Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 18 KR 150/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 1137/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 28. Juli 2005 geändert.
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Klageverfahrens trägt die Klägerin zu vier Fünfteln und die Beklagte zu einem Fünftel.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 7.164,52 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, wegen der Krankenhausbehandlung vom 17. Dezember 2000 bis 16. Januar 2001 an die Klägerin 7.164,52 Euro zu zahlen.
Der bei der Beklagten krankenversicherte M M(Versicherter), der 1980 geboren ist, befand sich vom 20. November 2000 bis 16. Januar 2001 in der Inneren Abteilung des von der Klägerin betriebenen Krankenhauses wegen einer Lungentuberkulose.
Auf die Anträge vom 22. November 2000 auf Kostenübernahme und vom 15. Januar 2001 auf Verlängerung der Kostenübernahme kündigte die Beklagte, nachdem sie eine Kostenübernahme bis 08. Dezember 2000 zugesagt hatte, mit Schreiben vom 26. März 2001 wegen der langen stationären Betreuung eine Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) an und veranlasste dazu das MDK-Gutachten des Arztes Dr. N vom 10. April 2001.
Mit Schreiben vom 24. April 2001 teilte die Beklagte der Klägerin unter Hinweis auf das beigefügte MDK-Gutachten mit, dass eine Kostenübernahme nur bis einschließlich 08. Dezember 2000 erfolgen könne.
Mit Endrechnung vom 31. Dezember 2001 verlangte die Klägerin Zahlung von 18.118,71 DM (9.263,65 Euro) für die Behandlung vom 08. Dezember 2000 bis 16. Januar 2001.
Da die Beklagte weder diesen Betrag noch weitere Beträge, die aus der stationären Behandlung von drei weiteren Versicherten resultierten, zahlte, hat die Klägerin am 29. Januar 2003 beim Sozialgericht Cottbus Klage auf Zahlung von insgesamt 32.506,02 Euro erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 10 KR 12/03 registriert worden ist.
Mit Beschluss vom 18. September 2003 hat das Sozialgericht u. a. das hiesige Verfahren abgetrennt.
Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, ein allgemeiner Hinweis auf die Möglichkeit ambulanter Versorgung reiche nicht aus, um Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit zu verneinen.
Nachdem die Beklagte das von der Klägerin angenommene Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben hatte, auch die Kosten des Krankenhausaufenthaltes für die Zeit vom 09. Dezember bis 16. Dezember 2000 zu übernehmen, die am 24. November 2005 in Höhe von 2.099,43 Euro beglichen wurden, hat die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 9.263,95 Euro nebst zwei Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen und hilfsweise widerklagend, die Beklagte von der Verbindlichkeit gegenüber der Klägerin in Höhe von 9.263,95 Euro zuzüglich zwei Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz für die Zeit ab 29. Januar 2003 zu befreien.
Nachdem das Sozialgericht die Patientenakte des Versicherten beigezogen hatte, hat es Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten nach Aktenlage des Facharztes für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S vom 04. Mai 2005. Es hat außerdem verschiedene Aufsätze zur Tuberkulose aus dem Internet (www.thieme.de, www.rki.de und www.akh-wien.ac) beigezogen.
Die Klägerin hat ihre Auffassung durch den Sachverständigen bestätigt gesehen. Nach den anerkannten Kriterien der WHO könne eine Entlassung nur dann erfolgen, wenn drei aufeinanderfolgende Sputumbefunde negativ gewesen seien. Auch bei nur einfach positivem Befund gelte der Patient als infektiös, so dass keine Entlassung erfolge. In welchen zeitlichen Abständen diese Kontrollen erfolgen sollten, werde unterschiedlich beurteilt.
Die Beklagte hat im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen und der beigefügt gewesenen Stellungnahme des MDK des Dr. N vom 03. Juni 2005 die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung lediglich bis zum 16. Dezember 2000 gesehen. Es sei zu beanstanden, dass bei einem zweifach positven Befund des Sputums am 21. November 2000 die nächste Kontrolle nicht wie üblich nach zwei Wochen, also am 07. Dezember 2000, sondern erst nach reichlich drei Wochen am 14. Dezember 2000 erfolgt sei. Der am 14. Dezember 2000 festgestellte einfach positive Befund wäre unter Berücksichtigung der röntgenologisch nachweisbaren Befundregredienz und damit der Wirksamkeit der Medikamente dann bereits zu dem früheren Zeitpunkt eingetreten. Der Sachverständige habe selbst eingeräumt, dass wegen der noch vorhandenen Infektiosität und zur Sicherstellung der Medikamenteneinnahme der Verbleib in einer krankenhausähnlichen Einrichtung, zum Beispiel in einem Lungensanatorium, ausreichend gewesen wäre.
Mit Urteil vom 28. Juli 2005 hat das Sozialgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt und die Widerklage abgewiesen: Sowohl nach den beigezogenen Aufsätzen als auch nach dem Sachverständigen sei eine Entlassung aus stationärer Krankenhausbehandlung nur dann möglich, wenn eine Infektiosität nicht mehr bestehe. Es müsse also wenigstens zweimal ein negativer Befund, das heißt ein Fehlen von säurefesten Stäbchen im Sputum vorhanden sein. Vorliegend sei dies erstmals am 08. Januar 2001 und ein zweites Mal am 15. Januar 2001 dokumentiert gewesen. Der Sachverständige habe darüber hinaus eine weitere Krankenhausbehandlung auch deswegen für erforderlich angesehen, da wegen mangelnder Mitwirkung des Versicherten und fehlender Zuverlässigkeit bei der Medikamenteneinnahme eine Entlassung in die ambulante Behandlung nicht hätte erfolgen können. Im Entlassungsbericht aus dem Krankenhaus G vom 20. November 2000 sei insoweit festgehalten, dass sich der Versicherte teilweise der Aufforderung zu einer Tuberkulose-Screening-Untersuchung entzogen habe. Die Widerklage sei unzulässig, da sie sich auf die Verneinung des Klageanspruches beschränke.
Gegen das ihr am 08. September 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Oktober 2005, einem Montag, eingelegte Berufung der Beklagten, mit der sie vorträgt:
Die Infektiosität einer Lungentuberkulose allein erfordere nicht zwingend Krankenhausbehandlung. Für den zu behandelnden Patienten stelle sie kein Problem dar. Es seien wegen der Gefahr für Dritte vielmehr ggf. besondere Maßnahmen zu ergreifen. Schließlich bedingten andere ansteckende Erkrankungen wie z. B. Windpocken oder Röteln selbst während der infektiösen Phase nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung. Wegen des Gesundheitszustandes des Versicherten sei nach dem Sachverständigen eine stationäre Behandlung jedenfalls nicht erforderlich gewesen. Die Überwachung der Medikamenteneinnahme sei auch im Rahmen der häuslichen Krankenpflege zu gewährleisten gewesen. Zum Schutz Dritter vor einer Ansteckung wären andere Maßnahmen wie die Absonderung gemäß § 30 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Betracht gekommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 28. Juli 2005 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, nachdem sie ihren Klageantrag dahingehend begrenzt hat, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.164,52 Euro nebst 2 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Sachverständigen Dr. S ergänzend gehört (Stellungnahme vom 30. Mai - richtig Juni) 2006.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird u. a. auf Blatt 48 bis 55 und 119 bis 123 der Gerichtsakten verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagen (113 616 496) und der Krankenakte des Versicherten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, an die Klägerin den im Berufungsverfahren nur noch streitigen Betrag von 7.164,52 Euro nebst zwei Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung für den streitigen Zeitraum vom 17. Dezember 2000 bis 16. Januar 2001 ergibt sich weder objektiv noch aus der jeweils vorausschauenden Sicht des Krankenhausarztes unter Zugrundelegung der bekannten oder erkennbaren Umstände.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruches ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i. V. m. der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für die Jahre 2000 und 2001 und hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten im Einzelnen insbesondere § 18 Vertrag über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung für das Land Brandenburg (ABK-Vertrag).
Nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V ist das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzvereinbarungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG), des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zu führen. Dabei wird die Vergütungspflicht der Krankenkasse als selbstverständlich vorausgesetzt. Allerdings besteht ein Anspruch auf Vergütung einer stationären Behandlung nur, soweit sie medizinisch notwendig war. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert deshalb mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht daher - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der insoweit notwendigen Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, sofern die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vorliegen (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 - B 3 KR 30/04 R; Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 39 Nr. 2 = BSGE 92, 300; Urteil vom 17. Mai 2000 - B 3 KR 33/99 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 112 Nr. 1 = BSGE 86, 166).
