L 11 R 5634/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 RA 848/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5634/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen Ziffer 1.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten besteht im Rahmen des sog. Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) Streit darüber, ob der Beigeladene Ziff. 1, C. A. (A.), bei der Klägerin abhängig beschäftigt oder selbständig tätig gewesen ist.

Die Klägerin betreibt in H. eine Touristeninformation und bewirtschaftet Parkraum. Insoweit bestanden mit dem Verkehrsverein H. Verträge, die den Ladenbereich und seit 1979 auch eine Cafeteria betrafen.

A. meldete zum 01.05.1979 bei der Stadtverwaltung H. ein Gewerbe an (Verkauf von Lebensmitteln und Getränken sowie die Bedienung von Kunden in der Cafeteria auf Provisionsbasis). Unter dem 25.06.1979 bestätigte A. dem Geschäftsführer der Klägerin, Herrn F. (F.), "die bezüglich meiner Tätigkeit in Ihrem Cafeteriabetrieb am Neckarmünzplatz H. getroffenen Vereinbarungen wie folgt: 1. Ab 01. April 1979 verkaufe ich in Ihrem Namen und auf Ihre Rechnung im o.a. Cafeteriabetrieb zum sofortigen Verzehr bestimmte Waren. 2. Als Vergütung für meine Tätigkeit erhalte ich von Ihnen eine Provision vom erzielten Umsatz und zwar für Monat April 79 eine Summe vom 1.500,- DM und ab 01. Mai 79 12 % des Umsatzes. 3. Ich bin damit einverstanden, dass die arbeitsrechtlichen Vorschriften und Tarifverträge auf meine Tätigkeit keine Anwendung finden, falls folgende Voraussetzungen erfüllt werden: a) Gemäß Ihrer Auskunft wird meine Tätigkeit vom zuständigen Finanzamt als gewerbliche Unternehmertätigkeit im Sinne des Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer- und Einkommensteuer-Gesetzes anerkannt. b) Ich habe Einkommen- und Umsatzsteuer vom Betrag meiner Provision abzuführen, brauche jedoch keine Steuer für die beim Warenverkauf in Ihrem Namen und auf Ihre Rechnung vereinnahmten und verausgabten Beträge zu zahlen. 4. Das Vertragsverhältnis wird zunächst bis zum 15. Oktober befristet und kann ggfs. verlängert werden. 5. Die aus meiner Tätigkeit gegenüber Dritten bestehende Haftpflicht wird durch von Ihnen abgeschlossene Vereinbarungen abgedeckt."

Durch Vereinbarung vom 23./27.07.2001 wurde das Vertragsverhältnis zum 31.10.2000 auf Veranlassung der Klägerin beendet. A. erhielt eine Abfindung in Höhe von 30.000,- DM, allerdings unter der Bedingung, dass die Klägerin von Sozialversicherungsträgern nicht auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für A. in Anspruch genommen werde.

Am 22.02.2001 stellten die Klägerin und A. bei der Beklagten den Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des A ... Dessen unternehmerisches Handeln wurde als Betrieb einer Cafeteria während der Öffnungszeiten des Bus-Terminals N. von April bis Oktober eines Jahres und Abgabe des Warensortiments gegen Umsatzprovision bei freier Zeiteinteilung beschrieben. Nach Durchführung einer Betriebsprüfung bei der Klägerin hörte die Beklagte die Klägerin und A. zur beabsichtigten Feststellung eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses mit Schreiben vom 22.05.2001 an. A. gab hierauf u.a. an, er habe von 1979 bis 2001 die Toilette bedient, Speisen und Getränke sowie Souvenirartikel verkauft. Die Arbeitszeit habe täglich von 8.00 Uhr bzw. 9.00 Uhr bis 18.30 Uhr, teilweise 20.00 Uhr, betragen und zwar von April/Ostern bis 15.10. jeden Jahres (Saisonbetrieb). Während der Wintermonate habe das Cafe nicht betrieben werden können. Er habe monatlich ca. 3.000,- DM bzw. 100,- DM pro Tag erhalten und kein Unternehmerrisiko gehabt. Der Einkauf der Waren sei allein durch den Geschäftsführer der Klägerin (F.) erledigt worden. Anfänglich habe er Einfluss nehmen können, seit einigen Jahren habe er sich den Weisungen von F. fügen müssen. Die Klägerin teilte dagegen u.a. mit, A. habe insgesamt die Arbeitszeit selbst bestimmen können und Verkaufsprovisionen aus dem Warenverkauf erhalten, für die bis 1998 Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt worden sei. Die Bezahlung sei erfolgt, wenn A. Geld eingefordert habe. Zu Saisonende sei eine Jahresabrechnung erstellt worden. Das volle Unternehmerrisiko habe bei A. gelegen. Dieser habe die Waren selbst eingekauft, bei Lieferung ins Haus jedoch für fremde Rechnung. Personal, Gestaltung und Warensortiment seien allein von A. bestimmt worden, oft jedoch in freiwilliger und freundschaftlicher Absprache mit der Klägerin. Kleinreparaturen hätte A. vorgenommen, große Reparaturen seien zu Lasten der Klägerin gegangen. Es wurden Rechnungen des A. an die Klägerin (Vorauszahlung auf die Provisionsabrechnung 2000) vom Mai, Juni, Juli, August und September 2000 beigefügt, ferner die Provisionsabrechnung für Verkäufe in der Saison 1998 und die Vereinbarung vom 25.06.1979.

