Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 350/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 70/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. April 2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen der Folgen eines Ereignisses vom 12. Mai 2003.
Die 1925 geborene Klägerin betrieb als Unternehmerin ein Ladengeschäft in der Kstraße in B. In der Unfallanzeige vom 27. Mai 2003 gab sie an, am 12. Mai 2003 sei ein am Fotokopierer aufgetürmter Papierstapel umgestürzt und beim Versuch, die auf dem Boden verteilten losen Blätter zu übertreten, sei sie auf einem Blatt ausgerutscht und auf die Knie gestürzt. Dadurch sei es zu starken Schwellungen beider Knie gekommen. Auf Nachfragen der Beklagten ergänzte sie, die Schmerzen und die Schwellungen seien unmittelbar nach dem Aufprall auf die Knie, links stärker als rechts, aufgetreten. Am 13. Mai 2003 habe sie Frau Prof. Dr. G-I im Klinikum B aufgesucht. Im Übrigen seien seit einem Überfall am 12. April 1996 bereits Behandlungen im Bereich der Knie erfolgt.
Frau Prof. Dr. G-I von der R-Klinik B teilte der Beklagten am 19. September 2003 mit, die Klägerin stehe wegen einer schweren rheumatischen Arthritis in ihrer Behandlung. Im Rahmen dieser Behandlung habe die Klägerin sie am 13. Mai 2003 aufgesucht, nachdem sie zuletzt am 8. Juni 2001 vorstellig gewesen sei. Am 13. Mai 2003 hätten in allen Gelenken ausgesprochene Arthritiden bestanden. Die stärksten klinischen Veränderungen hätten sich in beiden Kniegelenken gefunden. Die Röntgenuntersuchungen beider Kniegelenke und der Lendenwirbelsäule hätten eine erhebliche Impression des Tibiakopfplateaus links sowie eine beginnende Deckplattenimpression am 1. Lendenwirbelkörper ergeben. Die Impression des Tibiakopfplateaus habe am 24. März 2000 noch nicht bestanden. Beide Veränderungen könnten mit dem Unfall in Verbindung stehen. Von einem Unfall habe die Klägerin am 13. Mai 2003 zwar nichts berichtet. Auf telefonische Nachfrage vom 16. September 2003 habe sie jedoch mitgeteilt, sie habe vergessen, das Unfallereignis zu erwähnen, weil sie wegen der Schmerzen geistig blockiert gewesen sei.
Der behandelnde Allgemeinmediziner Dr. S teilte am 19. Oktober 2003 mit, die Klägerin habe sich bei ihm am 12. Mai 2003 gegen 14 Uhr mit Prellmarken an beiden Knien, links mehr als rechts, vorgestellt. Derzeit bestünden noch eine diskrete Schwellung der Kniegelenke (links mehr als rechts) sowie eine schmerzhaft bedingte zusätzliche Bewegungseinschränkung. Behandlung und Arbeitsunfähigkeit würden voraussichtlich bis zum Frühsommer 2004 andauern.
Am 30. Dezember 2003 erstellte Dr. B von der Unfallbehandlungsstelle der Berufsgenossenschaften Berlin e. V. (UBS) im Auftrag der Beklagten nach Untersuchung der Klägerin am 23. Dezember 2003 eine unfallchirurgische Stellungnahme. Darin führte er aus, unzweifelhaft sei es durch den Unfall zur Verschlimmerung eines Vorschadens gekommen. Aufgrund der seropositiven chronischen rheumatoiden Arthritis seien beide Kniegelenke erheblich verändert. Üblicherweise sei davon auszugehen, dass eine Prellung der Kniegelenke innerhalb von sechs Wochen folgenlos ausheile. Treffe eine Prellung allerdings auf derart massiv veränderte Kniegelenke wie bei der Klägerin, dauere die Ausheilungszeit erheblich länger. Er gehe davon aus, dass eine Behandlungsdauer und Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Unfallfolgen für einen Zeitraum von sechs Monaten bestanden habe. Ergänzend führte er am 11. Februar 2004 aus, die Röntgenaufnahmen der Brust- und Lendenwirbelsäule sowie des rechten Kniegelenks aus der R-Klinik B vom 13. Mai 2003 ergäben keinen Anhalt für knöcherne Traumafolgen in diesen Bereichen. Der Unfall habe nur zu einer vorübergehenden, nicht jedoch richtunggebenden Verschlimmerung geführt.
