L 8 AL 180/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 35 AL 1336/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 180/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7/7a AL 180/06 B
Datum
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. März 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin zu ihrer beruflichen Rehabilitation zur Tanztherapeutin weiterzubilden hat.

Die 1965 geborene Klägerin war seit Mai 1997 alleinerziehende Mutter ohne Berufstätigkeit bei Leistungsbezug durch die Beklagte bis zum 23.11.1996. Zuvor hatte sie nach dem Besuch der Realschule eine kaufmännische Berufsausbildung als Bürogehilfin abgeschlossen und war danach als Sachbearbeiterin, Sekretärin und Arzthelferin beschäftigt.

Im Jahre 1999 nahm die Klägerin, die bereits langjährige Erfahrung im Turniertanzen hatte, an einem Orientierungsjahr zum Erlernen des integralen Tanzes (heilpädagogischer Tanz) teil, das als erste Stufe Voraussetzung einer Ausbildung zur ITA-Therapeutin ist.

Ihren am 22.12.1999 gestellten Antrag auf berufliche Rehabilitation (berufliche Eingliederung Behinderter) mit der Ausbildung zur ITA-Therapeutin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.07.2000/Widerspruchsbescheid vom 21.08.2000 ab. Der angestrebte Beruf sei aus gesundheitlichen Gründen (Herz/Kreislauf Belastung und psychische Stabilität), weil er zuvor die Ausbildung als Tanzlehrer voraussetze, nicht geeignet. Im Übrigen könne die erlernte bzw. zuletzt ausgeübte Tätigkeit aus ärztlicher Sicht (Gutachten der Amtsärztin R. vom 31.05.2000 und des Neurologen und Psychiaters Dr. F. vom 10.05.2000, Kurberichts S. vom 14.04.2000, psychologisches Gutachten des Diplom-Psychologen H. vom 16.08.2000 sowie Auskunft der Amtsärztin Dr. E. vom 21.08.2000) weiter ausgeübt werden. Die Klägerin könne noch leichte und mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Ein Berufswechsel mit einer Ausbildung zur integralen Tanz- und Ausdruckstherapeutin sei nicht angezeigt. Die Durchführung von Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation sei nicht erforderlich.

Die Beklagte folgte dabei nicht den von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Attesten der neurologisch/psychiatrischen Praxis Drs. N. und K. und des Allgemeinarztes Dr. W. sowie des Orthopäden Dr. W. , wonach eine berufliche Rehamaßnahme zur Tanztherapeutin für die Klägerin wegen der Stressarmut sehr gut geeignet sei, da sie langjährige Erfahrung mit Turniertanzen habe. Denn die Klägerin könne im erlernten Beruf auf Dauer wettbewerbsfähig tätig sein, da ihr Ausbildungsberuf ein sehr weites Spektrum an Tätigkeiten beinhalte.

Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und zur Begründung angeführt, dass entgegen der Ansicht der Beklagten eine Tätigkeit mit dem Gegenstand des heilpädagogischen Tanzes etwas völlig anderes sei als eine sportliche Turniertanztätigkeit und nicht mit der Tätigkeit eines Tanzlehrers zu vergleichen sei.