Mit Bescheiden vom 22.08.2001 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und A. fest, dass dieser seine Tätigkeit als Angestellter bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Der Reiseshop bzw. die Cafeteria gehöre der Klägerin, vertreten durch F., sie sei bezüglich der Räumlichkeiten Pächter der Stadt H ... A. sei fest in den Arbeitsablauf des Auftraggebers integriert und weisungsgebunden gewesen. Er habe keinen Einfluss auf das Warensortiment gehabt, das regelmäßig vom Auftraggeber eingekauft und bereitgestellt worden sei. Er habe auch keinen Einfluss auf die Preisgestaltung gehabt. Die Arbeitszeiten habe er ebenfalls nicht frei gestalten können, die Cafeteria sei zu den normalen Ladenzeiten geöffnet gewesen (9.00 Uhr bis 18.30 Uhr, teilweise bis 20.30 Uhr). Da es sich um einen Saisonbetrieb von April bis Mitte Oktober jeden Jahres handle, habe A. nicht eigenmächtig das Cafe darüber hinaus öffnen können. Während der Wintermonate sei er arbeitslos gewesen. Ein Unternehmerrisiko bzw. einen eigenen Kapitaleinsatz habe es nicht gegeben, da alles an Arbeitsmitteln von dem Auftraggeber bereitgestellt worden sei. Anfallende Reparaturen seien vom Auftraggeber bezahlt worden. Die Verluste des Cafeteria-Betriebes trage der Auftraggeber, die Gewinne erhalte er ebenfalls.

Nachdem die Beklagte A. mitteilte, dass anhand der vorliegenden Unterlagen ein Bescheid über den verspäteten Eintritt der Versicherungspflicht (und damit Beitragspflicht) nicht erlassen werden könne, stimmte dieser dem Beginn der Versicherungspflicht mit Bekanntgabe des Bescheides zu und bestätigte die Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge.