Nachdem sich der beratende Arzt der Beklagten in seiner Stellungnahme vom 26. Februar 2004 dieser Einschätzung angeschlossen hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5. März 2004 unter Verweis auf die vorliegenden medizinischen Unterlagen die Gewährung von Entschädigungsleistungen, insbesondere von Heilbehandlung und Verletztengeld anlässlich der Behandlungsbedürftigkeit ab dem 13. November 2003 ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 12. März 2004 Widerspruch ein und machte geltend, seit dem Unfall bestehe eine starke und irreversible Anschwellung beider Kniegelenke. Diese Anschwellung gelte es zu beheben, was durch eine weitere Behandlung auch möglich sei.
Mit Bescheid über die Verletztengeld-Endabrechnung vom 10. Mai 2004 wurde der Klägerin Verletztengeld für die Zeit vom 3. Juni bis zum 12. November 2003 gewährt. Die Gewährung über den 12. November 2003 hinaus wurde abgelehnt, weil nach diesem Zeitpunkt keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit mehr bestanden habe.
Schließlich wies die Beklagte den Widerspruch vom 12. März 2004 mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2004 zurück, weil nach der Stellungnahme des Dr. B die über den 12. November 2003 hinaus bestehenden Kniegelenksbeschwerden nicht mehr Folge des Arbeitsunfalls seien.
Mit ihrer am 9. Juli 2004 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat die Klägerin die Gewährung von Unfallrente und weiterer Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere Rehabilitationsmaßnahmen, über den 12. November 2003 hinaus begehrt. Es sei offenkundig, dass der Unfall vom 12. Mai 2003 zu einer starken Anschwellung der Kniegelenke geführt habe. Dieser Zusammenhang sei sowohl von Dr. B als auch ihren behandelnden Ärzten bestätigt worden.
Die Formulare zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht bzw. von den Geheimhaltungspflichten hat die Klägerin nicht zurückgesandt. Mit Anhörung zum Gerichtsbescheid vom 6. Dezember 2004 hat das Sozialgericht Berlin die Klägerin darauf aufmerksam gemacht, dass Ermittlungen aufgrund des Fehlens einer Schweigepflichtentbindungserklärung nicht möglich seien.
Durch Gerichtsbescheid vom 8. April 2005 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe über den 12. November 2003 hinaus weder einen Anspruch auf Verletztenrente noch auf Heilbehandlung oder Rehabilitationsmaßnahmen. Vorliegend stehe nach Aktenlage fest, dass die Folgen des Unfalls in Form einer Prellung der Kniegelenke mit Ablauf eines halben Jahres nach dem Unfall ausgeheilt gewesen seien. Die übrigen bei der Klägerin bestehenden schweren Veränderungen der Kniegelenke hätten bereits vor dem Unfall bestanden und seien somit nicht unfallbedingt. Der Unfall habe lediglich zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der bereits bestehenden Kniegelenkserkrankung geführt. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) der Klägerin über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus in Höhe von wenigstens 20 vom Hundert (§ 56 Siebtes Sozialgesetzbuch (SGB VII)) liege daher nicht vor. Da die Unfallfolgen mit dem 12. November 2003 ausgeheilt gewesen seien, komme über diesen Zeitpunkt hinaus weder die Gewährung von Verletztengeld noch die Durchführung von Heilbehandlungsmaßnahmen in Betracht. Weitere Ermittlungen habe das Gericht schon deswegen nicht durchführen können, weil die Klägerin trotz Erinnerung und Hinweis auf die Folgen Schweigepflichtentbindungserklärungen für die sie behandelnden Ärzte nicht übersandt habe.
Gegen den am 20. April 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18. Mai 2005 Berufung eingelegt.
Die Klägerin ist zwischenzeitlich ins Ausland verzogen, ihre Adresse ist nicht bekannt.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Berlin vom 8. April 2005 den Bescheid der Beklagten vom 5. März 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 8. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Verletzten-Teilrente nach einer MdE von mindestens 20 vom Hundert sowie Rehabilitationsmaßnahmen über den 12. November 2003 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat – wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat - keinen Anspruch auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung über den 12. November 2003 hinaus.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, Anspruch auf Verletztenrente. Als Verletztenteilrente wird der Teil der Vollrente gewährt, der dem Grad der MdE entspricht. Versicherungsfall ist hier das Ereignis vom 12. Mai 2003, welches von der Beklagten als Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 SGB VII) angesehen wurde.