Nach § 39 Abs. 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115 a SGB V) sowie ambulant (§ 115 b SGB V) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Voraussetzung für den Anspruch auf Krankenhausbehandlung ist hierbei, dass die Krankheit zum einen behandlungsbedürftig ist und zum anderen zu ihrer Behandlung der Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich ist. Zu diesen Mitteln gehören insbesondere die apparative Mindestausstattung des Krankenhauses, besonders geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten bzw. rufbereiten Arzt. Es ist jedoch weder der Einsatz all dieser Mittel notwendig, noch genügt lediglich eines dieser Mittel, um einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung zu begründen. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt. Vor allem bei einer psychiatrischen Erkrankung bzw. psychiatrischen Behandlung kann der Einsatz von krankenhausspezifischen Gerätschaften in den Hintergrund treten und allein schon der notwendige Einsatz von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Möglichkeit einer ambulanten Behandlung ausschließen und die Notwendigkeit einer stationären Behandlung begründen (BSG, Urteil vom 16. Februar 2005 - B 1 KR 18/03 R m.w.N.; Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R). Lässt sich demnach eine erforderliche medizinische Behandlung in ebenso guter Weise auch außerhalb eines Krankenhauses durchführen, besteht kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung. Hierunter fällt neben der Behandlung in der Arztpraxis auch die ärztliche Krankenbehandlung in der Wohnung des Versicherten, ggf. in Kombination mit häuslicher Krankenpflege (§ 37 SGB V), ferner die ärztliche Versorgung in Pflegeheimen, Einrichtungen der Behindertenhilfe oder in sonstigen Heimen oder Anstalten (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 - B 3 KR 30/04 R; Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R). Maßnahmen dürfen daher insbesondere nicht lediglich dem Zweck dienen, einem Zustand der Hilflosigkeit zu begegnen. Rein pflegerische Maßnahmen, die nicht Teil einer ärztlichen Behandlung sind, lösen einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung ebenso wenig aus. Dasselbe gilt, wenn lediglich das Ziel der Verwahrung zur Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung infolge Selbst- oder Fremdgefährdung verfolgt wird oder andere nicht medizinische Gründe (soziale oder humanitäre Gründe, insbesondere Fehlen eines geeigneten Pflegeplatzes) maßgebend sind (BSG, Urteil vom 16. Februar 2005 - B 1 KR 18/03 R; Urteil vom 21. Oktober 1980 - 3 RK 33/79).
Die Umschreibung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit reicht zur konkreten Ausfüllung des Tatbestandmerkmals der Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung aber nicht zwangsläufig aus. Die Entscheidung, ob ein Versicherter wegen einer behandlungsbedürftigen Krankheit in einem Krankenhaus versorgt werden muss, kann ärztlicherseits stets nur mit Blick auf die in Betracht kommenden insbesondere ambulanten Behandlungsalternativen getroffen werden. Dies gilt nicht nur bei der Entscheidung eines Krankenhausarztes, ob ein Versicherter im Krankenhaus stationär aufgenommen wird, sondern auch bei der Entscheidung, ob ein bereits stationär untergebrachter Versicherter bei fortdauernder Behandlungsbedürftigkeit weiter im Krankenhaus zu behandeln ist oder entlassen werden kann, weil die erforderliche medizinische Versorgung außerhalb des Krankenhauses sichergestellt ist (BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R). Dies bedeutet, dass es nicht ausreicht, von theoretisch vorstellbaren, besonders günstigen Sachverhaltskonstellationen auszugehen, die den weiteren Krankenhausaufenthalt entbehrlich erscheinen lassen, sondern dass zu prüfen ist, welche ambulanten Behandlungsalternativen im Einzelfall konkret zur Verfügung stehen, weil nur so die kontinuierliche medizinische Versorgung eines Versicherten gewährleistet werden kann. Die Problematik wird besonders deutlich, wenn ein Patient aufgrund seines körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitszustandes einstweilen oder auf Dauer nicht mehr in die eigene Wohnung zurückkehren kann, in der er vor dem Krankenhausaufenthalt gelebt hat. Eine Entlassung aus dem Krankenhaus kommt in solchen Fällen erst in Betracht, wenn geklärt ist, wo der weiterhin behandlungsbedürftige Patient nach der Entlassung - wenn auch möglicherweise zunächst nur vorübergehend - leben bzw. wohnen wird und ob dort die notwendige medizinische Versorgung sichergestellt ist. Solange dies nicht geklärt ist, sondern nur theoretische Möglichkeiten im Raum stehen, kann ein Patient nicht aus dem Krankenhaus entlassen werden; die stationäre Behandlung ist dann weiterhin im Sinne des § 39 Abs. 1 SGB V erforderlich (BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R). Die Entscheidung des Krankenhausarztes, ob trotz fortdauernden Behandlungsbedarfs eine Entlassung aus dem Krankenhaus erfolgen kann, stellt eine medizinische Prognose dar und kann verantwortlich nur getroffen werden, wenn die Alternative klar und nachprüfbar ist. Fortdauernde Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist demnach erst zu verneinen, wenn die konkrete Behandlungsalternative, also die erforderliche medizinische Betreuung durch Vertragsärzte und andere Einrichtungen, als geeignet und ausreichend anzusehen ist. Dabei ist insbesondere auch die Sicherstellung eines nahtlosen Übergangs von der Krankenhausbehandlung zur Rehabilitation oder Pflege zu berücksichtigen, zu deren Sicherstellung nach § 112 Abs. 2 Nr. 5 SGB V die Verbände der Krankenkassen und die Vereinigungen der Krankenhausträger entsprechende Verträge zu schließen habe (§ 112 Abs. 1 SGB V) (BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R). Das BSG hat in seinen Urteilen vom 16. Februar 2005 - B 1 KR 18/03 R und insbesondere vom 07. Juli 2005 - B 3 KR 40/04 R an seiner Rechtsprechung zur konkreten Betrachtungsweise festgehalten und näher präzisiert. Die genannten Entscheidungen betreffen zwar Versicherte mit psychiatrischen Erkrankungen, die im Übrigen bereits vornehmlich Gegenstand der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung waren (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 21. Oktober 1980 - 3 RK 33/79; BSG, Urteil vom 12. Dezember 1979 - 3 RK 13/79), denn bei diesem Patientenkreis erwies bzw. erweist sich die Abgrenzung gegenüber einem bloßen Pflegefall als besonders schwierig. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die konkrete Betrachtungsweise jedoch nicht auf diesen Personenkreis beschränkt, denn eine kontinuierliche medizinische Versorgung eines Versicherten, auf die ein Rechtsanspruch nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V besteht, ist nur gewährleistet, wenn im Einzelfall konkret ambulante oder andere Behandlungsalternativen zur Verfügung stehen (BSG, Urteil vom 07. Juli 2005 - B 3 KR 40/04 R). In letztgenannter Entscheidung hat das BSG unter Bezugnahme auf die ältere Rechtsprechung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in keinem Fall von der Rechtsprechung des BSG in Kauf genommen worden sei, dass ein ärztlich behandlungsbedürftiger Versicherter unbehandelt geblieben sei, weil ambulante Behandlungsmöglichkeiten in einer entsprechend ausgestatteten Betreuungseinrichtung abstrakt vorstellbar gewesen seien, konkret aber nicht zur Verfügung gestanden hätten. Selbst ein langjähriger Krankenhausaufenthalt mit hohen Kosten sei von der Krankenkasse zu bewilligen und weiter zu gewähren, solange eine ärztliche Behandlung der Krankheit nötig sei und gleich geeignete, aber weniger kostenaufwendige Behandlungsalternativen nicht zur Verfügung stünden. In Abgrenzung zum bloßen Pflegefall hat das BSG in dieser Entscheidung außerdem ausgeführt, dass ein solcher nicht schon dann bestehe, wenn eine weitere ärztliche Behandlung keine Besserung mehr verspreche, sondern erst dann, wenn auch keine Stabilisierung oder Verzögerung des Krankheitsverlaufes mehr zu erreichen sei.
