L 1 U 5098/06 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 2699/06 ER-B
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 5098/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 28. August 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Der Antragsteller wendet sich im Rahmen der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen einen Beitragsbescheid der Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin erteilte dem Antragsgegner den Aufnahmebescheid vom 26.08.2005, mit dem die Zugehörigkeit zur L. BG Baden-Württemberg bestätigt wurde. Erfasst wurde ein land- und forstwirtschaftliches Unternehmen mit 10,84 Hektar Grünland und 0,23 Hektar sonstiger Haus- und Hoffläche, die im Eigentum der Ehefrau des Antragstellers stehen. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Antragstellers, der auf seine Tätigkeit als niedergelassener Rechtsanwalt verwies und ein Bewirtschaften landwirtschaftlicher Flächen verneinte, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2005 zurückgewiesen. Der Charakter einer landwirtschaftlichen Unternehmungen sei nicht deshalb automatisch aufgehoben, wenn die landwirtschaftlichen Flächen nur für den Auslauf eigener Pferde genutzt würden. Maßgebliches Kriterium sei die Flächengröße, die im Falle des Antragstellers die Mindestgröße landwirtschaftlicher Flächen von 2,83 Hektar in der einschlägigen Gemarkung übersteige. Gegen den Aufnahmebescheid ist beim Sozialgericht Konstanz Klage erhoben unter dem Aktenzeichen S 7 U 3045/05, über die noch nicht entschieden ist.

Mit Bescheid vom 28.02.2006 erhob die Antragsgegnerin für das Geschäftsjahr 2005 einen Beitrag in Höhe von 429,29 EUR sowie mit Bescheid vom 05.05.2006 einen Säumniszuschlag und Mahngebühr von jeweils 4 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2006 wurden die Widersprüche gegen den Beitragsbescheid wie auch gegen den Bescheid über die Mahngebühr und den Säumniszuschlag zurückgewiesen und der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheid abgelehnt. Am 07.07.2006 erhob der Antragsteller auch hiergegen Klage beim Sozialgericht mit den Anträgen, die Bescheide vom 28.02.2006, vom 05.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2006 aufzuheben, die zusätzliche Beschwer des Widerspruchsbescheids durch Ablehnung des Antrags auf Vollzugsaussetzung aufzuheben und die Beklagte/Antragsgegnerin zu verpflichten, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungs- und Feststellungsklage S 7 U 3045/05 zu beachten. Die zunächst auch bei der 7. Kammer anhängige Klage wurde von der 5. Kammer des Sozialgerichts Konstanz übernommen und unter dem Aktenzeichen S 5 U 1851/06 weitergeführt. Mit Beschluss vom 28.08.2006 hat die 5. Kammer des Sozialgerichts das Klageverfahren ausgesetzt, denn die bei der 7. Kammer anhängige Klage gegen den Aufnahmebescheid sei vorgreiflich für das vorliegende Klageverfahren gegen den Beitragsbescheid.

Zugleich mit Erhebung der Klage hat der Antragsteller auch beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage im Verfahren S 7 U 3045/05 wieder herzustellen, gegebenenfalls in Form eines deklaratorischen Beschlusses mit der Feststellung in entsprechender Anwendung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, dass der Klage aufschiebende Wirkung zukomme. Die im Regelfall gegebene aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gelte ausdrücklich auch für die Anfechtung rechtsgestaltender und feststellender Verwaltungsakte. Die Antragsgegnerin missachte die kraft Gesetzes eingetretene aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Grundlagenbescheid. Der auf den angefochtenen Grundlagenbescheid gestützte Folgebescheid, der ebenfalls angefochtene Beitragsbescheid vom 28.02.2006, hätte nicht erlassen werden dürfen. Die Beklagte lehne in rechtswidriger Weise die Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheides ab. Zudem sei als Gericht der Hauptsache für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht die 5. Kammer sondern die 7. Kammer zuständig, da bei ihr die Klage gegen den Grundlagenbescheid eines beitragspflichtigen Rechtsverhältnisses anhängig sei.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Es bestehe kein Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte. Der Antragsteller trage nicht einmal vor, dass aus finanziellen Gründen eine Aussetzung des Beitragsbescheid geboten sei.

