L 23 SO 8/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 50 SO 3210/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 SO 8/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungs-verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt höhere laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch SGB XII und nach dem Grundsicherungsgesetz GSiG für die Zeit ab 01. Juli 2004.

Der 1939 geborene Kläger (Vollendung des 65. Lebensjahres 2004) bezieht seit dem 01. Mai 1993 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und seit dem 01. Juli 2004 eine Regelaltersrente. Bei ihm ist ein Grad der Behinderung GdB von 70 anerkannt. Die Voraussetzungen für ein Merkzeichen sind nicht festgestellt worden (Bescheide vom 02. Dezember 1993 und 28. Februar 2000).

Bis Ende Dezember 2001 bezog der Kläger Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz BSHG in Höhe von 447,82 DM (nach Abzug seines Renten-einkommens). Dabei berücksichtigte der Beklagte beim Bedarf den Regelbedarf nach § 22 Abs. 1 BSHG und u. a. einen Mehrbedarf wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 112,20 DM. Zusätzlich wurde ein laufender Bedarf für Stromkosten in Höhe von 10,00 DM berücksichtigt.

Für die Zeit ab 2003 wurden dem Kläger Leistungen nach dem GSiG gewährt (Bescheid vom 04. Juni 2003). Daneben wurden dem Kläger Leistungen nach dem BSHG unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 BSHG und eines sonstigen laufenden Bedarfs für Stromkosten in Höhe von 5,11 EUR gewährt.

Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 25. März 2004 den Kläger darüber unterrichtet hatte, dass der seit 01. August 1996 geleistete Mehrbedarf nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 BSHG nach Vollendung des 65. Lebensjahres ab Juli 2004 nicht mehr geleistet werden könne, stellte der Beklagte mit Bescheid vom 14. Juni 2004 die laufenden Leistungen nach dem BSHG mit der Begründung ein, dass durch den Wegfall des bisher gewährten Mehrbedarfes wegen Erwerbsunfähigkeit kein Anspruch mehr auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt bestehe.

Mit Bescheid vom 09. Juni 2004 gewährte der Beklagte, Amt für Grundsicherung und Wohnen, dem Kläger Leistungen nach dem GSiG für den Monat Juli 2004 in Höhe von 178,81 EUR und verfügte, dass für die anschließende Zeit diese Leistung gewährt werde, solange sich keine Änderung in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ergäbe, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2005. Mit Schreiben vom 21. Juni 2004 wurde dem Kläger weiterhin mitgeteilt, dass kein Anspruch auf laufende Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG bestünde.

Der Kläger erhob am 01. Juli 2004 Widerspruch gegen die Einstellung des gewährten Mehrbedarfs und machte geltend, es sei nicht im Sinne des Gesetzgebers, dass ein Erwerbsunfähiger bis zum 65. Lebensjahr in den Genuss des Mehrbedarfs komme und ein Altersrentner mit einer Minirente darauf zu verzichten habe.

Mit Bescheid vom 28. Januar 2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungs-leistungen nach dem SGB XII für die Zeit ab dem 01. Januar 2005 in Höhe von monatlich 221,00 EUR und für die Zeit ab 01. Februar 2005 von monatlich 345,63 EUR und verfügte, dass diese Leistungen bis auf weiteres bis zum 30. Juni 2005 erbracht würden; mit Änderungsbescheid vom 10. März 2005 gewährte der Beklagte dem Kläger für die Zeit ab 01. April 2005 bis zum 30. Juni 2005 Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 345,83 EUR.

Am 28. Februar 2005 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. Januar 2005 und am 05. April 2005 Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. März 2005, mit denen er die Weitergewährung der bisher bewilligten 15 prozentigen Erhöhung des Regelbedarfes und die seit Jahren bewilligten erhöhten Energiekosten in Höhe von 5,11 EUR geltend machte.

Mit Bescheid vom 28. April 2005 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 28. Januar und 10. März 2005 zurück und führte zur Begründung aus, dass der Zuschlag von 15 v. H. des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 des GSiG im Januar 2005 abgeschafft worden sei, da die Regelsätze insgesamt entsprechend der Regelsatzverordnung RSVO angehoben worden seien, nämlich von 296,00 EUR monatlich auf 345,00 EUR. In den Regelsätzen seien die Bedarfe berücksichtigt worden.