Durch Urteil vom 28.03.2003 hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 13.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.8.2000 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das die Beklagte das ihr vom Gesetz eingeräumte Ermessen sachgerecht ausgeübt habe, weil die Klägerin für den von ihr angestrebten Beruf der Tanztherapeutin nicht geeignet sei. Nach den Blättern zur Berufskunde, die von der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg herausgegeben würden, verlange der Beruf der Tanzlehrerin, der dasselbe Anforderungsprofil wie die Tanztherapeutin zeige, volle Funktionsfähigkeit und Belastbarkeit der Wirbelsäule, ein belastbares Herz Kreislauf System und seelische und nervliche Ausgeglichenheit. Nach den eingeholten und beigezogenen Gutachten sei die beabsichtigte Maßnahme nicht förderfähig. Denn dies verlange, dass der Behinderte für diese objektiv geeignet sei, also über die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfüge, so dass die Maßnahme voraussichtlich mit Erfolg abgeschlossen werden könne und zur beruflichen Eingliederung des Behinderten führe. Dieser objektiven Eignung komme Vorrang zu, auch wenn dies nicht immer den Wünschen des Betroffenen entspreche. Diese gesundheitlichen Voraussetzungen für den erstrebten Beruf lägen bei der Klägerin nicht vor. Bei ihr seien ein chronisches Wirbelsäulenleiden und eine Angsterkrankung mit Panikattacken sowie eine mit der Implantation eines Schrittmachers therapierte Herzrhythmusstörung ärztlich festgestellt worden.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgerichts (LSG) eingelegt und damit begründet, dass die Beklagte nicht einer dem Zweck des Ermessens entsprechenden Weise Gebrauch gemacht habe. Sie habe langjährige Erfahrung im Turniertanz. Aus neurologischer Sicht, insbesondere nach den Attesten der Dres. N. und K. sprächen daher keinerlei irgendwie geartete Kriterien gegen den Beginn der Ausbildung. Auch die kardiologische Erkrankung verbiete nicht die Ausübung einer Tätigkeit im heilpädagogischen Tanz, wie sie auch keinesfalls eine spezielle Ausübung der Tätigkeit des Tanzlehrers sei. Schließlich sei es insgesamt vom SG versäumt worden, ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 28.03.2003 sowie des Bescheides vom 13.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2000 die Beklagte zu verurteilen, den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Leistungen zur beruflichen Rehabilitation vom 22.12.1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat ausgeführt, dass zwischenzeitlich auch der von der Klägerin am 08.03.2000 beim Rentenversicherungsträger (BfA) gestellte Antrag auf Rehabilitation mit Bescheid der BfA vom 10.08.2001 unter Hinweis auf den Einsatz im bisherigen Berufsbereich und der deshalb nicht über Förderleistungen der Rehabilitation erforderlichen Neuorientierung als ITA abgelehnt worden sei, zumal auch aus Sicht des Rentenversicherungsträgers medizinische Bedenken gegen die gewünschte Tätigkeit bestünden. Die Ausführungen der Beklagten zur Ausbildung als ITA sollten klarstellen, dass, wenngleich sich die Klägerin für eine derartige Maßnahme geeignet halte, eine Förderung beruflicher Rehabilitationsmaßnahmen bereits deshalb nicht erfolgen könne, weil die Klägerin auch im bisher ausgeübten Berufsbereich zumutbar integriert werden könne und bereits deshalb aus Sicht des Gesetzgebers Leistungen für die gewünschte Umschulungsmaßnahme aus Mitteln für berufliche Rehabilitation nicht gewährt werden könnten. Angesichts des agenturärztlichen Gutachtens der Agentur für Arbeit sei die Gewährung von Hilfen zur beruflichen Rehabilitation Behinderter allein schon deshalb nicht erforderlich, weil weiterhin und uneingeschränkt die Ausübung des bisherigen Berufs zumutbar seit. Die medizinischen Unterlagen der beklagten Agentur und auch des Rentenversicherungsträgers seien für die vom Erstgericht getroffene Entscheidung sicherlich ausreichend.

Beweisangeboten könne das Gericht Folge leisten, müsse es aber nicht. Das Gericht brauche daher nicht etwa alle möglichen Beweismittel ausschöpfen; wenn es sich Gewissheit verschafft habe, sei eine weitere Beweisaufnahme unnötig.

Wegen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs. 4, 33, 12 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da die Voraussetzungen eines Gerichtsbeschlusses gegeben sind und dessen Erlass mit Schreiben vom 21.06.2006 an die Beteiligten und der Kundgabe des voraussichtlichen Verfahrensergebnisses angekündigt worden ist.

Gegenstand des Verfahrens ist eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 13.07. 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2000, mit welchem die Beklagte Leistungen zur Förderung der beruflichen Eingliederung - hier speziell der beantragten Umschulung zur Lehrerin im heilpädagogischen Tanz (Tanztherapeutin) - versagte. Da die Klägerin deutlich gemacht hat, dass ihr Begehren auf die Förderung einer ganz bestimmten Maßnahme (Teilnahme ab Mai 2000 ITA-Therapeutin) gerichtet ist, ergeben sich auch insoweit keine verfahrensrechtlichen Bedenken (vgl. BSG Urteil vom 12.04.1984, 7 RAr 39/83, veröffentlicht in Juris).