Mit Beschluss vom 28.08.2006 lehnte die 5. Kammer des Sozialgerichts Konstanz den vorläufigen Rechtsschutzantrag ab. Der wörtlich gestellte Antrag gehe von der rechtsirrigen Überlegung aus, dass Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung entfalteten. Er sei daher sachdienlich in einen Antrag auf Anordnung der aufschiebende Wirkung auszulegen. In den Fällen des § 86 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG sei dem Gesetz ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zu Lasten des Suspensiveffekts zu entnehmen, von dem abzuweichen nur Anlass bestehe, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten feststellbar sei. Trotz ausdrücklicher Aufforderung durch das Gericht habe der Antragsteller nichts vorgetragen, was eine mit der sofortigen Vollziehung verbundene Härte hätte begründen können. Das Gericht habe sich nicht davon überzeugen können, dass die Bezahlung des Betrages von 437,29 EUR mit unumkehrbaren Nachteilen oder nicht wiedergutzumachenden Schäden für den Antragsteller verbunden wäre. Der Beitragsbescheid sei auch nicht evident rechtswidrig, so dass deshalb das überwiegende öffentliche Interesse an seiner sofortigen Vollziehung entfiele.

Gegen den dem Antragsteller am 04.09.2006 zugestellten Beschluss hat er am 24.09.2006 Beschwerde eingelegt.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Nichtabhilfebeschluss vom 28.09.2006) und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der Antragsteller hat zur Begründung im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Auf den Schriftsatz vom 22.09.2006 wird verwiesen. Er rügt außerdem, dass der durch den angefochtenen Beschluss abgelehnte Antrag nicht sinngemäß gestellt worden sei ... Es sei nicht beantragt worden, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Beitragsbescheid zu beachten. Er habe sich gegen die rechtswidrige Vollziehung des Grundlagenbescheids gewandt, weshalb es um die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage betreffend die Vorfrage seiner bestrittenen landwirtschaftlichen Unternehmereigenschaft gehe. Die Rechtswidrigkeit einer Vollstreckung trotz Verfahrensaussetzung sei offensichtlich. Die beiden Beschlüsse der 5. Kammer, mit denen einerseits das Hauptsacheverfahren wegen Vorgreiflichkeit der Klage gegen den Grundlagenbescheid ausgesetzt worden sei und andererseits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Vollstreckung ermöglicht werde, widersprächen einander. Der angefochtene Beschluss sei daher bereits aus prozessualen Gründen aufzuheben.

Nach richterlichem Hinweis vom 16.10.2006, wonach der Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungs- und Feststellungsklage zu beachten, ins Leere gehen dürfte, hat der Antragsteller an seinem bisherigen Vorbringen festgehalten. Auf den Schriftsatz vom 19.10.2006 wird verwiesen.

Er beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 28.08.2006 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage S 7 U 3045/05 wieder herzustellen, hilfsweise festzustellen, dass dieser Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung zukommt, hilfsweise die Vollziehung des Beitragsbescheides vom 28.02.2006 und des Bescheids vom 05.05. 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2006 auszusetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten S 5 U 1851/06 und S 5 U 1896/06 ER des Sozialgerichts Konstanz beigezogen. Auf diese Unterlagen und die beim Senat angefallene Gerichtsakte wird im übrigen verwiesen.

II

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Sein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bleibt ohne Erfolg. Das Sozialgericht hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz im Ergebnis zutreffend abgelehnt.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage S 7 U 3045/05 ist bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

Nach § 86 a Abs. 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung, was auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten gilt. Die aufschiebende Wirkung entfällt jedoch bei Entscheidungen über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten (§ 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG) oder in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten steht und die den Verwaltungsakt erlassende oder über den Widerspruch entscheidende Stelle die sofortige Vollziehung angeordnet hat (§ 86 a Abs. 2 Nr. 5, Abs. 3 Satz 1 SGG). Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG). Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden (§ 86 b Abs. 1 Satz 3 SGG).

Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist für die beantragte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage kein Raum. Bei dem Aufnahmebescheid vom 26.08.2005, vom Antragsteller als Grundlagenbescheid bezeichnet, handelt es sich um eine Entscheidung über die Versicherungs- und Beitragspflicht eines landwirtschaftlichen Unternehmers, denn sie beinhaltet die Feststellung der Versicherteneigenschaft des Antragstellers nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 a) Sozialgesetzbuch (SGB) VII. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diesen Verwaltungsakt kommt daher keine aufschiebende Wirkung zu (§ 86 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Der sachdienliche und dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren auch empfohlene Antrag hätte daher auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung lauten müssen.

Damit ist auch das Rechtsschutzbegehren mit den vom Antragsteller ausdrücklich gestellten Hilfsanträgen auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Aufnahmebescheid bzw. auf Aufhebung der Vollziehung unzulässig bzw. unbegründet. Das von der herrschenden Meinung und der Rechtsprechung bejahte Feststellungsbegehren im einstweiligen Rechtsschutz (vgl. Keller in Meyer Ladewig, SGG Kommentar, 8. Aufl. § 86 b Rdnr. 32; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 Rdnr. 241) bei der so genannten faktischen Vollziehung ist auf ein Rechtsschutzbedürfnis gestützt, das sich gegen drohende Vollzugsmaßnahmen richtet. Vorliegend sind auch nach dem Verständnis des Antragstellers bereits konkrete Vollzugsmaßnahmen in Form des Erlasses der Beitrags- und Mahn-/Säumniszuschlagsbescheide ergangen, die ihrerseits mit Rechtsmitteln angefochten sind. Das erklärte Rechtsschutzziel des Antragstellers auf Rückgängigmachung der Folgen der Beitragsfestsetzung geht über die Feststellung der streitigen aufschiebenden Wirkung hinaus, da ein aktives Verwaltungshandeln gefordert wird. Abgesehen davon ist das Feststellungsbegehren aus den oben dargelegten Gründen auch unbegründet, weil der Anfechtungsklage gegen den Aufnahmebescheid keine aufschiebende Wirkung zukommt.

Insoweit fehlt es auch an einer Zulässigkeitsvoraussetzung für die hilfsweise beantragte Aufhebung der Vollziehung eines bereits vollzogenen, aber der aufschiebenden Wirkung unterliegenden Verwaltungsakts.

Soweit der Kläger rügt, das Sozialgericht habe sein ausdrücklich zur Entscheidung gestelltes Begehren verkannt und sei überdies nicht zuständig gewesen, vermag dies eine andere Entscheidung des Senats nicht zu begründen.