Wie aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V ersichtlich wird ("Prüfung durch das Krankenhaus"), bestimmt sich die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung aus der vorausschauenden Sicht (ex ante) des Krankenhausarztes unter Zugrundelegung der im jeweiligen Entscheidungszeitpunkt bekannten oder erkennbaren Umstände. Steht die so getroffene Entscheidung nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung und verletzt sie auch keine medizinischen Standards, muss diese Entscheidung hingenommen werden, auch wenn sich im Nachhinein (ex post) diese Entscheidung als fehlerhaft herausstellen sollte. Stehen mehrere Behandlungsalternativen zur Verfügung, so ist dem entscheidenden Krankenhausarzt ein therapeutischer Spielraum einzuräumen, sofern nicht eine bestimmte Behandlungsmethode unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eindeutig den Vorzug verdient. Im Zweifel bleibt die Entscheidung des behandelnden Krankenhausarztes maßgebend, weil er die zivilrechtliche und strafrechtliche Verantwortung für sein Handeln zu tragen hat (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 - B 3 KR 30/04 R m.w.N.; Urteil vom 17. Mai 2000 - B 3 KR 33/99 R; Urteil vom 21. August 1996 - 3 RK 2/96, abgedruckt in SozR 3-2500 § 39 Nr. 4).
Werden diese Grundsätze herangezogen, erweist sich die vom 17. Dezember 2000 bis 16. Januar 2001 erfolgte Krankenhausbehandlung als nicht notwendig. Dies folgt aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. S nebst ergänzender Stellungnahme.
Danach befand sich der Versicherte wegen einer offenen, das heißt ansteckungsfähigen Lungentuberkulose im Krankenhaus der Klägerin. Die Diagnosesicherung erfolgt nach dem Sachverständigen über die mikrobiologische Diagnostik, wobei der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen ein rasches, aber nicht spezifisches Nachweisverfahren ist. Zur endgültigen Diagnosesicherung ist daher der kulturelle Nachweis für das Mykobakterium tuberkulosis entscheidend.
Nach der Dokumentation in der Patientenakte des Versicherten war das Sputum hinsichtlich säurefester Stäbchen mikroskopisch am 21. November 2000 zweifach positiv, am 14. Dezember 2000, 21. Dezember 2000, 28. Dezember 2000 und 02. Januar 2001 einfach (das heißt nach der MDK-Stellungnahme des Dr. N vom 03. Juni 2005 sehr schwach) positiv, am 08. Januar 2001 negativ, am 11. Januar 2001 einfach positiv und am 15. Januar 2001 negativ. Das Mykobakterium tuberkulosis wurde im Flüssigmedium bis drei Wochen nach Behandlungsbeginn, auf Festnährboden dreifach positiv nach drei Wochen des Behandlungsbeginns und jeweils einfach positiv nach vier bzw. fünf Wochen seit Behandlungsbeginn nachgewiesen.
Wenn der Sachverständige Dr. S angesichts dieser Befunde zum Ergebnis gekommen ist, dass bis zum 16. Januar 2001 noch nicht sicher von einem Fortfall der Infektiosität, also einer Sputumkonversion, auszugehen ist, ist dies inbesondere unter Berücksichtigung des vom Sozialgericht beigezogenen Aufsatzes in www.thieme.de schlüssig. Danach ist eine Tuberkulose mit Erregerausscheidung im Sputum offen (ansteckend). Die Ansteckungsgefahr ist dabei proportional der Erregerausscheidung und im Regelfall nur gegeben, wenn im Direktpräparat säurefeste Stäbchen nachweisbar sind. Ein ausschließlich kultureller Nachweis von Mykobakterien ist in der Regel aufgrund der niedrigen Erregerdichte seuchenhygienisch nicht signifikant. Wegen der Ansteckungsgefahr müssen Patienten mit offener Tuberkulose isoliert werden. Nach den WHO-Kriterien liegt eine Sputumkonversion (Sputum-Negativierung nach vorausgegangenem Erregernachweis) dann vor, wenn sich in drei aufeinanderfolgenden Sputumkulturen, die im zeitlichen Abstand von drei Wochen angelegt wurden, keine Erreger mehr anzüchten lassen. Dem Aufsatz in www.rki.de ist zu entnehmen, dass die Ansteckungsfähigkeit der Lungentuberkulose am höchsten ist, solange säurefeste Stäbchen u. a. im Sputum mikroskopisch nachweisbar sind. Nach dem weiteren Aufsatz in www.akh.wien.ac ist Infektiosität nicht mehr vorhanden, wenn bis zu zwei Sputumproben im Abstand von einer Woche in der Färbung nach Ziehl-Neelsen negativ sind, oder drei an unterschiedlichen Tagen entnommene Sputumproben negativ sind. Für die Beklagte hat der bei ihr beschäftigte Prof. Dr. S in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts unter Bezugnahme auf diese Aufsätze ausgeführt, dass in deren Krankenhaus eine Entlassung bei offener Lungentuberkulose nur dann erfolge, wenn drei aufeinanderfolgende Sputumbefunde negativ seien. Sobald ein Befund, wenn auch nur einfach positiv sei, gelte der Patient als infektiös.
Daraus ergibt sich, dass selbst zum Zeitpunkt der Entlassung des Versicherten aus der Krankenhausbehandlung am 16. Januar 2001 eine Ansteckungsgefahr nicht auszuschließen war, denn das auch nach der Klägerin maßgebende Kriterium von drei aufeinander folgenden negativen Sputumbefunden war ersichtlich nicht erfüllt. Das Sputum war lediglich am 08. Januar 2001 und 15. Januar 2001 negativ, wobei dazwischen am 11. Januar 2001 sogar noch ein einfach positiver Befund erhoben wurde. Es fehlt mithin an zwei weiteren nach dem 15. Januar 2001 negativ getesteten Sputumbefunden.
Der Sachverständige Dr. S hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass an offener Tuberkulose Erkrankte meistens nach vier Wochen ambulant behandelt werden können. Als Entlassungskriterien in die ambulante Therapie gelten a) Sputumkonversion (negativer Tuberkulose-Befund bei Untersuchung aus dem Sputum), b) zuverlässige Medikamenteneinnahme und Verträglichkeit, c) klinische Besserung (Entfieberung), keine Allgemeinsymptome.
Der Gesundheitszustand des Versicherten war nach vierwöchiger Behandlung am 16. Januar 2001 deutlich gebessert. Der Sachverständige hat dies anhand der Gewichtszunahme des Versicherten abgeleitet. Bei einer Körpergröße von 180 cm betrug das Körpergewicht nach den Stationskurven in der Patientenakte am 20. November 2000 58 kg, am 04. Dezember 2000 61,5 kg, am 11. Dezember 2002 62,5 kg und am 18. Dezember 2000 64,5 kg. Auffällige Allgemeinbefunde (insbesondere Körpertemperatur, Puls und Blutdruck) sind den Stationskurven bereits ab dem 27. November 2000 nicht mehr zu entnehmen (vgl. auch das MDK-Gutachten des Dr. N vom 10. April 2001). In wöchentlichen Abständen durchgeführte Laborkontrollen machten nach den Stationskurven vom 11. Dezember 2000 bis 16. Januar 2001 keine ärztlichen Therapiekorrekturen erforderlich (so MDK-Gutachten des Dr. N vom 10. April 2001). Der Gesundheitszustand des Versicherten hätte mithin nach dem Sachverständigen Dr. Seine Krankenhausbehandlung nicht erfordert.
Den dokumentierten Laborparametern hat dieser Sachverständige gleichfalls eine gute objektive Verträglichkeit der Tuberkulosemedikation entnommen. Die im Rahmen der Medikamenteneinnahme aufgetretene Hautveränderung (Verschlimmerung einer Akne) wäre als marginales Problem einer ambulanten Behandlung nicht hinderlich gewesen. Die Krankenakte gibt keine Hinweise auf sonstige Komplikationen der medikamentösen Therapie.
Demzufolge war die tägliche Medikation während des streitigen Zeitraums im Wesentlichen gleich bleibend (so MDK-Gutachten des Dr. N vom 10. April 2001). Dies gilt durchgängig für die orale Therapie mit Isocid 300, Eremfat 600 und Pyravat 1500. Entgegen dem genannten MDK-Gutachten wurde allerdings Codeinphosphat nicht lediglich bis 15. Dezember 2000, sondern auch vom 18. Dezember 2000 bis 05. Januar 2001 nach den Stationskurven in der Patientenakte verabreicht. Die orale Medikamenteneinnahme an sich erfordert auch nach dem Sachverständigen Dr. S keine Krankenhausbehandlung. Die nach den Stationskurven in der Patientenakte bis zum 20. Dezember 2000 erfolgte Behandlung mit Streptomycin intramuskulär bedarf zwar nach dem MDK-Gutachten des Dr. N vom 10. April 2001 sowohl vor, während als auch nach der Behandlung einer Prüfung der Nierenfunktion, einer Vestibulariskontrolle und einer audiometrischen Kontrolle. Diese regelmäßig wiederkehrenden Kontrolluntersuchungen können danach allerdings auch ambulant durchgeführt werden. Der Sachverständige Dr. S hat dieser Beurteilung nicht widersprochen.
