L 14 R 6/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 8 RA 34/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 R 6/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 13.12.2004 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 09.08.2005 wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anrechnung der Verletztenrente des Klägers aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf seine von der Beklagten gewährte Altersrente gemäß § 93 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI).

Der am 00.00.1942 geborene Kläger bezieht aufgrund eines Arbeitsunfalles vom 20.10.1964 von der Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft in Mainz Verletztenrente. Gemäß Bescheid der Berufsgenossenschaft vom 12.12.2003 wurde die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab 05.08.2003 auf 30 % neu festgestellt. Der Zahlbetrag der Rente betrug ab 01.09.2003 monatlich 528,32 Euro.

Mit Rentenbescheid vom 16.03.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 01.03.2004 Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von (brutto) 1.795,66 Euro. Gemäß § 93 SGB VI verminderte die Beklagte diesen Betrag um 356,85 Euro, um die die Summe der Rentenbeträge den Grenzbetrag überstieg. Die Altersrente des Klägers betrug somit brutto 1.438,81 Euro; bzw. der Zahlbetrag der Rente unter Berücksichtigung der Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung belief sich auf 1.307,88 Euro ab April 2004 (im März 2004 wegen des noch niedrigeren Beitrags des Klägers zur Pflegeversicherung auf 1.320,11 Euro).

Mit dem am 31.03.2004 erhobenen Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Anrechnung der Verletztenrente auf die Altersrente, die er für nicht gerechtfertigt hielt. Mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2004 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch unter Hinweis auf die anzuwendende Vorschrift des § 93 SGB VI zurück.

Zur Begründung der am 02.08.2004 erhobenen Klage hat der Kläger insbesondere vorgetragen, die Kürzung seiner Altersrente unter Anrechnung eines Teils der Unfallrente sei sachlich nicht gerechtfertigt. Die angewandte Regelung des § 93 SGB VI verstoße nach seiner Auffassung gegen Art. 14 Grundgesetz (GG). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterlägen auf eigener Beitragsleistung beruhende Anwartschaften in der Sozialversicherung dem Eigentumsschutz nach Art. 14 GG. Dem Verstoß gegen Art. 14 GG könne auch nicht entgegen gehalten werden, dass der Versicherte durch die zusätzlich gewährte Unfallrente "unter dem Strich" jedenfalls den ihm aufgrund seiner Beitragsleistung zustehenden Betrag erhalte, denn der Anspruch auf die Unfallrente sei ebenfalls nicht disponibel. Die gesetzliche Unfallversicherung gehöre zwar zum Bereich der Sozialversicherung, bei den Leistungen handele es sich jedoch nicht um staatliche Sozialleistungen, bei deren Gewährung dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum zur Verfügung stünde. Die Lasten der Unfallversicherung würden ausschließlich durch die Arbeitgeber im Umlageverfahren getragen, wobei als Gegenleistung für die von den Arbeitgebern allein getragenen Kosten Schadensersatzansprüche der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber sowie ein zivilrechtliches Schmerzensgeld ausgeschlossen seien. Hierbei sei noch zu berücksichtigen, dass die Unfallrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung einmal die unfallbedingte Minderung der Erwerbschancen ausgleichen solle, die sich zwangsläufig negativ auf die Höhe der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auswirken müsse, daneben aber auch den Ausgleich unfallbedingter Erschwernisse dienen solle, die nicht in Geld messbar seien und schließlich auch eine gewisse Schmerzensgeldfunktion hätten. Ob Anrechnungs- bzw. Ruhensvorschriften generell ausgeschlossen oder im Rahmen des vom Gesetzgeber zu bestimmenden Inhalts bzw. der Schranken im gewissen Umfang zulässig seien, könne dahingestellt bleiben. Das bis zum 31.12.1991 geltende Recht habe in §§ 1278 ff Reichsversicherungsordnung (RVO) zwar auch Anrechnungs- und Ruhensvorschriften enthalten, die sich jedoch nicht nur am Jahresarbeitsverdienst, sondern auch an der Rentenbemessungsgrundlage ausgerichtet hätten, wobei eine Anrechnung regelmäßig erst für Unfallrenten nach einer MdE von mehr als 40 % relevant geworden sei. Jedenfalls überschreite nach Auffassung des Klägers die mit § 93 SGB VI gegenüber dem früheren Recht erfolgte deutliche Verschärfung den dem Gesetzgeber in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG eingeräumten Spielraum mit der Folge, dass eine Anrechnung der Unfallrente zu unterbleiben habe. Nachdem der Kläger auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 31.03.1998 (Az.: B 4 RA 49/96 R) hingewiesen worden war, hat er mit Fax vom 08.12.2004 u.a. ergänzend vorgetragen, es liege entgegen der Auffassung des BSG auch ein Verstoß gegen Art. 3 GG darin, dass die Unfallrente von Arbeitnehmern auf deren Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet werde, Unternehmer und deren im Betrieb mitarbeitende Familienangehörige eine ihnen gegebenenfalls zustehende Unfallrente ohne Anrechnung auf eine sonstige Versorgung erhielten. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass dem Kläger weniger als 50 % seines letzten Erwerbseinkommens verblieben, so dass die Kürzung unverhältnismäßig sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird auf das Fax vom 08.12.2004 Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 16.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, Altersrente ohne Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen, hilfsweise den Rechtsstreit gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen.

