Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 1528/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1959/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. März 2006 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Leistungen für einmalige Bedarfe.
Die am 1986 geborene Klägerin schloss im Sommer 2005 das Gymnasium mit der Reifeprüfung ab. Seit dem Wintersemester 2005/2006 ist sie an der Universität H. im Fach Chemie eingeschrieben. Soweit nach Aktenlage nachvollziehbar, bestanden während der Schulausbildung Unterhaltsansprüche gegenüber dem Vater, der von der Mutter der Klägerin geschieden ist; daneben erzielte diese jedoch aus einem "Schülernebenjob" zumindest seit Januar 2003 Arbeitsentgelt in einer Größenordnung zwischen rund 100,00 und 230,00 Euro monatlich.
Am 29. Januar 2005 beantragte die Klägerin bei der beklagten Stadt per Fax einen Zuschuss für die Kosten eines "Abi-Vorbereitungskurses in Mathe", die Übernahme von Fahrtkosten von B. nach D. in der Faschingswoche sowie eine "Bekleidungspauschale 2005". Unter dem 4. Februar 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) seit Januar 2005 nicht mehr gelte, daher seitdem einmalige oder laufende Hilfen zum Lebensunterhalt nach diesem Gesetz nicht mehr beansprucht werden könnten und sie deshalb deren Schreiben zuständigkeitshalber an die Agentur für Arbeit abgegeben habe. Einen Formantrag entsprechend der Aufforderung der Arbeitsgemeinschaft Beschäftigung Baden-Baden (ARGE) hat die Klägerin allerdings nie gestellt.
Bereits am 3. Februar 2005 war beim Verwaltungsgericht Karlsruhe (VG) ein von der Mutter der Klägerin abgesandtes Fax eingegangen, in welchem - unter der Überschrift "Eilt!" - gegenüber der Beklagten erneut die Übernahme der Fahrtkosten von B. nach D. sowie die Kosten für den Vorbereitungskurs geltend gemacht worden waren. In einem beim VG am 27. Februar 2005 eingegangenen Fax ist angegeben, dass die Vorbereitungskurse in den Ferien liefen, die Klägerin sich das Geld für den Kurs und die Fahrten von Klassenkameraden habe leihen müssen und sie sich mit Blick auf ihre zeitliche Belastung durch die Schule außerstande sehe, sich "beim Arbeitsamt als Langzeitarbeitslose" zu melden; in diesem Fax sind die Kosten für den Abitursvorbereitungskurs mit 150,00 Euro und die Fahrtkosten von B. nach D. mit täglich 10,50 Euro für sechs Tage beziffert, außerdem sind im Betreff als weitere Positionen "Verpflegung" und "Medikamente" genannt, ohne dass die Klägerin hierauf freilich näher eingegangen ist. Mit Beschluss vom 1. März 2005 hat sich das VG für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Karlsruhe (SG) verwiesen. Mit Beschluss vom 5. April 2005 hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Beschwerde der Klägerin gegen den Verweisungsbeschluss zurückgewiesen. Durch Gerichtsbescheid vom 15. März 2006 hat das SG, das als streitbefangen die Übernahme der Kosten für den Vorbereitungskurs, die Fahrtkosten, eine Bekleidungspauschale sowie Kosten für Medikamente und Verpflegung erachtet hat, die Klage abgewiesen; in den Gründen ist im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei sowohl als Anfechtungsklage als auch als Verpflichtungsklage, als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage sowie als echte Leistungsklage unzulässig; für eine Untätigkeitsklage fehle es - selbst wenn die Sachurteilsvoraussetzungen vorlägen - an der Passivlegitimation der Beklagten. Der Gerichtsbescheid ist an die Klägerin am 15. März 2006 mittels Übergabe-Einschreiben zur Post aufgegeben worden.
