusses mit Beschluss vom 30. Juni 2000 - Bescheid vom 27. Juli 2000 - mit Wirkung ab 1. Juli 2000 gemäß § 116 und § 98 Abs. 2 Nr. 11 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) in Verbindung mit § 31 a Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV)).

Mit Schreiben vom 31. Januar 2003 beantragte der Beigeladene Ziffer 1 die Fortführung der bisherigen Ermächtigung sowie deren Erweiterung um die Aufnahmen der präventiven Koloskopien nach Gebühren-Nr. 156 EBM, da ihm hierfür die Genehmigung erteilt worden sei. Eine daraufhin durchgeführte Befragung der Internisten im Planungsbereich B.kreis ergab, dass alle befragten Ärzte entweder nichts gegen die beantragte Ermächtigung einzuwenden hatten oder diese sogar befürworteten, mit Ausnahme von Dr. M. in M., der hinsichtlich präventiver Koloskopien noch Kapazitäten frei habe und auch Patienten aus dem Raum Ü. behandele.

Mit Beschluss vom 24. Juni 2003 (Bescheid vom 25. September 2003) verlängerte der Zulassungsausschuss die bisherige Ermächtigung nur teilweise und befristete sie bis zum 30. Juni 2005. Er lehnte insbesondere die generelle Durchführung von kurativen Koloskopien ab und beschränkte diese vielmehr auf Überweisung durch koloskopisch tätige Ärzte (im ursprünglichen Beschluss vom 30. Juni 2000 war der Beigeladene Ziffer 1 noch für Koloskopien einschließlich Polypektomien (Gebühren-Nr. 760 bis 767 EBM) zur Durchführung als Auftragsleistungen und auf Überweisung durch niedergelassene Vertragsärzte ermächtigt). Den Neuantrag hinsichtlich der präventiven Koloskopie lehnte der Zulassungsausschuss daneben ebenfalls ab. Zur Begründung führte er aus, im Planungsbereich B.kreis bestehe bei Internisten ein Versorgungsgrad von 278,3 %. Die Stadt Ü. selbst zähle 20.960 Einwohner und hier seien bereits drei fachärztlich tätige Internisten sowie zwei hausärztlich tätige Internisten niedergelassen. Damit entfalle der quantitative Bedarf. Ein weitergehender qualitativer Bedarf sei im Übrigen nicht ersichtlich. Sowohl die kurativen Koloskopien als auch die präventiven Koloskopien könnten durch die Ärzte in F. bzw. M. angeboten werden.

Der Beigeladene Ziffer 1 erhob hinsichtlich der Ablehnung koloskopischer Leistungen Widerspruch. Im Übrigen griff er die Entscheidung des Zulassungsausschusses nicht an. Zur Begründung seines Widerspruches machte er geltend, im Raum Ü. würden endoskopische Leistungen (Gastroskopie - die er zusätzlich beantragte, was jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist - sowie Koloskopie) nicht ausreichend angeboten. Auch sämtliche im Raum Ü. niedergelassene Ärzte seien der Meinung, dass eine Überweisung wegen endoskopischer Leistungen nach M., F. oder S. nicht zumutbar sei. Er bezog sich in dem Zusammenhang auf eine von zahlreichen Ärzten unterzeichnete Erklärung, die er allerdings nicht veranlasst habe, und die der Zulassungsausschuss nicht mehr habe berücksichtigen können.