Der Sachverständige Dr. S hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30. Mai 2006 zudem eine volle Sensibilität der verantwortlichen Tuberkuloseerreger auf die gängige Medikation angenommen, was aus dem einfach (sehr schwach) positiven Sputumbefund am 14. Dezember 2000 abzulesen ist. Eine Resistenz gegenüber den Medikamenten ist, so die MDK-Stellungnahme des Dr. N vom 03. Juni 2005, nicht anzunehmen gewesen.
Sonstige Gründe, die für die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung sprechen könnten, sind weder der Patientenakte des Versicherten zu entnehmen oder werden von der Klägerin geltend gemacht.
Der Sachverständige Dr. S hat in seinem Gutachten die Indikation zur Krankenhausbehandlung für den streitigen Zeitraum somit zum einen mit der noch nicht eingetretenen Sputumkonversion und zum anderen mit der nicht zuverlässigen Medikamenteneinnahme begründet. Daran hat er allerdings in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30. Juni 2006 nicht mehr festgehalten.
Das Sozialgericht ist dem Sachverständigen Dr. S jedenfalls dahingehend gefolgt, dass sich die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung danach ergibt, ob der Patient noch als infektiös gilt oder nicht. Dies ist jedoch nach der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen kein zwingendes Kriterium einer Krankenhausbehandlung, auch wenn er die o. g. Entlassungskriterien a) bis c) als kumulativ vorliegend bezeichnet hat. Er hat dies nämlich dahingehend eingeschränkt, dass eine Entlassung aus stationärer Behandlung auch dann erfolgen kann, wenn noch keine Sputumkonversion eingetreten und somit noch potentielle Infektiosität vorliegt, wenn neben der klinischen Besserung des Gesundheitszustandes und der Verträglichkeit der Medikamente auch eine zuverlässige Medikamenteneinnahme gewährleistet ist. In diesem Fall kann eine Entlassung in ein Sanatorium oder bei stabilen sozialen Verhältnissen nach Hause in die ambulante Behandlung erfolgen. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, bestimmt sich die Notwendigkeit und Dauer der stationären Krankenhausbehandlung im Einzelfall nach medizinischen Gesichtspunkten. Die Ansteckungsgefahr erfordert lediglich eine Isolierung, die nicht zwingend in einem Krankenhaus erfolgen muss. Dies gilt insbesondere dann, wenn die besonderen Mittel des Krankenhauses - wie vorliegend - nicht benötigt oder eingesetzt wurden. Das Sozialgericht hat sich zwar wegen der Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung auf die von ihm beigezogenen Aufsätze bezogen. Daraus ergibt sich jedoch lediglich, dass wegen der Infektiosität Isoliermaßnahmen getroffen werden müssen. Eine Krankenhausbehandlung wird nach dem Aufsatz in www.rki.de bei offener Tuberkulose insbesondere bei schwerem Verlauf oder Problemen der Behandlung und Betreuung im Wohnmilieu als geboten erachtet. Dies steht in Übereinstimmung mit der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. S. Die Infektiosität bedingt nach alledem eine Isolierung zum Schutz Dritter mit dem Ziel der Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.
Ob angesichts dessen eine mangelnde Zuverlässigkeit des Patienten einen weiteren Krankenhausaufenthalt rechtfertigen vermag oder ob nicht vielmehr eine Entlassung mit entsprechender Meldung nach §§ 7 Abs. 1 Nr. 32, § 8 Abs. 1 Nr. 2, § 9 Abs. 2 und Abs. 3 IfSG an das zuständige Gesundheitsamt zu erfolgen hat (wie dies im Übrigen nach der Stationskurve in der Patientenakte am 16. Januar 2001 erfolgte), damit von dort aus die weiteren seuchenpolizeilichen Ordnungsverfügungen zur Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ergriffen werden können, kann dahinstehen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherte grundsätzlich unzuverlässig ist.
Der Sachverständige Dr. S hat zwar in seinem Gutachten "das Problem der zuverlässigen Medikamenteneinnahme" benannt und sich diesbezüglich auf die Angaben im Entlassungsbericht des Krankenhauses G vom 20. November 2000 bezogen. Dort heißt es: "Bei intensiver Befragung gab Herr.an, Kontakt mit Tuberkulosepatienten gehabt zu haben, bzw. sich teilweise der Aufforderung einer Tuberkulose-Screening-Untersuchung entzogen zu haben." Der Versicherte wurde ausweislich der Krankenakte über das Ansteckungsrisiko der offenen Lungentuberkulose informiert. Der Sachverständige hat, wie seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30. Mai 2006 zu entnehmen ist, der gesamten Patientenakte des Versicherten keinen Hinweis für die Verweigerung notwendiger Untersuchungen oder für unkooperatives Verhalten entnehmen können. Nach dem Anamnese- und Untersuchungsbogen vom 20. November 2000 wohnt der arbeitslose Versicherte bei seinen Eltern und wird von diesen versorgt. Es gibt in der Patientenakte des Versicherten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in ein Wohnfeld entlassen worden wäre, das keine Gewähr dafür bietet, dass die im Rahmen einer ambulanten Behandlung erforderlichen Maßnahmen nicht eingehalten würden. Unabhängig davon belegt die am 16. Januar 2001 erfolgte Entlassung aus dem Krankenhaus trotz eines nicht sicheren Fortfalls der Infektiosität, dass die genannten Gesichtspunkte auch für die behandelnden Krankenhausärzte nicht wesentlich waren. Es kommt hinzu, dass, wie der Sachverständige Dr. S in seinem Gutachten ausgeführt hat, die medikamentöse Behandlung zu diesem Zeitpunkt ohnehin noch nicht abgeschlossen war. Vorgesehen und vorgeschlagen war eine Reduktion der Tuberkulosemedikation Ende Januar 2001 von einer bisher erfolgten dreifach auf eine zweifach kombinierte Therapie mit Fortsetzung bis Ende Mai 2001. Das Problem einer unzuverlässigen Medikamenteneinnahme ist in diesem Zusammenhang für die Krankenhausärzte ersichtlich nicht vorhanden gewesen.
Damit erweist sich eine Krankenhausbehandlung im streitigen Zeitraum nicht nur objektiv als nicht notwendig. Da keine behandlungsmedizinischen Gesichtspunkte, sondern wie von dem Arzt der Klägerin Prof. Dr. S in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts eingeräumt, allein die Infektiosität, also seuchenhygienische Gesichtspunkte, für den Krankenhausaufenthalt im streitigen Zeitraum maßgebend waren, gibt es keine Behandlungsalternativen, die dem entscheidenden Krankenhausarzt einen therapeutischen Spielraum ermöglichen würden. Bei einer solchen Sachlage begründet auch eine vorausschauende Sicht des Krankenhausarztes nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung.
Die Berufung der Beklagten hat somit Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 154 Abs. 2 und § 155 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klägerin hat erstinstanzlich zu einem Fünftel obsiegt, dem das von der Beklagten abgegebene Kostenanerkenntnis entspricht. Im Berufungsverfahren ist sie hingegen erfolglos geblieben.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 1 und Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Das GKG in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl I S. 3047), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes vom 12. März 2004 (BGBl I S. 390) ist nicht anzuwenden. Der Rechtsstreit ist zwar vor dem 01. Juli 2004 anhängig gemacht, das Rechtsmittel jedoch erst nach dem 01. Juli 2004 eingelegt worden (§ 72 Satz 1 Nr. 1 GKG). Nach § 47 Abs. 1 GKG bestimmt sich im Rechtsmittelverfahren der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend. Da die Beklagte erstmals einen Antrag gestellt hat, nachdem die Klägerin bereits Klagerücknahme im Umfang von 2099,43 Euro erklärt hatte, richtet sich der Streitwert nach dem danach verbliebenen Betrag.