Am 18. April 2006 (Dienstag nach Ostern) ist beim Landessozialgericht (LSG) per Fax eine von der Mutter der Klägerin unterschriebene Berufungsschrift eingegangen. Am 30. Juni 2006 ist - nach vergeblichen Aufforderungen an die Mutter der Klägerin zur Vorlage einer schriftlichen Vollmacht (vgl. Verfügungen vom 21. April, 15. und 30. Mai sowie 16. Juni 2006) und nach schriftlicher Anfrage bei der Klägerin, ob sie ihrer Mutter Vollmacht erteile und sie die bisherige Prozessführung ihrer Mutter genehmige (vgl. Verfügung vom 23. Juni 2006) - beim LSG per Fax eine Erklärung der Klägerin eingegangen, dass ihre Mutter sich um ihre "Angelegenheiten gekümmert" habe "(Verwaltungsgericht Karlsruhe und Sozialgericht)". Eine Berufungsbegründung ist nicht erfolgt. Nach Ausbleiben der Klägerin im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 31. August 2006 hat der Senat durch die Berichterstatterin gegen sie ein Ordnungsgeld von 200,00 Euro festgesetzt (Beschluss vom 27. September 2006).
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. März 2006 aufzuheben und die Beklagte zur Übernahme der Kosten für eine Abiturvorbereitungskurs in Höhe von 150,00 Euro sowie der Fahrtkosten von insgesamt 63,00 Euro zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Ein anfechtbarer, die Klägerin beschwerender Verwaltungsakt liege nicht vor. Außerdem sei die Berufung gegen die falsche Beklagte gerichtet, weil die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in die Zuständigkeit der ARGE falle.
Die Beteiligten sind auf die Beschwerdewertgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG hingewiesen worden (vgl. Verfügung der Berichterstatterin vom 11. September 2006).
Der Senat hat von der ARGE die dort vorhandenen Aktenvorgänge beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Aktenvorgänge, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten in der Sache verhandeln und entscheiden, da in der den Beteiligten jeweils rechtzeitig und formgerecht zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Zwar sieht der Senat die im Fax vom 30. Juni 2006 abgegebene Erklärung der Klägerin als Genehmigung der am 18. April 2006 ohne schriftliche Vollmacht von ihrer Mutter R. B. eingelegten Berufung an. Dennoch ist dem Senat eine Sachentscheidung aufgrund der nicht erreichten Berufungssumme verwehrt.
Als vorliegend allein in Betracht kommende Klageart ist die Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) heranzuziehen, denn mangels Bescheiderteilung durch die Beklagte ist die Rechtsverfolgung der Klägerin nicht als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) aufzufassen; die Klage kann ferner nicht als echte Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) behandelt werden, weil diese Klageart nicht für Rechtsansprüche auf Leistungen vorgesehen ist, die das Ergehen eines Verwaltungsaktes voraussetzen (ständige Rechtsprechung; vgl. zuletzt Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 21. März 2006 - B 2 U 24/04 - (zur Veröffentlichung vorgesehen)). Dabei lässt der Senat offen, ob das Rechtsschutzbegehren der Klägerin, das jedenfalls spätestens mit dem Fax vom 27. Februar 2005 an das VG nicht mehr als Eilantrag, sondern als (Hauptsache-) Klage zu werten ist, auch als Untätigkeitsklage - etwa mangels eines nach Außerkrafttreten des BSHG und Inkrafttreten des SGB II mit dem 1. Januar 2005 bei der erwerbsfähigen Klägerin auch nur denkbaren materiell-rechtlichen Anspruchs gegenüber der Beklagten als Sozialhilfeträger (vgl. dazu Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 8. Auflage, § 88 Rdnr. 4a m.w.N.) - nicht zulässig gewesen wäre. Denn jedenfalls ist die - im Übrigen ohne Begründung gebliebene - Berufung unzulässig, und zwar schon deswegen, weil die Beschwerdewertgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht überschritten ist.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung betrifft, 500,00 Euro nicht übersteigt, es sei denn, was hier nicht der Fall ist, dass die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2 a.a.O.). Nicht erheblich für die vorgenannte Berufungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist die Klageart, in welcher der erhobene Anspruch zu verfolgen ist, sodass die Berufungssumme auch bei einer Untätigkeitsklage erreicht sein muss (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O. § 144 Rdnr. 13).