Ein Anspruch der Klägerin auf die begehrte Leistung besteht nicht. Das SG hat daher zu Recht die Klage gegen die Verwaltungsentscheidungen zurückgewiesen. Für die begehrte Verpflichtung der Beklagten im Rahmen einer Ermessensentscheidung fehlen die Voraussetzungen. Gemäß § 54 Abs. 2 SGG ist der Kläger/die Klägerin beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines VerwaltuVerpflichungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Ein solcher Anspruch besteht für die Klägerin weder nach den allgemeinen Vorschriften der Förderung der Berufsausbildung und der beruflichen Weiterbildung (Viertes Kapitel, fünfter und sechster Abschnitt des SGB III) noch - wozu sich die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten verhalten - als Leistungen zur Förderung der beruflichen Eingliederung Behinderter (§§ 97 ff. SGB III, Viertes Kapitel, 7. Abschnitt SGB III).

Gemäß § 60 SGB III in der Fassung des AFRG ist eine berufliche Ausbildung förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Ob dies bei der angestrebten Ausbildung zur ITA-Therapeutin der Fall ist, kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben. Nach den Auskünften der Beklagten aus der Datenbank für Ausbildung- und Tätigkeitsbeschreibungen erfolgt der Zugang zu diesem Beruf als besondere Ausübungsform über denjenigen des Tanzlehrers, bei dem es sich um eine sonstige Ausbildung handelt. Jedenfalls ist im Rahmen von § 60 SGB III nur die erstmalige Ausbildung förderungsfähig (§ 60 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Nur nach der vorzeitigen Lösung eines Ausbildungsverhältnisses - was hier nicht der Fall ist - darf erneut gefördert werden, wenn für die Lösung ein berechtigter Grund bestand (§ 60 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Eine Förderung als Ausbildungsmaßnahme kommt demnach nur in Betracht, wenn es sich um den ersten Berufsabschluss handelt und die Maßnahme ihrem objektiven Charakter nach auch nicht zumindest auf bereits erworbenen Kenntnissen aufbaut (zur Abgrenzung BSG SozR 3-4100 § 42 Nr. 4). Das ist bei der Klägerin, die laut Prüfungszeugnis eine zweijährige Ausbildung der Industrie - und Handelskammer für München und Oberbayern vom 11.07.1983 im Beruf der Bürogehilfin erfahren hat, nicht der Fall. Förderungsfähig ist nur die erstmalige Ausbildung (§ 60 Abs. 2 Satz 1 SGB III in der Fassung des AFRG).

Auf die Förderung der begehrten Bildungsmaßnahme als berufliche Weiterbildung hat die Klägerin ebenfalls keinen Anspruch. Zwar hat sie bereits ein einjähriges Praktikum im Zentrum für integrale Therapie und integrale Tanz- und Ausdrucks-Therapie (CITA) absolviert und auch im tänzerischen Bereich aufgrund ihrer Freizeitbetätigung Erfahrungen gesammelt. Nach § 77 SGB III in der Fassung des AFRG können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist. Weitere Voraussetzungen dafür sind, dass vor Beginn der Teilnahme eine Beratung und Zustimmung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist, die Maßnahme für die Weiterbildungsförderung durch das Arbeitsamt anerkannt ist und die Vorbeschäftigungszeit erfüllt ist. Die Klägerin war zwar zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung bereits arbeitslos. Als Berufsrückkehrerin im Sinne von § 20 SGB III erfüllt sie auch die entsprechende Vorbeschäftigungszeit (vgl. § 78 Satz 2 SGB III in der Fassung des AFRG). Aber ein Anspruch ist dennoch nicht gegeben.

Schon nach dem Ausgangsbescheid vom 13.07.2000 hatte die Beklagte aber zu Recht Zweifel an der von den Gerichten voll überprüfbaren Erforderlichkeit (Notwendigkeit) der Weiterbil-dung, da die Klägerin in ihrem erlernten Beruf der Bürogehilfin nicht gefährdet war. Dies ist im Widerspruchsbescheid wiederholt worden. Zusätzlich hat darin die Beklagte auch Ermessenserwägungen angestellt.

