Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AL 517/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2995/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger erstrebt die Förderung einer Ausbildung zum Diplom-Betriebswirt (Berufsakademie) als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Der im Jahre 1976 geborene Kläger ist wegen des Fehlens beider Arme seit Geburt als Schwerbehinderter mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v. H. bzw. einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 nebst festgestellten Merkzeichen "G" und "H" anerkannt. Nach Erwerb der allgemeinen Hochschulreife war er zunächst als Praktikant tätig und ab dem 01.07.1999 als Brillendesigner in einem durch die Beklagte geförderten Arbeitsverhältnis bei der Firma M. International AG in A. beschäftigt.
Am 11.06.2004 schloss der Kläger mit dem Deutschen Roten Kreuz, Kreisverband e. V., für die Zeit vom 01.10.2004 bis zum 30.09.2007 einen Ausbildungsvertrag zum Diplom-Betriebswirt (Berufsakademie) in der Fachrichtung Dienstleistungsmanagement/Nonprofit-Organisationen nach dem Ausbildungsplan der Berufsakademie Baden-Württemberg. In Nr. 1.1 der Vereinbarungen zum Ausbildungsvertrag heißt es: "Im Rahmen der Berufsakademie wird an der Studienakademie und in den Ausbildungsstätten (duales System) eine wissenschaftsbezogene und zugleich praxisorientierte berufliche Bildung vermittelt, deren Abschlüsse den vergleichbaren berufsbefähigenden Abschlüssen an staatlichen Hochschulen gleichsteht. Gegenstand dieses Vertrages ist der Teil der Ausbildung, welcher nach dem Ausbildungsplan der Berufsakademie den betrieblichen Ausbildungsstätten obliegt". Vereinbart wurde eine regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit in der Ausbildungsstätte von 38,5 Stunden, ein Urlaubsanspruch von 6 Werktagen im Jahr 2004, 26 Werktagen in den Jahren 2005 und 2006 und 20 Werktagen im Jahr 2007, eine Vergütung von EUR 610,00 im ersten, EUR 640,00 im zweiten und EUR 670,00 im dritten Ausbildungsjahr sowie die Freistellung des Klägers von der praktischen Ausbildung zum Besuch der Studienakademie (Nr. 3.6 der Vereinbarungen zum Ausbildungsvertrag). Mit Zulassungsbescheid der Berufsakademie Stuttgart vom 01.07.2004 wurde der Kläger für das am 01.10.2004 beginnende und am 30.09.2007 endende Studium an der staatlichen Studienakademie zugelassen. Nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit seiner Arbeitgeberin nahm der Kläger die Ausbildung im Rahmen der Berufsakademie wie vorgesehen auf.
Den vom Kläger im Juni 2004 gestellten Antrag auf Förderung der Ausbildung an der Berufsakademie lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.07.2004 ab, da Fachhochschul- und Hochschulenstudiengänge sowie vergleichbare Ausbildungen nach den §§ 97 und 85 Abs. 4 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht gefördert werden könnten.
Der Kläger erhob Widerspruch, zu dessen Begründung er vortrug, zwar sei die Ausbildung an der Berufsakademie wegen § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III im Rahmen der allgemeinen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht förderungsfähig, jedoch seien nach § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III entsprechende besondere Leistungen zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben zu erbringen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.12.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In den Gründen heißt es, die Erbringung von besonderen Leistungen zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben nach § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III sei nicht erforderlich. Denn im Falle des Klägers sei eine Förderung im Rahmen der allgemeinen Leistungen (z. B. von einer Ausbildung als Bürokaufmann) möglich.
Am 28.01.2005 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, die Ausbildung an der Berufsakademie sei angesichts des abgeschlossenen Ausbildungsvertrages, der Ausbildungsdauer von drei Jahren, der starren Strukturierung der Ausbildung und des deutlichen Praxisbezuges nicht als Ausbildung i. S. des § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III anzusehen. Im Übrigen liege für die von ihm in Aussicht genommene Tätigkeit auch ein Bedarf auf dem Arbeitsmarkt vor. Sofern man davon ausgehe, dass im Rahmen der allgemeinen Leistungen nur eine Ausbildung zum Bürokaufmann möglich sei, mache die Art und Schwere der Behinderung eine Förderung der Ausbildung nach § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III erforderlich.