Der Geldbetrag, um den mit der vorliegenden Berufung gestritten wird, überschreitet die vorgenannte Beschwerdewertgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG indessen nicht. Denn die Klägerin hat die Kosten für den offensichtlich sechstägigen Abitursvorbereitungskurs selbst mit 150,00 Euro beziffert und ferner die Fahrtkosten mit täglich 10,50 Euro angegeben, sodass insoweit bei sechs Tagen insgesamt 63,00 Euro angefallen sind; dies ergibt einen Gesamtbetrag von 213,00 Euro. In den am 3. und 27. Februar 2005 beim VG eingegangenen Faxen ist von einer "Bekleidungspauschale" nicht die Rede, sodass der Senat diese Position im Berufungsverfahren nicht als streitbefangen erachtet; dessen ungeachtet hat die Mutter der Klägerin in der dem Fax vom 27. Februar 2005 beigefügten Anlage den für das Jahr 2004 gewährten Bekleidungszuschuss mit 139,50 Euro mitgeteilt, weshalb sich selbst unter Mitberechnung dieses Betrages nur 352,50 Euro ergäben. Zu den im Betreff des Faxes vom 27. Februar 2005 genannten Medikamenten und Verpflegung ist von der Klägerin nichts weiter vorgetragen; deshalb sieht der Senat diese Positionen gleichfalls nicht als Gegenstand des Berufungsverfahrens an, wobei freilich mit Blick darauf, dass die Klägerin offenbar lediglich im Dezember 2004/Januar 2005 an einer Grippe erkrankt war, und ferner für die mittägliche Verpflegung während des Vorbereitungskurses keinesfalls mehr als 10,00 Euro täglich angefallen sein dürften, unter Einschluss der eingangs genannten Kosten und selbst der Bekleidungspauschale ein Gesamtbetrag von mehr als 500,00 Euro nicht ernsthaft erwogen werden kann.
Nach allem ist die erforderliche Berufungssumme nicht erreicht. Die Berufung der Klägerin bedurfte daher der Zulassung; sie ist indes im Gerichtsbescheid des SG vom 15. März 2005 nicht zugelassen worden. Daran ändert auch die Rechtsmittelbelehrung des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid, in der als zulässiges Rechtsmittel die Berufung genannt ist, nichts (ständige Rechtsprechung; vgl. zuletzt BSG, Beschluss vom 2. Juni 2004 - B 7 AL 10/04 B - (JURIS); BSG SozR 4-1500 § 144 Nr. 2). Ferner ist die Umdeutung des im Fax vom 18. April 2006 ausdrücklich als Berufung bezeichneten Rechtsmittels in eine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) unzulässig (vgl. BSG SozR 3-1500 § 158 Nr. 1); die Umdeutung ist dem Senat selbst dann verwehrt, wenn der Rechtsmittelführer - wie hier die Klägerin - nicht durch einen Rechtsanwalt rechtskundig vertreten ist (vgl. BSG SozR 4-1500 § 158 Nr. 1).
Die von der Klägerin eingelegte Berufung ist sonach als unzulässig zu verwerfen. Deshalb kommt es nicht mehr darauf an, dass die beklagte Stadt als Träger der Sozialhilfe nach dem SGB XII für Leistungen an die Klägerin als Erwerbsfähige im Sinne des § 8 SGB II nicht zuständig ist (vgl. §§ 36, 44b SGB II). Ebenso wenig war darauf einzugehen, ob das SGB II für das von der Klägerin erhobene Begehren überhaupt noch eine materiell-rechtliche Grundlage böte (vgl. hierzu §§ 19 ff. SGB II).
Auf die bereits in der gerichtlichen Verfügung vom 11. September 2006 genannten Rechtsbehelfsmöglichkeiten des § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG (Antrag auf mündliche Verhandlung beim SG) und des § 145 i.V.m. § 144 Abs. 2 SGG (Nichtzulassungsbeschwerde beim LSG) wird die Klägerin hiermit nochmals hingewiesen, wobei zur Einhaltung des betreffenden Rechtsbehelfs freilich die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG zu beachten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Leistungen für einmalige Bedarfe.