Sie hält eine Auswahlentscheidung für den Beruf der Tanztherapeutin aus Gründen fehlender Eignung bzw. fehlender später Konkurrenzfähigkeit nicht für zweckmäßig. Dieser Ansicht der Beklagten ist voll beizutreten. Dazu sind Überlegungen im Sinne der Prognoseentscheidung erforderlich. Ausgangspunkt ist die Frage nach der Notwendigkeit, d.h., ob ohne die Bildungsmaßnahme für die Vermittlung Chancen in angemessener und absehbarer Zeit nicht beständen. Dazu hat die Beklagte zunächst zutreffend festgestellt, dass bei der Klägerin keine Hinderungsgründe bestehen, den bisherigen Beruf weiter auszuüben. Ihr Ausscheiden aus diesem Beruf bzw. ihre Verhinderung an einer solchen Berufstätigkeit beruhte auf Erziehungsobliegenheiten und nicht einem fehlenden Kenntnisstand oder einem entgegenstehenden Gesundheitszustand. Dazu hat die Beklagte mittels sachkundiger Personen medizinische Feststellungen getroffen, nach denen bei der Klägerin ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte, zeitweise mittelschwere Arbeit in stehender, gehender und sitzender Arbeitshaltung vorhanden ist. Ausschlüsse bestehen lediglich für Arbeiten unter Zeitdruck, unter erhöhter Verletzungsgefahr und in Verbindung mit Zwangshaltungen. Diese Feststellung beruht auf dem Gutachten der Arbeitsamtsärztin R. vom 05.05.2000, die noch ausdrücklich feststellt, dass ein Berufswechsel nicht angezeigt ist und der erlernte Beruf bzw. die zuletzt ausgeübte Tätigkeit aus ärztlicher Sicht weiter ausgeübt werden kann. Dazu erfolgte auch eine nervenärztliche Zusatzbegutachtung, wonach gerade im Bürobereich viele Einsatzmöglichkeiten in den verschiedensten Bereichen sowie eine Variabilität in der Arbeitszeit verbunden mit der Möglichkeit selbstständig zu arbeiten, dem gesundheitlichen Leistungsvermögen der Klägerin gerade zu entgegenkommen. Des weiteren hat die Beklagte prognostisch festgestellt, dass von einem Berufswechsel keine grundlegenden Auswirkungen auf die gesundheitliche Situation zu erwarten sind und dass eigene psychische Probleme der Klägerin ungünstige Voraussetzungen für einen therapeutischen Beruf darstellen.

Darüber hinaus erstreckt sich aber der Anspruch der Klägerin nur auf die ermessensfehlerfreie Rechtsgestaltung durch die Beklagte (vgl. § 3 Abs. 5 SGB III). Dabei hat die Beklagte eine ermessensfehlerfreie Auswahl von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung zu treffen. Gemäß § 7 SGB III in der Fassung des AFRG hat Sie dabei unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen zu wählen. Dabei sind vorrangig die Fähigkeiten der zu fördernden Personen und die Erfolgsaussichten einer Eingliederung zugrunde zu legen (§ 7 Abs. 1 SGB III). Hinzu kommt hier, dass die Klägerin ihren Antrag auf eine ganz besondere Maßnahme eingeengt hat. Dies setzt eine Ermessensreduzierung ("auf null") voraus, die nurmehr diese eine Maßnahme zuließe. Bei der Ablehnung gerade dieser Maßnahme hat die Beklagte weder die gesetzlichen Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens überschritten noch von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Dazu hat die Beklagte ihre Ermessensentscheidung hinreichend begründet und insbesondere im Rahmen ihrer Prognoseentscheidung dargelegt, dass die Klägerin für den angestrebten Beruf gesundheitlich nicht geeignet und damit eine dauerhafte Wiedereingliederung nicht zu erwarten ist. Die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2000 lässt auch die Gesichtspunkte erkennen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (§ 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Darin wird angeführt, dass schon bei der körperlichen Eignung aufgrund der Herzerkrankung erhebliche Bedenken gegen das angestrebte Berufsziel bestehen, zumal hinsichtlich der Herzerkrankung eine Besserung nicht zu erwarten ist. Aufgrund der Rücksprache mit der leitenden Arbeitsamtsärztin muss - wie die Beklagte weiter ausführt - davon ausgegangen werden, dass die Klägerin den Beruf der Tanztherapeutin nicht auf Dauer wettbewerbsfähig verrichten kann. Denn daneben erfordert die Tätigkeit in therapeutischen Berufen eine hohe psychische Belastbarkeit. Gerade diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin nicht erfüllt. Sie berücksichtig in ihren Überlegungen nicht, dass sie im angestrebten Beruf auch mit Patienten zu tun haben wird, die schwierig oder einer therapeutischen Behandlung nur eingeschränkt zugänglich sind. Ebenso muss gerade auch in therapeutischen Berufen immer wieder mit Misserfolgen oder Rückschlägen gerechnet werden. Gerade im Hinblick auf die von der Klägerin geschilderten Beschwerden, die auch aus dem Umgang mit Kunden resultieren, ist der Beurteilung des amtsärztlichen Gutachtens zu folgen, nach dem die Klägerin für eine derartige Tätigkeit weniger geeignet ist. So wie die Klägerin ihre Probleme geschildert hat, ist sie für die Tätigkeiten bei denen sie auch Konfliktsituationen verarbeiten und bewältigen muss, nicht geeignet.