Mit Beschluss vom 17. März 2004 (Bescheid 20. April 2004) gab der beklagte Berufungsausschuss dem Widerspruch statt und ermächtigte den Beigeladenen Ziffer 1 auch zur Durchführung präventiver und kurativer koloskopischer Auftragsleistungen (nach den Geb.-Nrn. 156, 163, 760, 764, 765, 767 EBM). Zur Begründung führte er aus, bei einem Versorgungsgrad von 278 % im Planungsbereich B.kreis bestehe prinzipiell kein Bedarf für die weitere Ermächtigung des Beigeladenen Ziffer 1. Im Raum Ü., am Rande des B.kreises, sei jedoch ein deutlicher Bedarf für koloskopische Leistungen zu erkennen. Diese Einschätzung decke sich mit der der im Raum Ü. tätigen niedergelassenen Ärzte in ihrer Stellungnahme vom 21. Juli 2003 bzw. ihren Einzelstellungnahmen. Grundsätzlich könnten die koloskopischen Leistungen zwar von internistischen Gemeinschaftspraxen in F. bzw. M. erbracht werden. Beide Orte befänden sich aber bei genauerer Betrachtung der regionalen Situation in nicht zumutbarer Entfernung vom Raum Ü ... Hierbei habe der Beklagte nicht nur bedacht, dass F. über 30 km und M. 23 km von Ü. selbst entfernt liege. Rechne man das Ü. Einzugsgebiet mit S. bis L. im Westen sowie H.-O. und F. im Norden hinzu, so würden sich Entfernungen von über 30 bzw. sogar über 40 km zu alternativen Untersuchungsorten ergeben. Der Beklagte sei der Auffassung, dass diese Entfernungen - gerade auch für ältere Patienten - weder hinsichtlich kurativer noch präventiver Koloskopien zumutbar seien. Er sehe daher einen klaren regionalen Bedarf für Ü., der - solange es in diesem Raum keinen niedergelassenen entsprechend tätigen Arzt gebe - durch die Ermächtigung des Beigeladenen Ziffer 1 abzudecken sei. Der Beklagte habe auch berücksichtigt, dass aus dem Raum Ü. kein Antrag im Sinne der Ausnahmeregelung des § 73 Abs. 1 a Satz 3 SGB V gestellt worden sei, der diesen unmittelbaren Bereich und das Hinterland betroffen hätte. Es bestehe daher kein Widerspruch zu den im Rahmen der genannten Ausnahmenregelung getroffenen Entscheidungen.

Hiergegen hat die Klägerin (Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg) am 18. Mai 2004 Klage vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Sie hat geltend gemacht, es sei bereits im Zusammenhang mit der Überprüfung, inwieweit nach der Ausnahmeregelung des § 73 Abs. 1 a Satz 3 SGB V auf Antrag von Kinderärzten, Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, Allgemeinärzten und Praktischen Ärzten eine zeitlich befristete Berechtigung zur Abrechnung fachlicher Leistungen (auch koloskopischer Leistungen) vom Zulassungsausschuss ausgesprochen werden könne, festgestellt worden, dass eine bedarfsgerechte Versorgung durch die niedergelassenen, an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte im B.kreis gewährleistet sei. Davon könne und dürfe in einem Ermächtigungsverfahren nicht abgewichen werden. Dafür sei unerheblich, dass aus dem Raum Ü. kein Ausnahmeantrag bezüglich koloskopischer Leistungen gestellt worden sei. Ferner hätten die vom Zulassungsausschuss angeschriebenen Internisten (in F.) bestätigt, dass sie für die koloskopischen Leistungen freie Kapazitäten hätten. Die Entfernungen seien durchaus zumutbar. In der Liste von 25 Ärzten, die sich in einer gemeinsamen Erklärung für die Ermächtigung ausgesprochen hätten, fänden sich überwiegend Allgemeinärzte.

Mit Urteil vom 23. März 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, der Beklagte habe sich im Rahmen der durch § 116 SGB V i.V.m. § 31 a Abs. 1 Ärzte-ZV und der dazu ergangenen Rechtsprechung im Rahmen des ihm zukommenden Beurteilungsspielraumes gehalten und seine Entscheidung nachvollziehbar begründet. Der Beklagte habe insbesondere auch nicht gegen § 73 Abs. 1 a Satz 3 SGB V verstoßen. Der Beklagte habe bei seiner Entscheidung durchaus diese Ausnahmeregelung gesehen und ausdrücklich berücksichtigt. Er habe auch ausgeführt, aus dem Raum Ü. sei kein Antrag im Sinne dieser Ausnahmeregelung gestellt worden, weshalb er sich nicht in Widerspruch zu den im Rahmen der Ausnahmeregelung getroffenen Entscheidungen setze. Nach Auffassung des SG bestehe auch im Ermächtigungsverfahren die Pflicht zur konkreten Bedarfsprüfung, bezogen auf den individuellen Ermächtigungsantrag und unter Berücksichtigung besonderer Bedarfssituationen, die sich aus der regionalen Struktur eines Planungsbereiches und aus den örtlichen Verhältnissen ergeben könnten und denen Rechnung zu tragen sei. Dieser Verpflichtung sei der Beklagte zu Recht und in zutreffender Weise nachgekommen. Er habe mit der dem Beigeladenen Ziffer 1 erteilten Ermächtigung auch nicht den Grundsatz verletzt, dass die Versorgung der Versicherten durch niedergelassene Vertragsärzte Vorrang habe. Allein die eventuelle theoretische Bereitschaft eines niedergelassenen, an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztes, sich die Genehmigung für Koloskopien erteilen zu lassen, reiche hierfür nicht aus.