Die am 1986 geborene Klägerin schloss im Sommer 2005 das Gymnasium mit der Reifeprüfung ab. Seit dem Wintersemester 2005/2006 ist sie an der Universität H. im Fach Chemie eingeschrieben. Soweit nach Aktenlage nachvollziehbar, bestanden während der Schulausbildung Unterhaltsansprüche gegenüber dem Vater, der von der Mutter der Klägerin geschieden ist; daneben erzielte diese jedoch aus einem "Schülernebenjob" zumindest seit Januar 2003 Arbeitsentgelt in einer Größenordnung zwischen rund 100,00 und 230,00 Euro monatlich.
Am 29. Januar 2005 beantragte die Klägerin bei der beklagten Stadt per Fax einen Zuschuss für die Kosten eines "Abi-Vorbereitungskurses in Mathe", die Übernahme von Fahrtkosten von B. nach D. in der Faschingswoche sowie eine "Bekleidungspauschale 2005". Unter dem 4. Februar 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) seit Januar 2005 nicht mehr gelte, daher seitdem einmalige oder laufende Hilfen zum Lebensunterhalt nach diesem Gesetz nicht mehr beansprucht werden könnten und sie deshalb deren Schreiben zuständigkeitshalber an die Agentur für Arbeit abgegeben habe. Einen Formantrag entsprechend der Aufforderung der Arbeitsgemeinschaft Beschäftigung Baden-Baden (ARGE) hat die Klägerin allerdings nie gestellt.
Bereits am 3. Februar 2005 war beim Verwaltungsgericht Karlsruhe (VG) ein von der Mutter der Klägerin abgesandtes Fax eingegangen, in welchem - unter der Überschrift "Eilt!" - gegenüber der Beklagten erneut die Übernahme der Fahrtkosten von B. nach D. sowie die Kosten für den Vorbereitungskurs geltend gemacht worden waren. In einem beim VG am 27. Februar 2005 eingegangenen Fax ist angegeben, dass die Vorbereitungskurse in den Ferien liefen, die Klägerin sich das Geld für den Kurs und die Fahrten von Klassenkameraden habe leihen müssen und sie sich mit Blick auf ihre zeitliche Belastung durch die Schule außerstande sehe, sich "beim Arbeitsamt als Langzeitarbeitslose" zu melden; in diesem Fax sind die Kosten für den Abitursvorbereitungskurs mit 150,00 Euro und die Fahrtkosten von B. nach D. mit täglich 10,50 Euro für sechs Tage beziffert, außerdem sind im Betreff als weitere Positionen "Verpflegung" und "Medikamente" genannt, ohne dass die Klägerin hierauf freilich näher eingegangen ist. Mit Beschluss vom 1. März 2005 hat sich das VG für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Karlsruhe (SG) verwiesen. Mit Beschluss vom 5. April 2005 hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Beschwerde der Klägerin gegen den Verweisungsbeschluss zurückgewiesen. Durch Gerichtsbescheid vom 15. März 2006 hat das SG, das als streitbefangen die Übernahme der Kosten für den Vorbereitungskurs, die Fahrtkosten, eine Bekleidungspauschale sowie Kosten für Medikamente und Verpflegung erachtet hat, die Klage abgewiesen; in den Gründen ist im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei sowohl als Anfechtungsklage als auch als Verpflichtungsklage, als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage sowie als echte Leistungsklage unzulässig; für eine Untätigkeitsklage fehle es - selbst wenn die Sachurteilsvoraussetzungen vorlägen - an der Passivlegitimation der Beklagten. Der Gerichtsbescheid ist an die Klägerin am 15. März 2006 mittels Übergabe-Einschreiben zur Post aufgegeben worden.