Der Unfall führte laut dem Befund des erstbehandelnden Dr. S zu Prellungen beider Kniegelenke (links stärker als rechts) mit Schwellungen und Bewegungseinschränkungen, wobei die Kniegelenke aufgrund der die seropositiven chronischen rheumatoiden Arthritis bereits vorgeschädigt waren. Nach Auskunft von Frau Prof. G-I bestanden am Folgetag in allen Gelenken und nicht nur in den Kniegelenken ausgesprochene Arthritiden.
Die Prellungen und die daraus folgenden Funktionseinschränkungen (Schwellungen und Bewegungseinschränkungen) sind seit dem 13. November 2003 ausgeheilt. Der von der Beklagten beauftragte Gutachter Dr. B stellte zwar am 23. Dezember 2003 noch Kniegelenksergüsse, Bandlockerungen, Druckschmerzhaftigkeit sowie erhebliche Bewegungseinschränkungen in beiden Kniegelenken fest. Diese Funktionsdefizite sind jedoch nicht auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Ursache ist vielmehr die bekannte rheumatoide Arthritis, die ausweislich der Röntgenaufnahmen vom 13. Mai und 23. Dezember 2003 zu starken Destruktionen an beiden Gelenken geführt hat. Knöcherne Traumafolgen fanden sich laut Dr. B (unfallchirurgische Stellungnahmen vom 30. Dezember 2003 und 11. Februar 2004) auf den Röntgenbildern nicht.
Das Unfallereignis hat daher lediglich zu einer vorübergehenden Verschlimmerung geführt. Prellungen der Kniegelenke zählen zu den häufigsten Verletzungen. Sie haben in der Regel kleinere Hämatome und ödematöse Weichteilschwellungen zur Folge (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003 S. 675). Nachvollziehbar geht Dr. B in seiner Stellungnahme vom 30. Dezember 2003 davon aus, dass Kniegelenksprellungen folgenlos ausheilen, und zwar in der Regel nach sechs Wochen. Angesichts der massiv veränderten und somit anfälligen Kniegelenke, die von der Prellung am 12. Mai 2003 betroffen wurden, scheint eine Ausheilungszeit von sechs Monaten (also bis zum 12. November 2003) angemessen und ausreichend. Insbesondere waren zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. B auch keine Funktionsdefizite mehr erkennbar, die nicht durch die Arthritis und ihre Folgen erklärbar wären.
Dauern die die Unfallfolgen jedoch nicht über die 26. Woche nach dem Unfall an und sind sie folgenlos ausgeheilt, so ist Rente nicht zu gewähren.
Medizinische Befunde, die gegen diese Beurteilung durch die Beklagte sprächen, hat die Klägerin nicht vorgelegt. Sie hat auch keine Erklärungen zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht bzw. von den Geheimhaltungspflichten abgegeben. Aufgrund des inzwischen unbekannten Aufenthalts der Klägerin konnten ihr neue entsprechende Formulare nicht zugeleitet werden. Damit ist die Einholung von Befundberichten, die Beiziehung sonstiger alter oder neuer medizinischer Befunde sowie die Anforderung von Röntgenbildern nicht möglich. Mangels konkreter Einwände gegen die Beurteilung des Dr. B und aufgrund des unbekannten Aufenthalts der Klägerin ist auch die Einholung eines Gutachtens entbehrlich bzw. unmöglich.
Gemäß § 45 Abs. 1 SGB VII ist Verletztengeld zu erbringen, wenn infolge eines Versicherungsfalls Arbeitsunfähigkeit eintritt und unmittelbar davor Anspruch auf Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen bestand. Nach § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VII endet das Verletztengeld mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit. Die Klägerin hat Verletztengeld für die Zeit vom 3. Juni 2003 (§ 46 Abs. 2 Satz 1 SGB VII i. V. m. der Satzung der Beklagten) bis zum 12. November 2003 bezogen (vgl. Abrechung laut Bescheid vom 10. Mai 2004). Sind die Unfallfolgen mit dem Ablauf des 12. November 2003 folgenlos ausgeheilt, besteht auch keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit über diesen Zeitpunkt hinaus, so dass ein Anspruch auf Verletztengeld über den 12. November 2003 hinaus ausscheidet.
