L 12 AL 4365/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AL 1071/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 4365/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25.07.2006 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe von Arbeitslosengeld unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten im Streit.

Der 1954 geborene Kläger hat zuletzt vom 01.08.2000 bis zum 31.01.2004 für die Firma A. & F. GmbH in F. als Systemanalyst gearbeitet und hierbei gemäß Arbeitgeberbescheinigung vom 29.01.2004 bei einer Vollzeitbeschäftigung mit 40 Wochenarbeitsstunden ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 4.261,11 EUR erzielt. Der Kläger, auf dessen Lohnsteuerkarte drei Kinderfreibeträge eingetragen sind und der die Lohnsteuerklasse III hat, hat am 01.04.2004 bei der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld beantragt.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 03.02.2004 in Höhe von täglich 60,11 EUR. Nach einer mehrmonatigen Zwischenbeschäftigung meldete der Kläger sich am 29.11.2004 erneut arbeitslos. Die Zwischenbeschäftigung bestand aus einer freiberuflichen Tätigkeit für die Firma A. GmbH in O. vom 14.07. bis zum 30.11.2004. Der Kläger verwies in zeitlicher Nähe mit seinem Antrag darauf, dass das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 03.04.2001 (1 BvR 1629/94) festgestellt habe, dass die Höhe der Pflegeversicherungsbeiträge für Familien mit Kindern im Vergleich zu solchen ohne Kindern verfassungswidrig hoch sei und dass die nachgewiesene Schieflage auch für die anderen Teile der Sozialversicherung zu überprüfen sei.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger zunächst ab dem 01.12.2004 Arbeitslosengeld in der bisherigen Höhe und danach mit Änderungsbescheid vom 02.01.2005 mit Wirkung ab dem 01.01.2005 in Höhe von täglich nur noch 59,82 EUR.

Seinen deswegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts die Sozialversicherungspauschale seines Arbeitslosengeldes niedriger bemessen werden müsse.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2005 hat die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl- I S. 2848) seien unter anderem die §§ 131, 133 und 134 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) mit Wirkung zum 01.01.2005 neu gefasst worden. Eine Übergangsregelung sehe das Gesetz nur für die Ermittlung des Bemessungsentgelts vor. Vorliegend sei jedoch das bisherige ungerundete wöchentliche Bemessungsentgelt übernommen und nach den nunmehr geltenden Vorschriften auf das tägliche Bemessungsentgelt umgestellt worden. Nach § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III sei Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag (bisher: Woche) entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt habe. Leistungsentgelt sei gemäß § 133 SGB III das um pauschalierte Abzüge verminderte Bemessungsentgelt. Abzüge seien eine Sozialversicherungspauschale von 21 Prozent des Bemessungsentgelts, die Lohnsteuer nach der Lohnsteuertabelle, sowie der Solidaritätszuschlag ohne die Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen. Nach § 134 SGB III werde das Arbeitslosengeld für Kalendertage berechnet und geleistet. Sei es für einen vollen Monat zu zahlen, sei dieser mit 30 Tagen anzusetzen. Ab dem 01.01.2005 sei dem Kläger das tägliche Bemessungsentgelt bekannt zu geben. Das wöchentliche Bemessungsentgelt habe bis zum 31.12.2004 im Falle des Klägers ungerundet 985,00 EUR betragen; es betrage damit täglich 140,48 EUR. Bei dem täglichen Bemessungsentgelt in Höhe von 140,48 EUR ergebe sich nach den pauschalen Abzügen unter Berücksichtigung der Steuerklasse III ein täglicher Leistungssatz in Höhe von 59,82 EUR, welcher auch gewährt worden sei. Nach Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) sei die Beklagte als Teil der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz gebunden. Sie müsse daher die Bestimmungen des SGB III beachten und dürfe nicht von der im Gesetz festgelegten Berechnungsweise abweichen.

