L 2 R 2091/06 AK-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 251/06 AK-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 2091/06 AK-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 4. April 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

Die zulässige Beschwerde, welcher das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (vgl. im Einzelnen §§ 172 ff des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ist unbegründet. Der Beschluss des Sozialgerichts Ulm (SG) ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten für das Klageverfahren S 6 R 1351/03 zu erstatten.

Nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG entscheidet das Gericht, wenn das Verfahren - wie im vorliegenden Fall durch Erledigterklärung des Klägers in der Hauptsache auf Grund angenommenes Anerkenntnis der Beklagten - anders als durch Urteil beendet wird, auf Antrag durch Beschluss darüber, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Die Kostenentscheidung erfolgt, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, nach richterlichem Ermessen. Dieses "Ermessen" (allg. s. aber Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer § 176 Rn. 4) geht nach Auffassung des Senats auf das Beschwerdegericht über, da es lediglich bedeuten soll, dass es keine zwingenden gesetzlichen Bestimmungen gibt und alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind (Knittel in Hennig, § 193 Rn. 38 m.w.N., Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer § 193 Rn. 17). Hierbei ist insbesondere der nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Erledigung zu beurteilende Verfahrensausgang maßgebend (vgl. Bundessozialgericht - BSG - SozR 3-1500 § 193 Nr. 2 und 10); zu berücksichtigen ist auch, ob der Versicherungsträger Anlass zur Klage gegeben hat (vgl. BSG - SozR 3-1500 § 193 Nr. 2; SozR 3-5050 § 22b Nr. 1).

Vorliegend lehnte die Beklagte den auf Rente wegen Erwerbsminderung gerichteten Antrag des Klägers vom 03.01.2002 mit Bescheid vom 18.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.04.2003 ab, weil der Kläger seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen war. Zu den von der Beklagten festgesetzten Untersuchungsterminen zur Begutachtung war der Kläger nicht erschienen. Nach Klageerhebung am 10.06.2003 klärte das SG den medizinischen Sachverhalt auf und veranlasste Sachverständigengutachten von Dr. K. (vom 07.01.2004) und Priv. Doz. Dr. H. (vom 09.08.2005). Diese Ermittlungen hatten - auch nach der im Klageverfahren dargestellten Auffassung der Beklagten - ergeben, dass der Kläger seit dem 15.01.2001 voll erwerbsgemindert ist, weswegen sie neben dem bisherigen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit (Bescheid vom 23.06.2004) Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.08.2001 bis 31.07.2007 anerkannte. Ferner erklärte sie sich bereit, die Hälfte der außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu erstatten. Nachdem für den Kläger mit Beschluss vom 01.12.2005 sein bisheriger Prozessbevollmächtigte als besonderer Vertreter bestellt worden war, nahm dieser das Anerkenntnis an und erklärte die Hauptsache für erledigt.

Das SG hat im angefochtenen Beschluss diesen Verfahrensgang zutreffend bewertet. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist allerdings nicht entscheidend, dass der Kläger zunächst eine unbefristete Rente beantragt hat und eine lediglich befristete Rente anerkannt worden ist (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 11.09.2006 - L 2 R 5387/05 AK-B veröffentlicht in Juris). Der beschriebene Verfahrensgang rechtfertigt es jedoch nicht, der Beklagten die gesamten außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen. Die Beklagte hat zwar mit dem angefochtenen Bescheid zunächst eine Rentengewährung abgelehnt. Diese Ablehnung erfolgte jedoch nicht deshalb, weil sie unzureichende Ermittlungen durchgeführt hätte, sondern, weil der Kläger eine gutachtliche Untersuchung verweigerte. Deshalb hatte zum Zeitpunkt der Ablehnung die Beklagte keine Kenntnis davon, dass der Kläger auf Grund psychiatrischer Erkrankungen bereits voll erwerbsgemindert war; dies hat sie erst auf Grund der Ermittlungen des SG feststellen können. Damit hat die Beklagte einerseits keinen Anlass zur Klage gegeben, andererseits hat sie durch die Gewährung von - zunächst - Rente wegen Berufsunfähigkeit (nach dem Gutachten von Dr. K.) und - später - Rente wegen voller Erwerbsminderung (nach dem Gutachten nach Aktenlage von PD Dr. H.) der veränderten Beweislage "alsbald" Rechnung getragen. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten ist die fehlende Krankheitseinsicht des Klägers bei der Entscheidung über die Kostentragungspflicht rechtlich irrelevant; es gibt keinen sachlichen Grund dafür, das - durch mangelnde Krankheitseinsicht des Klägers entstandene - Prozessrisiko kostenmäßig auf die Beklagte zu verlagern.

Im Hinblick darauf, dass nur der Kläger Beschwerde eingelegt hat, verbleibt es bei der vom SG getroffenen Entscheidung.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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