Mit Urteil vom 13.12.2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen höheren Rentenanspruch. Die Beklagte habe § 93 SGB VI richtig angewandt und den dem Kläger unter Berücksichtigung dieser Vorschrift zustehenden Rentenbetrag richtig errechnet. Dies sei zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Im Gegensatz zur Meinung des Klägers sei § 93 SGB VI nicht verfassungswidrig. Insbesondere stelle die Vorschrift eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG oder gegen den speziellen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 2 GG - Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung - liege nicht vor. Insoweit verweise das Sozialgericht auf das Urteil des BSG vom 31.03.1998 (s.o.). Das BSG habe in dieser Entscheidung ausführlich und unter Berücksichtigung aller Einwendungen, die auch vom Kläger erhoben würden, dargelegt, dass und weshalb § 93 SGB VI nicht gegen das Grundgesetz verstoße. Das Sozialgericht schließe sich diesen Ausführungen voll inhaltlich an; eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG scheide damit aus.

Gegen das am 20.12.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.01.2005 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung trägt er zunächst vor, das Urteil des Sozialgerichts erschöpfe sich in dem Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 31.03.1998, ohne sich mit den dagegen vorgetragenen Gesichtspunkten auseinander zu setzen. Im Übrigen wiederholt und vertieft der Kläger in der umfangreichen Berufungsbegründung sein bisheriges Vorbringen und seine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 93 SGB VI.

Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung ist den Beteiligten das Urteil des BSG vom 20.10.2005 (Az.: B 4 RA 27/05 R) in Kopie übersandt worden, mit dem das BSG unter Festhaltung an dem früheren Urteil vom 31.03.1998 (s.o.) erneut entschieden hat, die Regelung des § 93 SGB VI über die Anrechnung einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung auf eine Rente aus der Rentenversicherung sei als solche grundsätzlich verfassungsmäß.

Mit Fax vom 07.11.2006 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers dazu ausgeführt, aus der neuen Entscheidung des BSG ergäben sich leider keine neuen Gesichtspunkte. Die entscheidende Frage sei weiterhin, ob § 93 SGB VI sich noch innerhalb der Schranken des Art. 14 GG bewege oder bereits darüber hinaus gehe. Weiter trägt er u.a. vor, nach dem Prinzip der abstrakten Schadensberechnung könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass ein Versicherter ohne den Unfall ein höheres Einkommen und damit auch eine höhere Rentenanwartschaft erreicht hätte. Dadurch, dass der Grenzbetrag in § 93 Abs. 3 SGB VI durch den in der Unfallversicherung geltenden Jahresarbeitsverdienst festgelegt werde, bleibe die berufliche Entwicklung nach dem Unfall, insbesondere ein beruflicher Aufstieg - wie er beim Kläger durch intensive Bemühungen trotz erheblicher Beschwerden erfolgt sei - unberücksichtigt. Zwar werde der Jahresarbeitsverdienst auf der Grundlage der allgemeinen Geldentwertung dynamisiert, was aber nichts anderes bedeute, als dass die Rente auf dem "hochgerechneten" Stand des Unfallzeitpunktes festgeschrieben werde.

Mit Rentenbescheid vom 09.08.2005 hat die Beklagte die Altersrente des Klägers im Hinblick auf eine Änderung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung neu berechnet. An der Anrechnung der Verletztenrente aus der Unfallversicherung hat sich dadurch nichts geändert.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 13.12.2004 zu ändern und die Beklagte unter teilweiser Änderung des Bescheides vom 16.03.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2004 sowie des Bescheides vom 09.08.2005 zu verurteilen, die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ungekürzt, d.h. ohne Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen, hilfsweise den Rechtsstreit gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorzulegen, ob § 93 SGB VI mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 09.08.2005 abzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist darauf, dass sie als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung lediglich die vom Gesetzgeber beschlossenen Gesetze auszuführen habe.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger mitgeteilt, dass in einem sozialgerichtlichen Verfahren vergleichsweise mit der Berufsgenossenschaft geregelt worden sei, dass die MdE für die Unfallrente für die Zeit ab 08.12.2004 auf 40 % erhöht werde. Er beziehe bereits die höhere Rente nach einer MdE um 40 %; ein entsprechender Bescheid der Berufsgenossenschaft liege vor. Insoweit ist festzustellen, dass der Berichterstatter des Senats kurz vor dem Termin die Beklagte um alle aktuellen Rentenbescheide gebeten hat und die Beklagte mit Schriftsatz vom 30.10.2006 lediglich den Bescheid vom 16.03.2004 und den Neufeststellungsbescheid vom 09.08.2005 vorgelegt hat.