Darüber hinaus hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Heilbehandlung nach §§ 26, 27 SGB VII.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen der Folgen eines Ereignisses vom 12. Mai 2003.
Die 1925 geborene Klägerin betrieb als Unternehmerin ein Ladengeschäft in der Kstraße in B. In der Unfallanzeige vom 27. Mai 2003 gab sie an, am 12. Mai 2003 sei ein am Fotokopierer aufgetürmter Papierstapel umgestürzt und beim Versuch, die auf dem Boden verteilten losen Blätter zu übertreten, sei sie auf einem Blatt ausgerutscht und auf die Knie gestürzt. Dadurch sei es zu starken Schwellungen beider Knie gekommen. Auf Nachfragen der Beklagten ergänzte sie, die Schmerzen und die Schwellungen seien unmittelbar nach dem Aufprall auf die Knie, links stärker als rechts, aufgetreten. Am 13. Mai 2003 habe sie Frau Prof. Dr. G-I im Klinikum B aufgesucht. Im Übrigen seien seit einem Überfall am 12. April 1996 bereits Behandlungen im Bereich der Knie erfolgt.
Frau Prof. Dr. G-I von der R-Klinik B teilte der Beklagten am 19. September 2003 mit, die Klägerin stehe wegen einer schweren rheumatischen Arthritis in ihrer Behandlung. Im Rahmen dieser Behandlung habe die Klägerin sie am 13. Mai 2003 aufgesucht, nachdem sie zuletzt am 8. Juni 2001 vorstellig gewesen sei. Am 13. Mai 2003 hätten in allen Gelenken ausgesprochene Arthritiden bestanden. Die stärksten klinischen Veränderungen hätten sich in beiden Kniegelenken gefunden. Die Röntgenuntersuchungen beider Kniegelenke und der Lendenwirbelsäule hätten eine erhebliche Impression des Tibiakopfplateaus links sowie eine beginnende Deckplattenimpression am 1. Lendenwirbelkörper ergeben. Die Impression des Tibiakopfplateaus habe am 24. März 2000 noch nicht bestanden. Beide Veränderungen könnten mit dem Unfall in Verbindung stehen. Von einem Unfall habe die Klägerin am 13. Mai 2003 zwar nichts berichtet. Auf telefonische Nachfrage vom 16. September 2003 habe sie jedoch mitgeteilt, sie habe vergessen, das Unfallereignis zu erwähnen, weil sie wegen der Schmerzen geistig blockiert gewesen sei.
Der behandelnde Allgemeinmediziner Dr. S teilte am 19. Oktober 2003 mit, die Klägerin habe sich bei ihm am 12. Mai 2003 gegen 14 Uhr mit Prellmarken an beiden Knien, links mehr als rechts, vorgestellt. Derzeit bestünden noch eine diskrete Schwellung der Kniegelenke (links mehr als rechts) sowie eine schmerzhaft bedingte zusätzliche Bewegungseinschränkung. Behandlung und Arbeitsunfähigkeit würden voraussichtlich bis zum Frühsommer 2004 andauern.
Am 30. Dezember 2003 erstellte Dr. B von der Unfallbehandlungsstelle der Berufsgenossenschaften Berlin e. V. (UBS) im Auftrag der Beklagten nach Untersuchung der Klägerin am 23. Dezember 2003 eine unfallchirurgische Stellungnahme. Darin führte er aus, unzweifelhaft sei es durch den Unfall zur Verschlimmerung eines Vorschadens gekommen. Aufgrund der seropositiven chronischen rheumatoiden Arthritis seien beide Kniegelenke erheblich verändert. Üblicherweise sei davon auszugehen, dass eine Prellung der Kniegelenke innerhalb von sechs Wochen folgenlos ausheile. Treffe eine Prellung allerdings auf derart massiv veränderte Kniegelenke wie bei der Klägerin, dauere die Ausheilungszeit erheblich länger. Er gehe davon aus, dass eine Behandlungsdauer und Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Unfallfolgen für einen Zeitraum von sechs Monaten bestanden habe. Ergänzend führte er am 11. Februar 2004 aus, die Röntgenaufnahmen der Brust- und Lendenwirbelsäule sowie des rechten Kniegelenks aus der R-Klinik B vom 13. Mai 2003 ergäben keinen Anhalt für knöcherne Traumafolgen in diesen Bereichen. Der Unfall habe nur zu einer vorübergehenden, nicht jedoch richtunggebenden Verschlimmerung geführt.