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Klageverfahrens trägt die Klägerin zu vier Fünfteln und die Beklagte zu einem Fünftel.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 7.164,52 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, wegen der Krankenhausbehandlung vom 17. Dezember 2000 bis 16. Januar 2001 an die Klägerin 7.164,52 Euro zu zahlen.
Der bei der Beklagten krankenversicherte M M(Versicherter), der 1980 geboren ist, befand sich vom 20. November 2000 bis 16. Januar 2001 in der Inneren Abteilung des von der Klägerin betriebenen Krankenhauses wegen einer Lungentuberkulose.
Auf die Anträge vom 22. November 2000 auf Kostenübernahme und vom 15. Januar 2001 auf Verlängerung der Kostenübernahme kündigte die Beklagte, nachdem sie eine Kostenübernahme bis 08. Dezember 2000 zugesagt hatte, mit Schreiben vom 26. März 2001 wegen der langen stationären Betreuung eine Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) an und veranlasste dazu das MDK-Gutachten des Arztes Dr. N vom 10. April 2001.
Mit Schreiben vom 24. April 2001 teilte die Beklagte der Klägerin unter Hinweis auf das beigefügte MDK-Gutachten mit, dass eine Kostenübernahme nur bis einschließlich 08. Dezember 2000 erfolgen könne.
Mit Endrechnung vom 31. Dezember 2001 verlangte die Klägerin Zahlung von 18.118,71 DM (9.263,65 Euro) für die Behandlung vom 08. Dezember 2000 bis 16. Januar 2001.
Da die Beklagte weder diesen Betrag noch weitere Beträge, die aus der stationären Behandlung von drei weiteren Versicherten resultierten, zahlte, hat die Klägerin am 29. Januar 2003 beim Sozialgericht Cottbus Klage auf Zahlung von insgesamt 32.506,02 Euro erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 10 KR 12/03 registriert worden ist.
Mit Beschluss vom 18. September 2003 hat das Sozialgericht u. a. das hiesige Verfahren abgetrennt.
Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, ein allgemeiner Hinweis auf die Möglichkeit ambulanter Versorgung reiche nicht aus, um Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit zu verneinen.
Nachdem die Beklagte das von der Klägerin angenommene Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben hatte, auch die Kosten des Krankenhausaufenthaltes für die Zeit vom 09. Dezember bis 16. Dezember 2000 zu übernehmen, die am 24. November 2005 in Höhe von 2.099,43 Euro beglichen wurden, hat die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 9.263,95 Euro nebst zwei Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen und hilfsweise widerklagend, die Beklagte von der Verbindlichkeit gegenüber der Klägerin in Höhe von 9.263,95 Euro zuzüglich zwei Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz für die Zeit ab 29. Januar 2003 zu befreien.
Nachdem das Sozialgericht die Patientenakte des Versicherten beigezogen hatte, hat es Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten nach Aktenlage des Facharztes für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S vom 04. Mai 2005. Es hat außerdem verschiedene Aufsätze zur Tuberkulose aus dem Internet (www.thieme.de, www.rki.de und www.akh-wien.ac) beigezogen.
Die Klägerin hat ihre Auffassung durch den Sachverständigen bestätigt gesehen. Nach den anerkannten Kriterien der WHO könne eine Entlassung nur dann erfolgen, wenn drei aufeinanderfolgende Sputumbefunde negativ gewesen seien. Auch bei nur einfach positivem Befund gelte der Patient als infektiös, so dass keine Entlassung erfolge. In welchen zeitlichen Abständen diese Kontrollen erfolgen sollten, werde unterschiedlich beurteilt.
Die Beklagte hat im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen und der beigefügt gewesenen Stellungnahme des MDK des Dr. N vom 03. Juni 2005 die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung lediglich bis zum 16. Dezember 2000 gesehen. Es sei zu beanstanden, dass bei einem zweifach positven Befund des Sputums am 21. November 2000 die nächste Kontrolle nicht wie üblich nach zwei Wochen, also am 07. Dezember 2000, sondern erst nach reichlich drei Wochen am 14. Dezember 2000 erfolgt sei. Der am 14. Dezember 2000 festgestellte einfach positive Befund wäre unter Berücksichtigung der röntgenologisch nachweisbaren Befundregredienz und damit der Wirksamkeit der Medikamente dann bereits zu dem früheren Zeitpunkt eingetreten. Der Sachverständige habe selbst eingeräumt, dass wegen der noch vorhandenen Infektiosität und zur Sicherstellung der Medikamenteneinnahme der Verbleib in einer krankenhausähnlichen Einrichtung, zum Beispiel in einem Lungensanatorium, ausreichend gewesen wäre.
Mit Urteil vom 28. Juli 2005 hat das Sozialgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt und die Widerklage abgewiesen: Sowohl nach den beigezogenen Aufsätzen als auch nach dem Sachverständigen sei eine Entlassung aus stationärer Krankenhausbehandlung nur dann möglich, wenn eine Infektiosität nicht mehr bestehe. Es müsse also wenigstens zweimal ein negativer Befund, das heißt ein Fehlen von säurefesten Stäbchen im Sputum vorhanden sein. Vorliegend sei dies erstmals am 08. Januar 2001 und ein zweites Mal am 15. Januar 2001 dokumentiert gewesen. Der Sachverständige habe darüber hinaus eine weitere Krankenhausbehandlung auch deswegen für erforderlich angesehen, da wegen mangelnder Mitwirkung des Versicherten und fehlender Zuverlässigkeit bei der Medikamenteneinnahme eine Entlassung in die ambulante Behandlung nicht hätte erfolgen können. Im Entlassungsbericht aus dem Krankenhaus G vom 20. November 2000 sei insoweit festgehalten, dass sich der Versicherte teilweise der Aufforderung zu einer Tuberkulose-Screening-Untersuchung entzogen habe. Die Widerklage sei unzulässig, da sie sich auf die Verneinung des Klageanspruches beschränke.
Gegen das ihr am 08. September 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Oktober 2005, einem Montag, eingelegte Berufung der Beklagten, mit der sie vorträgt:
Die Infektiosität einer Lungentuberkulose allein erfordere nicht zwingend Krankenhausbehandlung. Für den zu behandelnden Patienten stelle sie kein Problem dar. Es seien wegen der Gefahr für Dritte vielmehr ggf. besondere Maßnahmen zu ergreifen. Schließlich bedingten andere ansteckende Erkrankungen wie z. B. Windpocken oder Röteln selbst während der infektiösen Phase nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung. Wegen des Gesundheitszustandes des Versicherten sei nach dem Sachverständigen eine stationäre Behandlung jedenfalls nicht erforderlich gewesen. Die Überwachung der Medikamenteneinnahme sei auch im Rahmen der häuslichen Krankenpflege zu gewährleisten gewesen. Zum Schutz Dritter vor einer Ansteckung wären andere Maßnahmen wie die Absonderung gemäß § 30 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Betracht gekommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 28. Juli 2005 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, nachdem sie ihren Klageantrag dahingehend begrenzt hat, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.164,52 Euro nebst 2 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Sachverständigen Dr. S ergänzend gehört (Stellungnahme vom 30. Mai - richtig Juni) 2006.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird u. a. auf Blatt 48 bis 55 und 119 bis 123 der Gerichtsakten verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagen (113 616 496) und der Krankenakte des Versicherten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, an die Klägerin den im Berufungsverfahren nur noch streitigen Betrag von 7.164,52 Euro nebst zwei Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung für den streitigen Zeitraum vom 17. Dezember 2000 bis 16. Januar 2001 ergibt sich weder objektiv noch aus der jeweils vorausschauenden Sicht des Krankenhausarztes unter Zugrundelegung der bekannten oder erkennbaren Umstände.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruches ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i. V. m. der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für die Jahre 2000 und 2001 und hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten im Einzelnen insbesondere § 18 Vertrag über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung für das Land Brandenburg (ABK-Vertrag).
Nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V ist das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzvereinbarungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG), des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zu führen. Dabei wird die Vergütungspflicht der Krankenkasse als selbstverständlich vorausgesetzt. Allerdings besteht ein Anspruch auf Vergütung einer stationären Behandlung nur, soweit sie medizinisch notwendig war. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert deshalb mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht daher - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der insoweit notwendigen Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, sofern die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vorliegen (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 - B 3 KR 30/04 R; Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R, abgedruckt in SozR 4-2500 § 39 Nr. 2 = BSGE 92, 300; Urteil vom 17. Mai 2000 - B 3 KR 33/99 R, abgedruckt in SozR 3-2500 § 112 Nr. 1 = BSGE 86, 166).