Weiter hat der Senat in der mündlichen Verhandlung die Beteiligten auf das Urteil des BSG vom 28.01.1999 (Az.: B 8 KN 10/97 R) hingewiesen, wonach die Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 93 SGB VI auch dann verfassungsmäßig sei, wenn der Arbeitsunfall einen beruflichen Aufstieg verhindert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Rentenakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat auch nach Auffassung des Senats keinen Anspruch auf Altersrente ohne Berücksichtigung seiner Verletztenrente aus der Unfallversicherung gemäß § 93 SGB VI.

Fehler des Rentenbescheides vom 16.03.2004 bei der Anwendung des § 93 SGB VI sind nicht ersichtlich und werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Der Senat ist auch mit der Beklagten und dem Sozialgericht der Auffassung, dass die Anrechnungsvorschrift des § 93 SGB VI grundsätzlich verfassungsgemäß ist. Dies hat das BSG in seiner neuerlichen Entscheidung vom 20.10.2005 (s.o.) nochmals ausdrücklich bestätigt. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf das den Beteiligten bekannte Urteil des BSG verwiesen.

Darin hat das BSG nochmals ausgeführt, dass die Regelung des § 93 SGB VI eine Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG ist. Die Regelung verletzte das Eigentumsrecht nicht, weil sie sich am "Wohl der Allgemeinheit" orientiere, nämlich am Gemeinwohl der Generationen übergreifenden Versichertengemeinschaft, das nicht nur Grund für die Sozialpflichtigkeit des Eigentums ist (Art. 14 Abs. 2 GG), sondern auch Grenze für die Beschränkung des Rentenversicherungs-Eigentums. Die durch § 93 SGB VI getroffene Schrankenbestimmung sei verhältnismäßig und beruhte auf einem Sachgrund (materielles Differenzierungskriterium), der Art und Ausmaß der Abweichung von der Normregelung rechtfertige. Dies decke sich mit den Anforderungen, welche sich auch aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergäben. Die Anrechnungsregelung verfolge, wie das BSG weiter ausgeführt hat, den verfassungsmäßigen Zweck, Nachteilsüberkompensationen (sog. Übervorsorgung bzw. Übersicherung) aus der Summierung teilweise zweckähnlicher Versicherungsleistungen aus zwei Zweigen der Sozialversicherung des Sozialgesetzbuches wegen der Belastung der aktuellen Beitragszahler zu begrenzen, ohne - insoweit anders als das für Bezugszeiten bis Ende 1991 gültige Recht - den durch die Verletztenrente mit abgedeckten Ausgleich für immaterielle Schäden, verletzungsbedingten Mehraufwand und besondere Betroffenheit im wirtschaftlichen Ergebnis zu entziehen. Dies werde durch die Freibetragsregelung gewährleistet.

Entscheidend für die Verfassungsmäßigkeit von § 93 SGB VI ist nach Auffassung des erkennenden Senats insbesondere, dass nicht die gesamte Verletztenrente aus der Unfallversicherung auf die Altersrente angerechnet wird, sondern nur der den Grenzbetrag übersteigende Teil, dass also ein Freibetrag verbleibt. Die konkrete Ausgestaltung der Freibetragsregelung in § 93 SGB VI ist nach Auffassung des Senats verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar hätte der Gesetzgeber sicherlich auch die Möglichkeit gehabt, eine für die Betroffenen großzügigere gesetzliche Anrechnungsregelung vorzusehen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei der Ausgestaltung solcher Regelungen dem Gesetzgeber von der Verfassung ein weiter gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum eingeräumt wird. Nach Auffassung des Senats hält sich die Regelung des § 93 SGB VI in dem dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsspielraum.