Der Kläger hat deswegen am 13.04.2005 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Das Arbeitslosengeld sei nicht familiengerecht und damit verfassungswidrig ausgestaltet. Sein zuletzt konstant erzieltes Bruttogehalt von 4.261,11 EUR habe einem Nettoentgelt von 2.715,00 EUR monatlich entsprochen. Seit Dezember 2004 habe er Arbeitslosengeld in Höhe von 420,77 EUR wöchentlich und damit monatlich 1.828,55 EUR bezogen. Seit Januar 2005 sei sein Arbeitslosengeld um 34,00 EUR auf 1.794,60 EUR gekürzt worden, nämlich auf kalendertäglich 59,82 EUR bei 30 Kalendertagen. Der Kläger lebe mit seiner nicht erwerbstätigen Ehefrau zusammen und habe mit ihr sechs gemeinsame Kinder, von denen zwei bereits autark lebten; die älteste Tochter studiere auswärts und lebe von Bafög und Kindergeld, welches die Eltern ihr überließen, die zweitälteste Tochter sei erwerbstätig. Tatsächlich sei der Kläger damit für den Unterhalt von vier Kindern im Alter von 10, 16, 18 und 20 Jahren verantwortlich, die allesamt bei ihm lebten und sich noch in der Schulausbildung befänden. Für sie erhalte er Kindergeld in Höhe von insgesamt 660,00 EUR. Insgesamt betrage sein Einkommen damit 2.460,00 EUR monatlich, was in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen sei und einen Verstoß gegen Artikel 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip darstelle.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25.07.2006 als unbegründet abgewiesen. Auch unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Grundgesetzes habe der Kläger keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld. Die Berechnung des Arbeitslosengeldes in den angefochtenen Bescheiden entspreche den gesetzlichen Vorschriften, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig sei. Gegenstand der Klage sei im wesentlichen die vom Kläger beanstandete Benachteiligung von Familien bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes. Das Gericht vermöge aber die beanstandeten Verstöße gegen Verfassungsrecht nicht festzustellen. Bei überschlägiger Berechnung sei davon auszugehen, dass der Kläger bei einem Bezug von Arbeitslosengeld II eher weniger erhalten würde als den jetzigen Betrag von rund 2,460,00 EUR monatlich. Die sich bei Anwendung des Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ergebenden Leistungen dürften als dasjenige anzusehen sein, was der Gesetzgeber als Existenzminimum im Sozialrecht definiert habe. Das steuerliche Existenzminimum könne nicht maßgeblich sein für die Frage, in welcher Höhe staatliche Sozialleistungen zur Sicherung des Existenzminimums erforderlich seien. Abgesehen davon komme es darauf auch gar nicht an, denn das Arbeitslosengeld sei keine staatliche Leistung zur Existenzsicherung, sondern eine Versicherungsleistung mit Entgeltersatzfunktion. Es solle also zu einem definierten Prozentsatz den Ausfall des Arbeitsentgelts des Versicherten ausgleichen und dies unabhängig davon, in welcher finanziellen Situation der Arbeitslose und seine Familie sich ansonsten befinden. Das Gericht könne aus der Verfassung keinen Ansatzpunkt dafür ermitteln, dass eine Entgeltersatzleistung die Existenz der ganzen Familie zu sichern hätte. Soweit der Kläger Ungerechtigkeiten durch die pauschale Berechnung des Arbeitslosengeldes insbesondere ausgehend von der Lohnsteuerklasse beanstandet, sei ihm beizupflichten, dass dies insbesondere dazu führe, dass sachkundig beratene Personen, welche die Lohnsteuerklasse 3 wählten, gegenüber den anderen Versicherten erheblich bevorzugt würden. Insofern habe das Bundessozialgericht jedoch bestimmte Beratungspflichten der Beklagten statuiert; ansonsten sei auch auf den erheblichen Gestaltungsspielraum hinzuweisen, welcher dem Gesetzgeber zustehe. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber Doppelverdienerehen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes vermöge die Kammer so nicht nachzuvollziehen. Es liege in der Natur der Sache, dass bei einer Entgeltersatzleistung dann mehr gezahlt werde, wenn zwei Personen ihre Arbeit verlören, aus welcher heraus sie schließlich auch doppelte Beiträge in die Arbeitslosenversicherung gezahlt hätten. Im Wesentlichen spreche der Kläger ein politisches Problem an, wobei sich die verfassungsrechtliche Frage allenfalls auf der Beitragsseite bzw. der Frage der zwangsweisen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Sozialversicherung für Teile der Bevölkerung stelle. Der Kläger stehe jedenfalls mit seiner Familie besser, als er bei bloßem Arbeitslosengeld II -Bezug stünde. Sein Arbeitslosengeld stehe auch durchaus noch in einem angemessenen Verhältnis zum zuvor erzielten Arbeitsentgelt und damit zu den zuvor gezahlten Beiträgen. Es sei auch kein zwingendes verfassungsrechtliches Gebot erkennbar, das Vorhandensein einer kinderreichen Familie bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes weitergehend zu berücksichtigen. Das Urteil des SG wurde der Bevollmächtigten des Klägers am 08.08.2006 zugestellt.

