Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 38 SO 3603/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 SO 75/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. März 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der 1956 geborene Kläger erhielt bis Dezember 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und im Rahmen des Bestandsschutzes einen pauschalen Mehrbetrag gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 BSHG als Erwerbsunfähiger von monatlich 59,20 Euro.
Mit Bescheid des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vom 09. Februar 2005 bewilligte der Beklagte ab 01. Januar 2005 (bis auf weiteres) laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – SGB XII – in Höhe von 784,24 Euro monatlich und legte dabei den auf 345,00 Euro erhöhten Regelsatz (abzüglich Energiepauschale) zugrunde. An den Kläger wurde ein Betrag von 332,85 Euro ausgezahlt. Gleichzeitig entfiel der bisherige Mehrbetrag als Erwerbsunfähiger, sodass im Ergebnis ein geringerer Leistungsbetrag als nach dem BSHG gezahlt wurde. Ausweislich der Verwaltungsakten hat der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch nicht erhoben.
Mit am 02. April 2005 beim Verwaltungsgericht Berlin eingegangenen Schreiben hat er sinngemäß die Gewährung höherer Sozialhilfeleistungen beansprucht (er "klage gegen die sozialen Kürzungen nach Hartz IV"). Seit einem fremdverschuldeten Verkehrsunfall 1990 sei er erwerbsunfähig; er müsse von netto 250,00 Euro monatlich leben. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Beschluss vom 19. Mai 2005 an das Sozialgericht – SG – Berlin verwiesen.
Die unter Änderung des Bescheides vom 09. Februar 2005 auf Gewährung weiterer laufender Sozialhilfe von monatlich 120,40 Euro gerichtete Klage hat das SG mit Urteil vom 24. März 2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei bereits unzulässig. Gemäß § 78 Sozialgerichtsgesetz - SGG - sei vor Erhebung der Verpflichtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Hieran fehle es vorliegend bereits. Der Kläger habe gegen den ihm laufende Hilfe zum Lebensunterhalt bewilligenden Bescheid vom 09. Februar 2005 keinen Widerspruch erhoben. Damit sei der Bescheid bestandskräftig geworden. Eine diesbezügliche Klage auf Vornahme eines höhere Sozialhilfeleistungen bewilligenden Verwaltungsaktes sei damit unzulässig.
Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Berufung gewandt. Ihm stehe ein Mehrbedarf wegen anerkannter Behinderung zu. Es sei eine massive Gehbehinderung attestiert worden. Gegen den damaligen Sozialhilfebescheid habe er sich sehr wohl gewandt.
Der Kläger beantragt nach seinem Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. März 2006 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 09. Februar 2005 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, weitere laufende Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 120,40 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hat auf die gerichtliche Anfrage, ob er inzwischen beim Versorgungsamt die Zuerkennung des Merkzeichens "G" beantragt und erhalten habe, nicht reagiert und auch die erbetene Entbindungserklärung zur Beiziehung der Akte des Versorgungsamtes trotz mehrfacher Erinnerungen nicht abgegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (Bd. XVI + XVII zum Geschäftszeichen ), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
II.
Der Senat hat nach Anhörung der Beteiligten über die Berufung durch Beschluss entschieden, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 des SGG).
Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil zu Recht entschieden, dass der Kläger mit seiner Klage gegen den Bescheid vom 09. Februar 2005 keinen Erfolg hat. Dieser Bescheid ist gemäß § 77 SGG bindend, da gegen ihn kein Widerspruch eingelegt worden ist. Weder hat der Kläger belegt, dass er entsprechend seiner unsubstantiierten Behauptung doch Widerspruch eingelegt hat, noch lässt sich der Verwaltungsakte ein Widerspruch gegen den Bescheid vom 09. Februar 2005 entnehmen. Die allgemeinen Ausführungen zu der seines Erachtens zu geringen Höhe der Sozialhilfe im Schreiben des Klägers vom 28. Januar 2005 (Bl. 273 VA) und sein darin erklärter allgemeiner Widerspruch "gegen alle ablehnenden Bescheide des Bezirksamtes" und "jedwede eventuellen Kürzungen seiner monatlichen Bezüge" lässt sich nicht als zielgerichteter Angriff gegen einen noch nicht erlassenen Bescheid verstehen. Möglicherweise ist der Kläger aber auch einem Irrtum unterlegen, da er gegen andere Bescheide Widerspruch eingelegt hat, wie sich der Verwaltungsakte entnehmen lässt.
Angesicht des zeitlichen Ablaufs – die Klage ist (erst) am 02. April 2005 und damit nach Ablauf der Widerspruchsfrist eingelegt worden – besteht auch kein Anlass die Klage ausnahmsweise als – dann verspäteten – Widerspruch zu verstehen. Dies mag zwar aus prozessökonomischen Gründen im Einzelfall angebracht sein. Da jedoch kein Anhalt dafür vorhanden ist, dass die gegenwärtige Sach- und Rechtslage das klägerische Begehren stützen könnte (vgl. dazu den den Beteiligten bereits zugestellten PKH-Beschluss des Senats vom 14. September 2006), ist eine solche Auslegung weder angebracht noch einer sachgerechten Erledigung dienlich. Dem Kläger bleibt es unbenommen, nach Erhalt der – jedenfalls gegenwärtig offensichtlich noch fehlenden - Anerkennung des Merkzeichens "G" beim Beklagten zwecks Festsetzung eines erhöhten Leistungsbetrages vorzusprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der 1956 geborene Kläger erhielt bis Dezember 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und im Rahmen des Bestandsschutzes einen pauschalen Mehrbetrag gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 BSHG als Erwerbsunfähiger von monatlich 59,20 Euro.