Der Widerspruch der Klägerin, den diese u.a. damit begründete, dass A. die Möglichkeit gehabt habe, die Umsätze zu kontrollieren, Zahlungen in Höhe von 3.000,- DM unabhängig vom Umsatz nicht vereinbart worden seien, A. nicht in den Arbeitsablauf integriert und nicht weisungsgebunden gewesen sei und aufgrund der umsatzabhängigen Bezahlung ein Unternehmerrisiko gehabt habe, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2003 zurückgewiesen: Gegenstand der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung sei allein das Tätigwerden des A. in dem Reiseshop. Ob und in welcher Form darüber hinaus weitere Erwerbstätigkeiten - beispielsweise in den Wintermonaten - zusammen mit dem Geschäftsführer der Klägerin als "GbR" vorgenommen worden seien, sei nicht entscheidungserheblich. Für die in Frage stehende Tätigkeit fehle es an einem unternehmerischen Risiko bzw. entsprechenden Chancen. Der Umstand einer umsatzbezogenen Zahlung könne kein Merkmal einer selbständigen Tätigkeit sein, wenn dies, wie hier, nicht damit einhergehe, dass ein direkter, eigener Einfluss des Erwerbstätigen auf die Höhe des Umsatzes gegeben sei, der über den Einfluss eines regulär Beschäftigten hinausgehe. A. habe kein eigenes Kapital eingesetzt, sondern die Ware für fremde Rechnung gekauft. Er sei weder Inhaber noch Beteiligter der Klägerin gewesen, nicht Vertragspartner des Pachtvertrags und auch nicht Eigentümer der Verkaufsgegenstände. Die bloße Möglichkeit, innerhalb der Ladenöffnungszeit mehr oder länger zu arbeiten, habe auch jeder Beschäftigte. Eigene Geschäftsräume unterhalte A. nicht, auch betreibe er keine Werbung für seine eigene Tätigkeit. Weder der Arbeitsort noch die Arbeitszeit seien im Sinne einer selbständigen Tätigkeit frei wählbar gewesen. A. habe laufend der Aufsicht und Kontrolle des Geschäftsführers der Klägerin unterstanden.

Deswegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) mit der Begründung, A. habe seine Arbeitszeit frei bestimmen können und sei diesbezüglich keinerlei Weisungen der Firma Reiseshop unterworfen und auch nicht an die Öffnungszeiten des Reiseshops gebunden gewesen. Er hätte sich auch jederzeit durch jemand anderes vertreten lassen können (was er in früheren Jahren auch getan habe). Dass die Tätigkeit des A. im Betrieb der Firma Reiseshop geleistet worden sei, habe praktische Gründe, da die benötigten Räumlichkeiten und Arbeitsgeräte im Betrieb der Firma Reiseshop vorhanden seien. Es hätte A. jedoch auch freigestanden, die Cafeteria in anderen Räumlichkeiten zu betreiben. Entgegen der Ansicht der Beklagten fehle es bei A. auch nicht an einem unternehmerischen Risiko, da dieser ausschließlich auf Provisionsbasis gearbeitet habe. Er habe seine Arbeitskraft investiert, wobei offen geblieben sei, ob er hierfür ein Entgelt erhalte. Die Klägerin legte u.a. die ergänzende Vereinbarung mit A. vom 06.08.2001 vor.

Mit Beschluss vom 03.11.2003 lud das SG den A. (Beigeladener Ziff. 1) bei.

A. trug vor, er sei weisungsgebunden gewesen.

Im Beweisaufnahmetermin vom 14.09.2004 vernahm das SG den früheren Prokuristen der Klägerin, M. G., als Zeugen. Auf die Niederschrift wird verwiesen.

Mit dem den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12.11.2004 zugestellten Urteil wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es, im wesentlichen gestützt auf die Aussage des Zeugen G. aus, A. sei in seiner Arbeitszeit nicht frei gewesen. Er habe die Cafeteria ab 9.00 Uhr öffnen müssen und der Betrieb sei auch nicht vor 18.00 Uhr eingestellt worden. Auch wenn A. keine konkreten Vorgaben bezüglich der Öffnungszeiten gehabt habe, habe er sich in den allgemeinen Betrieb der Touristeninformation am Neckarmünzplatz einordnen, d.h. die Cafeteria auch in den Zeiten geöffnet haben müssen, in denen der Informationsbereich für die Touristen zur Verfügung gestanden habe. Die Bestellung des Warensortiments für die Cafeteria sei in Absprache mit der Klägerin und auch die Bezahlung der bestellten Waren sei nicht ausschließlich durch A. erfolgt, sondern der Zeuge habe selbst Rechnungen abgewickelt. Dies bestätige die Angaben des Geschäftsführers F., wonach A. eigenverantwortlich, jedoch für fremde Rechnung bei Lieferungen ins Haus gehandelt habe. Weiter habe auch A. die Preisgestaltung nicht ausschließlich alleine, sondern in Abstimmung mit der Klägerin durchgeführt. Wenn aber weder die Preise selbständig festgelegt noch die bestellten Waren auf eigenes Risiko erworben worden seien, so spreche dies gegen eine selbständige Tätigkeit. Es sei aufgrund der Aussage des Zeugen auch nicht erkennbar, dass A. eigenen Kapitaleinsatz oder eigene Betriebsmittel mit eingebracht habe. Die Softeismaschine sei nicht in den Betrieb des Reiseshops eingebunden gewesen. Wesentlich sei auch, dass nach der Aussage des Zeugen G. die Einnahmen aus der Cafeteria nur zum Teil in der Kasse des A. verblieben, im übrigen aber der Hauptkasse zugeführt worden seien. Der tatsächliche Ablauf des Cafeteria-Betriebes und die wirtschaftliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben indizierten eine abhängige Tätigkeit des A ... Dem stehe auch letztlich nicht entgegen, dass er von der Klägerin auf Provisionsbasis vergütet worden sei. Die Warenbestell- und Bezahlungspraxis und die Verbuchung der Einnahmen sprächen im übrigen dagegen, dass A. ausschließlich nach den erzielten Umsätzen bezahlt worden sei. Die Klägerin habe diesbezüglich auch keine Unterlagen vorgelegt, aus denen dies nachvollziehbar wäre.