Zu diesen Schlussfolgerungen hat sich die Beklagte sachverständiger Hilfe bedient. Eine weitere Beweiserhebung durch den Senat ist hier nicht vorzunehmen, denn dieser darf nicht anhand eines neu festgestellten Beweisergebnisses sein Ermessen an die Stelle desjenigen der Beklagten setzen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich durch eine medizinischen Beweiserhebung des Senats die von der Beklagten für ihre Ermessensausübung zu Grunde gelegten medizinischen Tatsachen als nicht zutreffend erweisen. Denn gerade auch durch die von der Klägerin selbst vorgelegten Atteste steht zur vollen Überzeugung des Senats das von der Beklagten festgestellte gesundheitliche Leistungsvermögen fest.

Nach § 97 Abs. 1 SGB III in der Fassung des AFRG können Behinderten Leistungen zur Förderung der beruflichen Eingliederung erbracht werden, die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre berufliche Eingliederung zu sichern. Auch hier bestehen bereits wieder Zweifel an der Notwendigkeit einer beruflichen Neuorientierung. Nach § 12 SGB III i.V.m. § 19 Abs. 1 SGB III (in der bis zum Inkrafttreten des Neunten Buchs des Sozialgesetzbuches am 01.07.2001 geltenden Fassung des AFRG) sind Behinderte im Sinne des Rechts der Arbeitsförderung körperlich, geistig oder seelisch beeinträchtigte Personen, deren Aussichten, beruflich eingegliedert zu werden oder zu bleiben, wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend wesentlich gemindert sind und die deshalb Hilfen zur beruflichen Eingliederung benötigen. Im Fall der Klägerin ist nicht er-sichtlich, weswegen gesundheitliche bzw. behinderungsbedingte Gründe ein Abgehen vom kaufmännischen Berufsfeld notwendig machen. Insoweit wird auf die oben angebrachten Ausführungen zur Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit einer Förderungsmaßnahme Bezug genommen.

Gemäß § 97 SGB III in der Fassung des AFRG, gültig ab 01.01. 1998 bis 30.06.2001 und insoweit auch zum Zeitpunkt der Entscheidung nach § 422 Abs. 1 Nr. 3 SGB III in der Fassung des AFRG anwendbar, ist die berufliche Eingliederung Behinderter unter (erleichterten) bestimmten Voraussetzungen möglich. Nach § 98 Abs. 1 SGB III (in der bis zum 30.06.2001 geltenden Fassung durch das AFRG) können als Leistungen zur beruflichen Eingliederung allgemeine Leistungen und besondere Leistungen erbracht werden. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift werden die besonderen Leistungen zur beruflichen Eingliederung nur erbracht, soweit nicht bereits durch die allgemeinen Leistungen eine berufliche Eingliederung erreicht werden kann. Als Rechtsgrundlage für den auf Geldleistungen gerichteten Anspruch der Klägerin kommen grundsätzlich als Anspruchsgrundlagen in Betracht (vgl. Urteil des BSG vom 17.11.2005, Az.: B 11a AL 23/05 R und SozR 4-4300 § 77 Nr. 2 Rndnr. 6), ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe als allgemeine Leistung der beruflichen Eingliederung gemäß §§ 98 Abs. 1 Nr. 1, 100 Nr. 5 SGB III i.V.m. §§ 59 ff. SGB III, ein Anspruch auf Unterhaltsgeld zuzüglich der Weiterbildungskosten als allgemeine Leistung der beruflichen Eingliederung nach §§ 98 Abs. 1 Nr. 1, 100 Nr. 6 SGB III i.V.m. §§ 77, 81, 153 SGB III oder ein Anspruch auf Übergangsgeld oder Ausbildungsgeld zuzüglich der Teilnahmekosten als besondere Leistung der beruflichen Eingliederung gemäß §§ 98 Abs. 1 Nr. 2, 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 103 SGB III i.V.m. §§ 160 ff., 104 ff., 109 ff. SGB III.