Nachdem sich der beratende Arzt der Beklagten in seiner Stellungnahme vom 26. Februar 2004 dieser Einschätzung angeschlossen hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5. März 2004 unter Verweis auf die vorliegenden medizinischen Unterlagen die Gewährung von Entschädigungsleistungen, insbesondere von Heilbehandlung und Verletztengeld anlässlich der Behandlungsbedürftigkeit ab dem 13. November 2003 ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 12. März 2004 Widerspruch ein und machte geltend, seit dem Unfall bestehe eine starke und irreversible Anschwellung beider Kniegelenke. Diese Anschwellung gelte es zu beheben, was durch eine weitere Behandlung auch möglich sei.
Mit Bescheid über die Verletztengeld-Endabrechnung vom 10. Mai 2004 wurde der Klägerin Verletztengeld für die Zeit vom 3. Juni bis zum 12. November 2003 gewährt. Die Gewährung über den 12. November 2003 hinaus wurde abgelehnt, weil nach diesem Zeitpunkt keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit mehr bestanden habe.
Schließlich wies die Beklagte den Widerspruch vom 12. März 2004 mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2004 zurück, weil nach der Stellungnahme des Dr. B die über den 12. November 2003 hinaus bestehenden Kniegelenksbeschwerden nicht mehr Folge des Arbeitsunfalls seien.
Mit ihrer am 9. Juli 2004 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat die Klägerin die Gewährung von Unfallrente und weiterer Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere Rehabilitationsmaßnahmen, über den 12. November 2003 hinaus begehrt. Es sei offenkundig, dass der Unfall vom 12. Mai 2003 zu einer starken Anschwellung der Kniegelenke geführt habe. Dieser Zusammenhang sei sowohl von Dr. B als auch ihren behandelnden Ärzten bestätigt worden.
Die Formulare zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht bzw. von den Geheimhaltungspflichten hat die Klägerin nicht zurückgesandt. Mit Anhörung zum Gerichtsbescheid vom 6. Dezember 2004 hat das Sozialgericht Berlin die Klägerin darauf aufmerksam gemacht, dass Ermittlungen aufgrund des Fehlens einer Schweigepflichtentbindungserklärung nicht möglich seien.
Durch Gerichtsbescheid vom 8. April 2005 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe über den 12. November 2003 hinaus weder einen Anspruch auf Verletztenrente noch auf Heilbehandlung oder Rehabilitationsmaßnahmen. Vorliegend stehe nach Aktenlage fest, dass die Folgen des Unfalls in Form einer Prellung der Kniegelenke mit Ablauf eines halben Jahres nach dem Unfall ausgeheilt gewesen seien. Die übrigen bei der Klägerin bestehenden schweren Veränderungen der Kniegelenke hätten bereits vor dem Unfall bestanden und seien somit nicht unfallbedingt. Der Unfall habe lediglich zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der bereits bestehenden Kniegelenkserkrankung geführt. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) der Klägerin über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus in Höhe von wenigstens 20 vom Hundert (§ 56 Siebtes Sozialgesetzbuch (SGB VII)) liege daher nicht vor. Da die Unfallfolgen mit dem 12. November 2003 ausgeheilt gewesen seien, komme über diesen Zeitpunkt hinaus weder die Gewährung von Verletztengeld noch die Durchführung von Heilbehandlungsmaßnahmen in Betracht. Weitere Ermittlungen habe das Gericht schon deswegen nicht durchführen können, weil die Klägerin trotz Erinnerung und Hinweis auf die Folgen Schweigepflichtentbindungserklärungen für die sie behandelnden Ärzte nicht übersandt habe.
Gegen den am 20. April 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 18. Mai 2005 Berufung eingelegt.
Die Klägerin ist zwischenzeitlich ins Ausland verzogen, ihre Adresse ist nicht bekannt.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Berlin vom 8. April 2005 den Bescheid der Beklagten vom 5. März 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 8. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Verletzten-Teilrente nach einer MdE von mindestens 20 vom Hundert sowie Rehabilitationsmaßnahmen über den 12. November 2003 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat – wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat - keinen Anspruch auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung über den 12. November 2003 hinaus.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, Anspruch auf Verletztenrente. Als Verletztenteilrente wird der Teil der Vollrente gewährt, der dem Grad der MdE entspricht. Versicherungsfall ist hier das Ereignis vom 12. Mai 2003, welches von der Beklagten als Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 SGB VII) angesehen wurde.