Nach § 39 Abs. 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115 a SGB V) sowie ambulant (§ 115 b SGB V) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Voraussetzung für den Anspruch auf Krankenhausbehandlung ist hierbei, dass die Krankheit zum einen behandlungsbedürftig ist und zum anderen zu ihrer Behandlung der Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich ist. Zu diesen Mitteln gehören insbesondere die apparative Mindestausstattung des Krankenhauses, besonders geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten bzw. rufbereiten Arzt. Es ist jedoch weder der Einsatz all dieser Mittel notwendig, noch genügt lediglich eines dieser Mittel, um einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung zu begründen. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt. Vor allem bei einer psychiatrischen Erkrankung bzw. psychiatrischen Behandlung kann der Einsatz von krankenhausspezifischen Gerätschaften in den Hintergrund treten und allein schon der notwendige Einsatz von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Möglichkeit einer ambulanten Behandlung ausschließen und die Notwendigkeit einer stationären Behandlung begründen (BSG, Urteil vom 16. Februar 2005 - B 1 KR 18/03 R m.w.N.; Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R). Lässt sich demnach eine erforderliche medizinische Behandlung in ebenso guter Weise auch außerhalb eines Krankenhauses durchführen, besteht kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung. Hierunter fällt neben der Behandlung in der Arztpraxis auch die ärztliche Krankenbehandlung in der Wohnung des Versicherten, ggf. in Kombination mit häuslicher Krankenpflege (§ 37 SGB V), ferner die ärztliche Versorgung in Pflegeheimen, Einrichtungen der Behindertenhilfe oder in sonstigen Heimen oder Anstalten (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 - B 3 KR 30/04 R; Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R). Maßnahmen dürfen daher insbesondere nicht lediglich dem Zweck dienen, einem Zustand der Hilflosigkeit zu begegnen. Rein pflegerische Maßnahmen, die nicht Teil einer ärztlichen Behandlung sind, lösen einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung ebenso wenig aus. Dasselbe gilt, wenn lediglich das Ziel der Verwahrung zur Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung infolge Selbst- oder Fremdgefährdung verfolgt wird oder andere nicht medizinische Gründe (soziale oder humanitäre Gründe, insbesondere Fehlen eines geeigneten Pflegeplatzes) maßgebend sind (BSG, Urteil vom 16. Februar 2005 - B 1 KR 18/03 R; Urteil vom 21. Oktober 1980 - 3 RK 33/79).
Die Umschreibung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit reicht zur konkreten Ausfüllung des Tatbestandmerkmals der Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung aber nicht zwangsläufig aus. Die Entscheidung, ob ein Versicherter wegen einer behandlungsbedürftigen Krankheit in einem Krankenhaus versorgt werden muss, kann ärztlicherseits stets nur mit Blick auf die in Betracht kommenden insbesondere ambulanten Behandlungsalternativen getroffen werden. Dies gilt nicht nur bei der Entscheidung eines Krankenhausarztes, ob ein Versicherter im Krankenhaus stationär aufgenommen wird, sondern auch bei der Entscheidung, ob ein bereits stationär untergebrachter Versicherter bei fortdauernder Behandlungsbedürftigkeit weiter im Krankenhaus zu behandeln ist oder entlassen werden kann, weil die erforderliche medizinische Versorgung außerhalb des Krankenhauses sichergestellt ist (BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R). Dies bedeutet, dass es nicht ausreicht, von theoretisch vorstellbaren, besonders günstigen Sachverhaltskonstellationen auszugehen, die den weiteren Krankenhausaufenthalt entbehrlich erscheinen lassen, sondern dass zu prüfen ist, welche ambulanten Behandlungsalternativen im Einzelfall konkret zur Verfügung stehen, weil nur so die kontinuierliche medizinische Versorgung eines Versicherten gewährleistet werden kann. Die Problematik wird besonders deutlich, wenn ein Patient aufgrund seines körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitszustandes einstweilen oder auf Dauer nicht mehr in die eigene Wohnung zurückkehren kann, in der er vor dem Krankenhausaufenthalt gelebt hat. Eine Entlassung aus dem Krankenhaus kommt in solchen Fällen erst in Betracht, wenn geklärt ist, wo der weiterhin behandlungsbedürftige Patient nach der Entlassung - wenn auch möglicherweise zunächst nur vorübergehend - leben bzw. wohnen wird und ob dort die notwendige medizinische Versorgung sichergestellt ist. Solange dies nicht geklärt ist, sondern nur theoretische Möglichkeiten im Raum stehen, kann ein Patient nicht aus dem Krankenhaus entlassen werden; die stationäre Behandlung ist dann weiterhin im Sinne des § 39 Abs. 1 SGB V erforderlich (BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R). Die Entscheidung des Krankenhausarztes, ob trotz fortdauernden Behandlungsbedarfs eine Entlassung aus dem Krankenhaus erfolgen kann, stellt eine medizinische Prognose dar und kann verantwortlich nur getroffen werden, wenn die Alternative klar und nachprüfbar ist. Fortdauernde Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist demnach erst zu verneinen, wenn die konkrete Behandlungsalternative, also die erforderliche medizinische Betreuung durch Vertragsärzte und andere Einrichtungen, als geeignet und ausreichend anzusehen ist. Dabei ist insbesondere auch die Sicherstellung eines nahtlosen Übergangs von der Krankenhausbehandlung zur Rehabilitation oder Pflege zu berücksichtigen, zu deren Sicherstellung nach § 112 Abs. 2 Nr. 5 SGB V die Verbände der Krankenkassen und die Vereinigungen der Krankenhausträger entsprechende Verträge zu schließen habe (§ 112 Abs. 1 SGB V) (BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 - B 3 KR 18/03 R). Das BSG hat in seinen Urteilen vom 16. Februar 2005 - B 1 KR 18/03 R und insbesondere vom 07. Juli 2005 - B 3 KR 40/04 R an seiner Rechtsprechung zur konkreten Betrachtungsweise festgehalten und näher präzisiert. Die genannten Entscheidungen betreffen zwar Versicherte mit psychiatrischen Erkrankungen, die im Übrigen bereits vornehmlich Gegenstand der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung waren (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 21. Oktober 1980 - 3 RK 33/79; BSG, Urteil vom 12. Dezember 1979 - 3 RK 13/79), denn bei diesem Patientenkreis erwies bzw. erweist sich die Abgrenzung gegenüber einem bloßen Pflegefall als besonders schwierig. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die konkrete Betrachtungsweise jedoch nicht auf diesen Personenkreis beschränkt, denn eine kontinuierliche medizinische Versorgung eines Versicherten, auf die ein Rechtsanspruch nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V besteht, ist nur gewährleistet, wenn im Einzelfall konkret ambulante oder andere Behandlungsalternativen zur Verfügung stehen (BSG, Urteil vom 07. Juli 2005 - B 3 KR 40/04 R). In letztgenannter Entscheidung hat das BSG unter Bezugnahme auf die ältere Rechtsprechung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in keinem Fall von der Rechtsprechung des BSG in Kauf genommen worden sei, dass ein ärztlich behandlungsbedürftiger Versicherter unbehandelt geblieben sei, weil ambulante Behandlungsmöglichkeiten in einer entsprechend ausgestatteten Betreuungseinrichtung abstrakt vorstellbar gewesen seien, konkret aber nicht zur Verfügung gestanden hätten. Selbst ein langjähriger Krankenhausaufenthalt mit hohen Kosten sei von der Krankenkasse zu bewilligen und weiter zu gewähren, solange eine ärztliche Behandlung der Krankheit nötig sei und gleich geeignete, aber weniger kostenaufwendige Behandlungsalternativen nicht zur Verfügung stünden. In Abgrenzung zum bloßen Pflegefall hat das BSG in dieser Entscheidung außerdem ausgeführt, dass ein solcher nicht schon dann bestehe, wenn eine weitere ärztliche Behandlung keine Besserung mehr verspreche, sondern erst dann, wenn auch keine Stabilisierung oder Verzögerung des Krankheitsverlaufes mehr zu erreichen sei.