Am 18. April 2006 (Dienstag nach Ostern) ist beim Landessozialgericht (LSG) per Fax eine von der Mutter der Klägerin unterschriebene Berufungsschrift eingegangen. Am 30. Juni 2006 ist - nach vergeblichen Aufforderungen an die Mutter der Klägerin zur Vorlage einer schriftlichen Vollmacht (vgl. Verfügungen vom 21. April, 15. und 30. Mai sowie 16. Juni 2006) und nach schriftlicher Anfrage bei der Klägerin, ob sie ihrer Mutter Vollmacht erteile und sie die bisherige Prozessführung ihrer Mutter genehmige (vgl. Verfügung vom 23. Juni 2006) - beim LSG per Fax eine Erklärung der Klägerin eingegangen, dass ihre Mutter sich um ihre "Angelegenheiten gekümmert" habe "(Verwaltungsgericht Karlsruhe und Sozialgericht)". Eine Berufungsbegründung ist nicht erfolgt. Nach Ausbleiben der Klägerin im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 31. August 2006 hat der Senat durch die Berichterstatterin gegen sie ein Ordnungsgeld von 200,00 Euro festgesetzt (Beschluss vom 27. September 2006).
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. März 2006 aufzuheben und die Beklagte zur Übernahme der Kosten für eine Abiturvorbereitungskurs in Höhe von 150,00 Euro sowie der Fahrtkosten von insgesamt 63,00 Euro zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Ein anfechtbarer, die Klägerin beschwerender Verwaltungsakt liege nicht vor. Außerdem sei die Berufung gegen die falsche Beklagte gerichtet, weil die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in die Zuständigkeit der ARGE falle.
Die Beteiligten sind auf die Beschwerdewertgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG hingewiesen worden (vgl. Verfügung der Berichterstatterin vom 11. September 2006).
Der Senat hat von der ARGE die dort vorhandenen Aktenvorgänge beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Aktenvorgänge, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten in der Sache verhandeln und entscheiden, da in der den Beteiligten jeweils rechtzeitig und formgerecht zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Zwar sieht der Senat die im Fax vom 30. Juni 2006 abgegebene Erklärung der Klägerin als Genehmigung der am 18. April 2006 ohne schriftliche Vollmacht von ihrer Mutter R. B. eingelegten Berufung an. Dennoch ist dem Senat eine Sachentscheidung aufgrund der nicht erreichten Berufungssumme verwehrt.
Als vorliegend allein in Betracht kommende Klageart ist die Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) heranzuziehen, denn mangels Bescheiderteilung durch die Beklagte ist die Rechtsverfolgung der Klägerin nicht als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) aufzufassen; die Klage kann ferner nicht als echte Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) behandelt werden, weil diese Klageart nicht für Rechtsansprüche auf Leistungen vorgesehen ist, die das Ergehen eines Verwaltungsaktes voraussetzen (ständige Rechtsprechung; vgl. zuletzt Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 21. März 2006 - B 2 U 24/04 - (zur Veröffentlichung vorgesehen)). Dabei lässt der Senat offen, ob das Rechtsschutzbegehren der Klägerin, das jedenfalls spätestens mit dem Fax vom 27. Februar 2005 an das VG nicht mehr als Eilantrag, sondern als (Hauptsache-) Klage zu werten ist, auch als Untätigkeitsklage - etwa mangels eines nach Außerkrafttreten des BSHG und Inkrafttreten des SGB II mit dem 1. Januar 2005 bei der erwerbsfähigen Klägerin auch nur denkbaren materiell-rechtlichen Anspruchs gegenüber der Beklagten als Sozialhilfeträger (vgl. dazu Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 8. Auflage, § 88 Rdnr. 4a m.w.N.) - nicht zulässig gewesen wäre. Denn jedenfalls ist die - im Übrigen ohne Begründung gebliebene - Berufung unzulässig, und zwar schon deswegen, weil die Beschwerdewertgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht überschritten ist.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung betrifft, 500,00 Euro nicht übersteigt, es sei denn, was hier nicht der Fall ist, dass die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2 a.a.O.). Nicht erheblich für die vorgenannte Berufungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist die Klageart, in welcher der erhobene Anspruch zu verfolgen ist, sodass die Berufungssumme auch bei einer Untätigkeitsklage erreicht sein muss (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O. § 144 Rdnr. 13).