Der Unfall führte laut dem Befund des erstbehandelnden Dr. S zu Prellungen beider Kniegelenke (links stärker als rechts) mit Schwellungen und Bewegungseinschränkungen, wobei die Kniegelenke aufgrund der die seropositiven chronischen rheumatoiden Arthritis bereits vorgeschädigt waren. Nach Auskunft von Frau Prof. G-I bestanden am Folgetag in allen Gelenken und nicht nur in den Kniegelenken ausgesprochene Arthritiden.
Die Prellungen und die daraus folgenden Funktionseinschränkungen (Schwellungen und Bewegungseinschränkungen) sind seit dem 13. November 2003 ausgeheilt. Der von der Beklagten beauftragte Gutachter Dr. B stellte zwar am 23. Dezember 2003 noch Kniegelenksergüsse, Bandlockerungen, Druckschmerzhaftigkeit sowie erhebliche Bewegungseinschränkungen in beiden Kniegelenken fest. Diese Funktionsdefizite sind jedoch nicht auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Ursache ist vielmehr die bekannte rheumatoide Arthritis, die ausweislich der Röntgenaufnahmen vom 13. Mai und 23. Dezember 2003 zu starken Destruktionen an beiden Gelenken geführt hat. Knöcherne Traumafolgen fanden sich laut Dr. B (unfallchirurgische Stellungnahmen vom 30. Dezember 2003 und 11. Februar 2004) auf den Röntgenbildern nicht.
Das Unfallereignis hat daher lediglich zu einer vorübergehenden Verschlimmerung geführt. Prellungen der Kniegelenke zählen zu den häufigsten Verletzungen. Sie haben in der Regel kleinere Hämatome und ödematöse Weichteilschwellungen zur Folge (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003 S. 675). Nachvollziehbar geht Dr. B in seiner Stellungnahme vom 30. Dezember 2003 davon aus, dass Kniegelenksprellungen folgenlos ausheilen, und zwar in der Regel nach sechs Wochen. Angesichts der massiv veränderten und somit anfälligen Kniegelenke, die von der Prellung am 12. Mai 2003 betroffen wurden, scheint eine Ausheilungszeit von sechs Monaten (also bis zum 12. November 2003) angemessen und ausreichend. Insbesondere waren zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. B auch keine Funktionsdefizite mehr erkennbar, die nicht durch die Arthritis und ihre Folgen erklärbar wären.
Dauern die die Unfallfolgen jedoch nicht über die 26. Woche nach dem Unfall an und sind sie folgenlos ausgeheilt, so ist Rente nicht zu gewähren.
Medizinische Befunde, die gegen diese Beurteilung durch die Beklagte sprächen, hat die Klägerin nicht vorgelegt. Sie hat auch keine Erklärungen zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht bzw. von den Geheimhaltungspflichten abgegeben. Aufgrund des inzwischen unbekannten Aufenthalts der Klägerin konnten ihr neue entsprechende Formulare nicht zugeleitet werden. Damit ist die Einholung von Befundberichten, die Beiziehung sonstiger alter oder neuer medizinischer Befunde sowie die Anforderung von Röntgenbildern nicht möglich. Mangels konkreter Einwände gegen die Beurteilung des Dr. B und aufgrund des unbekannten Aufenthalts der Klägerin ist auch die Einholung eines Gutachtens entbehrlich bzw. unmöglich.
Gemäß § 45 Abs. 1 SGB VII ist Verletztengeld zu erbringen, wenn infolge eines Versicherungsfalls Arbeitsunfähigkeit eintritt und unmittelbar davor Anspruch auf Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen bestand. Nach § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VII endet das Verletztengeld mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit. Die Klägerin hat Verletztengeld für die Zeit vom 3. Juni 2003 (§ 46 Abs. 2 Satz 1 SGB VII i. V. m. der Satzung der Beklagten) bis zum 12. November 2003 bezogen (vgl. Abrechung laut Bescheid vom 10. Mai 2004). Sind die Unfallfolgen mit dem Ablauf des 12. November 2003 folgenlos ausgeheilt, besteht auch keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit über diesen Zeitpunkt hinaus, so dass ein Anspruch auf Verletztengeld über den 12. November 2003 hinaus ausscheidet.
Darüber hinaus hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Heilbehandlung nach §§ 26, 27 SGB VII.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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