Mit seiner am 07. Juni 2005 vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger die Weiterbewilligung des seit Jahren gewährten Energiekostenzuschlages in Höhe von 5,11 EUR monatlich wegen seiner chronischen Hauterkrankung sowie die Weiterbewilligung des 15 prozentigen Zuschlages auf den Regelsatz, so wie bisher gewährt, begehrt. Weiter hat er die Leistung eines 15 prozentigen Mehrbedarfszuschlages für die Zeit vom 01. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2004 begehrt. Er sei zwar nur im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit einem GdB von 70, habe aber bis Ende Juni 2004 aufgrund der gesetzlichen Regelung einen entsprechenden Besitzstandsanspruch zugebilligt bekommen. Gegen die Einstellung desselben im Juli 2004 habe er auch Widerspruch eingelegt. Über diesen sei bisher nicht entschieden worden. Zusätzlich hat er geltend gemacht, dass ihm der bewilligte Stromzuschlag in Höhe von monatlich 5,11 EUR auch nach dem 31. Dezember 2005 ohne weiteren Antrag und Attestierung weiterbewilligt werde.

Das Sozialgericht hat dem Vorbringen des Klägers den Antrag entnommen,

den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 28. Januar und 10. März 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2005 zu verpflichten, ihm ab Januar 2005 einen 17 prozentigen Mehrbedarfszuschlag sowie monatlich einen Stromzuschlag in Höhe von 5,11 EUR zu bewilligen und ihm ferner für die Zeit von Juli bis Dezember 2004 einen 15 prozentigen Mehrbedarfszuschlag zu gewähren.

Der Beklagte hat dem Begehren entgegengehalten, eine gesetzliche Grundlage für einen 15 prozentigen Zuschlag bestünde seit dem 01. Januar 2005 nicht mehr. Für alle Bezieher von Leistungen nach dem SGB XII sei nur ein Regelsatz von 345,00 EUR bzw. von 276,00/207,00 EUR vorgesehen. Weiter hat der Beklagte erklärt, dass die Grundsicherungsleistungen des Klägers ab 01. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005 um monatlich 5,11 EUR erhöht würden.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2005 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es für das Klagebegehren hinsichtlich der Zahlung eines Stromzuschlages von 5,11 EUR monatlich an einem Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der Beklagte habe dem Begehren insoweit entsprochen. Soweit dieser Zuschlag zukünftig nicht mehr gewährt werde, sei der Kläger gehalten, ein neues Verfahren zu betreiben.

Soweit der Kläger den 15 prozentigen Mehrbedarfszuschlag für die Zeit vom 01. Juli bis 31. Dezember 2004 geltend mache, sei die Klage ebenfalls unzulässig, denn ein Widerspruch gegen die Bescheide vom 06. Mai bzw. 09. Juni 2004, mit denen Leistungen der Grundsicherung ab Juli 2004 bewilligten worden seien, sei nicht aktenkundig. Im Übrigen habe das Begehren in der Sache keinen Erfolg. Die weitere Klage sei unbegründet. Für den begehrten Zuschlag nach dem SGB XII bestünde keine Rechtsgrundlage. Für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2004 sei dem Kläger neben dem Regelbedarf nach dem GSiG ein 15 prozentiger Zuschlag gewährt worden. Einen weiteren Mehrbedarf wegen Schwer-behinderung könne der Kläger weder nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 GSiG noch nach § 42 Nr. 3 SGB XII i. V. m. § 30 Abs. 1 SGB XII beanspruchen, da bei ihm die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" nicht festgestellt worden seien.

Gegen den am 16. Dezember 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13. Januar 2006 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung bezieht er sich auf den erstinstanzlichen Vortrag.

Dem Vorbringen des nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen Klägers ist der Antrag zu entnehmen,

den Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2005 und die Bescheide des Beklagten vom 14. Juni und 21. Juni 2004 aufzuheben, die Bescheide vom 28. Januar 2005 und 10. März 2005 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm Hilfe zum Lebensunterhalt ab 01. Juli 2004 bis 31. Dezember 2004 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren sowie ab 01. Januar 2005 zusätzliche Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe von 63,76 EUR (17 prozentiger Zuschlag auf den Regelbedarf = 58,65 EUR + 5,11 EUR Stromzuschlag) zu leisten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Nichterscheinens des Klägers verhandeln und entscheiden, da dieser mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Die Berufung ist zulässig. Da der Kläger nach seinem Begehren laufende Leistungen ab Juli 2004 bis über den 31. Dezember 2005 hinaus geltend gemacht hat, ist die Berufung nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz SGG zulässig. Auch bei Begrenzung des Begehrens auf den Zeitraum vom 01. Juli 2004 bis 30. Juni 2005 (Bewilligungszeitraum Widerspruchsbescheid), ist die Berufung ohne besondere Zulassungsentscheidung des Sozialgerichts nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft, weil der Kläger durch den begehrten erhöhten Regelbedarf nach § 3 GSiG bzw. einer Erhöhung des Regelbedarfes nach § 42 SGB XII in Höhe von 17 v. H. insgesamt eine Leistung von über 500,00 EUR begehrt. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger erstinstanzlich überhöhte Anträge deshalb gestellt hat, um für den Fall der Klageabweisung die Sache berufungsfähig zu machen (vgl. hierzu: Meyer-Ladewig in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 144 Anm. 15) liegen nicht vor.