Mit Urteil vom 23.05.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Förderung der Ausbildung an der Berufsakademie im Rahmen der allgemeinen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben stehe im Ergebnis § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III entgegen. Nach dieser Regelung seien Maßnahmen von der Zulassung ausgeschlossen, wenn überwiegend Wissen vermittelt werde, das dem von allgemeinbildenden Schulen angestrebten Bildungsziel oder der berufsqualifizierenden Studiengänge an Hochschulen oder ähnlichen Bildungsstätten entspreche. Die Berufsakademie stelle aber eine ähnliche Bildungsstätte i. S. dieser Vorschrift dar. Denn die Zulassung als Studierender setze grundsätzlich die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife voraus. Ferner vermittle die genannte Einrichtung eine zwar praxisorientierte, zugleich aber auch wissenschaftsbezogene berufliche Bildung und Weiterbildung sowie einen dem Studium der entsprechenden Fachrichtung an der Fachhochschule gleichwertigen Abschluss. Darüber hinaus sei die Förderung der Aus- und Weiterbildung zu einem akademischen Beruf nach Sinn und Zweck der genannten Vorschrift nicht Aufgabe der Beklagten. Ein Anspruch auf besondere Leistungen zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben nach § 102 SGB III scheide ebenfalls aus. Denn bei der Berufsakademie handle es sich nicht um eine besondere Einrichtung für behinderte Menschen i. S. des § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III. Darüber hinaus sei die Ausbildung an der Berufsakademie nicht gem. § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II wegen Art oder Schwere der Behinderung des Klägers erforderlich, da er in der Lage sei, eine Ausbildung auch in einem nicht akademischen Bereich zu absolvieren.
Am 14.06.2006 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt, die Ausbildung an einer Berufsakademie setze die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife nicht voraus. Es genüge eine als gleichwertig anerkannte Vorbildung und sogar die besondere Qualifikation eines Berufstätigen, der keine Hochschulzugangsberechtigung besitze. Eine überwiegende Wissensvermittlung finde an der Berufsakademie nicht statt; vielmehr überwiege der Praxisbezug.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Stuttgart vom 23. Mai 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine Ausbildung an der Berufsakademie als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu fördern.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Stuttgart sowie die beigezogenen Leistungsakten der Beklagten (ein Band) verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden. Dass das Sozialgericht über das Klagebegehren im erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, hindert die Entscheidung des Senats nach § 153 Abs. 4 SGG nicht.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Ohne Rechtsfehler hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 22.07.2004 sowie der Widerspruchsbescheid vom 28.12.2004 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Denn ihm können für die Ausbildung an der Berufsakademie keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt werden. Dies hat das Sozialgericht im Urteil vom 23.05.2006 ausführlich und zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist folgendes auszuführen:
Dass die vom Kläger zwischenzeitlich besuchte Bildungsmaßnahme nach Inhalt und Ziel eine dem Studium der entsprechenden Fachrichtung an der Fachhochschule vergleichbare Bildung vermittelt, kann in Ansehung des § 1 Abs. 2 Satz 3 des im Zeitpunkt der Aufnahme der Ausbildung geltenden Gesetzes über die Berufsakademien im Lande Baden-Württemberg (Berufsakademiegesetz - BAG - i. d. F. d. Bekanntmachung vom 01.02.2000, GBl. S. 197, geändert durch Gesetze vom 19.12.2000, GBl. S. 750 und vom 28.05.2003, GBl. S. 269, aufgehoben durch Gesetz vom 01.01.2005 GBl. S. 1) und der nunmehr geltenden wortgleichen Regelung des § 76 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Hochschulen und Berufsakademien in Baden-Württemberg (Landeshochschulgesetz - LHG - vom 01.01.2005 GBl. S. 1) ernstlich nicht in Zweifel gezogen werden. Denn danach ist das nach drei Jahren erfolgreich abgeschlossene Studium und die Ausbildung an der Berufsakademie Baden-Württemberg dem Studium in der entsprechenden Fachrichtung an einer Fachhochschule des Landes Baden-Württemberg gleichwertig und vermittelt dieselben Berechtigungen wie ein erfolgreich abgeschlossenes Studium an einer Fachhochschule des Landes Baden-Württemberg. Damit handelt es sich bei der Berufsakademie um eine den Hochschulen ähnliche Bildungsstätte i. S. des § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III und ist die dort absolvierte Maßnahme von der Weiterbildungsförderung durch die Arbeitsverwaltung ausgeschlossen (vgl. hierzu Niesel, SGB II, 3. Aufl. 2005, Rdnr. 24 zu § 85).