Diese hat am 28.08.2006 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Das Urteil des SG gehe am Kern des klägerischen Vortrags vorbei. Der Kläger begehre keine Besserstellung von Familien. Er wende sich dagegen, dass er als Familienvater weitaus schlechter behandelt werde als andere Versicherte, wodurch er nicht nur keine Sicherung erfahre, sondern auch noch zum Zahlmeister für Privilegierung gemacht werde, die jeglichen triftigen Grundes entbehrten. Der Kläger erhalte nämlich Arbeitslosengeld in einer Höhe, die unter einem Nettolohnersatz von 60% liege, während allen anderen Versicherten zumindest ein Nettolohnersatz von 60% zuteil werde, verheirateten Doppelverdienern sogar bis zu 94% reichender Nettolohnersatz. Dabei werde der Nettolohnersatz an sich wegen einiger Tücken des Abgabenrechts noch zudem den Belangen von Familien mit Kindern nur sehr unzulänglich gerecht. Auf den weiteren umfangreichen Vortrag der Klägerbevollmächtigten vom 02.11.2006 und die hierzu eingereichten Anlagen wird Bezug genommen.

Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25.07.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2005 zu verurteilen, dem Kläger höheres Arbeitslosengeld entsprechend den Vorgaben des Grundgesetzes zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.

II.

Die nach den §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat konnte die Berufung im vorliegenden Fall durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, § 153 Abs. 4 SGG. Die Beteiligten sind vorher zu dieser beabsichtigten Vorgehensweise gehört worden.

Wegen der Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeldes nach den einfach-gesetzlichen Vorschriften wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des angefochtenen Urteils sowie - in Verbindung mit § 136 Abs. 3 SGG - auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides Bezug genommen, denen sich der Senat ausdrücklich anschließt. Zwischen den Beteiligten ist im Übrigen, wie das SG zutreffend festgestellt hat, unstreitig, dass das vorliegend gewährte Arbeitslosengeld in seiner Höhe den gesetzlichen Regelungen entspricht. Die geringfügige Absenkung des Arbeitslosengeldes zum 01.01.2005 aufgrund der Neuregelungen durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) sind von der Beklagte zutreffend umgesetzt worden und von Verfassung wegen nicht zu beanstanden (vgl. § 434 j Abs. 5 SGB III und hierzu LSG Nordrhein-Westfalen vom 06.04.2006 - L 19 AL 161/05 -).

Aus dem Grundgesetz lässt sich nach der Überzeugung des Senats auch kein grundsätzlich höherer Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld ableiten. Eine Aussetzung des Verfahrens und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Artikel 100 GG scheiden daher aus. Sofern der Kläger sich auf die bekannte Anmerkung des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung zur Pflegeversicherung vom 03.04.2001 (1 BvR 1629/94) beruft, die Bedeutung dieses Urteils sei auch für andere Zweige der Sozialversicherung zu prüfen, enthält diese Anmerkung einen Prüfauftrag an den Gesetzgeber. Sie beinhaltet noch nicht die Entscheidung, dass die Berücksichtigung von Erziehungsleistungen in bestimmten Sozialversicherungszweigen unzureichend ist und wie dem abzuhelfen ist.

Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass das Arbeitslosengeld eine Versicherungsleistung mit Lohnersatzfunktion ist und nicht der Gewährung eines - wie auch immer definierten - Existenzminimums dient. Sollte das Arbeitslosengeld im Falle des Klägers nicht zur Sicherung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Existenzminimums ausreichen, müsste der Kläger Leistungen nach dem SGB II bzw. dem SGB XII beantragen, die erforderlichenfalls ergänzend zu den Leistungen nach dem SGB III zu gewähren sind. Die Argumentation des Klägers trifft daher nicht das Wesen der Arbeitslosenversicherung.