Hiergegen hat die Klägerin am 13.12.2004 (einem Montag) Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie u.a. vor, der Zeuge G. habe ausgesagt, dass A. keine konkreten Vorgaben bezüglich der Öffnungszeiten gehabt habe. Feste Arbeitszeiten könnten auch nicht daraus gefolgert werden, dass die Cafeteria habe geöffnet sein müssen, wenn der allgemeine Betrieb losgegangen sei. Das SG übersehe in diesem Zusammenhang, dass A. während der Geschäftszeiten des Reiseshops nicht habe persönlich anwesend sein müssen, sondern sich jederzeit hätte vertreten lassen können. Auch der Tatsache, dass Rechnungen teilweise über die Reiseshop GmbH abgewickelt worden seien, komme keine wesentliche Bedeutung zu. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass A. befugt gewesen sei, Multiplikatoren wie Reiseleitern, Gästeführern oder Busfahrern eigenständig Preisnachlässe zu gewähren. A. hätte es auch freigestanden, die Cafeteria in anderen Räumlichkeiten zu betreiben. Die Einnahmen seien insoweit in der Kasse des A. verblieben, als dies Einnahmen aus der Softeismaschine betroffen habe. Diese Einnahmen seien nicht zu verprovisionieren gewesen, sondern hätten vielmehr ausschließlich A. zugestanden. Die übrigen vereinnahmten Umsätze habe A. selbstverständlich an die Klägerin abführen müssen, da aufgrund der bestehenden Vergütungsvereinbarung A. insoweit lediglich Anspruch auf Provision gehabt habe. Wenn dieser seit 1999 keine Mehrwertsteuer mehr in Rechnung gestellt habe, liege dies ausschließlich daran, dass er im Hinblick auf die Höhe der erzielten Einnahmen nicht mehr umsatzsteuerpflichtig gewesen sei. Durch die Abrechnung für die Jahre 1999 und 2000 werde belegt, dass A. kein monatliches Fixum von 3.000,- DM erhalten habe. Bei der Softeismaschine handle es sich um eigene Betriebsmittel des A ... Dass die Klägerin am wirtschaftlichen Ergebnis und auch an den Kosten nicht beteiligt gewesen sei, spreche doch gerade für eine Selbständigkeit des A ... Die Klägerin hat Rechnungen des A. vom Juni, August, September und Oktober 1999, die Provisionsabrechnung 1999, eine Quittung des A. vom 14.05.1999, eine Schlussabrechnung des A. vom 24.10.2000, Rechnungen des A. vom Mai, Juni, Juli, August und September 2000 sowie beispielhaft Unterlagen für die Berechnung des Provisionsanspruchs des A. für die Monate April bis einschließlich Oktober 1995 und Quittungen des A. für die Monate April bis einschließlich Oktober 1995 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. September 2004 sowie den Bescheid vom 22. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2003 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene Ziff. 1 selbständig tätig und nicht bei der Klägerin abhängig beschäftigt war.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Beigeladene Ziff. 1 sei in der Zeit vom 01.04.1979 bis 31.10.2000 bei der Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Da der Statusantrag im Februar 2001 gestellt worden sei, sei Gegenstand der statusrechtlichen Beurteilung ein beendetes Vertragsverhältnis. Nach dem Wortlaut des § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV setze die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens voraus, dass ein Auftragsverhältnis vorliege. Die Beklagte hat das rechtskräftige Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 07.12.2004 - L 5 KR 163/03 - vorgelegt, wonach die Durchführung eines Statusverfahrens ausgeschlossen sei, wenn sich der Statusantrag auf ein beendetes Vertragsverhältnis beziehe.