Für das Begehren, die aufschiebende Wirkung der Klage S 7 U 3045/05 wieder herzustellen, mag die 5. Kammer des Sozialgerichts Konstanz funktionell nicht zuständig gewesen seien, da - auch über einen unzulässigen Antrag - im einstweiligen Rechtsschutzverfahren das hierfür zuständige Gericht der Hauptsache, die mit der Klage im ersten Rechtszug (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG) befasste 7. Kammer des Sozialgerichts Konstanz, zu entscheiden gehabt hätte. Der Senat hat bereits Zweifel, ob insoweit ein Verfahrensverstoß durch die entscheidende Kammer des Sozialgerichts vorliegt. Bei dem von ihr unterstellten Antrag wäre die 5. Kammer zuständig gewesen. In analoger Anwendung von § 112 Abs. 2 SGG muss der Vorsitzende auf sachdienliche Anträge hinwirken. Im Rahmen des schriftlichen Verfahrens ist es nicht von vornherein fehlerhaft, wenn über den wörtlich gestellten Antrag hinaus anhand des Vorbringens des Rechtsmittelführers sein eigentliches Begehren erfasst und ein zulässiger, dem erkennbaren Rechtsschutzziel gerecht werdender Antrag unterstellt wird. Ob dies auch bei einem sich selbst vertretenden Rechtsanwalt gilt, kann dahinstehen. Der Verfahrensverstoß führt jedenfalls nicht zu einer Aufhebung des Beschlusses und Zurückverweisung an die funktionell zuständige Kammer des Sozialgerichts in entsprechender Anwendung von § 159 Abs. 1 SGG. Danach kann eine Entscheidung durch das Landessozialgericht aufgehoben und die Sache an das Sozialgericht zurückverwiesen werden, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Eine Zurückverweisung kommt wegen der Eilbedürftigkeit und des summarischen Charakters des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nur in Ausnahmefällen in Betracht. Ein erheblicher Verfahrensmangel ist bei einer Entscheidung durch den funktionell unzuständigen Spruchkörper nicht anzunehmen, was bereits darin zum Ausdruck kommt, dass der Verstoß gegen die funktionelle Zuständigkeit kein absoluter Revisionsgrund (§ 202 SGG i. V. m. § 547 ZPO) - mehr - ist (die Verletzung von Zuständigkeitsvorschriften - § 547 Nr. 4 ZPO der alten Fassung - sind nicht mehr aufgeführt; allgemeine Auffassung, vgl. Meyer Ladewig, a. a. O. § 162 Rdnr. 10 b). Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer gesetzlich gebundenen Entscheidung wird durch das zuständige Beschwerdegericht getroffen, weshalb im Rahmen des ihm zukommenden Ermessens eine Zurückverweisung nicht in Betracht kommt. Vorliegend hätte auf der Grundlage der vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren wiederholten Anträge nach den oben dargelegten Gründen auch keine andere Entscheidung als die Ablehnung des Antrags ergehen können. Der angefochtene Beschluss beruht daher auch nicht auf dem möglichen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften.

Im übrigen ist der Rechtsschutzantrag des Antragstellers auch unbegründet, soweit der für sachdienlich erachtete Rechtsschutzantrag entgegen seiner ausdrücklichen Antragstellung unterstellt wird. Das Sozialgericht hat den nach §§ 86 a Abs. 2 Nr. 2, 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG unterstellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Beitragsbescheid vom 28.02.2006 und den Bescheid vom 05.05.2006 über Mahngebühren und Säumniszuschläge rechtlich zutreffend abgelehnt.