Ein Anspruch der Klägerin besteht schon nicht nach der vorrangig zu prüfenden Anspruchsgrundlage nach § 98 Abs. 2 SGB III - berufliche Eingliederung durch allgemeine Leistungen. Die in Betracht kommenden allgemeinen Leistungen sind in § 100 SGB III (hier in der bis 31.07.1999 geltenden Fassung des AFRG) im Einzelnen aufgezählt und entsprechen - vorbehaltlich abweichender Bestimmungen in § 101 SGB III (vgl. § 99 SGB III) - den Leistungen, die nach den §§ 45 bis 94 SGB III auch für Nichtbehinderte in Frage kommen. Die allgemeinen Leistungen nach § 100 SGB III umfassen die Förderung der Berufsausbildung oder der beruflichen Weiterbildung. Nach § 100 Nrn. 5 und 6 SGB III in der Fassung des AFRG können demnach Behinderte Leistungen zur Berufsausbildung bzw. zur beruflichen Weiterbildung erlangen. Bei Behinderten setzt dies weder voraus, dass sie arbeitslos sind, noch ohne Berufsabschluss drei Jahre beruflich tätig gewesen sind noch dass eine erstmalige Förderung erfolgt (vgl. § 101 Abs. 3 SGB III i.d.F. des AFRG).

Dabei handelt es sich aber ebenfalls um eine Entscheidung des Auswahlermessens (vgl. § 3 Abs. 5 SGB III), die zuvor an die Erfüllung bestimmter tatbestandlicher Voraussetzungen geknüpft ist, die wiederum durch unbestimmte Rechtsbegriffe beschrieben sind. So verlangt auch § 97 Abs. 1 SGB III neben der Zweckbestimmung einer Förderung der beruflichen Eingliederung die Erforderlichkeit der Maßnahme wegen Art oder Schwere der Behinderung. Sodann sind bei der Auswahl der Leistungen Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes angemessen zu berücksichtigen. Die Beklagte hat dabei auch nach § 7 Abs. 1 SGB III bei der Auswahl von Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung, zu der die Förderung der beruflichen Weiterbildung nach § 100 Nr. 6 SGB III zählt, unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen zu wählen. Dabei sind vorrangig die Fähigkeiten der zu fördernden Personen und die Erfolgsaussichten einer Eingliederung zugrunde zu legen. Eine Maßnahme ist demnach nur förderfähig, wenn der Behinderte für diese objektiv geeignet ist, also über die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügt, so dass die Maßnahme voraussichtlich mit Erfolg abgeschlossen werden kann und zur beruflichen Eingliederung des Behinderten führt. Dieser objektiven Eignung kommt Vorrang zu, auch wenn dies nicht immer den Wünschen des Betroffenen entspricht.