Die Berufung ist indes insgesamt unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Soweit der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung eines Zuschlages wegen erhöhter Stromkosten in Höhe von 5,11 EUR monatlich ab 01. Januar 2005 bis auf weiteres begehrt, ist die Klage unzulässig. Für den Zeitraum ab 01. Januar 2005 bis zuletzt bis 30. Juni 2005 hat die Beklagte nach Aktenlage dem Kläger bereits den begehrten Zuschlag gewährt, so dass es an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Soweit der Kläger weiter eine unbegrenzte Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung dieses Zuschlages begehrt, ist die Klage deshalb unzulässig, weil Leistungen der Grundsicherung nach §§ 42 ff. SGB XII keine rentengleichen Dauerleistungen sind und Leistungen nur für den nächstliegenden Zeitraum gewährt werden, hier für den Zeitraum vom 01. Januar 2005 bis 30. Juni 2005, über den der Beklagte mit den streitgegenständlichen Bescheiden vom 28. Januar und 10. März 2005 entschieden hat. Soweit der Beklagte nunmehr mit Verwaltungsentscheidungen auch über Zeiträume nach dem 30. Juni 2005 entschieden hat, sind diese Bescheide nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreits geworden, weil sie die angefochtenen Bescheide vom 28. Januar und 10. März 2005, mit denen Leistungen für den Zeitraum vom 01. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 gewährt worden sind, nicht abändern oder ersetzen; sie betreffen andere Leistungszeiträume. Zudem hat der Beklagte auch für weitere Leistungszeiträume den begehrten zusätzlichen Bedarf für erhöhte Stromkosten in Höhe von 5,11 EUR anerkannt, so dass es für eine Klage an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

Soweit der Kläger mit der Klage die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung eines Mehrbedarfszuschlags in Höhe von 15 v.H. bis 17 v.H. des Regelsatzes bei der Gewährung von Leistungen nach dem GSiG für die Zeit ab 01. Juli 2004 bis 31. Dezember 2004 begehrt, ist die Klage ebenfalls unzulässig, weil es an der Durchführung des nach § 78 SGG erforderlichen Vorverfahrens fehlt. Die Leistungen nach dem GSiG für diesen Zeitraum wurden dem Kläger mit Bescheid vom 09. Juni 2004 gewährt, hiergegen hat der Kläger keinen Widerspruch erhoben.

Soweit der Kläger mit der Klage die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung eines Mehrbedarfes in Höhe von 20 v. H. des maßgebenden Regelsatzes über den 01. Juli 2004 bis 31. Dezember 2004 nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 GSiG begehrt, ist die Klage ebenfalls unzulässig, weil über diesen Streitgegenstand bereits das Verwaltungsgericht Berlin mit Urteil vom 17. August 2005 zum Aktenzeichen VG 8 A 38.05 entschieden und die diesbezüglich vom Kläger am 21. November 2003 erhobene Klage, mit der er die Weitergewährung eines 20-prozentigen Mehrbedarfs für die Zukunft begehrt hat, rechtskräftig abgewiesen hat. Der Zulässigkeit der weiteren Klage steht die Rechtskraft entgegen.

Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise mit den angefochtenen Bescheiden vom 28. Januar 2005 und 10. März 2005 die Gewährung eines Mehrbedarfs in Höhe von 15 v. H. des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes zu den gewährten Grundsicherungsleistungen abgelehnt. Für einen solchen Zuschlag fehlt es an einer gesetzlichen Regelung.

Mit Einführung des SGB XII zum 01. Januar 2005 ist das GSiG, worin bis dahin seit dem 01. Januar 2003 die Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung geregelt waren, in das SGB XII eingefügt worden. Damit ist der früher durch das GSiG begünstigte Personenkreis zum Leistungsberechtigten nach dem SGB XII geworden. Die Leistungen bei Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sind im Einzelnen in den §§ 41 bis 43 SGB XII geregelt worden; das GSiG ist außer Kraft getreten. Während bis zum 31. Dezember 2004 der Kläger Anspruch nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 GSiG auf Leistung eines um 15 v. H. erhöhten Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes nach dem Zweiten Abschnitt des Bundessozialhilfegesetzes hatte, ist ein solcher Anspruch nach dem SGB XII nicht mehr gegeben. Nach § 42 SGB XII umfassen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung den für den Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach § 28 SGB XII, einen Betrag für die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII, Mehrbedarfe entsprechend § 30 SGB XII sowie einmalige Bedarfe entsprechend § 31 SGB XII, die Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen entsprechend § 32 SGB XII und Hilfe zum Lebensunterhalt in Sonderfällen nach § 34 SGB XII. Dementsprechend hat der Beklagte bei dem Kläger einen Regelbedarf von 345,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale von 12,15 EUR, einen Mehrbedarf nach § 30 SGB XII für kostenaufwendige Ernährung in Höhe von 26,16 EUR, einen sonstigen Bedarf nach § 27 SGB XII für erhöhte Stromkosten von 5,11 EUR, Kosten der Unterkunft und Heizkosten berücksichtigt.