Der vom Kläger vorgetragene Praxisbezug vermag seinem Begehren nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn er stellt die "überwiegende" Wissensvermittlung i. S. des § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III nicht in Frage. Hierzu bedürfte es nämlich einer - zumindest nahezu - hälftigen Vermittlung von außerhalb der Bildungsziele der allgemeinbildenden Schulen bzw. der berufsqualifizierenden Studiengänge an Hochschulen oder ähnlichen Bildungsstätten liegendem Wissen. Eine lediglich in zeitlicher Hinsicht überwiegende Praxisorientierung genügt hierzu nicht. Sie liegt i. Ü. auch nicht vor. Zwar teilt sich die (duale) Ausbildung an der Berufsakademie in 72 (6 x 12) Wochen wissenschaftliches Studium und 84 (6 x 14) Wochen berufspraktische Ausbildung auf. Indes verringert sich die praktische Ausbildungszeit um den dem Kläger zu gewährenden Urlaub von mehr als 15 Wochen (insgesamt 78 Werktage [vgl. http://www.ba-bw.de/babw]) auf weniger als 69 Wochen.
Gleiches gilt im Ergebnis für das Vorbringen des Klägers, die Ausbildung an einer Berufsakademie setze die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife nicht ausnahmslos voraus. Zum einen kommt es nämlich im Rahmen des § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III auf die Frage der Zugangsberechtigung zur Bildungsmaßnahme nicht entscheidend an. Zum anderen übersieht der Kläger, dass die entsprechende Hilfserwägung im Urteil des Sozialgerichts nicht im Widerspruch zu seinem Vorbringen steht. Vielmehr ist auch das Sozialgericht davon ausgegangen, dass die Zulassung als Studierender an der Berufsakademie eine entsprechende Hochschulzugangsberechtigung lediglich grundsätzlich, also in der Regel, voraussetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger erstrebt die Förderung einer Ausbildung zum Diplom-Betriebswirt (Berufsakademie) als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Der im Jahre 1976 geborene Kläger ist wegen des Fehlens beider Arme seit Geburt als Schwerbehinderter mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v. H. bzw. einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 nebst festgestellten Merkzeichen "G" und "H" anerkannt. Nach Erwerb der allgemeinen Hochschulreife war er zunächst als Praktikant tätig und ab dem 01.07.1999 als Brillendesigner in einem durch die Beklagte geförderten Arbeitsverhältnis bei der Firma M. International AG in A. beschäftigt.
Am 11.06.2004 schloss der Kläger mit dem Deutschen Roten Kreuz, Kreisverband e. V., für die Zeit vom 01.10.2004 bis zum 30.09.2007 einen Ausbildungsvertrag zum Diplom-Betriebswirt (Berufsakademie) in der Fachrichtung Dienstleistungsmanagement/Nonprofit-Organisationen nach dem Ausbildungsplan der Berufsakademie Baden-Württemberg. In Nr. 1.1 der Vereinbarungen zum Ausbildungsvertrag heißt es: "Im Rahmen der Berufsakademie wird an der Studienakademie und in den Ausbildungsstätten (duales System) eine wissenschaftsbezogene und zugleich praxisorientierte berufliche Bildung vermittelt, deren Abschlüsse den vergleichbaren berufsbefähigenden Abschlüssen an staatlichen Hochschulen gleichsteht. Gegenstand dieses Vertrages ist der Teil der Ausbildung, welcher nach dem Ausbildungsplan der Berufsakademie den betrieblichen Ausbildungsstätten obliegt". Vereinbart wurde eine regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit in der Ausbildungsstätte von 38,5 Stunden, ein Urlaubsanspruch von 6 Werktagen im Jahr 2004, 26 Werktagen in den Jahren 2005 und 2006 und 20 Werktagen im Jahr 2007, eine Vergütung von EUR 610,00 im ersten, EUR 640,00 im zweiten und EUR 670,00 im dritten Ausbildungsjahr sowie die Freistellung des Klägers von der praktischen Ausbildung zum Besuch der Studienakademie (Nr. 3.6 der Vereinbarungen zum Ausbildungsvertrag). Mit Zulassungsbescheid der Berufsakademie Stuttgart vom 01.07.2004 wurde der Kläger für das am 01.10.2004 beginnende und am 30.09.2007 endende Studium an der staatlichen Studienakademie zugelassen. Nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit seiner Arbeitgeberin nahm der Kläger die Ausbildung im Rahmen der Berufsakademie wie vorgesehen auf.