Die Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes bedingt eine Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes und dem Individualinteresse des Betroffenen, vor Bestandskraft des Verwaltungsakts bzw. Rechtskraft einer hierüber herbeigeführten Entscheidung von Vollzugsmaßnahmen verschont zu werden. In der Regel muss das öffentliche Interesse an der Vollziehbarkeit zurückstehen, wenn bereits im summarischen vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Rechtswidrigkeit der angefochtene Entscheidung offenbar ist; ist dagegen das Rechtsmittel des Betroffenen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aussichtslos, wird in der Regel das Einzelinteresse des Betroffenen die Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes nicht begründen (vgl. Keller in Meyer Ladewig a. a. O. § 86 b Rdnr. 12 ff). In den Fällen des § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG hat der Gesetzgeber dem Vollzugsinteresse der Verwaltung ein höheres Gewicht beigemessen, indem er den Rechtsmitteln des Widerspruchs und der Anfechtungsklage gegen die dort genannten Bescheide zur Sicherung und Anforderung von öffentlichen Beiträgen und Abgaben keine aufschiebende Wirkung beigegeben hat. Damit ist nach der herrschenden Meinung (vgl. Keller a. a. O., m. w. N.) ein Regel-Ausnahmeverhältnis hinsichtlich des Suspensiveffektes geschaffen, von dem abzuweichen nur dann Anlass besteht, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten feststellbar ist. Dies kommt auch zum Ausdruck in § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG, wonach in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 die Aussetzung der Vollziehung nur erfolgen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsforderungen bestehen nicht. Ernsthafte Zweifel sind entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht bereits aus dem Aussetzungsbeschluss im Klageverfahren gegen den Beitragsbescheid zu folgern. Inwieweit der Antragsteller die unbebauten, im Außenbereich liegenden Grundstücke der Ehefrau landwirtschaftlich nutzt, ist eine offene Rechtsfrage, die gegebenenfalls durch weitere Ermittlungen im Hauptsacheverfahren zu klären ist. Die hiergegen vom Antragsteller vorgebrachten Einwände, weder einen Gewinn aus der Grundstücksnutzung zu erwirtschaften noch einen solchen anzustreben, sind nicht von vornherein geeignet, die Rechtswidrigkeit der mit Erlass des Beitragsbescheids angenommene Versicherteneigenschaft zu untermauern. Es ist auch in der Rechtsprechung des Landessozialgerichts umstritten, ob aus dem bloßen Besitz oder Nutzungsrecht an landwirtschaftlichen Flächen auf die Eigenschaft als landwirtschaftlicher Unternehmer geschlossen werden kann oder vielmehr diese Flächen zum Zweck der Gewinnung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen oder zur landwirtschaftlich geprägten Nutzung durch Viehhaltung bearbeitet werden müssen. Streitig ist, ob hierfür das Mähen des Grases allein ausreicht. Ebenso ist streitig, ob die Verpflichtung aus § 26 Landschaft- und Landeskulturgesetz (LLG), mindestens einmal jährlich das Grundstück zur Sauberhaltung abzumähen, die Versicherungspflicht als Unternehmer der den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienenden Landschaftspflege (verneinend Urteil des 6. Senats vom 22.06.2006 - L 6 U 1442/04 - in Abweichung vom 10. Senat LSG Baden-Württemberg, zuletzt Urteil vom 19. September 2002 - L 10 U 1518/02) begründet. Insoweit ist die Rechtsfrage der Versicherteneigenschaft des Antragstellers noch offen. Die angefochtenen Bescheide unterliegen keinen ernsthaften Zweifeln weder hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit.

Weitere Gesichtspunkte, die den Vollzug des festgesetzten Beitrags und der Mahngebühren und Säumniszuschläge als eine unbillige Härte für den Antragsteller erkennen lassen, sind nicht ersichtlich. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts vom 28.08.2006 (§ 153 Abs. 2 SGG analog; Seite 5 des Entscheidungsabdrucks). Unter Berücksichtigung der anzunehmenden wirtschaftlichen Umstände bei der vorgetragenen Tätigkeit als niedergelassener Anwalt und dem nicht konkret bezifferten Einkommen der Ehefrau des Antragstellers als Studiendirektorin im Ruhestand drängt sich auch dem Senat keine unbillige Härte durch die vorläufige Erhebung eines Betrags in Höhe von 437, 29 EUR jährlich auf.

Der Senat hat es nicht für erforderlich gehalten, dem Antragsteller einen weiteren sachdienlichen Hinweis zur Antragstellung, um den er in seinem Schriftsatz vom 19.10.2006 gebeten hat, zu erteilen. Bereits im angefochtenen Beschluss sind hierzu Ausführungen enthalten. Im Beschwerdeverfahren ist dem Antragsteller außerdem mit Aufklärungsverfügung des Berichterstatters vom 16.10.2006 ein entsprechender Hinweis erteilt worden, zu dem er nur seine bisher vertretene Rechtsauffassung wiederholt hat. Der Senat sah sich daher nicht veranlasst, seinerseits die dem Antragsteller bereits mitgeteilte vorläufige Rechtsauffassung ebenfalls noch einmal zu wiederholen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §193 SGG. Ein Anwendungsfall für das gerichtskostenpflichtige Verfahren nach § 197 a SGG liegt nicht vor. Der Streit um die landwirtschaftliche Unternehmereigenschaft ist eine Streitigkeit um die Versicherteneigenschaft i. S. von § 183 SGG (wie hier auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.05.2005 - L 2 U 5059/04 ER-B - ; a. A. Keller a. a. O. § 183 Rdnr. 5 mit weiteren Nachweisen).

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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