Der Senat hat mit Beschluss vom 13.07.2006 die Barmer Ersatzkasse H., die Barmer Ersatzkasse Pflegekasse und die Bundesagentur für Arbeit beigeladen. Diese haben keine Anträge gestellt.

Der Beigeladene Ziff. 1 hat ebenfalls keinen Antrag gestellt und darauf hingewiesen, dass er bei der Auflösung seines Arbeitsverhältnisses mit der Reiseshop GmbH eine Entschädigung von 30.000,- DM erhalten habe, die zurückzuzahlen sei, wenn die Klägerin dazu verurteilt würde, Sozialbeiträge an die Beklagte nachzuzahlen. Da er nach einer 20-jährigen Tätigkeit bei dem Geschäftsführer der Klägerin nur acht Monate als Angestellter habe arbeiten können, erhalte er kein Arbeitslosengeld.

Im von der Berichterstatterin durchgeführten Erörterungstermin sind der Geschäftsführer der Klägerin und der Beigeladene Ziff. 1 gehört worden. Der Geschäftsführer der Klägerin hat unter anderem klargestellt, dass die Einnahmen aus der Softeismaschine nichts mit den aktenkundigen Umsätzen zu tun hätten, aus denen die Provisionen errechnet worden seien. Diese resultierten allein aus den Verkäufen in der Cafeteria. Im übrigen wird auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 12.07.2006 (Bl. 92/96 der LSG-Akte) verwiesen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Der Beigeladene Ziff. 1 ist bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass mit der Aufhebung der von der Beklagten getroffenen Entscheidungen allein dem Begehren der Klägerin nicht in vollem Umfang entsprochen werden kann. Diese erstrebt nämlich nicht etwa keine Entscheidung über den Status des Beigeladenen Ziff. 1, was bei der bloßen Aufhebung der von der Beklagten getroffenen Entscheidungen der Fall wäre, sondern eine solche in ihrem Sinn, nämlich Feststellung einer selbständigen Tätigkeit. Insoweit bedarf es auch des Feststellungsantrages, der vom Senat als sachdienlich angesehen wird.

Das SG und die Beklagte haben indes mit zutreffender Begründung festgestellt, dass der Beigeladene Ziff. 1 bei der Klägerin abhängig beschäftigt war. Insoweit wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des SG und ergänzend auf die Gründe der Bescheide nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 136 Abs. 3 SGG Bezug genommen. Auch der Senat ist in Würdigung der vorgelegten Verwaltungsakten und des Ermittlungsergebnisses davon überzeugt, dass der Beigeladene Ziff. 1 bei der Klägerin dem Grunde nach versicherungs- und beitragspflichtig abhängig beschäftigt war.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, der Pflege- (seit 01.01.1995), der Renten- und der Arbeitslosenversicherung der Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V -; § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch - SGB XI -; § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI - und § 25 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - SGB III -).

Gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB IV) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung bei der Beklagten (Satz 2 der genannten Bestimmung) beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV).

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2004 - B 12 KR 26/02 R -).