Die Klägerin hat gegen das ihr mit Empfangsbekenntnis am 8. Juli 2005 zugestellte Urteil am 29. Juli 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, die Entscheidung des SG könne keinen Bestand haben, denn ein Bedarf für die Erbringung kurativer und präventiver Koloskopien im Raum Ü. bestehe nicht. Neben den beiden im 30 km entfernt liegenden F. gelegenen Praxen seien in M. ebenfalls zwei P. entfernt und sei mit dem Zug stündlich - hin und zurück in einer Fahrzeit von rund 25 Minuten - erreichbar. Eine Fahrzeit in dieser Größenordnung sei für die Versicherten unter dem Gesichtspunkt, dass im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nur ein Anspruch auf eine ausreichende, nicht aber optimale Versorgung bestehe, zumutbar, und zwar auch im Hinblick auf die hier in Rede stehenden koloskopischen Leistungen. Auch bei diesen Leistungen sei eine Fahrzeit in der Größenordnung von 25 Minuten durchaus noch zumutbar. Dabei sei bezüglich der streitgegenständlichen präventiven Koloskopien darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass diese planbar seien, sodass sich ein Angewiesensein auf öffentliche Verkehrsmittel in der Regel vermeiden lasse, neben der weiteren Folge, dass hier auch gegebenenfalls längere Wartezeiten in Kauf genommen werden könnten. Ausweislich der von der Klägerin durchgeführten Umfrage bestünden in den beiden niedergelassenen Praxen auch noch freie Kapazitäten für die Durchführung der hier streitgegenständlichen Koloskopien.

Nach Hinweis auf das Ende der streitigen Ermächtigung am 30. Juni 2005 hat die Klägerin ihren Antrag auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Sie hat außerdem in der mündlichen Verhandlung den Beschluss des Beklagten vom 15. November 2005/Bescheid vom 1. Februar 2006 vorgelegt, mit dem der Beigeladene zu 1) erneut vom Beklagten zur Durchführung kurativer und präventiver Koloskopien ermächtigt worden ist. Die langen Wegstrecken zu niedergelassenen Internisten in M. und F. seien mit Blick auf die speziellen Belastungen durch die Einnahme von Abführmitteln für Patienten nicht zumutbar.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 20. April 2004 rechtswidrig war, soweit er den Beigeladenen zu 1.) auch zur Durchführung präventiver und kurativer koloskopischer Auftragsleistungen ermächtigte.

Der Beklagte beantragt,

die Fortsetzungsfeststellungsklage der Klägerin abzuweisen.

Der Beigeladene zu 1.) hat die Auffassung vertreten, die Entfernungen nach M. und F. seien unzumutbar weit. Zu berücksichtigen sei zudem, dass endoskopische Patienten in der Regel mit sedierenden Medikamenten unterstützt würden und nicht Auto fahren dürften.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Gegenstand des Rechtsstreits ist allein der Bescheid des Beklagten vom 20. April 2004 (Beschluss vom 17. März 2004). Über den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 25. September 2003 (Beschluss vom 24. Juni 2003) ist hingegen nicht zu befinden. Denn der Bescheid des Berufungsausschusses tritt grundsätzlich als Regelung der Zulassungs- bzw. hier Ermächtigungssache an die Stelle des vorangegangenen Bescheides des Zulassungsausschusses und bildet den alleinigen Gegenstand der weiteren Beurteilung der Zulassungs- bzw. hier Ermächtigungssache (BSG SozR 3-2500 § 96 Nr. 1).