Den vom Kläger im Juni 2004 gestellten Antrag auf Förderung der Ausbildung an der Berufsakademie lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.07.2004 ab, da Fachhochschul- und Hochschulenstudiengänge sowie vergleichbare Ausbildungen nach den §§ 97 und 85 Abs. 4 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht gefördert werden könnten.
Der Kläger erhob Widerspruch, zu dessen Begründung er vortrug, zwar sei die Ausbildung an der Berufsakademie wegen § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III im Rahmen der allgemeinen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht förderungsfähig, jedoch seien nach § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III entsprechende besondere Leistungen zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben zu erbringen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.12.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In den Gründen heißt es, die Erbringung von besonderen Leistungen zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben nach § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III sei nicht erforderlich. Denn im Falle des Klägers sei eine Förderung im Rahmen der allgemeinen Leistungen (z. B. von einer Ausbildung als Bürokaufmann) möglich.
Am 28.01.2005 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, die Ausbildung an der Berufsakademie sei angesichts des abgeschlossenen Ausbildungsvertrages, der Ausbildungsdauer von drei Jahren, der starren Strukturierung der Ausbildung und des deutlichen Praxisbezuges nicht als Ausbildung i. S. des § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III anzusehen. Im Übrigen liege für die von ihm in Aussicht genommene Tätigkeit auch ein Bedarf auf dem Arbeitsmarkt vor. Sofern man davon ausgehe, dass im Rahmen der allgemeinen Leistungen nur eine Ausbildung zum Bürokaufmann möglich sei, mache die Art und Schwere der Behinderung eine Förderung der Ausbildung nach § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III erforderlich.
Mit Urteil vom 23.05.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Förderung der Ausbildung an der Berufsakademie im Rahmen der allgemeinen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben stehe im Ergebnis § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III entgegen. Nach dieser Regelung seien Maßnahmen von der Zulassung ausgeschlossen, wenn überwiegend Wissen vermittelt werde, das dem von allgemeinbildenden Schulen angestrebten Bildungsziel oder der berufsqualifizierenden Studiengänge an Hochschulen oder ähnlichen Bildungsstätten entspreche. Die Berufsakademie stelle aber eine ähnliche Bildungsstätte i. S. dieser Vorschrift dar. Denn die Zulassung als Studierender setze grundsätzlich die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife voraus. Ferner vermittle die genannte Einrichtung eine zwar praxisorientierte, zugleich aber auch wissenschaftsbezogene berufliche Bildung und Weiterbildung sowie einen dem Studium der entsprechenden Fachrichtung an der Fachhochschule gleichwertigen Abschluss. Darüber hinaus sei die Förderung der Aus- und Weiterbildung zu einem akademischen Beruf nach Sinn und Zweck der genannten Vorschrift nicht Aufgabe der Beklagten. Ein Anspruch auf besondere Leistungen zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben nach § 102 SGB III scheide ebenfalls aus. Denn bei der Berufsakademie handle es sich nicht um eine besondere Einrichtung für behinderte Menschen i. S. des § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III. Darüber hinaus sei die Ausbildung an der Berufsakademie nicht gem. § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II wegen Art oder Schwere der Behinderung des Klägers erforderlich, da er in der Lage sei, eine Ausbildung auch in einem nicht akademischen Bereich zu absolvieren.
