S 6 AS 192/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 AS 192/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 13. Februar 2006 in Fassung des Bescheides vom 10. Februar 2006 und Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2006 sowie gegen die Änderungsbescheide vom 10. Mai 2006 und 23. Juni 2006 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in dem Zeitraum 01.01.2006 bis 30.06.2006 streitig.

Dem am 1957 geborenen Kläger bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 09.01.2006 für den Zeitraum 01.01.2006 bis 30.06.2006 Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 623,69 EUR. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 18.01.2006 bei der Beklagten Widerspruch ein. Im Januar 2006 erhielt der Kläger eine Steuerrückerstattung in Höhe von 888,32 EUR für das Jahr 2004. Daraufhin hob die Beklagte mit Bescheid vom 13.02.2006 ihren Bewilligungsbescheid vom 09.01.2006 teilweise auf und setzte mit Bescheid vom 10.02.2006 die monatlichen Leistungen an den Kläger für den Zeitraum 01.01.2006 bis 30.06.2006 neu auf monatlich 506,66 EUR fest. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2006 zurück.

Dagegen hat der Kläger am 13.03.2006 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. In seiner Klageschrift vom 10.03.2006 hat der Kläger sodann beantragt, die bei ihm Ende Januar 2006 eingegangene Einkommenssteuerrückerstattung für das Jahr 2004 als Vermögen anzuerkennen und den bereits an die Beklagte gezahlten Betrag in Höhe von 623,69 EUR zurückzuerstatten. Mit Schreiben vom 19.07.2006 hat der Kläger weiter vorgetragen, dass es sich nach seiner Meinung bei der Steuerrückerstattung um Vermögen und nicht um Einkommen handle. Die Argumentation des Bundesverwaltungsgerichtes dahingehend, dass es sich bei der Einkommensteuerrückerstattung um Einkommen handle, weil die zu hoch entrichtete Steuer nicht freiwillig "angespart" worden sei, überzeuge nicht. Er habe zumindestens einen Teil seiner Steuerrückerstattung "freiwillig angespart", da er sich bewusst keinen Freibetrag als anerkannter Schwerbhinderter habe eintragen lassen. Zudem versuche er grundsätzlich, die zu stellenden Anträge und den Kontakt mit Behörden oder anderen Formen von Verwaltung so gering wie möglich zu halten. Er stelle deshalb keinen Antrag, wenn er keinen stellen müsse. Er beantrage daher, dass ihm ein Differenzbetrag in Höhe von 708,30 EUR zwischen der an ihn gezahlter Regelleistung und ihm tatsächlich zustehender Regelleistung für das 1. Halbjahr 2006 von der Beklagten nachgezahlt werde.

Mit Änderungsbescheid vom 10.05.2006 erhöhte die Beklagte das Arbeitslosengeld II des Klägers für den streitgegenständlichen Zeitraum auf 512,79 EUR, sowie mit Bescheid vom 23.06.2006 auf 517,07 EUR.

In der mündlichen Verhandlung vom 07.11.2006 beantragt der Kläger,

den Bescheid der Beklagten vom 13.02.2006 in Fassung des Bescheids vom 10.02.2006 und in Fassung des Wider- spruchsbescheids vom 21.02.2006 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, in Abänderung ihrer Bescheide vom 10.05.2006 und 23.06.2006, ihm die volle Regelleistung zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Klageakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist - und formgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die von der Beklagten durchgeführte teilweise Aufhebung ihrer Leistungsbewilligung vom 09.01.2006 für den Zeitraum 01.01.2006 bis 30.06.2006 ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Arbeitslosengeld II-Bewilligung im genannten Zeitraum ist § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Hier hat der Kläger nach Erlass des Bewilligungsbescheids vom 09.01.2006 Ende Januar 2006 eine Steuerrückerstattung in Höhe von 888,32 EUR für das Jahr 2004 erhalten. Es handelt sich bei dieser Steuerrückerstattung um berücksichtigungsfähiges Einkommen im Sinn von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Entgegen der Ansicht des Klägers stellt die Steuerrückerstattung nicht Vermögen im Sinn von § 12 SGB II dar. Vielmehr handelt es sich bei einer Steuerrückerstattung um Einkommen, weil der tatsächliche Zufluss bei wertender Betrachtung gegenüber der bereits vorher als Vermögen vorhandenen Forderung im Vordergrund steht (Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 76 Abs. 1 Satz 1 BSHG, s. u.a. Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung 108, 296 ff = Buchholz 436.0 § 76 BSHG Nr. 28 und Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 11 Rdz. 26 und 18 sowie Schmidt in Oestreicher, SGB II, § 11 Rdz. 19 ff). Da der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Rechtsprechung den § 11 Abs. 1 SGB II dem § 76 BSHG nachgebildet hat, ist davon auszugehen, dass diese Bewertung nach wie vor dem gesetzgeberischen Willen entspricht. Bei der Steuerrückerstattung handelt es sich sodann auch nicht um zweckbestimmte Einnahmen im Sinn von § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II oder sonstige privilegierte Einnahmen im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 b oder Nr. 2 SGB II und auch nicht um eine in § 1 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 Alg-II-V genannten nicht zu berücksichtigenden Einnahme. Die dem Kläger zugeflossene Steuerrückerstattung in Höhe von 888,32 EUR überschreitet auch die Bagatellgrenze von 50,00 EUR, wie sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 Alg-II-V ergibt. Insgesamt ist die Beklagte daher zu Recht von berücksichtigungsfähigem Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausgegangen und hat dieses entsprechend § 2 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Alg-II-V auf einen angemessenen Zeitraum von sechs Monaten aufgeteilt.

Wie sich aus der Verweisung von § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II auf § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III weiter ergibt, hatte die Beklagte bei ihrer teilweisen Aufhebung ihrer Bewilligung für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 30.06.2006 eine gebundene Entscheidung zu treffen, so dass abweichend von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vorliegend kein Ermessensspielraum der Beklagten bestand (Niesel, SGB III, § 330 Rdz. 50).

Insgesamt waren daher die Bescheide der Beklagten vom 13.02.2006 in Fassung des Bescheids vom 10.02.2006 und Widerspruchsbescheid vom 21.02.2006 sowie in Fassung der Änderungsbescheide vom 10.05.2006 und 23.06.2006 rechtlich nicht zu beanstanden und die Klage daher als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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