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig eingelegt worden. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor. Denn streitig ist nicht eine Geld- oder Sachleistung bzw. ein darauf gerichteter Verwaltungsakt.

Da der Bescheid des Beklagten vom 20. April 2004 eine bis 30. Juni 2005 befristete Ermächtigung zum Gegenstand hatte, hat sich der Rechtsstreit durch Zeitablauf erledigt. Die Klägerin ist daher zu Recht auf die Fortsetzungsfeststellungsklage übergegangen. Ein berechtigtes Interesse hierzu liegt vor. Sie ist zum einen durch den angefochtenen Bescheid des Beklagten beschwert. Denn die Kassenärztlichen Vereinigungen sind aufgrund des von ihnen wahrzunehmenden Sicherstellungsauftrages (§ 75 Abs. 1 SGB V) unabhängig vom Nachweis einer konkreten Beschwer im Einzelfall oder eines konkreten rechtlichen Interesses befugt, Entscheidungen anzufechten, die im Zusammenhang mit der Zulassung (bzw. Ermächtigung) von Ärzten, Psychologischen Psychotherapeuten oder ärztlichen Einrichtungen zur vertragsärztlichen Versorgung ergehen (vgl. z. B. BSG SozR 3-2500 § 95 a Nr. 2 m.w.N.; ständige Rechtsprechung). Zum anderen hat der Beklagte auf den Folgeantrag des Beigeladenen zu 1.) wiederum an seiner Rechtsauffassung festgehalten und eine inhaltsgleiche Ermächtigung mit Bescheid vom 1. Februar 2006 erneut ausgesprochen.

III.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten ist nicht zu beanstanden und enthielt keine Rechtsfehler. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Entfernungen für Patienten aus dem Raum Ü. angesichts der vor und nach Koloskopien insbesondere als Folge der erforderlichen Einnahme von Medikamenten auftretenden Umstände als unzumutbar angesehen hat.

Zur Rangfolge der verschiedenen Formen der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung hat die Rechtsprechung klargestellt, dass die ambulante vertragsärztliche Versorgung in erster Linie durch niedergelassene Vertragsärzte zu gewährleisten ist. Verbleibende Versorgungslücken, die die Heranziehung weiterer Ärzte erfordern, sind auf der Grundlage des § 116 SGB V iVm § 31a Ärzte-ZV vorrangig durch Ermächtigung von Krankenhausärzten zu schließen. In zweiter Linie sind sie gemäß § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV durch Ermächtigung weiterer Ärzte zu beseitigen. Erst danach können unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Buchst a und b Ärzte-ZV ärztlich geleitete Einrichtungen im Wege sog. Institutsermächtigungen an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligt werden ( BSG SozR 3 - 5520 § 31 Nr. 10; BSGE 79, 159, 163 f = SozR 3-5520 § 31 Nr. 5 S 9 f; BSGE 82, 216, 222 = SozR 3-5520 § 31 Nr. 9 S 38 und BSG SozR aaO Nr. 8 S 27).

1.) Nach § 116 Satz 1 SGB V i. V. m. § 31a Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV können die Zulassungsausschüsse Krankenhausärzte mit abgeschlossener Weiterbildung mit Zustimmung des Krankenhausträgers zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigen.

Darüber hinaus können die Zulassungsausschüsse über den Kreis der zugelassenen Ärzte weitere Ärzte, die insbesondere in Krankenhäusern und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, oder in besonderen Fällen ärztlich geleitete Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV ermächtigen.