Unabhängig hiervon ist auch nicht erkennbar, dass das nach Art. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip garantierte soziokulturelle Existenzminimum im Falle des Klägers - bei einem Monatseinkommen von rund 2.460,00 EUR aus Arbeitslosengeld und Kindergeld - nicht mehr gewährleistet sein könnte. Auch das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG gebietet keine weiter gehenden Ansprüche des Klägers. Grundsätzlich ergeben sich aus diesem Prinzip wegen seiner hohen Unbestimmtheit nur ausnahmsweise bestimmte Leistungsrechte (vgl. BVerfGE 82, 60, 80). Sofern die Klägerbevollmächtigte darauf verweist, dass dem Kläger nach dem SGB II höhere Leistungen zustehen könnten, hätte der Kläger es in der Hand, insoweit ergänzende Leistungen nach dem SGB II zu beantragen.

Ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG scheidet aus, weil auch für die hiervon geschützten Rechtspositionen gilt, dass sich die konkrete Reichweite der Eigentumsgarantie erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ergibt, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl. BVerfGE 53, 257, 292). Wegen des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers im Sozialrecht ist insoweit vorliegend ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG nicht ersichtlich. Im Bereich der darreichenden Verwaltung ist nach der Natur der Sache die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers von vornherein weiter gespannt als bei der gesetzlichen Regelung staatlicher Eingriffe (vgl. BVerfGE 11, 50, 60). Diese Gestaltungsfreiheit bezieht sich auf die Frage, ob und in welchem Umfang eine Leistung gewährt werden soll (vgl. BVerfGE 28, 324, 349).

Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 GG und gegen das Gebot des Schutzes von Familien und Kindern in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG kann nicht erkannt werden. Die Ausführungen der Klägerbevollmächtigten insbesondere zu Art. 3 Abs. 1 GG sind nur zum Teil nachvollziehbar. Die Vermutung, Doppelverdiener ohne Kinder könnten eine Absicherung ihres Entgelts durch das Arbeitslosengeld von nahezu 100 % erhalten, wird durch die Regelungen in § 129 SGB III widerlegt. Der insoweit nur mögliche Lohnersatz von 60 % des pauschalierten Nettoentgelts, bei dem zudem auch die ungünstigeren Lohnsteuerklassen eines Doppelverdienerpaares ohne Kinder zu berücksichtigen sind, gewährleistet eine schlechtere Behandlung dieser Vergleichsgruppe.

Wegen der Besonderheiten des Leistungsrechts der Arbeitslosenversicherung, die als Risikoversicherung ausgestaltet ist, geht der Senat davon aus, dass die geltenden Regelungen über die Bemessung des Arbeitslosengeldes keinen verfassungswidrigen Verstoß gegen die Rechte von Erziehenden und ihren Kindern beinhalten. Das Bundessozialgericht (BSG) hat entschieden, dass insoweit eine Übertragung der Grundsätze des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Pflegeversicherung vom 03.04.2001 (1 BvR 1629/94) auf den Bereich der Rentenversicherung nicht zu erfolgen hat (Urteile vom 05.07.2006, Aktenzeichen B 12 KR 16/05 R, B 12 KR 19/04 R und B 12 KR 20/04 R). Da in der Rentenversicherung stärker als in der Arbeitslosenversicherung eine "Kapitalisierung" der Ansprüche erfolgt, ist nach den Entscheidungen des BSG davon auszugehen, dass insofern erst recht keine Übertragung auf den Bereich der Arbeitslosenversicherung von der Verfassung verlangt wird.

Im Übrigen hätte der Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten, insoweit Abhilfe zu schaffen, ohne dass der Kläger im vorliegenden Verfahren hiervon profitieren müsste, etwa durch eine Senkung des Pflichtbeitrags (Berücksichtigung von Erziehungsleistungen auf der Beitragsseite); hierbei könnte er nicht nur Erziehenden geringere Beiträge abverlangen, woran der Kläger durch eine Beitragserstattung gegebenenfalls noch teilhaben könnte, sondern es wäre auch eine Lösung denkbar, dass Kinderlose insofern höhere Beiträge zu entrichten hätten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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