Für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit spricht hier, dass A. ein Gewerbe im Hinblick auf den Verkauf von Lebensmitteln und Getränken sowie die Bedienung von Kunden in der Cafeteria angemeldet hatte. Auch betrieb er angesichts des Saisonbetriebs in der Cafeteria bis etwa 1996 zusammen mit dem Geschäftsführer der Klägerin im Rahmen einer GbR u.a. eine kleine Gaststätte, die ca. 40 bis 50 Meter vom Reiseshop entfernt lag. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag zwischen der Klägerin und A. war nicht geschlossen worden. A. erhielt keine feste Entlohnung, sondern eine Provision und es gab auch keine Urlaubsregelung, kein Urlaubsgeld und keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Auf der anderen Seite spricht für eine abhängige Beschäftigung, dass A. in den Betriebsräumen der Klägerin tätig war. Die Cafeteria war Teil der Reiseshop GmbH, die bezüglich der Räumlichkeiten Pächterin der Stadt H. ist. A. musste keine Miete und auch keine Betriebs- oder Stromkosten (mit Ausnahme des Stroms für die hier nicht streitbefangene Softeismaschine) zahlen, Reparaturkosten fielen ebenfalls nicht an, da die Betriebsmittel im Eigentum der Stadt standen. A. betrieb keine Werbung für seine eigene Tätigkeit, vielmehr wies die Beschriftung auf dem Gebäude, in dem der Reiseshop und die Cafeteria untergebracht waren, auf den Tourist-Service hin, wobei auf dem Schaufenster der Souvenir-Seite des Gebäudes "Reiseshop" und auf der Cafeteria-Seite in gleicher Schrift das Wort "Cafeteria" angebracht waren ohne jeglichen Hinweis auf A. als Betreiber. Die Öffnungszeiten der Cafeteria und damit auch die Arbeitszeiten des A. waren durch vertragliche Vorgaben zwischen der Klägerin und dem Verkehrsverein der Stadt H. geprägt. A. konnte insoweit keine eigene Entscheidung treffen, dies gilt auch bezüglich des äußeren Erscheinungsbildes der Cafeteria, denn eigene Vorstellungen und Vorschläge wurden nicht genehmigt. Der Einkauf und die Bestellungen für die Cafeteria erfolgten in Absprache mit dem Geschäftsführer bzw. einem anderen Mitarbeiter der Klägerin, jeweils für Rechnung der Reiseshop GmbH. A. war auch bezüglich der angebotenen Esswaren nicht in seiner Entscheidung frei, sondern von der Genehmigung des Geschäftsführers der Klägerin abhängig. So durfte er nach seinen Angaben, die vom Geschäftsführer der Klägerin im wesentlichen bestätigt wurden, keine frischen, sondern nur tiefgefrorene Kuchen anbieten, die aufgetaut wurden, auch belegte Brötchen durften nur in kleiner Stückzahl angeboten werden. Das Sortiment der Lebensmittel und die Produkte wurden von dem Geschäftsführer der Klägerin regelmäßig kontrolliert. Dies spricht eindeutig gegen eine selbständige Tätigkeit, denn als Selbständiger, der nicht in die Betriebsorganisation der Klägerin eingebunden ist, hätte sich A. den Weisungen des Geschäftsführers der Klägerin nicht unterwerfen müssen und auch nicht unterworfen. Auch die Abrechnungsmodalitäten sprechen eindeutig gegen eine selbständige Tätigkeit des A ... Dieser machte - wie ein abhängig Beschäftigter - abends den Kassenabschlag und prüfte, ob das Kassen-Soll mit dem Kassen-Ist übereinstimmt. Die Gesamtsumme wurde dann aber in die Hauptkasse der Klägerin überführt, d.h., der Kassenstreifen und der Kassenbestand wurden von dem Geschäftsführer oder einem Mitarbeiter der Klägerin in die Hauptkasse eingetippt, der Kassenstreifen dann in die Liste bzw. später Excel-Tabelle übertragen und anschließend vernichtet. Abrechnungslisten bzw. Excel-Tabellen wurden im Büro des Geschäftsführers der Klägerin in einem mit dem Namen des A. versehenen Ordner aufbewahrt. A. hat auch die Rechnungen nicht selbst geschrieben, vielmehr wurden diese von einem Mitarbeiter der Klägerin vorgefertigt und von A. lediglich unterschrieben. Auch die Schlussrechnung erstellte nicht A., sondern er erhielt sie von dem Geschäftsführer der Klägerin und hat diese nur unterschrieben. Er war nicht einmal dabei, wenn der relevante Umsatz ermittelt wurde. A. verrichtete mithin die gleiche Tätigkeit wie ein abhängig beschäftigter Mitarbeiter. Die Einnahmen der Cafeteria wurden, wie der Geschäftsführer der Klägerin bestätigt hat, als Einnahmen der Reiseshop GmbH verbucht und flossen in die Gewinnermittlung und den Gewinn der Reiseshop GmbH mit ein. Hinzu kommt, dass in den abgerechneten Umsätzen auch Umsätze aus dem Souvenirverkauf enthalten waren, da eine strikte Trennung nicht möglich war. Der Souvenirshop hatte jedoch unstreitig nichts mit der Tätigkeit des A. zu tun. Vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, ob das dem A. zugeflossene Geld als Provisionszahlung bezeichnet wurde. Der Umstand einer umsatzbezogenen Bezahlung kann im übrigen kein entscheidendes Merkmal einer selbständigen Tätigkeit sein, wenn dies, wie hier, nicht damit einhergeht, dass ein direkter Einfluss des Erwerbstätigen, auf die Höhe des Umsatzes gegeben ist, der über den Einfluss eines regulär Beschäftigten hinausgeht, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat. Auch die Abschlagszahlungen z.B. im Jahr 2000, die zwar monatlich gering differierten, ergeben ein durchschnittliches Entgelt von 3.000,- DM mtl., wie von A. angegeben. Für eine abhängige Beschäftigung spricht schließlich auch, dass A. kein Unternehmerrisiko trug. Unternehmerrisiko ist die Chance, durch Einsatz von Kapital Gewinne zu erzielen bzw. das Risiko, dass sich der Einsatz nicht rentiert. Notwendig ist insoweit ein Wagnis, das über dasjenige hinausgeht, für seine Arbeitskraft kein Entgelt zu erzielen. Ein solches Unternehmerrisiko bestand hier unter keinem Gesichtspunkt, denn A. hatte weder eigenes Kapital noch eigene Betriebsmittel eingesetzt, durch die bei Erzielung geringerer Umsätze die Gefahr des Verlustes bestanden hätte. Die Softeismaschine hat, wie sich letztlich herausgestellt hat, außen vor zu bleiben, da sie mit der hier zu beurteilenden Tätigkeit in der Cafeteria nichts zu tun hat. Ein Unternehmerrisiko lässt sich auch nicht damit begründen, dass A. das Risiko des Umsatzes und damit der Provision trug. Er brachte lediglich seine Arbeitskraft ein, wie das jeder Beschäftigte tut. Das bloße Risiko, die eigene Arbeitskraft nicht gewinnbringend verwerten zu können, ist kein Merkmal einer selbständigen Tätigkeit und damit kein Abgrenzungskriterium.