Am 14.06.2006 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt, die Ausbildung an einer Berufsakademie setze die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife nicht voraus. Es genüge eine als gleichwertig anerkannte Vorbildung und sogar die besondere Qualifikation eines Berufstätigen, der keine Hochschulzugangsberechtigung besitze. Eine überwiegende Wissensvermittlung finde an der Berufsakademie nicht statt; vielmehr überwiege der Praxisbezug.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Stuttgart vom 23. Mai 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine Ausbildung an der Berufsakademie als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu fördern.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Stuttgart sowie die beigezogenen Leistungsakten der Beklagten (ein Band) verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden. Dass das Sozialgericht über das Klagebegehren im erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, hindert die Entscheidung des Senats nach § 153 Abs. 4 SGG nicht.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Ohne Rechtsfehler hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 22.07.2004 sowie der Widerspruchsbescheid vom 28.12.2004 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Denn ihm können für die Ausbildung an der Berufsakademie keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt werden. Dies hat das Sozialgericht im Urteil vom 23.05.2006 ausführlich und zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist folgendes auszuführen:
Dass die vom Kläger zwischenzeitlich besuchte Bildungsmaßnahme nach Inhalt und Ziel eine dem Studium der entsprechenden Fachrichtung an der Fachhochschule vergleichbare Bildung vermittelt, kann in Ansehung des § 1 Abs. 2 Satz 3 des im Zeitpunkt der Aufnahme der Ausbildung geltenden Gesetzes über die Berufsakademien im Lande Baden-Württemberg (Berufsakademiegesetz - BAG - i. d. F. d. Bekanntmachung vom 01.02.2000, GBl. S. 197, geändert durch Gesetze vom 19.12.2000, GBl. S. 750 und vom 28.05.2003, GBl. S. 269, aufgehoben durch Gesetz vom 01.01.2005 GBl. S. 1) und der nunmehr geltenden wortgleichen Regelung des § 76 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Hochschulen und Berufsakademien in Baden-Württemberg (Landeshochschulgesetz - LHG - vom 01.01.2005 GBl. S. 1) ernstlich nicht in Zweifel gezogen werden. Denn danach ist das nach drei Jahren erfolgreich abgeschlossene Studium und die Ausbildung an der Berufsakademie Baden-Württemberg dem Studium in der entsprechenden Fachrichtung an einer Fachhochschule des Landes Baden-Württemberg gleichwertig und vermittelt dieselben Berechtigungen wie ein erfolgreich abgeschlossenes Studium an einer Fachhochschule des Landes Baden-Württemberg. Damit handelt es sich bei der Berufsakademie um eine den Hochschulen ähnliche Bildungsstätte i. S. des § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III und ist die dort absolvierte Maßnahme von der Weiterbildungsförderung durch die Arbeitsverwaltung ausgeschlossen (vgl. hierzu Niesel, SGB II, 3. Aufl. 2005, Rdnr. 24 zu § 85).
Der vom Kläger vorgetragene Praxisbezug vermag seinem Begehren nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn er stellt die "überwiegende" Wissensvermittlung i. S. des § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III nicht in Frage. Hierzu bedürfte es nämlich einer - zumindest nahezu - hälftigen Vermittlung von außerhalb der Bildungsziele der allgemeinbildenden Schulen bzw. der berufsqualifizierenden Studiengänge an Hochschulen oder ähnlichen Bildungsstätten liegendem Wissen. Eine lediglich in zeitlicher Hinsicht überwiegende Praxisorientierung genügt hierzu nicht. Sie liegt i. Ü. auch nicht vor. Zwar teilt sich die (duale) Ausbildung an der Berufsakademie in 72 (6 x 12) Wochen wissenschaftliches Studium und 84 (6 x 14) Wochen berufspraktische Ausbildung auf. Indes verringert sich die praktische Ausbildungszeit um den dem Kläger zu gewährenden Urlaub von mehr als 15 Wochen (insgesamt 78 Werktage [vgl. http://www.ba-bw.de/babw]) auf weniger als 69 Wochen.
Gleiches gilt im Ergebnis für das Vorbringen des Klägers, die Ausbildung an einer Berufsakademie setze die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife nicht ausnahmslos voraus. Zum einen kommt es nämlich im Rahmen des § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III auf die Frage der Zugangsberechtigung zur Bildungsmaßnahme nicht entscheidend an. Zum anderen übersieht der Kläger, dass die entsprechende Hilfserwägung im Urteil des Sozialgerichts nicht im Widerspruch zu seinem Vorbringen steht. Vielmehr ist auch das Sozialgericht davon ausgegangen, dass die Zulassung als Studierender an der Berufsakademie eine entsprechende Hochschulzugangsberechtigung lediglich grundsätzlich, also in der Regel, voraussetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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