L 7 SO 2125/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SO 1266/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2125/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. März 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten streitig ist die Einstellung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2004 und die Einziehung einer Krankenversicherungskarte.

Die Beklagte gewährte dem am 1960 geborenen Kläger durch Bescheid vom 7. September 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit vom 23. August bis 30. September 2004. Nachdem Zweifel an der Bedürftigkeit des Klägers aufgetreten waren, dieser insbesondere eigene Arbeitsbemühungen nicht nachgewiesen und mit der ihm gewährten Sozialhilfe Schulden abbezahlt hatte, stellte die Beklagte nach Anhörung des Klägers die Leistungen mangels Mitwirkung des Klägers durch Bescheid vom 27. Oktober 2004 mit Wirkung zum 1. Oktober 2004 ein. Durch weiteren Bescheid vom 28. Oktober 2004 gab sie dem Kläger auf, die Krankenversicherungskarte der T. Krankenkasse bis spätestens 15. November 2004 bei ihr abzugeben; zugleich ordnete sie die sofortige Vollziehung dieses Bescheides an. Die dagegen erhobenen Widersprüche wurden durch Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2005, dem Kläger zugestellt am 23. Februar 2005, zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz seines früheren Prozessbevollmächtigten vom 10. März 2005, beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) eingegangen am 5. April 2005, hat der Kläger Klage erheben lassen. Mit Schriftsatz seines früheren Prozessbevollmächtigten vom 4. April 2005 hat er ferner beantragt, ihm wegen der Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Er sei wegen seiner finanziellen Situation nach Zustellung des Widerspruchsbescheides zunächst wirtschaftlich nicht in der Lage gewesen, Kontakt zu seinem Interessenvertreter aufzunehmen. Er habe die zur Einreichung der Klage notwendigen Unterlagen sowie maßgebliche Informationen zum Sachverhalt erst am Sonntag, den 20. März 2005, zur Versendung an seinen früheren Prozessbevollmächtigten auf den Postweg bringen können. Die Unterlagen hätten seinen früheren Prozessbevollmächtigten bei gewöhnlichem Postlauf am Dienstag, den 22. März 2005, spätestens jedoch am Mittwoch, den 23. März 2005, und damit rechtzeitig zur fristwahrenden Klageerhebung, erreichen müssen. Selbst am 23. März 2005 seien die Unterlagen jedoch nicht im Postfach seines früheren Prozessbevollmächtigten gewesen oder diesem sonst zugegangen. Ihn treffe deshalb an der Versäumung der Klagefrist kein Verschulden. Zur Begründung seines sachlichen Klagebegehrens hat der Kläger im Wesentlichen vorgebracht, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig und verletzten ihn in seinen Rechten. Es sei bereits nicht erkennbar, auf welche gesetzliche Grundlage die Beklagte ihre Entscheidung stütze. Bezüglich des Zeitraums vom 1. Oktober bis zum 27. Oktober 2004 verstoße der Bescheid vom 27. Oktober 2004 außerdem gegen das Rückwirkungsverbot. Auch liege keine nachträgliche wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse vor. Vielmehr habe die Beklagte lediglich eine rechtliche Neubewertung unverändert gebliebener Tatsachengrundlagen vorgenommen.