Wie aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V ersichtlich wird ("Prüfung durch das Krankenhaus"), bestimmt sich die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung aus der vorausschauenden Sicht (ex ante) des Krankenhausarztes unter Zugrundelegung der im jeweiligen Entscheidungszeitpunkt bekannten oder erkennbaren Umstände. Steht die so getroffene Entscheidung nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung und verletzt sie auch keine medizinischen Standards, muss diese Entscheidung hingenommen werden, auch wenn sich im Nachhinein (ex post) diese Entscheidung als fehlerhaft herausstellen sollte. Stehen mehrere Behandlungsalternativen zur Verfügung, so ist dem entscheidenden Krankenhausarzt ein therapeutischer Spielraum einzuräumen, sofern nicht eine bestimmte Behandlungsmethode unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eindeutig den Vorzug verdient. Im Zweifel bleibt die Entscheidung des behandelnden Krankenhausarztes maßgebend, weil er die zivilrechtliche und strafrechtliche Verantwortung für sein Handeln zu tragen hat (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 - B 3 KR 30/04 R m.w.N.; Urteil vom 17. Mai 2000 - B 3 KR 33/99 R; Urteil vom 21. August 1996 - 3 RK 2/96, abgedruckt in SozR 3-2500 § 39 Nr. 4).
Werden diese Grundsätze herangezogen, erweist sich die vom 17. Dezember 2000 bis 16. Januar 2001 erfolgte Krankenhausbehandlung als nicht notwendig. Dies folgt aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. S nebst ergänzender Stellungnahme.
Danach befand sich der Versicherte wegen einer offenen, das heißt ansteckungsfähigen Lungentuberkulose im Krankenhaus der Klägerin. Die Diagnosesicherung erfolgt nach dem Sachverständigen über die mikrobiologische Diagnostik, wobei der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen ein rasches, aber nicht spezifisches Nachweisverfahren ist. Zur endgültigen Diagnosesicherung ist daher der kulturelle Nachweis für das Mykobakterium tuberkulosis entscheidend.
Nach der Dokumentation in der Patientenakte des Versicherten war das Sputum hinsichtlich säurefester Stäbchen mikroskopisch am 21. November 2000 zweifach positiv, am 14. Dezember 2000, 21. Dezember 2000, 28. Dezember 2000 und 02. Januar 2001 einfach (das heißt nach der MDK-Stellungnahme des Dr. N vom 03. Juni 2005 sehr schwach) positiv, am 08. Januar 2001 negativ, am 11. Januar 2001 einfach positiv und am 15. Januar 2001 negativ. Das Mykobakterium tuberkulosis wurde im Flüssigmedium bis drei Wochen nach Behandlungsbeginn, auf Festnährboden dreifach positiv nach drei Wochen des Behandlungsbeginns und jeweils einfach positiv nach vier bzw. fünf Wochen seit Behandlungsbeginn nachgewiesen.
Wenn der Sachverständige Dr. S angesichts dieser Befunde zum Ergebnis gekommen ist, dass bis zum 16. Januar 2001 noch nicht sicher von einem Fortfall der Infektiosität, also einer Sputumkonversion, auszugehen ist, ist dies inbesondere unter Berücksichtigung des vom Sozialgericht beigezogenen Aufsatzes in www.thieme.de schlüssig. Danach ist eine Tuberkulose mit Erregerausscheidung im Sputum offen (ansteckend). Die Ansteckungsgefahr ist dabei proportional der Erregerausscheidung und im Regelfall nur gegeben, wenn im Direktpräparat säurefeste Stäbchen nachweisbar sind. Ein ausschließlich kultureller Nachweis von Mykobakterien ist in der Regel aufgrund der niedrigen Erregerdichte seuchenhygienisch nicht signifikant. Wegen der Ansteckungsgefahr müssen Patienten mit offener Tuberkulose isoliert werden. Nach den WHO-Kriterien liegt eine Sputumkonversion (Sputum-Negativierung nach vorausgegangenem Erregernachweis) dann vor, wenn sich in drei aufeinanderfolgenden Sputumkulturen, die im zeitlichen Abstand von drei Wochen angelegt wurden, keine Erreger mehr anzüchten lassen. Dem Aufsatz in www.rki.de ist zu entnehmen, dass die Ansteckungsfähigkeit der Lungentuberkulose am höchsten ist, solange säurefeste Stäbchen u. a. im Sputum mikroskopisch nachweisbar sind. Nach dem weiteren Aufsatz in www.akh.wien.ac ist Infektiosität nicht mehr vorhanden, wenn bis zu zwei Sputumproben im Abstand von einer Woche in der Färbung nach Ziehl-Neelsen negativ sind, oder drei an unterschiedlichen Tagen entnommene Sputumproben negativ sind. Für die Beklagte hat der bei ihr beschäftigte Prof. Dr. S in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts unter Bezugnahme auf diese Aufsätze ausgeführt, dass in deren Krankenhaus eine Entlassung bei offener Lungentuberkulose nur dann erfolge, wenn drei aufeinanderfolgende Sputumbefunde negativ seien. Sobald ein Befund, wenn auch nur einfach positiv sei, gelte der Patient als infektiös.
Daraus ergibt sich, dass selbst zum Zeitpunkt der Entlassung des Versicherten aus der Krankenhausbehandlung am 16. Januar 2001 eine Ansteckungsgefahr nicht auszuschließen war, denn das auch nach der Klägerin maßgebende Kriterium von drei aufeinander folgenden negativen Sputumbefunden war ersichtlich nicht erfüllt. Das Sputum war lediglich am 08. Januar 2001 und 15. Januar 2001 negativ, wobei dazwischen am 11. Januar 2001 sogar noch ein einfach positiver Befund erhoben wurde. Es fehlt mithin an zwei weiteren nach dem 15. Januar 2001 negativ getesteten Sputumbefunden.
Der Sachverständige Dr. S hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass an offener Tuberkulose Erkrankte meistens nach vier Wochen ambulant behandelt werden können. Als Entlassungskriterien in die ambulante Therapie gelten a) Sputumkonversion (negativer Tuberkulose-Befund bei Untersuchung aus dem Sputum), b) zuverlässige Medikamenteneinnahme und Verträglichkeit, c) klinische Besserung (Entfieberung), keine Allgemeinsymptome.
Der Gesundheitszustand des Versicherten war nach vierwöchiger Behandlung am 16. Januar 2001 deutlich gebessert. Der Sachverständige hat dies anhand der Gewichtszunahme des Versicherten abgeleitet. Bei einer Körpergröße von 180 cm betrug das Körpergewicht nach den Stationskurven in der Patientenakte am 20. November 2000 58 kg, am 04. Dezember 2000 61,5 kg, am 11. Dezember 2002 62,5 kg und am 18. Dezember 2000 64,5 kg. Auffällige Allgemeinbefunde (insbesondere Körpertemperatur, Puls und Blutdruck) sind den Stationskurven bereits ab dem 27. November 2000 nicht mehr zu entnehmen (vgl. auch das MDK-Gutachten des Dr. N vom 10. April 2001). In wöchentlichen Abständen durchgeführte Laborkontrollen machten nach den Stationskurven vom 11. Dezember 2000 bis 16. Januar 2001 keine ärztlichen Therapiekorrekturen erforderlich (so MDK-Gutachten des Dr. N vom 10. April 2001). Der Gesundheitszustand des Versicherten hätte mithin nach dem Sachverständigen Dr. Seine Krankenhausbehandlung nicht erfordert.
Den dokumentierten Laborparametern hat dieser Sachverständige gleichfalls eine gute objektive Verträglichkeit der Tuberkulosemedikation entnommen. Die im Rahmen der Medikamenteneinnahme aufgetretene Hautveränderung (Verschlimmerung einer Akne) wäre als marginales Problem einer ambulanten Behandlung nicht hinderlich gewesen. Die Krankenakte gibt keine Hinweise auf sonstige Komplikationen der medikamentösen Therapie.
Demzufolge war die tägliche Medikation während des streitigen Zeitraums im Wesentlichen gleich bleibend (so MDK-Gutachten des Dr. N vom 10. April 2001). Dies gilt durchgängig für die orale Therapie mit Isocid 300, Eremfat 600 und Pyravat 1500. Entgegen dem genannten MDK-Gutachten wurde allerdings Codeinphosphat nicht lediglich bis 15. Dezember 2000, sondern auch vom 18. Dezember 2000 bis 05. Januar 2001 nach den Stationskurven in der Patientenakte verabreicht. Die orale Medikamenteneinnahme an sich erfordert auch nach dem Sachverständigen Dr. S keine Krankenhausbehandlung. Die nach den Stationskurven in der Patientenakte bis zum 20. Dezember 2000 erfolgte Behandlung mit Streptomycin intramuskulär bedarf zwar nach dem MDK-Gutachten des Dr. N vom 10. April 2001 sowohl vor, während als auch nach der Behandlung einer Prüfung der Nierenfunktion, einer Vestibulariskontrolle und einer audiometrischen Kontrolle. Diese regelmäßig wiederkehrenden Kontrolluntersuchungen können danach allerdings auch ambulant durchgeführt werden. Der Sachverständige Dr. S hat dieser Beurteilung nicht widersprochen.
