Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 55 AS 5907/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 B 902/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 21. August 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Das Sozialgericht (SG) hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung ua mit der Begründung abgelehnt, die Antragstellerin (Ast) erhalte seit Juli 2006 dem erhobenen Anspruch entsprechende Leistungen. Mit der Beschwerde wird vorgetragen, dass die Antragsgegnerin (Ag) nunmehr – ohne dass ein Bescheid ergangen sei – geleistet habe, entspreche einem Anerkenntnis, "so dass dementsprechend eine Kostenentscheidung zu treffen gewesen wäre"; es werde gebeten, den Beschluss wenigstens hinsichtlich der Kostenentscheidung abzuändern.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg; sie ist bereits unstatthaft. Nach § 144 Abs 4 Sozialgerichts¬gesetz (SGG) ist die Berufung ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt. Diese Vorschrift ist auch (entsprechend) anwendbar, wenn im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 86 b Abs 2 Satz 2 SGG) allein die Kostenentscheidung angegriffen wird, auch wenn in diesem Verfahren nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss entschieden wird. Dass die Ast allein eine Änderung der Kostenentscheidung begehrt, ergibt die Auslegung der Beschwerdeschrift ihres Bevollmächtigten von 28. August 2006, deren wesentlicher Inhalt oben wiedergegeben worden ist (vgl § 123 SGG).
Nach § 142 Abs 1 SGG gelten für Beschlüsse, die im sozialgerichtlichen Verfahren ergehen, die dort genannten Bestimmungen des Urteilsverfahren, zu denen § 144 Abs 4 SGG nicht gehört, entsprechend. Diese Aufzählung ist nicht abschließend, vielmehr sind auch weitere für Urteile geltende Vorschriften entsprechend anwendbar (allgemeine Auffassung Pawlak in Hennig, SGG, § 142 RdNr 19; Peters/Sautter/Wolf, SGG, § 142 RdNr 3; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 142 RdNr 2f; Hk-SGG/Bolay, § 142 RdNr 5f). Je nach Art des Beschlusses (prozessleitend, einem Urteil nahe kommend) kommen unterschiedliche Vor¬schriften in Betracht (Meyer-Ladewig, aaO, RdNr 3), in diesem Sinne gibt die entsprechende Anwendung Raum, den Bedürfnissen des konkreten Falles Rechnung zu tragen (Pawlak, aaO). Davon ausgehend ist § 144 Abs 4 SGG im Ver¬fahren nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG entsprechend anwendbar, denn es handelt sich um ein dem Urteilsverfahren ähnliches Erkenntnisverfahren, in dem "zu einer Hauptsache" (die in der Regelung des vorläufigen Zustandes be¬steht) endgültig durch eine eingeschränkt der Rechtskraft fähigen Entscheidung (dazu Hk-SGG/Binder, § 86b RdNr 59) entschieden wird. Diese Nähe zum Urteilsverfahren rechtfertigt die Übertragung des Rechtsmittelausschlusses nach § 144 Abs 4 SGG (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2004 – L 4 B 23/04 KR, Nds. Rpfl 2005 S 263f; ähnlich LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. April 1987 – L 11 S 44/86, Breithaupt 1988, 78f).
Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass die Fälle unzulässiger Berufung, die sich aus § 144 Abs 1 SGG ergeben (der Beschwerdewert wird nicht erreicht), nicht auf das Beschlussverfahren im einstweiligen Rechtsschutz zu übertragen sind (allgemeine Auffassung, vgl Meyer-Ladewig aaO § 144 RdNr 4f). Diese Betrachtungsweise geht auf den Umstand zurück, dass der Gesetzgeber des 6. SGGÄndG (vom 17. August 2001 (BGBl I 2144)) erwogen hatte, im Rahmen einer Neufassung des § 172 SGG die Berufungsausschlussgründe des § 144 Abs 1 SGG ausdrücklich auf das Verfahren nach § 86b SGG zu übertragen (vgl BT-Drucks 14/6335 Art 1 Nr 56 auch S 32), davon dann aber abgesehen hatte. § 144 Abs 4 SGG war aber im Gegensatz zu Absatz 1 der Vorschrift nicht Gegen¬stand derartiger Überlegungen, so dass der auf das genannte Gesetzgebungsverfahren gestützte Rückschluss auf die Nichtanwendbarkeit dieses Ausschlusses im Beschwerdeverfahren (gegen Beschlüsse nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG) nicht greift. Vielmehr ergibt der sachliche Unterschied, der zwischen den Ausschlüssen nach § 144 Abs 1 und Abs 4 SGG besteht, ein weiteres Argument für die entsprechende Anwendung des § 144 Abs 4 im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. § 144 Abs 1 SGG ist ein Ausschluss, dessen Existenz und Umfang in Ansehung der Rechtsmaterien, die die Spruchrichtertätigkeit nach dem SGG umfasst, als angemessen betrachtet wird. Diese Grenze für das einstweilige Verfahren anders zu setzen, ist nicht fern liegend, zumal der Ausschluss nach § 144 Abs 1 SGG durch eine Berufungszulassung (für die ein eigenes Verfahren vorgesehen ist (vgl § 145 sowie § 144 Abs 2 und 3 SGG)) wiederum aufhebbar ist, wobei sich, wollte man diesen Ausschlusstatbestand auf des Beschwerdeverfahren im einstweiligen Rechtsschutz übertragen, die Frage stellen würde, ob eine derartige Regelung auch für ein summarisches Verfahren angemessen ist bzw verzichtbar wäre. Anders verhält es sich bei dem Berufungsausschluss nach § 144 Abs 4 SGG. Er kann nicht auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin beseitigt werden und – und gerade dies spricht für die generelle Geltung und mithin für die Anwendung im Beschwerdeverfahren des SGG – er ist Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, der auch in anderen Verfahrensordnungen Geltung beansprucht (etwa § 99 Abs 1 Zivilprozessordnung, § 158 Verwaltungsgerichtsordnung). Denn der § 144 Abs 4 SGG und vergleichbaren Vorschriften allgemein zu Grunde liegende Zweck, die Rechtsmittelinstanzen von Streitigkeiten geringerer Bedeutung zu entlasten und davor zu bewahren, allein der Kostenentscheidung wegen das Ergebnis eines zwischenzeitlich abgeschlossenen Hauptsacheverfahrens nachträglich überprüfen zu müssen (vgl Stein Jonas Bork, ZPO, § 99 RdNr 1), trägt auch im vorliegenden Zu¬sammenhang.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht mit einer Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Das Sozialgericht (SG) hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung ua mit der Begründung abgelehnt, die Antragstellerin (Ast) erhalte seit Juli 2006 dem erhobenen Anspruch entsprechende Leistungen. Mit der Beschwerde wird vorgetragen, dass die Antragsgegnerin (Ag) nunmehr – ohne dass ein Bescheid ergangen sei – geleistet habe, entspreche einem Anerkenntnis, "so dass dementsprechend eine Kostenentscheidung zu treffen gewesen wäre"; es werde gebeten, den Beschluss wenigstens hinsichtlich der Kostenentscheidung abzuändern.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg; sie ist bereits unstatthaft. Nach § 144 Abs 4 Sozialgerichts¬gesetz (SGG) ist die Berufung ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt. Diese Vorschrift ist auch (entsprechend) anwendbar, wenn im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 86 b Abs 2 Satz 2 SGG) allein die Kostenentscheidung angegriffen wird, auch wenn in diesem Verfahren nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss entschieden wird. Dass die Ast allein eine Änderung der Kostenentscheidung begehrt, ergibt die Auslegung der Beschwerdeschrift ihres Bevollmächtigten von 28. August 2006, deren wesentlicher Inhalt oben wiedergegeben worden ist (vgl § 123 SGG).