Soweit der Kläger vorträgt, die Regelung des § 93 SGB VI führe in seinem Fall zu einem unverhältnismäßigen Ergebnis, weil ihm weniger als 50 % seines früheren Einkommens verblieben, erscheinen dem Senat diese Überlegungen schon vom Ansatz her verfehlt. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass Maßstab für die Rentenhöhe in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht das zuletzt erzielte Einkommen, sondern die im gesamten Arbeitsleben erzielten Entgeltpunkte sind. Im Falle des Klägers kommt hinzu, dass nach dem dem Rentenbescheid vom 16.03.2004 beigefügten Versicherungsverlauf das Einkommen des Klägers in den letzten Arbeitsjahren teilweise über der für die gesetzliche Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze gelegen hat. Auch von daher kann das letzte Arbeitseinkommen des Klägers nicht für seine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung maßgebend sein.

Soweit der Kläger geltend macht, durch die Regelung des § 93 Abs. 3 SGB VI bleibe die berufliche Entwicklung nach dem Unfall, insbesondere ein beruflicher Aufstieg, unberücksichtigt, schließt sich der Senat dem mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörterten Urteil des BSG vom 28.01.1999 (s.o.) an, wonach § 93 SGB VI auch dann verfassungsmäßig ist, wenn der Arbeitsunfall einen beruflichen Aufstieg verhindert hat. Das BSG hat dazu ausgeführt, dass sich der Gesetzgeber in der gesetzlichen Unfallversicherung anders als z.B. im Recht der Kriegsopferversorgung für eine weitestgehend abstrakte Schadensberechnung entschieden hat. Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen weder gehalten, eine dem z.B. Berufsschadensausgleich im Versorgungsrecht entsprechende Einzelleistung im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung einzuführen, noch entsprechende Fallgestaltungen im Rahmen der Anrechnungsregelung des § 93 SGB VI gesondert zu berücksichtigen. Entscheidend sei vielmehr, dass sowohl die Entschädigungsregelungen des Unfallversicherungsrechts wie diejenigen der sozialen Entschädigung, jeweils für sich genommen, adäquate Kompensationsleistungen bereit hielten. Wie diese im Einzelnen ausgestaltet seien, obliege der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Im Anschluss an die Rechtsprechung des BSG hält der Senat die Regelung des § 93 SGB VI auch im Hinblick auf einen durch den Arbeitsunfall verhinderten oder erschwerten beruflichen Aufstieg für verfassungskonform.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 19.07.1984 (Az.: 1 BvR 1614/83) hinsichtlich der früheren Vorschrift des § 1278 RVO entschieden hat, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, wenn zur Vermeidung eines Doppelbezuges von Leistungen mit gleicher Zweckbestimmung sozialversicherungsrechtliche Ansprüche beschnitten würden. Auch mit der hier betroffenen Nachfolgeregelung des § 93 SGB VI war das Bundesverfassungsgericht bereits insoweit befasst, als der Gesetzgeber "eine rückwirkende Klarstellung" vorgesehen hatte. In dem entsprechenden Beschluss vom 20.02.2002 (Az.: 1 BvL 19/97) finden sich keinerlei Anhaltspunkte, dass das Bundesverfassungsgericht grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anrechnungsregelung des § 93 SGB VI gehabt hätte. Bei dieser Sachlage sieht der Senat keine Veranlassung, die Sache, wie vom Kläger beantragt, gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts konnte daher keinen Erfolg haben.

Hinsichtlich des im Verlaufe des Berufungsverfahrens ergangenen Neufeststellungsbescheides vom 09.08.2005, der gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden ist, handelt es sich nicht um eine Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts, da das Sozialgericht über diesen Bescheid nicht entscheiden konnte. Insoweit hat der Senat in erster Instanz über die Klage gegen diesen Bescheid und nicht über eine Berufung zu entscheiden (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage 2005, § 96 Rdnr. 7 und § 99 Rdnr. 12). Diese Klage ist auch ohne Vorverfahren zulässig. Die Klage gegen den Neufeststellungsbescheid ist jedoch nicht begründet. Hinsichtlich der gegenüber den früheren Bescheiden unveränderten Anrechnung der Verletztenrente aus der Unfallversicherung wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen, die für diesen Bescheid in gleicher Weise gelten. Im Übrigen sind Fehler des Neufeststellungsbescheides weder ersichtlich noch aufgezeigt.

Soweit nach Mitteilung des Klägers in der mündlichen Verhandlung von der Berufsgenossenschaft zwischenzeitlich eine höhere Verletztenrente entsprechend der nunmehr anerkannten höheren MdE von 40 % gewährt wird, hat dies keinen Einfluss auf diesen Rechtsstreit, da eine entsprechende Neufeststellung der Altersrente des Klägers durch die Beklagte noch nicht erfolgt ist.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen gemäß § 160 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 2 SGG nicht erfüllt sind. Insbesondere bestehen gegen die Anrechnungsregelung des § 93 SGB VI nach gefestigter Rechtsprechung des BSG keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Rechtskraft
Aus
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