Auch wegen Art oder Schwere der bei der Klägerin vorliegenden gesundheitlichen Störungen ist gerade nicht eine berufliche Förderungsmaßnahme zur Ausbildung als Tanztherapeutin erforderlich. Die Klägerin litt damals an einer Angst Erkrankung mit Panikattacken und einer reaktiv depressiven Entwicklung. Nach wiederholt schweren Herzrhythmusstörungen ist ihr im August 1991 ein Herzschrittmacher implantiert worden. Daneben bestehen Wirbelsäulenbeschwerden. Diese Erkenntnis beruht auf dem zutreffenden Gutachten der Arbeitsamtsärztin R. vom 05.05.2000 sowie dem Kurbericht der I.klinik vom April 2000, in der auch noch eine posttraumatische Belastungsstörung und ein Bluthochdruck festgestellt worden sind. Ausgehend von diesen Beeinträchtigungen ist die von der Beklagten übernommene Schlussfolgerung der Arbeitsamtsärztinnen R. und Dr. E. vom 21.08.2000 nicht zu beanstanden, dass jedenfalls der Beruf der Tanztherapeutin nicht die richtige rehabilitive Maßnahme für die Klägerin ist. Hinzu kommt im Rahmen des vorzunehmenden Auswahlermessens, dass auch keine gesundheitliche Eignung der Klägerin für den angestrebten Beruf besteht. Auch dies ergibt sich aus den medizinischen Schlussfolgerungen, die sich die Beklagte zu Eigen gemacht hat. Daran werfen die von der Klägerin vorgelegten Atteste keine maßgeblichen Zweifel auf. Sie beruhen im wesentlichen auf einer Fehleinschätzung des Anforderungsprofils des Berufs der Tanztherapeutin. Denn auch dazu hat die Klägerin ausreichende Ermittlungen durch Befragung ihrer Datenbank angestrengt. Danach ist der Beruf der Tanztherapeutin eine besondere Ausübungsform des Berufs des Tanzlehrers. Dieser setzt eine seelische und nervliche Ausgeglichenheit voraus. In der Datenbank für Ausbildungs- und Tätigkeitsbeschreibungen wird eine voraussichtliche Nichteignung bei Persönlichkeitsstörungen bzw. Gemütsleiden aufgeführt. Derartige Erkrankungen bestehen aber bei der Klägerin, gerade auch ausweislich der von ihr selbst vorgelegten Atteste. Insoweit ist der Ablehnung der Beklagten weder ein Rechts- noch ein Ermessensfehler zu entnehmen.

Die Klägerin hat auch keinen Rechtsanspruch auf eine Förderung durch besondere Leistungen. Liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von allgemeinen Leistungen der beruflichen Eingliederung nicht vor, ist zu prüfen, ob ein Rechtsanspruch auf eine Förderung durch besondere Leistungen zusteht (vgl. § 3 Abs. 5 SGB III). Die durch die §§ 99 und 103 ff. SGB III näher geregelten besonderen Leistungen "sind" nach § 102 Abs. 1 Satz 1 SGB III (in der vom 01.01.1998 bis zum 30.06.2001 geltenden Fassung durch das 1. SGB III-ÄndG vom 16.12.1997, BGBl I S. 2970) an Stelle der allgemeinen Leistungen insbesondere zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung einschließlich Berufsvorbereitung sowie blindentechnischer und vergleichbarer spezieller Grundausbildungen zu erbringen, wenn (Nr. 1) Art oder Schwere der Behinderung oder die Sicherung des Eingliederungserfolgs die Teilnahme an (Buchst. a) einer Maßnahme in einer besonderen Einrichtung für Behinderte oder (Buchst. b) einer sonstigen auf die besonderen Bedürfnisse Behinderter ausgerichteten Maßnahme unerlässlich machen oder (Nr. 2) die allgemeinen Leistungen die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen Leistungen nicht oder nicht im erforderlichen Umfang vorsehen.

Diese strengeren Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Aus der Formulierung "unerlässlich machen" ist abzuleiten, dass entsprechend dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in qualifizierte besondere Einrichtungen nur Behinderte aufgenommen werden dürfen, die behinderungsbedingt auf derartige Einrichtungen angewiesen sind (vgl. Niesel, SGB III, 3. Aufl., Rndnr. 5 zu § 102). Die Klägerin verlangt im Übrigen eine freie Förderung, die nicht in einer besonderen Einrichtung für Behinderte erfolgt. Auch im Übrigen handelt es sich bei der Ausbildung zur ITA-Therapeutin im Zentrum für integrale Therapie und integrale Tanz- und Ausdrucks-Therapie (CITA) nicht um eine sonstige auf die besonderen Bedürfnisse behinderter Menschen ausgerichtete Maßnahme. Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte. Ebensowenig ist ersichtlich, dass hier allgemeine Maßnahmen bei der Klägerin nicht ausreichen, insbesondere kommt die Vermittlung in einen zustandsangemessenen Büroberuf in Betracht. Die Klägerin kann im kaufmännischen Bereich weiter beruflich tätig sein, weil der Beruf der Bürogehilfin eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten bietet und ihr somit ein weites Tätigkeitsfeld offen steht.

Die Berufung ist demnach zurückzuweisen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG).

Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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