Der Sachverständige Dr. S hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30. Mai 2006 zudem eine volle Sensibilität der verantwortlichen Tuberkuloseerreger auf die gängige Medikation angenommen, was aus dem einfach (sehr schwach) positiven Sputumbefund am 14. Dezember 2000 abzulesen ist. Eine Resistenz gegenüber den Medikamenten ist, so die MDK-Stellungnahme des Dr. N vom 03. Juni 2005, nicht anzunehmen gewesen.
Sonstige Gründe, die für die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung sprechen könnten, sind weder der Patientenakte des Versicherten zu entnehmen oder werden von der Klägerin geltend gemacht.
Der Sachverständige Dr. S hat in seinem Gutachten die Indikation zur Krankenhausbehandlung für den streitigen Zeitraum somit zum einen mit der noch nicht eingetretenen Sputumkonversion und zum anderen mit der nicht zuverlässigen Medikamenteneinnahme begründet. Daran hat er allerdings in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30. Juni 2006 nicht mehr festgehalten.
Das Sozialgericht ist dem Sachverständigen Dr. S jedenfalls dahingehend gefolgt, dass sich die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung danach ergibt, ob der Patient noch als infektiös gilt oder nicht. Dies ist jedoch nach der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen kein zwingendes Kriterium einer Krankenhausbehandlung, auch wenn er die o. g. Entlassungskriterien a) bis c) als kumulativ vorliegend bezeichnet hat. Er hat dies nämlich dahingehend eingeschränkt, dass eine Entlassung aus stationärer Behandlung auch dann erfolgen kann, wenn noch keine Sputumkonversion eingetreten und somit noch potentielle Infektiosität vorliegt, wenn neben der klinischen Besserung des Gesundheitszustandes und der Verträglichkeit der Medikamente auch eine zuverlässige Medikamenteneinnahme gewährleistet ist. In diesem Fall kann eine Entlassung in ein Sanatorium oder bei stabilen sozialen Verhältnissen nach Hause in die ambulante Behandlung erfolgen. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, bestimmt sich die Notwendigkeit und Dauer der stationären Krankenhausbehandlung im Einzelfall nach medizinischen Gesichtspunkten. Die Ansteckungsgefahr erfordert lediglich eine Isolierung, die nicht zwingend in einem Krankenhaus erfolgen muss. Dies gilt insbesondere dann, wenn die besonderen Mittel des Krankenhauses - wie vorliegend - nicht benötigt oder eingesetzt wurden. Das Sozialgericht hat sich zwar wegen der Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung auf die von ihm beigezogenen Aufsätze bezogen. Daraus ergibt sich jedoch lediglich, dass wegen der Infektiosität Isoliermaßnahmen getroffen werden müssen. Eine Krankenhausbehandlung wird nach dem Aufsatz in www.rki.de bei offener Tuberkulose insbesondere bei schwerem Verlauf oder Problemen der Behandlung und Betreuung im Wohnmilieu als geboten erachtet. Dies steht in Übereinstimmung mit der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. S. Die Infektiosität bedingt nach alledem eine Isolierung zum Schutz Dritter mit dem Ziel der Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.
Ob angesichts dessen eine mangelnde Zuverlässigkeit des Patienten einen weiteren Krankenhausaufenthalt rechtfertigen vermag oder ob nicht vielmehr eine Entlassung mit entsprechender Meldung nach §§ 7 Abs. 1 Nr. 32, § 8 Abs. 1 Nr. 2, § 9 Abs. 2 und Abs. 3 IfSG an das zuständige Gesundheitsamt zu erfolgen hat (wie dies im Übrigen nach der Stationskurve in der Patientenakte am 16. Januar 2001 erfolgte), damit von dort aus die weiteren seuchenpolizeilichen Ordnungsverfügungen zur Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ergriffen werden können, kann dahinstehen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherte grundsätzlich unzuverlässig ist.
Der Sachverständige Dr. S hat zwar in seinem Gutachten "das Problem der zuverlässigen Medikamenteneinnahme" benannt und sich diesbezüglich auf die Angaben im Entlassungsbericht des Krankenhauses G vom 20. November 2000 bezogen. Dort heißt es: "Bei intensiver Befragung gab Herr.an, Kontakt mit Tuberkulosepatienten gehabt zu haben, bzw. sich teilweise der Aufforderung einer Tuberkulose-Screening-Untersuchung entzogen zu haben." Der Versicherte wurde ausweislich der Krankenakte über das Ansteckungsrisiko der offenen Lungentuberkulose informiert. Der Sachverständige hat, wie seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30. Mai 2006 zu entnehmen ist, der gesamten Patientenakte des Versicherten keinen Hinweis für die Verweigerung notwendiger Untersuchungen oder für unkooperatives Verhalten entnehmen können. Nach dem Anamnese- und Untersuchungsbogen vom 20. November 2000 wohnt der arbeitslose Versicherte bei seinen Eltern und wird von diesen versorgt. Es gibt in der Patientenakte des Versicherten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in ein Wohnfeld entlassen worden wäre, das keine Gewähr dafür bietet, dass die im Rahmen einer ambulanten Behandlung erforderlichen Maßnahmen nicht eingehalten würden. Unabhängig davon belegt die am 16. Januar 2001 erfolgte Entlassung aus dem Krankenhaus trotz eines nicht sicheren Fortfalls der Infektiosität, dass die genannten Gesichtspunkte auch für die behandelnden Krankenhausärzte nicht wesentlich waren. Es kommt hinzu, dass, wie der Sachverständige Dr. S in seinem Gutachten ausgeführt hat, die medikamentöse Behandlung zu diesem Zeitpunkt ohnehin noch nicht abgeschlossen war. Vorgesehen und vorgeschlagen war eine Reduktion der Tuberkulosemedikation Ende Januar 2001 von einer bisher erfolgten dreifach auf eine zweifach kombinierte Therapie mit Fortsetzung bis Ende Mai 2001. Das Problem einer unzuverlässigen Medikamenteneinnahme ist in diesem Zusammenhang für die Krankenhausärzte ersichtlich nicht vorhanden gewesen.
Damit erweist sich eine Krankenhausbehandlung im streitigen Zeitraum nicht nur objektiv als nicht notwendig. Da keine behandlungsmedizinischen Gesichtspunkte, sondern wie von dem Arzt der Klägerin Prof. Dr. S in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts eingeräumt, allein die Infektiosität, also seuchenhygienische Gesichtspunkte, für den Krankenhausaufenthalt im streitigen Zeitraum maßgebend waren, gibt es keine Behandlungsalternativen, die dem entscheidenden Krankenhausarzt einen therapeutischen Spielraum ermöglichen würden. Bei einer solchen Sachlage begründet auch eine vorausschauende Sicht des Krankenhausarztes nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung.
Die Berufung der Beklagten hat somit Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 154 Abs. 2 und § 155 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klägerin hat erstinstanzlich zu einem Fünftel obsiegt, dem das von der Beklagten abgegebene Kostenanerkenntnis entspricht. Im Berufungsverfahren ist sie hingegen erfolglos geblieben.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 1 und Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Das GKG in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl I S. 3047), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes vom 12. März 2004 (BGBl I S. 390) ist nicht anzuwenden. Der Rechtsstreit ist zwar vor dem 01. Juli 2004 anhängig gemacht, das Rechtsmittel jedoch erst nach dem 01. Juli 2004 eingelegt worden (§ 72 Satz 1 Nr. 1 GKG). Nach § 47 Abs. 1 GKG bestimmt sich im Rechtsmittelverfahren der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend. Da die Beklagte erstmals einen Antrag gestellt hat, nachdem die Klägerin bereits Klagerücknahme im Umfang von 2099,43 Euro erklärt hatte, richtet sich der Streitwert nach dem danach verbliebenen Betrag.
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