Insgesamt spricht mithin die Mehrzahl der Argumente für eine abhängige Beschäftigung.

Aus den aktenkundigen Rechnungen und Schlussabrechnungen ergibt sich, dass der A. zumindest in den Jahren 1998, 1999 und 2000 nicht nur geringfügig und auch nicht nur kurzzeitig tätig war.

Inwieweit und ab wann Versicherungspflicht letztlich festzustellen ist, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Hierüber ist noch nicht bescheidmäßig entschieden worden.

Der Senat kann hier offen lassen, ob eine rückwirkende Statusfeststellung entsprechend dem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 07.12.2004 - L 5 KR 163/03 - nicht möglich ist (anders Baier in Krauskopf, Kommentar zur Sozialen Krankenversicherung und Pflegeversicherung, § 7a SGB IV Rdnr. 3, wonach die Statusanfrage für bestehende, aber auch für bereits beendete Vertragsverhältnisse und auch für beabsichtigte Vertragsverhältnisse gestellt und durchgeführt werden kann), denn es handelt sich vorliegend nicht um einen vergleichbaren Fall. Anders als in jenem Verfahren stand zum Zeitpunkt des Statusfeststellungsantrages am 22.02.2001 noch keineswegs fest, dass A. ab Saisonbeginn im April 2001 nicht wieder für die Klägerin tätig sein würde. Erst durch Vereinbarung vom 23./27.07.2001 wurde das Vertragsverhältnis zum 31.10.2000 auf Veranlassung der Klägerin beendet. Auch hatte zum Zeitpunkt der Antragstellung der Klägerin und des Beigeladenen Ziff. 1 weder die Einzugsstelle noch ein anderer Versicherungsträger bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Übergangsregelung des § 7c SGB IV findet ebenfalls keine Anwendung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG. Da der Beigeladene Ziff. 1 das Verfahren gefördert hat, sind seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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