Ein Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII war von dem Beklagten nicht zu berücksichtigen. Danach wird für Personen, die - wie der Kläger - das 65. Lebensjahr vollendet haben und einen Ausweis nach § 69 Abs. 5 des Neunten Buches mit dem Merkzeichen "G" besitzen, ein Mehrbedarf von 17 v. H. des maßgebenden Regelsatzes anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht. Da der Kläger nicht über einen Ausweis mit dem Merkzeichen "G" verfügt, war der Mehrbedarf nicht zu berücksichtigen. Eine früher in § 23 Abs. 1 BSHG bestehende Besitzstandsklausel, wonach Personen, für die am 31. Juli 1996, dem Tag vor dem In Kraft Treten des Reformgesetzes, nach der damals geltenden Fassung des Gesetzes ein Mehrbedarf anerkannt war wie bei dem Kläger der Mehrbedarf weiterzugewähren war, ist nicht in das SGB XII übernommen worden, so dass der Anspruch ausgeschlossen ist. Der 15 prozentige Mehrbedarfszuschlag nach § 23 BSHG war im Rahmen des § 3 Abs. 1 Nr. 4 GSiG für den Personenkreis nach dem GSiG, welches für den Kläger anzuwenden war, geregelt. Schon dort war die Übergangsregelung, wie sie in § 23 Abs. 1 Satz 2 BSHG bestand, nicht übernommen worden.

Sollte der Kläger mit Schriftsatz vom 12. Oktober unter Bezugnahme auf die Verfügungen des Beklagten zum 01. Juli 2004 mit Bescheiden vom 14. und 21. Juni 2004 die Weitergewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG durch Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 23 Abs. 1 Satz 2 BSHG für die Zeit vom 01. Juli 2004 bis 31. Dezember 2004 begehren, ist die Klageänderung unzulässig. Nach § 99 Abs. 1 SGG ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

Da mit diesem Begehren ein anderer Streitgegenstand, nämlich nicht mehr die Gewährung eines Mehrbedarfs nach dem GSiG oder nach dem SGB XII, sondern Leistungen nach dem BSHG für die Vergangenheit betroffen ist, handelt es sich um eine zulassungsbedürftige Klageänderung. Der Beklagte hat bereits mit Schriftsatz vom 08. Dezember 2005 dieser Klageänderung widersprochen. Das Sozialgericht hat weder ausdrücklich noch mit Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2005 die Klageänderung zugelassen; es hat über diesen Anspruch, nämlich einen Anspruch auf Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG für die Zeit ab 01. Juli 2004, nicht entschieden, so dass der Senat auch nicht an eine Entscheidung des Sozialgerichts gebunden ist (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. § 99 Anm. 15) und über die Sachdienlichkeit der Klageänderung zu entscheiden hat. Die Klageänderung ist deshalb nicht sachdienlich, weil der geltend gemachte Anspruch nicht mehr die mit der Klage von dem Beklagten, vertreten durch das Grundsicherungsamt gewährten Leistungen nach dem GSiG bzw. nach dem SGB XII zu gewährenden Leistungen betrifft. Weiterhin fehlt es für die Zulässigkeit der Klage an einem abgeschlossenen Vorverfahren nach § 78 SGG, weil über die Widersprüche des Klägers gegen die Einstellung der Leistungen nach dem BSHG für die Zeit ab 01. Juli 2004 noch nicht entschieden worden ist. Hat grundsätzlich das Gericht bei Fehlen des Vorverfahrens dem Kläger die Möglichkeit zu geben, das Vorverfahren nachzuholen und den Rechtstreit analog § 114 SGG auszusetzen (BSG, Urteil vom 13.12.2000, B 6 KA 1/00, SozR 3-1500 § 78 Nr. 5 m. w. N), so berührt dies aber nicht die Frage der Sachdienlichkeit einer Klageänderung. Diese war hier zu verneinen. Eine Aussetzung des Rechtstreits zur Beendigung des Vorverfahrens hätte den ansonsten entscheidungsreifen Rechtstreit verzögert, so dass die Zulassung der Klageänderung nicht prozessökonomisch wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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