Nach § 116 Satz 2 SGB V, § 31a Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV ist (des Weiteren) ein Krankenhausarzt mit abgeschlossener Weiterbildung (nur) zu ermächtigen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt ist. Danach besteht bei der ambulanten Versorgung der Versicherten ein Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte. Eine Ermächtigung von Krankenhausärzten, die ausschließlich dazu dient, Versorgungslücken zu schließen, kommt nur bei einer Minderversorgung der Versicherten in Betracht (vgl BSG vom 27. Februar 1992 - 6 RKa 15/97 -. BSGE 70, 167, 173 = SozR 3-2500 § 116 Nr. 2). Dieser Vorrang ist auch durch die Neuregelungen der § 115a und 115b SGB V unberührt geblieben (vgl BSG vom 14. Juli 1993 - 6 RKa 71/91 = BSGE 73, 25 = SozR 3-2500 § 116 Nr. 4).

Eine derartige Versorgungslücke kann sich entweder daraus ergeben, dass in einem bestimmten Bereich zu wenige niedergelassene Ärzte vorhanden sind, um den Bedarf zu decken (quantitativ-allgemeiner Bedarf), oder daraus, dass ein Krankenhausarzt besondere, für eine ausreichende Versorgung notwendige Untersuchungs- und Behandlungsmethoden anbietet, die von den niedergelassenen Ärzten nicht bzw. nicht in erforderlichem Umfang erbracht werden (qualitativ-spezieller Bedarf; zum Ganzen siehe hierzu BSG, Urteil vom 12. September 2001 in SozR 3-2500, § 116 Nr. 23 m.w.N.).

Hinsichtlich der Frage, ob ein "Bedarf" für eine Ermächtigung in dem dargestellten Sinne besteht - genauer: ob i.S. von § 116 Satz 2 SGB V und § 31a Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne Ermächtigung von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird -, haben die Zulassungsgremien einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum (vgl. nur BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 1 S. 4 f mwN). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die Prüfung, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Zulassungsgremien die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes ermittelten Grenzen eingehalten und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSG ebenda, S 5 mwN; BSGE 70, 167 , 175 = SozR 3-2500 § 116 Nr. 2 S 17; BSGE 73, 25 , 29 = SozR 3-2500 § 116 Nr. 4 S 29; BSG SozR 3-2500 § 97 Nr. 2 S 6; vgl. ebenso für Sonderbedarfszulassungen zuletzt BSGE 86, 242 , 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr. 5 S. 34, mwN). Diese eingeschränkte Überprüfungsbefugnis der Gerichte beruht im wesentlichen darauf, dass die ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen nur ungefähr entscheiden können, ob und inwieweit die bereits niedergelassenen Ärzte eine qualitativ ausreichende Versorgung gewährleisten, da zur Beantwortung dieser Frage eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einzubeziehen ist. Entscheidungen der Zulassungsgremien sind daher hinzunehmen, wenn sie sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung halten.

2. Unstreitig liegt hier allerdings ein qualitativ-spezieller Bedarf nicht vor. Dieser setzt voraus, dass ein Krankenhausarzt besondere, für eine ausreichende Versorgung notwendige Untersuchungs- und Behandlungsleistungen anbietet, die von den niedergelassenen Ärzten nicht bzw. nicht in erforderlichem Maße erbracht werden (siehe hierzu zuletzt Urteil des BSG vom 31. Januar 2002 - B 6 KA 12/01 R - in SozR 3-2500 § 116 Nr. 24 unter Hinweis auf das Urteil vom 12. September 2001 in SozR 3-2500 § 116 Nr. 23). Dass ein solcher Bedarf allgemein für die hier streitigen präventiven und kurativen Koloskopien nicht bestehen kann, liegt auf der Hand. Die niedergelassenen Vertragsärzte (insbesondere die Praxen hier in M. und F.) können grundsätzlich alle Leistungen ihres Fachgebietes, wozu auch diese Leistungen gehören, in qualitativ ausreichendem Umfang erbringen. Es wird auch nicht geltend gemacht, noch ist ersichtlich, dass hier bestimmte Untersuchungsverfahren im Planungsbereich nur vom Beigeladenen Ziffer 1 angeboten werden oder nur mit medizinisch-technischen Geräten durchgeführt werden können, die allein am Krankenhaus und nicht etwa in den Praxen in M. oder F. durch die dort niedergelassenen Vertragsärzte vorhanden sind.