Mit Gerichtsbescheid vom 7. März 2006 hat das SG die Klage als unzulässig, weil verfristet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, nach § 87 Abs. l Satz l i.V.m. § 87 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei die Klage binnen eines Monats nach der Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Habe ein Vorverfahren stattgefunden, so beginne die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids. Die Klagefrist von einem Monat sei demnach, da die Beklagte auch gemäß § 66 SGG ordnungsgemäß über Form und Frist des Rechtsmittels belehrt habe, am 24. Februar 2005, dem Tag nach der Zustellung des Widerspruchsbescheides, in Lauf gesetzt worden (§ 64 Abs. l SGG) und habe mit Ablauf des 23. März 2005, einem Mittwoch (§ 64 Abs. 2 Satz l SGG), geendet. Die Klageschrift sei jedoch erst am 5. April 2005 und damit verspätet beim SG eingegangen.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Klagefrist sei nicht zu gewähren. Dies setze nach § 67 Abs. l SGG voraus, dass jemand ohne Verschulden verhindert gewesen sei, eine gesetzliche Verfahrensfrist, hier die Klagefrist, einzuhalten. Dies sei bei dem Kläger nicht der Fall, denn dieser habe bereits nach seinem eigenen Vorbringen die Klagefrist nicht unverschuldet versäumt. Soweit er vorgetragen habe, er sei nach Zustellung des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2005 wegen seiner finanziellen Situation wirtschaftlich nicht in der Lage gewesen, schriftlich oder fernmündlich Kontakt mit seinem früheren Prozessbevollmächtigten aufzunehmen und habe die maßgeblichen Unterlagen und Informationen zum Sachverhalt erst am Sonntag, den 20. März 2005, zur Versendung an seinen früheren Prozessbevollmächtigten auf den Postweg bringen können, stelle dies keine ausreichende Begründung für eine unverschuldete Versäumung der Klagefrist dar. Denn diese Angaben seien bereits inhaltlich unzutreffend, nachdem der frühere Prozessbevollmächtigte des Klägers die Klageschrift bereits am 10. März 2005 verfasst und einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu diesem Rechtsstreit bereits am 18.03.2005, und damit jeweils vor Ablauf der Klagefrist, gestellt habe. Bestätigt werde dies durch den Inhalt der Klageschrift vom 10. März 2005, insbesondere durch den darin erfolgten dezidierten Sachvortrag unter Benennung auch der angefochtenen Bescheide nach Datum und Aktenzeichen; dies belege, dass dem früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers sowohl die maßgeblichen Unterlagen als auch sachdienliche Informationen zur Erhebung der Klage spätestens an diesem Tag vorgelegen hätten. Gestützt werde diese Überzeugung durch den Umstand, dass der frühere Prozessbevollmächtigte den Kläger zum damaligen Zeitpunkt auch in mehreren Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe anwaltlich vertreten habe. Wenn der frühere Prozessbevollmächtigte des Klägers gleichwohl mit der Klageerhebung bis zum 5. April 2005 zugewartet habe, sei die Versäumung der Klagefrist nicht unverschuldet. Das Verschulden seines Bevollmächtigten stehe dem eigenen Verschulden des Beteiligten gleich (§ 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 202 SGG). Schließlich sei auch weder vorgetragen noch auf Grund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sonst ersichtlich, dass der Kläger aus sonstigen Gründen gehindert gewesen wäre, rechtzeitig vor Fristablauf wenigstens mündlich zur Niederschrift Klage beim erkennenden Gericht zu erheben. Auf diese Möglichkeit habe ihn die Beklagte in der Rechtsmittelbelehrung des streitgegenständlichen Widerspruchsbescheides ausdrücklich hingewiesen. Aus den genannten Gründen sei die Klage wegen Fehlens einer Sachurteilsvoraussetzung ohne Sachprüfung als unzulässig abzuweisen.

Gegen den ihm durch Postzustellungsurkunde am 24. März 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18. April 2006 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. März 2006 aufzuheben, ihm wegen der Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und die Bescheide vom 27. und 28. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann trotz des Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung über die Sache verhandeln und entscheiden, da in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 153 Abs. 1, § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 und 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung ist zulässig; insbesondere ist sie statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,- Euro übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist aber unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig abgewiesen. Wegen der weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Zu einer weiter gehenden Darstellung der Entscheidungsgründe sieht der Senat auch deswegen keine Veranlassung, weil die Berufung nicht begründet worden ist und der Kläger in der mündlichen Verhandlung weder erschienen ist noch vertreten war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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