Der Geldbetrag, um den mit der vorliegenden Berufung gestritten wird, überschreitet die vorgenannte Beschwerdewertgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG indessen nicht. Denn die Klägerin hat die Kosten für den offensichtlich sechstägigen Abitursvorbereitungskurs selbst mit 150,00 Euro beziffert und ferner die Fahrtkosten mit täglich 10,50 Euro angegeben, sodass insoweit bei sechs Tagen insgesamt 63,00 Euro angefallen sind; dies ergibt einen Gesamtbetrag von 213,00 Euro. In den am 3. und 27. Februar 2005 beim VG eingegangenen Faxen ist von einer "Bekleidungspauschale" nicht die Rede, sodass der Senat diese Position im Berufungsverfahren nicht als streitbefangen erachtet; dessen ungeachtet hat die Mutter der Klägerin in der dem Fax vom 27. Februar 2005 beigefügten Anlage den für das Jahr 2004 gewährten Bekleidungszuschuss mit 139,50 Euro mitgeteilt, weshalb sich selbst unter Mitberechnung dieses Betrages nur 352,50 Euro ergäben. Zu den im Betreff des Faxes vom 27. Februar 2005 genannten Medikamenten und Verpflegung ist von der Klägerin nichts weiter vorgetragen; deshalb sieht der Senat diese Positionen gleichfalls nicht als Gegenstand des Berufungsverfahrens an, wobei freilich mit Blick darauf, dass die Klägerin offenbar lediglich im Dezember 2004/Januar 2005 an einer Grippe erkrankt war, und ferner für die mittägliche Verpflegung während des Vorbereitungskurses keinesfalls mehr als 10,00 Euro täglich angefallen sein dürften, unter Einschluss der eingangs genannten Kosten und selbst der Bekleidungspauschale ein Gesamtbetrag von mehr als 500,00 Euro nicht ernsthaft erwogen werden kann.
Nach allem ist die erforderliche Berufungssumme nicht erreicht. Die Berufung der Klägerin bedurfte daher der Zulassung; sie ist indes im Gerichtsbescheid des SG vom 15. März 2005 nicht zugelassen worden. Daran ändert auch die Rechtsmittelbelehrung des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid, in der als zulässiges Rechtsmittel die Berufung genannt ist, nichts (ständige Rechtsprechung; vgl. zuletzt BSG, Beschluss vom 2. Juni 2004 - B 7 AL 10/04 B - (JURIS); BSG SozR 4-1500 § 144 Nr. 2). Ferner ist die Umdeutung des im Fax vom 18. April 2006 ausdrücklich als Berufung bezeichneten Rechtsmittels in eine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) unzulässig (vgl. BSG SozR 3-1500 § 158 Nr. 1); die Umdeutung ist dem Senat selbst dann verwehrt, wenn der Rechtsmittelführer - wie hier die Klägerin - nicht durch einen Rechtsanwalt rechtskundig vertreten ist (vgl. BSG SozR 4-1500 § 158 Nr. 1).
Die von der Klägerin eingelegte Berufung ist sonach als unzulässig zu verwerfen. Deshalb kommt es nicht mehr darauf an, dass die beklagte Stadt als Träger der Sozialhilfe nach dem SGB XII für Leistungen an die Klägerin als Erwerbsfähige im Sinne des § 8 SGB II nicht zuständig ist (vgl. §§ 36, 44b SGB II). Ebenso wenig war darauf einzugehen, ob das SGB II für das von der Klägerin erhobene Begehren überhaupt noch eine materiell-rechtliche Grundlage böte (vgl. hierzu §§ 19 ff. SGB II).
Auf die bereits in der gerichtlichen Verfügung vom 11. September 2006 genannten Rechtsbehelfsmöglichkeiten des § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG (Antrag auf mündliche Verhandlung beim SG) und des § 145 i.V.m. § 144 Abs. 2 SGG (Nichtzulassungsbeschwerde beim LSG) wird die Klägerin hiermit nochmals hingewiesen, wobei zur Einhaltung des betreffenden Rechtsbehelfs freilich die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG zu beachten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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