3. Zu Recht haben jedoch der Beklagte und das SG einen quantitativ allgemeinen Bedarf angenommen. Ein solcher quantitativ-allgemeiner Bedarf liegt vor, wenn in einem Planungsbereich in einer Arztgruppe zu wenige niedergelassene Ärzte vorhanden sind, um den Bedarf zu decken (siehe die bereits zitierten Urteile des BSG vom 12. September 2001 und 30. Januar 2002 in SozR 3-2500 § 116 Nr. 23 und Nr. 24). Dies ist hier der Fall.

Zu Unrecht schließen die Klägerin und der Zulassungsausschuss aus dem Umstand, dass in der Arztgruppe der Internisten im Planungsbereich B.kreis ein Versorgungsgrad von 278,3 % besteht und in der Stadt Ü. selbst drei fachärztlich tätige Internisten und zwei hausärztlich tätige Internisten niedergelassen sind, auf einen fehlenden Bedarf. Die Gruppe der fachärztlichen Internisten ist heterogen und umfasst verschiedene Schwerpunkte wie z. B. die Angiologie, Endokrinologie, Gastroenterologie, Internistische Onkologie, Kardiologie, Nephrologie, Pneumologie und Rheumatologie. Der hohe Versorgungsgrad sagt somit noch nichts darüber aus, ob die hier streitigen Leistungen von den niedergelassenen Internisten auch tatsächlich erbracht werden. Nach den Feststellungen des Beklagten werden präventive und kurative Koloskopien von niedergelassenen Internisten nur in M. und F. durchgeführt, nicht jedoch von den in Ü. und der näheren Umgebung von Ü. niedergelassenen Internisten. Auch hausärztliche Internisten erbringen diese Leistung nicht. Jedenfalls hat nach den auch von der Klägerin nicht in Frage gestellten Feststellungen des Beklagten keiner der hausärztlichen Internisten einen Antrag nach § 73 Abs. 1a SGB V auf ausnahmsweise Genehmigung zur Durchführung von Koloskopien gestellt. Anhaltspunkte dafür, dass im Raum Überlingen niedergelassene Ärzte Koloskopien durchführen würden, wenn dem Beigeladenen zu 1.) keine Ermächtigung erteilt wird, bestehen nicht. Somit werden Koloskopien im Planungsbereich B.kreis nur in M. und in F. erbracht. Diese Ärzte haben nach der Beurteilung des Zulassungsausschusses auch noch genügend freie Kapazitäten um weitere Patienten zu koloskopieren.

Ob ein durch die Ermächtigung des Beigeladenen zu 1.) abzudeckender Bedarf besteht, hängt somit wesentlich davon ab, ob Patienten aus dem Raum Ü. die Wegstrecke nach M. oder F. zugemutet werden kann.

Zunächst ist darauf hinzuweisen (hinsichtlich der örtlichen Verkehrsverhältnisse besteht kein Berteilungsspielraum des Beklagten), dass die Entfernungen von B.-L. nach M. ca. 34 km, von Ü. nach M. ca. 25 km und von F. nach M. ca. 16 km (jeweils ADAC-Routing-Ausdruck), also auch vom Ü. Einzugsgebiet im Westen (L.-B.) und Norden (z. B F.) unter 20 bzw. unter 35 km betragen.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann es Versicherten auch grundsätzlich zugemutet werden, die genannten Facharztpraxen in M. oder F. aufzusuchen. Denn für die Versorgung mit besonderen technischen Leistungen müssen regelmäßig auch weitere Wegstrecken (als sonst) zurückgelegt werden, weil solche Leistungen nur von entsprechend ausgerüsteten Praxen angeboten werden (dazu auch die Senatsurteile vom 3. März 2004, - L 5 KA 3683/03 - und 13. Oktober 2004, aaO). Eine andere Bewertung kann bei besonderen Erschwernissen durch klimatische oder topographische Verhältnisse, wie sie etwa im Hochschwarzwald angetroffen werden können, in Betracht kommen oder wenn die Entfernung nach den besonderen Umständen der Untersuchung aus zusätzlich hinzukommenden Gründen nicht zumutbar erscheint.