Nach § 142 Abs 1 SGG gelten für Beschlüsse, die im sozialgerichtlichen Verfahren ergehen, die dort genannten Bestimmungen des Urteilsverfahren, zu denen § 144 Abs 4 SGG nicht gehört, entsprechend. Diese Aufzählung ist nicht abschließend, vielmehr sind auch weitere für Urteile geltende Vorschriften entsprechend anwendbar (allgemeine Auffassung Pawlak in Hennig, SGG, § 142 RdNr 19; Peters/Sautter/Wolf, SGG, § 142 RdNr 3; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 142 RdNr 2f; Hk-SGG/Bolay, § 142 RdNr 5f). Je nach Art des Beschlusses (prozessleitend, einem Urteil nahe kommend) kommen unterschiedliche Vor¬schriften in Betracht (Meyer-Ladewig, aaO, RdNr 3), in diesem Sinne gibt die entsprechende Anwendung Raum, den Bedürfnissen des konkreten Falles Rechnung zu tragen (Pawlak, aaO). Davon ausgehend ist § 144 Abs 4 SGG im Ver¬fahren nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG entsprechend anwendbar, denn es handelt sich um ein dem Urteilsverfahren ähnliches Erkenntnisverfahren, in dem "zu einer Hauptsache" (die in der Regelung des vorläufigen Zustandes be¬steht) endgültig durch eine eingeschränkt der Rechtskraft fähigen Entscheidung (dazu Hk-SGG/Binder, § 86b RdNr 59) entschieden wird. Diese Nähe zum Urteilsverfahren rechtfertigt die Übertragung des Rechtsmittelausschlusses nach § 144 Abs 4 SGG (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2004 – L 4 B 23/04 KR, Nds. Rpfl 2005 S 263f; ähnlich LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. April 1987 – L 11 S 44/86, Breithaupt 1988, 78f).
Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass die Fälle unzulässiger Berufung, die sich aus § 144 Abs 1 SGG ergeben (der Beschwerdewert wird nicht erreicht), nicht auf das Beschlussverfahren im einstweiligen Rechtsschutz zu übertragen sind (allgemeine Auffassung, vgl Meyer-Ladewig aaO § 144 RdNr 4f). Diese Betrachtungsweise geht auf den Umstand zurück, dass der Gesetzgeber des 6. SGGÄndG (vom 17. August 2001 (BGBl I 2144)) erwogen hatte, im Rahmen einer Neufassung des § 172 SGG die Berufungsausschlussgründe des § 144 Abs 1 SGG ausdrücklich auf das Verfahren nach § 86b SGG zu übertragen (vgl BT-Drucks 14/6335 Art 1 Nr 56 auch S 32), davon dann aber abgesehen hatte. § 144 Abs 4 SGG war aber im Gegensatz zu Absatz 1 der Vorschrift nicht Gegen¬stand derartiger Überlegungen, so dass der auf das genannte Gesetzgebungsverfahren gestützte Rückschluss auf die Nichtanwendbarkeit dieses Ausschlusses im Beschwerdeverfahren (gegen Beschlüsse nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG) nicht greift. Vielmehr ergibt der sachliche Unterschied, der zwischen den Ausschlüssen nach § 144 Abs 1 und Abs 4 SGG besteht, ein weiteres Argument für die entsprechende Anwendung des § 144 Abs 4 im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. § 144 Abs 1 SGG ist ein Ausschluss, dessen Existenz und Umfang in Ansehung der Rechtsmaterien, die die Spruchrichtertätigkeit nach dem SGG umfasst, als angemessen betrachtet wird. Diese Grenze für das einstweilige Verfahren anders zu setzen, ist nicht fern liegend, zumal der Ausschluss nach § 144 Abs 1 SGG durch eine Berufungszulassung (für die ein eigenes Verfahren vorgesehen ist (vgl § 145 sowie § 144 Abs 2 und 3 SGG)) wiederum aufhebbar ist, wobei sich, wollte man diesen Ausschlusstatbestand auf des Beschwerdeverfahren im einstweiligen Rechtsschutz übertragen, die Frage stellen würde, ob eine derartige Regelung auch für ein summarisches Verfahren angemessen ist bzw verzichtbar wäre. Anders verhält es sich bei dem Berufungsausschluss nach § 144 Abs 4 SGG. Er kann nicht auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin beseitigt werden und – und gerade dies spricht für die generelle Geltung und mithin für die Anwendung im Beschwerdeverfahren des SGG – er ist Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, der auch in anderen Verfahrensordnungen Geltung beansprucht (etwa § 99 Abs 1 Zivilprozessordnung, § 158 Verwaltungsgerichtsordnung). Denn der § 144 Abs 4 SGG und vergleichbaren Vorschriften allgemein zu Grunde liegende Zweck, die Rechtsmittelinstanzen von Streitigkeiten geringerer Bedeutung zu entlasten und davor zu bewahren, allein der Kostenentscheidung wegen das Ergebnis eines zwischenzeitlich abgeschlossenen Hauptsacheverfahrens nachträglich überprüfen zu müssen (vgl Stein Jonas Bork, ZPO, § 99 RdNr 1), trägt auch im vorliegenden Zu¬sammenhang.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht mit einer Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
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