Mit Bescheid des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vom 09. Februar 2005 bewilligte der Beklagte ab 01. Januar 2005 (bis auf weiteres) laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – SGB XII – in Höhe von 784,24 Euro monatlich und legte dabei den auf 345,00 Euro erhöhten Regelsatz (abzüglich Energiepauschale) zugrunde. An den Kläger wurde ein Betrag von 332,85 Euro ausgezahlt. Gleichzeitig entfiel der bisherige Mehrbetrag als Erwerbsunfähiger, sodass im Ergebnis ein geringerer Leistungsbetrag als nach dem BSHG gezahlt wurde. Ausweislich der Verwaltungsakten hat der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch nicht erhoben.
Mit am 02. April 2005 beim Verwaltungsgericht Berlin eingegangenen Schreiben hat er sinngemäß die Gewährung höherer Sozialhilfeleistungen beansprucht (er "klage gegen die sozialen Kürzungen nach Hartz IV"). Seit einem fremdverschuldeten Verkehrsunfall 1990 sei er erwerbsunfähig; er müsse von netto 250,00 Euro monatlich leben. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Beschluss vom 19. Mai 2005 an das Sozialgericht – SG – Berlin verwiesen.
Die unter Änderung des Bescheides vom 09. Februar 2005 auf Gewährung weiterer laufender Sozialhilfe von monatlich 120,40 Euro gerichtete Klage hat das SG mit Urteil vom 24. März 2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei bereits unzulässig. Gemäß § 78 Sozialgerichtsgesetz - SGG - sei vor Erhebung der Verpflichtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Hieran fehle es vorliegend bereits. Der Kläger habe gegen den ihm laufende Hilfe zum Lebensunterhalt bewilligenden Bescheid vom 09. Februar 2005 keinen Widerspruch erhoben. Damit sei der Bescheid bestandskräftig geworden. Eine diesbezügliche Klage auf Vornahme eines höhere Sozialhilfeleistungen bewilligenden Verwaltungsaktes sei damit unzulässig.
Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Berufung gewandt. Ihm stehe ein Mehrbedarf wegen anerkannter Behinderung zu. Es sei eine massive Gehbehinderung attestiert worden. Gegen den damaligen Sozialhilfebescheid habe er sich sehr wohl gewandt.
Der Kläger beantragt nach seinem Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. März 2006 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 09. Februar 2005 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, weitere laufende Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 120,40 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hat auf die gerichtliche Anfrage, ob er inzwischen beim Versorgungsamt die Zuerkennung des Merkzeichens "G" beantragt und erhalten habe, nicht reagiert und auch die erbetene Entbindungserklärung zur Beiziehung der Akte des Versorgungsamtes trotz mehrfacher Erinnerungen nicht abgegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (Bd. XVI + XVII zum Geschäftszeichen ), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
II.
Der Senat hat nach Anhörung der Beteiligten über die Berufung durch Beschluss entschieden, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 des SGG).
Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil zu Recht entschieden, dass der Kläger mit seiner Klage gegen den Bescheid vom 09. Februar 2005 keinen Erfolg hat. Dieser Bescheid ist gemäß § 77 SGG bindend, da gegen ihn kein Widerspruch eingelegt worden ist. Weder hat der Kläger belegt, dass er entsprechend seiner unsubstantiierten Behauptung doch Widerspruch eingelegt hat, noch lässt sich der Verwaltungsakte ein Widerspruch gegen den Bescheid vom 09. Februar 2005 entnehmen. Die allgemeinen Ausführungen zu der seines Erachtens zu geringen Höhe der Sozialhilfe im Schreiben des Klägers vom 28. Januar 2005 (Bl. 273 VA) und sein darin erklärter allgemeiner Widerspruch "gegen alle ablehnenden Bescheide des Bezirksamtes" und "jedwede eventuellen Kürzungen seiner monatlichen Bezüge" lässt sich nicht als zielgerichteter Angriff gegen einen noch nicht erlassenen Bescheid verstehen. Möglicherweise ist der Kläger aber auch einem Irrtum unterlegen, da er gegen andere Bescheide Widerspruch eingelegt hat, wie sich der Verwaltungsakte entnehmen lässt.
Angesicht des zeitlichen Ablaufs – die Klage ist (erst) am 02. April 2005 und damit nach Ablauf der Widerspruchsfrist eingelegt worden – besteht auch kein Anlass die Klage ausnahmsweise als – dann verspäteten – Widerspruch zu verstehen. Dies mag zwar aus prozessökonomischen Gründen im Einzelfall angebracht sein. Da jedoch kein Anhalt dafür vorhanden ist, dass die gegenwärtige Sach- und Rechtslage das klägerische Begehren stützen könnte (vgl. dazu den den Beteiligten bereits zugestellten PKH-Beschluss des Senats vom 14. September 2006), ist eine solche Auslegung weder angebracht noch einer sachgerechten Erledigung dienlich. Dem Kläger bleibt es unbenommen, nach Erhalt der – jedenfalls gegenwärtig offensichtlich noch fehlenden - Anerkennung des Merkzeichens "G" beim Beklagten zwecks Festsetzung eines erhöhten Leistungsbetrages vorzusprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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