So hat der erkennende Senat in einer Entscheidung vom 13. November 2002 (L 5 KA 1247/02) im Zusammenhang mit einer Sonderbedarfszulassung einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in M. zur vertragsärztlichen Versorgung u. a. die Auffassung vertreten, dass der Landkreis B.kreis bei einer Längsachse von über 40 km als großräumiger Landkreis im Sinne von Nr. 24 Satz 1 Buchst. a der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte anzusehen sei. Der erkennende Senat hat in dem Zusammenhang auch ausgeführt, dass hier bei Versicherten, die am oberen oder unteren Ende des Landkreises wohnen bei einer solchen Entfernung durchaus die Möglichkeit besteht, dass eine Versorgung in zumutbarer Entfernung nicht gegeben sein könne, weil größere Strecken zurückgelegt werden müssten, wenn etwa der nächste Vertragsarzt, Psychologische Psychotherapeut oder Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut am anderen Rand des Kreisgebietes niedergelassen sei. Im dortigen Fall hatte daher der Berufungsausschuss noch entsprechende Ermittlungen bezüglich der "Verteilung" der psychologischen Psychotherapeuten bzw. Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten durchzuführen gehabt. Diese Rechtsprechung, bei der es um die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit psychotherapeutischen Leistungen ging, steht nicht im Widerspruch zu dem oben aufgestellten Grundsatz, weil es einsichtig ist, dass insbesondere Kindern und jüngeren Jugendlichen nicht von vornherein die gleichen Wegstrecken zugemutet werden können wie Erwachsenen.

Für die Frage, ob die oben genannten Wegstrecken nach den besonderen Umständen der hier streitigen Untersuchungen zumutbar sind, ist zum einen zu berücksichtigen, dass insbesondere die präventiven Koloskopien planbar sind. Dies spricht für die Zumutbarkeit längerer Wegstrecken. Auf der anderen Seite hat der Beigeladene zu 1) darauf hingewiesen, dass bei Koloskopien den Patienten sedierende Medikamente verabreicht werden, so dass sie danach selbst nicht mit dem Pkw zurückfahren können. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte ergänzend darauf hingewiesen, dass die Fähigkeit zur Bewältigung größerer Wegstrecken durch die spezielle Belastung beeinträchtigt wird, die sich aus der vorherigen Einnahme von Abführmitteln ergibt. Dem Einwand der Klägerin, bei Koloskopiepatienten, die vorher die ihnen mitgegebenen Abführmittel regelrecht einnehmen, sei bereits vor Antritt der Wegstrecke eine vollständige Darmentleerung erfolgt, so dass sich während des Weges keine weiteren Probleme ergeben, wurde vom anwesenden Beklagtenvertreter widersprochen. Er verwies insoweit auf die Auffassung des Beklagten, wie sie sich aus dem Bescheid vom 1. Februar 2006 ergibt.

Bei der Beurteilung dieser Frage ist der Senat davon ausgegangen, dass der Beklagte sich innerhalb des ihm eingeräumten medizinischen Beurteilungsspielraums gehalten hat, wenn er wegen der speziellen Belastung durch die Einnahme von Abführmitteln Fahrzeiten von 45 Minuten für unzumutbar hält. Der Beklagte durfte deshalb die Wegstrecken nach M. und F. angesichts der Unmöglichkeit mit einem Pkw selbst fahren zu können und der daraus entstehenden Angewiesenheit auf öffentliche Verkehrsmittel bei den besonderen Umständen der hier streitigen Untersuchungen als nicht zumutbar einschätzen. Damit besteht aber ein Bedarf für die Durchführung von Koloskopien im Ü ... Da niedergelassene Ärzte diese Leistung nicht erbringen, durfte der Beklagte den Beigeladenen zu 1.) zur Durchführung dieser Leistungen ermächtigen.

Der Bescheid des Beklagten vom 20. April 2004 erweist sich somit im Ergebnis als rechtmäßig, weswegen die Fortsetzungsfeststellungsklage der Klägerin ohne Erfolg bleiben musste.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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